Schauen Sie sich um. So sieht Annexion aus
- Haggai Matar - 03.03.2018 - Die
Annexion von Palästina wird nicht eines Tages kommen, sie
geschieht täglich, und so sieht sie aus: Banales Gesetz
ändert etwas an den Hochschulräten.
Es wird keinen definitiven Moment, kein Geschehen oder
keinen Punkt in der Geschichte geben, an dem wir sagen
können, die Annexion ist geschehen. Israels Annexion ist ein
Prozess – ein bewußter Prozess –, der sorgfältig geplant
worden ist, vor langer Zeit begonnen hat und in den
kommenden Jahren weitergeführt werden wird.
Man kann sich über kleine Schritte Richtung Annexion kaum zu
sehr aufregen, wie (zum Beispiel) über ein Gesetz, das eine
Universität von der Zuständigkeit eines Hochschulrates zu
einem anderen verschiebt. Die internationale Gemeinschaft
wird keinen Surm vom Zaun brechen. Der UN-Sicherheitsrat
wird keine Dringlichkeitssitzung einberufen. Die EU wird
nicht mit Sanktionen drohen. Doch genau so wird die Annexion
von Palästina aussehen.
Die Knesset hat am Montag ein Gesetz verabschiedet, das
israelische Universiäten in den besetzten palästinensischen
Gebieten unter die Schirmherrschaft des israelischen
Hochschulrates stellt, eine zivile Einrichtung, die durch
ein israelisches Gesetz geschaffen wurde, um Universitäten
und Colleges in Israel zu überwachen. Siedlungscolleges und
-universitäten wurden bisher vom Hochschulrat in Judäa und
Samaria beaufsichtigt, einer militärischen Einrichtung, die
eigens deshalb geschaffen wurde, weil sich die zivile
Jurisdiktion des Rates nicht über die Grenzen des Staates
Israel hinaus erstreckt.
Dies war nicht das erste Mal, dass die Knesset entschied,
sie könnte Gesetze erlassen über die Grenzen des
Territoriums hinaus, über das der Staat Souveränität
beansprucht. Israel herrscht über die Westbank nicht mittels
Gesetzen seiner gewählten zivilen Regierung, sondern
vielmehr mittels einem Militärregime, ohne Bindung an den
Teil des Völkerrechts, der sich mit besetzten Gebieten
befasst. Die Anwendung von Zivilrecht en gros auf ein
besetztes Territorium kommt einer Annexion gleich.
Es gibt viele andere kleine Schritte Richtung Annexion, die
für die nächste Zeit oder auf lange Sicht geplant sind. Der
israelische Premierminister Benjamin Netanyahu betonte am
Montag die Notwendigkeit diese Pläne auf eine organisierte
Weise voranzutreiben, und nicht als ad hoc-Vorschläge von
einzelnen Politikern, die darauf aus sind Schlagzeilen zu
machen.
"Hinsichtlich der Frage der Anwendung von israelischem Recht
in Judäa und Samaria und im Jordantal", sagte der
Premierminister auf einer Fraktionssitzung des Likud unter
Bezugnahme auf das ganze Westjordanland, "... sollte es
staatlich geförderte Gsetzgebung sein und nicht private
Gesetzgebung. Das ist ein Prozess von historischen
Konsequenzen... wir werden intelligent voegehen." (Link zu
der in Hebräisch aufgenommenen Rede im Original.)
Die Medien klinkten sich sofort auf einen anderen Teil von
Netanyahus Rede ein, in der er behauptete Israel koordiniere
und führe laufend Gespräche mit den Vereinigten Staaten
hinsichtlich der Annexionspläne. Das Büro des
Premierministers war gezwungen diesen Teil der Rede
zurückzunehmen, was sogar noch bessere Schlagzeilen gemacht
hat. Dass der Premierminister offen und unverfroren
darstellt, wie er plant israelisches Recht auf die
palästinensischen Gebiete anzuwenden, ist allerdings kaum
noch eine Neuigkeit. Es ist bereits voll in den
Mainstream-Diskurs eingedrungen.
