Palestine
Update Nr. 33, 3. April 2017 –
Von Mythen und
Manipulation inmitten von agiler Solidarität
- Meinung - Ranjan Solomon -
Von Mythen und Manipulation …
-
Ilan
Pappe ist nicht nur ein Historiker und Aktivist.
Er ist ein seltener und mutiger Denker mit
Lösungen „aus der Hand“ und Zugängen zu der
verflixten Frage Palästina. Durch Todesdrohungen
hindurch und Bergen von Hass-Postings ist er
standhaft geblieben in seiner Unterstützung
einer gerechten Bereinigung der Situation für
die Palästinenser. Er hat sich nicht nur einmal
zurückgehalten von harten Worten für das
israelische Regime. Das Interview, das wir in
dieser Ausgabe der Palestine Updates
beschreiben, wurde zwischen dem Journalisten Max
Blumenthal und Pappé über Pappés bald
erscheinendes Buch „Zehn Mythen über Israel“
geführt.
Über
die hartnäckige Debatte über Banksys Hotel „Wall
off Hotel“ erleben wir ein breites Interesse der
Medien und der Öffentlichkeit. Während viele
Malereien des Künstlers auf Israels
Apartheidmauer zu Ikonen für Widerstand und
Besetzung geworden und ein „anti-kolonialer“
Triumph sind, hat das „Wall Off Hotel“ Zweifel
aufkommen lassen über den tatsächlichen
Beweggrund. Bansky hat irgendwie dahin tendiert,
Palästinenser und Israelis als symmetrische
Völker gleich zu setzen zu einer Zeit, als
Israels Besetzung zu enorm tragischen
Proportionen für die Palästinenser aufgelaufen
ist. Es gibt große Zweifel darüber, ob das
Hotelprojekt mit einem Durcheinander von
palästinensischen Geschichten und Narrativen
enden wird.
Und
schlimmer: Premierminister Benjamin Netanyahu
ist mit dem bizarren Argument herausgekommen,
dass die palästinensische Forderung, illegale
israelische Siedlungen in den besetzten
palästinensischen Gebieten (OPT) zu schleifen,
einen Akt von „ethnischer Säuberung“ gegenüber
jüdischen Siedlern darstellt. Der Terminus ist
ein Euphemismus zur Beschreibung von extremen
Gewaltpraktiken, Massenmord und gewaltsamer
Vertreibung während Konflikten und Krieg. Er
wurde auch von vielen Gelehrten wie auch im
öffentlichen Diskurs benutzt, um auf
zionistische Praktiken gegen die Bevölkerung von
Palästina im Vorfeld und während der Nakba von
1948 hinzuweisen. Netanyahus Anwendung dieses
Begriffs auf israelische Siedler wurde in mehr
als einer Million Zugriffen auf seiner
Facebook-Seite verbreitet und zog durch
Video-Rückmeldungen quer durch die sozialen
Medien weitere Millionen mit herein. Er
schockierte viele Analysten und führte zu einer
dichten Debatte in den internationalen Medien.
Diese neue Rhetorik ist Netanyahus Weg, die
Narrative des Opferstatus anzupassen und zu
öffentlichem Selbstmitleid aufzupeitschen.
Von
weit weg aus UK kommt eine Nachricht, die
Hoffnung herausfordert. Der renommierte
Menschenrechtsanwalt Hugh Tomlinson QC hat eine
Gesetzesdarstellung geäußert, die schwere Fehler
im Leitfaden der Regierung zur Definition von
Antisemitismus aufweist. Partnerschaftlich mit „Jews
for Justice for Palestinians“ (Juden für
Gerechtigkeit für Palästinenser), „Independent
Jewish Voices“ (Unabhängige jüdische Stimmen)
und „Free Speech“ (Redefreiheit) hat Tomlinson
zu Israel seine Gesetzesdarstellung vorige Woche
im House of Lords erklärt. Die Darstellung
kritisiert den Leitfaden für die Definition,
Israelkritik mit Antisemitismus gleichzustellen.