Und das ist der Punkt. Annexion ist kein Thema mehr, über
das die israelische Rechte in geschlossenen Sitzungen und
Konferenzen am Rand flüstert. Die israelische Regierung
fühlt sich nicht mehr an die Konventionen der letzten
Jahrzehnte gebunden, nach denen sie der Welt konstant
versichert, dass sie daran arbeite eine Zwei-Staaten-Lösung
zu erreichen – wenn auch erst in ein paar Jahren.
Ironischerweise sind die einzigen Weltführer, die heute
bereit sind diese falsche Ernsthaftigkeit zu verkünden, die,
die wie Donald Trump nie in ein Zwei-Staaten-Ergebnis
investiert haben, um damit zu beginnen, und die wie John
Kerry für immer aus dem öffentlichen Leben verschwunden
sind.
Über Annexion wird gesprochen, als würde sie sich von selbst
ergeben. Aber Annexion ist nicht das Ziel. Das Ziel ist
einfach Israels Kontrolle über das ganze Gebiet zwischen
Jordan und Mittelmehr (ohne den Gazastreifen, zumindestens
derzeit) zu stärken und zu zementieren. Annexion ist nur ein
Mittel, um das zu erreichen.
Wir können damit rechnen, dass wir in den kommenden Monaten
sehen werden, dass immer weitere Gessetze in der Knesset
verabschiedet werden, die den Annexionsprozess weiter
bringen – wie das Hochschulgesetz oder das sogenannte
Regularisierungsgesetz, das den Diebstahl von privatem
Land, das Palästinensern gehört, durch jüdische Siedler
regularisiert.
Manche dieser Gesetze mögen genügend Aufmerksamkeit der Welt
auf sich ziehen, um ein paar Protestäußerungen einzubringen.
Viele werden so unbedeutend erscheinen, dass niemand sie
beachtet, und wenn, dann wird man kaum verstehen was,
wenn überhaupt etwas, diese Gesetze tatsächlich verändern.
Und die Wahrheit ist, dass viele dieser kleinen
Gesetzesentwürfe und Strategien nicht viel ausmachen, wenn
man sie einzeln nimmt. In der Menge allerdings sieht
Annexion so aus. Quelle
Übersetzung: K. Nebauer
Palestine
Update Nr. 116 – 21.2.18 – Banktechnologie
und Apartheid-Israel - Meinung - Ranjan Solomon
Wie Banken-Technologie Apartheid-Israel demontieren kann.
Israel ist eine abhängige Wirtschaft, die ihr Vorankommen
durch das Fordern von Hilfe mittels doppelter Drohung –
finanzieller und militärischer – mit Erpressung und Erzeugen
einer künstlichen Angst vor der Vernichtung durch angebliche
Feinde managt und riskiert, sich mehr Feinde zu schaffen.
Heute leisten zehntausende TeilnehmerInnen an Kampagnen
weltweit mittels BDS Widerstand gegen das
rassistisch-kolonialistische System Israels. Sie sind
überzeugt davon, dass dieses das wirksamste Instrument für
eine Beendigung der israelischen Apartheid ist. Dieser
Artikel ist ein Auszug aus einer längeren Version, die einen
umfangreichen Vergleich zwischen BDS in Südafrika und der
derzeitigen Bewegung für Sanktionen gegen Israel ist. Bitte,
lesen Sie ihn und verteilen Sie ihn breitflächig.
Ranjan Solomon
Die
Frage von Sanktionen in Südafrika und Palästina
Auszug aus „Eurasia Review“ (Nachrichten und Analyse)
„Bei gegebenem Erfolg von Sanktionen zur Beendigung der
Apartheid besteht seit einigen Jahren ein beträchtliches
Interesse an Sanktionen als Mittel zur Lösung anderer seit
langem bestehender internationaler Konflikte. Da ist ein
offensichtlicher Missbrauch – und in Konsequenz Misskredit
von Sanktionen durch USA als ein Instrument, um die
amerikanische militärische und Finanz-Hegemonie in der Welt
zu sichern. Das kann belegt werden durch die US-Sanktionen
gegen Irak, Venezuela, Libyen und Iran, die die Bezahlung
für Ölexporte in anderen Währungen und/oder Gold anstatt in
US-Dollars haben wollten, was dann zu einem „Regime-Wechsel“
führte.
Die Banken-Technologie ist in den drei Dekaden seit der
Südafrika Bank-Sanktionen- Kampagne natürlich dramatisch
vorangeschritten. Der Platz für die Bestimmung der Kurse ist
nicht mehr New York sondern Brüssel, wo das Hauptquartier
der „Society for Worldwide Inter-bank Financial
Telecommunications“ (SWIFT) liegt. SWIFT ist im Wesentlichen
ein riesiger Computer, der die Zahlungsbedingungen von mehr
als 11.000 Banken in mehr als 200 Ländern beglaubigt. Jede
Bank besitzt einen SWIFT-Code, wobei der 5. und der 6.
Buchstabe das Herkunftsland identifizieren. Die Boykott-,
Divestment-, Sanktions-Bewegung (BDS) wurde 2005
eingerichtet und nach der südafrikanischen Erfahrung
modelliert. Während es mehr als 25 Jahre Sanktionen in
Südafrika brauchte, um einen signifikanten Erfolg zu
erzielen, ist Israel heute zunehmend wütend über BDS, das
unter anderen für den Friedens-Nobelpreis 2018 nominiert
wurde. Es ist bemerkenswert, dass die Verleihung des
Friedens-Nobelpreises 1984 an Desmond Tutu einen enormen
Zuspruch für die internationale Solidarität mit der
Anti-Apartheid-Bewegung ergab. Der norwegische
Pensionsfonds, der Fonds von mehr als 1 Trillion US-Dollars
administriert (Anm.: 1 Trillion = 10 hoch 18 = 3. Potenz von
1 Million), hat Elbit Systems, die bedeutendste israelische
Waffenfabrik auf die Schwarze Liste gesetzt.
Andere skandinavische und niederländische Institute folgten.
Auch kirchliche Pensionsfonds in den USA fangen an, sich
einzubringen. Jüngere und fortschrittliche jüdische
AmerikanerInnen distanzieren sich zunehmend von der
rechtslastigen israelischen Regierung, und sympathisieren
sogar mit den Palästinensern. Europäische Regierungen haben
2014 ihre
Bürger vor den rufschädigenden und finanziellen Risken bei
Geschäftstransaktionen mit israelischen Siedlungen in der
Westbank gewarnt.
Der UN-Menschenrechtsrat hat im Jänner 2018 eine Liste von
mehr als 200 israelischen und amerikanischen Firmen
zusammengetragen, die aktiv beteiligt sind an der Förderung
und finanziellen Unterstützung der Besetzung von
palästinensischen Territorien unter Verhöhnung der Genfer
Konventionen und anderen Instrumenten des internationalen
Rechts. In Antwort darauf hat die israelische Regierung
substantielle finanzielle und andere Mittel in gesetzliche
Initiativen – sowohl in Israel wie auch international –
angelegt, um das BDS-Phänomen zu kriminalisieren und die
Bewegung als antisemitisch zu verunglimpfen. Das erweist
sich jedoch bereits als kontraproduktiv, wie durch
Zusammenstöße und Gerichtsfälle in den USA illustriert.
Die Buchstaben IL im SWIFT-Code identifizieren israelische
Banken. Programmatisch müsste es eine einfache Sache sein,
Transaktionen nach und von IL-Konten zu suspendieren.