In
einer anderen Rechts-Intervention fordert das
„Legal Center for Arab Minority Rights in
Israel“ (Rechtszentrum für Minderheitenrechte
für Araber in Israel), dass Israel die für Jisr
Az-Zarqa (liegt zwischen Tel Aviv und Haifa) zu
bauenden neuen Wohnstätten exklusiv für
einheimische Bewohner zu bestimmen habe, nicht
für Einwanderer, die in Israel aus dem einen
oder anderen politischen Grund wohnen wollen.
Zuletzt: Palästinenser im allgemeinen, besonders
aber palästinensische Führer in der ganzen Welt
haben ein Votum des israelischen
Sicherheitskabinetts heftig verurteilt, durch
das einstimmig die Errichtung einer neuen
illegalen israelischen Siedlung auf besetztem
palästinensischem Areal angenommen wurde; dieses
zum ersten Mal in 20 Jahren! Eines ist sicher:
Während Israels Aktionen mehr und mehr unzähmbar
werden, gibt es eine wachsende Alarmstimmung und
eine agile Gesellschaft, die sich ständig
vergrößert und stärkt. In Solidarität Ranjan
Solomon, Redakteur
Ilan
Pappé, der Mythos von Israel:
Denken Sie sich zwei Menschen im ernsten
Gespräch: Ich erkenne Ilan Pappé und erinnere
mich an seinem Vortrag vor einigen Jahren im
Albert Schweitzer Haus, Wien …
Der
Journalist Max Blumenthal sitzt zusammen mit
Ilan Pappé, beide im Gespräch über Pappés
demnächst erscheinendes Buch: „Zehn Mythen über
Israel“. Der israelische Historiker und
sozialistische Aktivist ist Professor am
„College of Social Sciences und International
Studies“ an der Universität von Exeter, UK, und
dort Direktor des Zentrums für palästinensische
Studien und Ko-Direktor des Exeter-Zentrums für
ethno-politische Studien. Seine Arbeit wird von
anderen Historikern unterstützt oder kritisiert,
je nachdem. Bevor er Israel 2008 verließ, wurde
er von der Knesset, dem Parlament Israels
verurteilt; ein Erziehungsminister hat verlangt,
dass er „hinausgeschmissen“ wird; sein Bild
erschien in einer Zeitung im Zentrum einer
Schießscheibe; und er hat auch einige
Todesdrohungen erhalten. (Aus Wikipedia)
Das Interview ist über das International Middle
East Media Centre auf Facebook zu sehen. >>>
Banksys Hotel unterläuft palästinensische
Bemühungen, ihre eigene Geschichte zu erzählen:
Seit seiner Eröffnung hat das „Wall Off Hotel“
(Hotel außerhalb der Mauer) von Banksy riesige
Aufmerksamkeit bei Medien und Publikum erzeugt.
Etliche der künstlerischen Malereien über die
Apartheid-Mauer Israels wurden zu Ikonen des
Widerstands gegen die Besetzung. Das hat einige
Fürsprecher für Palästina sofort dazu geführt,
dieses als einen „anti-kolonialen Triumph“
anzusprechen. Als „Not-for-Profit“ ausgewiesen
ist es tatsächlich eine lebendige
Kunstinstallation, die die Besetzung zu einer
grotesken Touristenattraktion für Ausländer
umformt, alles unter der Maske der
„Bewusstseinsbildung“ für die Situation in
Palästina. Kritiker sagen, es gelingt nicht, die
allgemeine Wahrnehmung in irgendeinem realen
Sinn zu verändern, weil es das Leiden der
Palästinenser zu einer Darstellung der Narrative
verkleinert. Zum Beispiel wird ein israelischer
Soldat und ein Palästinenser bei einer
Polsterschlacht dargestellt. Plakate rund um das
Hotel erwähnen nicht ein einziges Mal die
Besetzung. Banksy setzt die beiden Seiten
gleich, indem er die Mauer als Behinderung „für
beide Seiten“ anführt.