Das würde die Bezahlung für Importe und Einnahmen für
Tätigkeiten bei israelischen Exporten blockieren. Die
Schwierigkeit dabei ist der politische Wille, und der
Einfluss der israelischen Lobby. Der Präzedenzfall und die
Wirksamkeit von SWIFT-Sanktionen war allerdings bereits im
Falle von Iran angewendet worden. Unter Druck von den USA
und Israel instruierte die Europäische Union SWIFT,
Transaktionen mit iranischen Banken ruhend zu stellen, um
die iranische Regierung unter Druck zu setzen, um 2015 über
das Abkommen über iranische Atomwaffen zu verhandeln.
Es ist jetzt anerkannt, dass der sogenannte
„Friedensprozess“, der von der US-Regierung mediiert worden
war, letztlich eine Decke gewesen ist, unter der die
Okkupation und weitere israelische Siedlungen „jenseits der
Grünen Linie“ ausgedehnt worden waren. Der Plan ist jetzt,
unter der Teilnahme der Vereinten Nationen neue
Verhandlungen zwischen Israel und Palästina durchzuführen
und fordert die internationale Gemeinschaft heraus
mitzuhelfen, dass solche Verhandlungen Erfolg haben könnten.
Zu den Zielen der Mithilfe bei der Ausbalanzierung der Waage
in solchen Verhandlungen wird vorgeschlagen, dass die
SWIFT-Sanktionen gegen israelische Banken die israelischen
Finanz- und politischen Eliten treffen müssen, die über den
Einfluss auf die israelische Regierung verfügen, sich auf
vier festgesetzte Bedingungen einzulassen, nämlich:
+ sofort alle palästinensischen politischen Gefangenen zu
entlassen;
+ die Besetzung der Westbank (einschließlich Ostjerusalem)
und von Gaza aufzugeben, und die
Apartheidmauer abzureißen;
+ die Grundrechte der arabischstämmigen Palästinenser
wahrzunehmen;
+ und das Rückkehrrecht von Palästinensern anzuerkennen.
(übers: Gerhilde Merz)
Weil da nichts ist...
- Uri Avnery - 3. März 2018 - Die Flut der
Korruptionsaffären, die nun über Netanyahus Familie, ihre
Assistenten und Bedienstete hereinbricht, scheint seine
Popularität bei denen, die sich “das Volk” nennen, nicht zu
beeinträchtigen.
Im Gegenteil,
laut Meinungsumfragen eilen die Wähler der anderen
nationalistischen Parteien zur Rettung “Bibis”.
Sie halten ihn
für einen großen Staatsmann, den Retter von Israel, und sind
deshalb bereit, alles andere zu vergeben und zu vergessen.
Riesige Bestechungen, generöse Geschenke, alles.
Seltsam. Meine
Ansicht ist genau das Gegenteil. Ich bin nicht bereit,
“Bibi” alles zu vergeben, weil er ein großer Staatsmann ist,
denn ich glaube, dass er ein sehr kleiner Staatsmann,
beziehungsweise überhaupt kein Staatsmann, ist.
Das endgültige
Urteil über Bibis Fähigkeiten wurde frühzeitig in seiner
Karriere von seinem Vater abgegeben.
Benzion
Netayahu, ein Geschichtsprofessor und ein Experte auf dem
Gebiet der spanischen Inquisition, hatte keine
sehr hohe Meinung von seinem zweiten Sohn. Er bevorzugte
viel mehr seinen ältesten Sohn, Jonathan, der bei der
Operation in Entebbe getötet wurde. Das könnte übrigens der
Ursprung von Bibis tiefen Komplexen sein.
Politisch war
Benzion der extremste Rechte, den es je gab. Er verachtete
Vladimir Jabotinsky, den brillianten Führer der rechten
Zionisten, wie auch seinen Schüler, Menachem Begin. Für ihn
waren beide liberale Schwächlinge.
Benzion, der
fühlte, dass seine Talente in Israel nicht geschätzt wurden,
und zu einem Lehrauftrag in die Vereinigten Staaten ging, wo
er seine Söhne aufzog, sagte über Binyamin: “Er könnte ein
guter Außenminister, aber kein Premierminister sein.” Nie
wurde ein präziseres Urteil über Bibi gefällt.
Binyamin
Netanyahu hat in der Tat die Voraussetzung zum
Außenminister. Er spricht perfekt (amerikanisches) Englisch,
wenn auch ohne die literarische Tiefe seines Vorgängers,
Abba Eban. Über Eban bemerkte David Ben-Gurion bekanntlich:
"Er kann wunderbare Reden halten, aber Sie müssen ihm sagen,
was er sagen soll.”
Bibi ist ein
perfekter Repräsentant. Er weiß, wie man sich den Großen
dieser Erde gegenüber verhält. Er gibt eine gute Figur auf
internationalen Konferenzen ab. Er hält bei wichtigen
Gelegenheiten gut gestaltete Reden, obwohl er dazu neigt,
primitive Tricks anzuwenden, die ein Churchill nicht
angerührt hätte.
>>>
Palestine
Update Nr. 117 – 24. Februar 18 - Israel und
Palästina – Was liegt vor uns?
Meinung - Ranjan Solomon
Der Exekutivdirektor von AMEC, Na’eem Jeenah, sprach als
Teil eines Podiums, das von SISO (Save Israel, „Stop the
Occupation“) und Liliesleaf Farm am 5. Februar 2018 in
Liliesleaf organisiert worden war. Die anderen Teilnehmer an
der Podiumsdiskussion waren Alon Liel, der frühere
israelische Botschafter für Südafrika, und Benjamin Pogrund,
ein früherer Journalist aus Südafrika und jetzt in Israel
lebend. Die drei Sprecher machten sich Gedanken zum Thema
„Israel und Palästina – Was liegt vor uns?“
Wir drucken den Beitrag von Na’eem Jeenah
ab. Es ist dies eine kraftvolle Analyse und wert, gelesen
und breit gestreut zu werden.
Israel
und Palästina – Was liegt vor uns? - Von Na’eem Jeenah - Um es klar zu sagen:
„Was liegt vor Israel und Palästina – ist nicht Israel und
Palästina!
Die Wirklichkeit, wie sie heute ist,
bedeutet: Wir haben keine zwei Staaten, genannt Israel und
Palästina, und wir werden auch keine zwei Staaten haben. Es
gibt heute keinen palästinensischen Staat, auch wenn
bestimmte Teile der offiziellen Leitung Palästinas uns – und
sich selbst - gern überzeugen wollen, dass es einen gibt.
Alles, was wir haben, ist ein Bantustan, das ganz bestimmte
Spuren eines Staates aufweist – wie es etwa mit
Bophuthatswana oder Venda solche im Südafrika unter
Apartheid gegeben wurden. In der Tat, der Palästinensische
„Staat“ von heute hat weniger Macht als die südafrikanischen
Bantustans in den 1970ern und 19080ern; hat weniger
Autorität, weniger Unabhängigkeit, weniger Souveränität, und
kann sich nicht verlassen auf den Staat, der ihn sozusagen
„ins Leben geworfen“ hat, indem er ihn finanziell unterhielt
(wie das bei den südafrikanischen Bantustans der Fall war).
Die heutige Realität ist, dass wir einen
Staat haben – Israel – der das ganze (britische) Mandat
Palästina einnimmt und das ganze Land vom Jordan bis zum
Mittelmeer kontrolliert. Die Tatsache, dass dieser Staat
seine Macht über das ganze Territorium über verschiedene
Kontroll-Funktionen in verschiedenen Teilen dieses Landes
ausübt, darf nicht ablenken von dem Umstand, dass dieses
ganze Land de facto unter der Kontrolle eines Staates
und daher Teil eines einzigen Staates ist.