Viele
palästinensische Künstler und Aktivisten haben
jahrelang gekämpft um zu überleben und Arbeiten
unter Besetzung und im Exil zu schaffen, oft,
indem sie unermüdlich palästinensische
Geschichte angesichts der Auslöschung
niedergeschrieben haben, palästinensische
Narrativen trotz Zensur bekannt gemacht und um
die Normalisierung gerungen haben. Vielleicht
ist die ärgste Beleidigung das Hotel, das nicht
in der Lage ist, die Geschichte und die
Narrativen Palästinas ins Zentrum zu stellen,
jedoch das palästinensische Land benutzt und die
palästinensischen Narrativen trotz der Zensur in
solcher Art und Weise vorantreibt und die
Normalisierung bekämpft.
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Menschenrechtsinstitutionen
bereit zu einer Volkskampagne gegen die
Belagerung:
Gemeinsam mit Aktivisten und Medienleuten
bereiten Menschenrechtsinstitutionen in Gaza
City eine Kampagne gegen Besetzung und
Belagerung unter dem Hashtag #Save Gaza vor. Mit
der Kampagne sollen die Verbrechen der
israelischen Besetzung, darunter die Belagerung
von Gaza, die bereits ins zehnte Jahr geht,
dargestellt werden. Die Kampagne ist ein Protest
gegen israelische Verletzungen des
internationalen Rechts auf freie Bewegung und
Mobilität im Hinblick auf die Schließung der
Grenzübergänge.
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Israel
plant dutzende neuer Wohnungen im arabischen
Dorf zu bauen, in welchem die Knappheit an
Wohnraum bereits sehr groß ist.
-
Das „Legal
Center of Arab Minority Rights in Israel“
fordert, dass die zur Herstellung geplanten
Häuser in Jisr Az-Zarqa nur lokalen Bewohnern
zukommen sollen, die seit Jahrzehnten unter
einem schlimmen Mangel an Wohnraum leiden. In
dem arabischen Fischerdorf zwischen Tel Aviv und
Haifa fehlen 730 Wohneinheiten. In einem Brief
vom 23.2.2017 verlangt Adalah von der
Israelischen Landbehörde (ILA) und dem
Israelischen Ministerium für Wohnbau, dass die
72 vorgesehenen neuen Wohnungen unbedingt nach
dem Dringlichkeitssystem an lokale Bewohner zu
vergeben sind.
Details in der Website von Al Adalah auf
Facebook. >>>
Palästinensische
Führer verurteilen Israels Zustimmung zu neuen
Westbank-Siedlungen
- Die
palästinensische Leitung verurteilt stark das
Votum des israelischen Sicherheitskabinetts, das
einstimmig die Einrichtung neuer illegaler
Siedlungen auf besetztem palästinensischem Land
beschlossen hat – einstimmig nach 20 Jahren. Die
neue Siedlung soll in der Nähe von der illegalen
Siedlung im jetzt berühmten „Silo“ im besetzten
Westbankbezirk von Ramallah entstehen. Haaretz
zitiert die aus dem Büro des Premierministers
herausgegebene Stellung-nahme, dass die
Entscheidung für den Siedlungsbau – in
Verletzung des internationalen Rechts – Teil des
„Versprechens“ sei, das der israelische
Premierminister Benjamin Netanyahu den
israelischen Siedlern im illegalen Amona-Outpost
gegeben hatte, als die Bewohner sich vom Gericht
verhängten Sanktionierungen der Demolierung
gegenüber sahen, weil sie vor einigen Monaten
auf privatem palästinensischen Land gebaut
hatten. Haaretz berichtete, dass Netanyahu der
Administration von US-Präsidenten Donald Trump
vorher gesagt hatte, er würde „trachten, das
Versprechen zu halten“ und fügte hinzu, dass er
politisch gesprochen gar nicht davon Abstand
nehmen konnte.
Maaan News bringt den vollen Bericht in
Facebook. >>> Übersetzt:
Gerhilde Merz
facebook - Palestine Updates
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