Wenn wir von der Zukunft reden wollen,
die einen israelischen und einen palästinensischen Staat
Seite an Seite haben soll, dann müssten – aller mindestens –
der palästinensische Staat in dieser Konfiguration einer
sein, in welchem alle israelischen Siedlungen abgerissen
sein müssten; dessen Hauptstadt in Jerusalem sein müsste;
dessen Grenzen nach den Vorgaben von 1967 verlaufen. Dieser
Staat müsste die volle Kontrolle über seine Grenzen haben
und das heißt, Ausübung der vollen Souveränität auf seinem
ganzen Gebiet – einschließlich dem Luftraum über diesem und
dem Wasser, Gas und anderen Ressourcen unter diesem. Und,
eine solche Lösung müsste die Ausübung des Rückkehrrechtes
für alle palästinensischen Flüchtlinge zu ihren Wohnungen
sein – wo immer in einem dieser beiden Staaten diese
Wohnhäuser stehen. Nichts davon sind phantasievolle
Forderungen der Palästinenser; alle diese sind garantiert
und werden eingefordert durch das Völkerrecht.
Aber das alles ist nicht mehr eine
plausible Realität der Zukunft – wenn es je eine war. Israel
hat versichert, dass eine solche Lösung nicht in Frage
kommt. Israel und seine aufeinander folgenden Regierungen
haben versichert, dass es keine Möglichkeit geben kann für
einen unabhängigen, souveränen und lebensfähigen Staat
Palästina an der Seite eines israelischen Staates. Das wurde
systematisch vorangetrieben durch die Konstruktion und
Ausdehnung der Siedlungen und der Infrastruktur der
Siedlungen, die Errichtung der sogenannten „Trennungsmauer“,
mit der palästinensisches Land gestohlen wurde und andere
geographische und technische soziale Veränderungen, die
Israel durchgeführt hat. Das ist es, warum kein israelischer
Politiker mehr über die Zweistaaten-Lösung spricht. Diese
Realität und die Tatsache, dass Israel eine
US-Administration an seiner Seite hat, die willens ist, ihm
alles zu geben, was es haben will, heißt, dass Israel nicht
mehr vorzugeben braucht, dass es eine Zweistaaten-Lösung
wünscht. Und auch vor zwei Jahren, als die Beamten der
israelischen Regierung gelegentlich auf die
Zweistaaten-Lösung hingewiesen haben, war es klar, dass sie
nicht von zwei Staaten sprachen, sondern von einem
israelischen Staat, der ein palästinensisches Bantustan
kontrolliert. Netanyahu‘s „Vision“ eines
Palästinenserstaates war eine solche, bei dem dieser Staat
keine Kontrolle haben sollte über seine Grenzen, keine
Kontrolle über seinen Luftraum, keine Souveränität im
Jordantal, wo israelische Truppen auf Dauer stationiert
wären, keine Kontrolle über seine Sicherheit, keine Armee,
keine Polizeikräfte außer jenen unter israelischer
Oberhoheit, keine Möglichkeit, in Jerusalem seine Hauptstadt
einzurichten oder irgendeinen anderen Zugriff auf Jerusalem…
Kurz gesagt, Netanyahu brachte eine Zweistaaten-Lösung zum
Ausdruck, bei der der Wohnraum des palästinensischen Volkes
ein Bantustan und permanenter Vasall von Israel sein sollte.
Natürlich war alles dieses, wurde uns
gesagt, notwendig im Interesse der Sicherheit Israels. Denn,
natürlich verdienen Palästinenser keine wie immer geartete
Sicherheit. Palästinenser brauchen nicht sicher zu sein vor
einem kriegführenden rassistischen Staat mit einer der
mächtigsten Armeen in der Welt, die ihr Land besetzt;
Palästinenser haben kein Recht sich zu verteidigen. Nur die
Sicherheit Israels ist zu betrachten.
Unter den Palästinensern gibt es heute
nur mehr einige wenige, die glauben, dass eine
Zweistaaten-Lösung möglich ist. Im allgemeinen glauben die
meisten Palästinenser, dass Oslo tot ist, und dass die
Vereinbarungen und Geschöpfe von Oslo irrelevant sind.
Die Veranstaltung wird von SISO
ausgerichtet, und obwohl ich die Organisation nicht
kritisiere, frage ich, ob der Slogan „Rette(t) Israel,
Stopp(t) die Besetzung“ realistisch ist. Ich nehme an, die
Antwort auf diese Frage hängt zum Teil davon ab, was mit
„Israel“ gemeint ist. Welche Grenzen, welche Mächte, was
heißt Natur und Charakter des Staates, wer sind die Bürger
und ihre Nation …
Die Zukunft für Israelis und
Palästinenser - das „Was liegt vor uns? – ist nicht das
Ende der Besetzung in der Art, die Israel in der Form
„retten“ wird, in der es jetzt existiert. Das
wahrscheinlichere zukünftige Szenario stellt sich so dar,
dass die Besetzung so „endet“, dass sie zu einem Israel de
jure wird, einem einzigen Staat vom Fluss bis zum Meer.
Die wirkliche Frage wird dann nicht sein,
ob wir in Zukunft einen oder wie Staaten haben werden. Die
wirkliche Frage ist: Wie geht der Weg von dort, wo wir jetzt
stehen, zu einer zukünftigen Realität des „einen Staates“.
Die wirkliche Frage ist, ob dieser Weg ein EINER sein wird,
der (im Großen und Ganzen) gewaltlos, ausverhandelt,
sorgfältig anvisiert und wieder angedacht mit einem
minimalen Verlust an Leben und minimalem Elend für
israelische Juden und für Palästinenser (ganz besonders für
Palästinenser) oder ob dieser Pfad charakterisiert sein wird
durch Kriegführung, massive Gewalt, Blutvergießen, Tod und
Elend für alle Betroffenen (besonders Palästinenser).
Bei der gegenwärtigen extremen
Ungleichheit an Macht zwischen den Palästinensern und
Israelis liegt die Entscheidung, welcher Weg einzuschlagen
ist, weitestgehend in den Händen der Israelis und den
Unterstützern Israels in der ganzen Welt.
Wenn Israel mit seiner Gewalt fortfährt –
das zu tun es überzeugt ist – und unversöhnlich weiterhin
seine militärischen und Sicherheitskräfte einsetzt, um zu
versuchen, das palästinensische Volk zu unterdrücken und
seine legitimen Sehnsüchte und Forderungen, kommen wir zur
gleichen Zukunft, aber auf der zweiten, mehr belastenden und
blutigen Route. Palästinenser, wie sie über die letzten 70
Jahre bewiesen haben, werden nicht die ständigen Opfer sein;
sie werden zurückschlagen – auch wenn das Gleichgewicht der
Kräfte immens gegen sie ist. Wie die Beiträge, die wir
während Liliesleaf verstreut gelesen haben, behaupten, ist
ein solcher Widerstand in der Natur der menschlichen Wesen
begründet.
Lassen Sie mich also zum Ende kommen,
indem ich Ihre Aufmerksamkeit auf zwei Aussagen lenke, die
ich während der letzten Stunde hier gelesen habe und welche
die Unterstützer Israels in diesem Raum veranlassen sollten,
Pause zu machen und nachzudenken.
Am Eingang zu diesem Institut, Museum und
Monument steht ein Zitat aus einem Umkhonto we Sizwe
Pamphlet, das bald nach seiner Gründung herausgegeben wurde.
Es sagt: „Die Geduld des Volkes ist nicht endlos. Die Zeit
kommt im Leben einer Nation, wo nur zwei mögliche Wege
vorhanden sind: Unterwirf dich oder kämpfe. Diese Zeit ist
jetzt für Südafrika gekommen.“ Wenn auch nicht weiter
zitiert wurde an der Tafel des Eingangstors, geht es weiter:
„Wir wollen uns nicht unterwerfen und wir haben keine andere
Wahl als mit allen Mitteln innerhalb unserer Kraft zur
Verteidigung unseres Volkes, unserer Zukunft und unserer
Freiheit zurückzuschlagen.“
Und am Eingang zu dieser Halle ist ein
Zitat des früheren Präsidenten des African National Congres
(ANC), der bekannt ist für sein Eintreten für
Gewaltlosigkeit, Chief Albert Luthuli, der in Antwort auf
die Verurteilung beim Rivonia Treason Trial sagte. …“niemand
kann tapfere Männer dafür tadeln, dass sie Gerechtigkeit
suchen, indem sie Methoden der Gewalt anwenden, noch können
sie getadelt werden, wenn sie versuchen, eine organisierte
Kraft zu schaffen, um am Ende Frieden und Harmonie zwischen
den Rassen zu erreichen.“
Die Wahl und die Entscheidung liegen, wie
ich sagte, in den Händen der Israelis und ihrer
Unterstützer.
Quelle Übers:: Gerhilde Merz)
Leserbreif von Karin Nebauer - An die SZ - Im
Artikel "Umzug
zum Unabhängigkeitstag" vom 24./25.2. wird gesagt, die
Palästinenser würden am 15, Mai der Nakba (Katastrophe)
gedenken. "Dabei geht es um den Verlust ihrer Heimat nach
der Gründung des Staates Israel 1948, Während des ersten
Nahostkrieges nach der Staatsgründung gab es nach
Schätzungen etwa 700.000 Flüchtlinge."
Das ist sehr vorsichtig formuliert, denn mindestens 750.000
Palästinenser haben ihre Heimat nicht nur verloren, sondern
wurden vertrieben. 1967 wurden noch einmal etwa 300.000
Palästinenser vertrieben. Und diese Vertreibung geht bis
heute mit den Häuserzerstörungen, Landenteignungen, dem
Siedlungsbau und im Jordantal der Zerstörung ganzer Dörfer
von Palästinensern, übrigens auch im Negev, der zum
eigentlichen Staatsgebiet Israels gehört. Die Knesset
bereitet seit langem in kleinen Schritten die Annexion des
Westjordanlandes vor.
Zum Artikel "Macht
und Ohnmacht" vom 2. März (Interview von Alex Rühle mit
Samuel Salzborn): Antisemitismus und Antizionismus werden
völlig vermischt. Die Aussagen erscheinen etwas schwammig.
Dass die Antipathie gegenüber Israelund v.a.unter Muslimen
wächst, hat sich Israel mit seiner brutalen Besatzung, der
strangulierenden Blockade des Gazastreifens, der
Inhaftierung tausender Palästinenser, darunter hunderter
Kinder usw. selbst zuzuschreiben. Leider wird das von Herrn
Salzborn (sowie Herrn Wolfson und anderen) völlig außer Acht
gelassen.
Sollten Sie die Absicht gehabt haben, eine Diskussion über
den Antisemitismus hierzulande zu eröffnen, würde ich
vorschlagen Herrn Prof. Rolf Verleger, Neurologe an der
Universität von Lübeck und selbst Jude und
Holocaustüberlebender zu diesem Thema zu interviewen oder
einen seiner Texte zu diesem Thema azudrucken.
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das es ermöglichen soll, kirchlichen Grundbesitz
zu verstaatlichen, sowie gegen Pläne der Jerusalemer
Stadtverwaltung, künftig auch von den Kirchen die
seit osmanischer Zeit nicht eingetriebene Kommunalsteuer
(„Arnona“) in der heutigen Größenordnung von umgerechnet
150 Millionen Euro zu erheben, versammeln sich am
25. Februar die Spitzen der Griechisch-Orthodoxen,
der Armenischen und der Römischen Kirche vor der
Grabeskirche und unterbrechen den Zugang für Besucher.
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