Sonntag, 25. Oktober 2020  -  16:57

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Seit heute im Handel

 Antisemitismus und Nahost-Konflikt. Einseitige „Aufklärung“ an deutschen Schulen
Arn Strohmeyer
Gabriele Schäfer Verlag Herne
 ISBN 9783944487731 - 9,90 Euro.

Kommt der Antisemitismus von „links“?

Arn Strohmeyers Antwort auf Thomas Haurys antideutsche Thesen ist als Buch erschienen

 Gegen die Indoktrinierung an Schulen

Der aus der antideutschen Szene stammende Sozialwissenschaftler Thomas Haury hat kürzlich eine Broschüre mit dem Titel Antisemitismus von links. Facetten der Judenfeindschaft (Verlag Aktion Courage e.V., Berlin) veröffentlicht. Der Text richtet sich vor allem an Lehrer, die ihren Schülern vermitteln sollen, dass heute vor allem „Linke“ für den Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft verantwortlich sind. Die Broschüre Haurys ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BFSFJ) finanziell gefördert worden und wird über das Internet an allen Schulen in Deutschland digital beworben, um ihn im politischen Unterricht zu verwenden.

Ganz exakt definiert Haury nicht, wen er mit „links“ eigentlich meint, aber aus dem Text erschließt es sich, wer hier unter sein diffamierendes Urteil fällt: Alle Kritiker der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern – also alle Aktivisten, die sich für eine Einhaltung von Völkerrecht und Menschenrechten im Palästina-Konflikt einsetzen. Aber auch alle Kritiker des Kapitalismus bzw. Neoliberalismus oder des internationalen Finanzsystems fallen darunter, denn in einer solchen Kritik könnte ja auch eine versteckte antisemitische Attacke auf Juden stecken. Was ja heißt: Jede kritische Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzsystem wird zum Tabu erklärt. Haury bringt sogar SPD-Politiker wie Franz Müntefering und Gewerkschafter von verdi und der IG-Metall in Antisemitismusverdacht, weil sie es wagten, die Arbeitsplätze zerstörende Profitgier der Hedgefonds als „Heuschrecken“ zu bezeichnen.

Haury macht es sich leicht, zu seinem inquisitorischen Urteil zu kommen, denn er leugnet einfach die Unmenschlichkeit der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern. Die Verbrechen der Zionisten an diesem Volk kennt er nicht oder will sie nicht wahrhaben. Juden – so vermittelt er – können keine Täter sein, denn das würde ja heißen, die Täter-Opfer-Rolle umzukehren. Er kommt mit einem Trick zu einem solchen Urteil: Er unterscheidet nicht zwischen Judentum, Zionismus und Israel oder umgekehrt zwischen Antisemitismus, Antizionismus und Kritik an der israelischen Politik. Das Ergebnis ist ein diffamierender Antisemitismus-Begriff, der an Rufmord grenzt und – wie leicht zu durchschauen ist – vor allem die Absicht verfolgt, Israels Politik vor jeder Kritik zu schützen.

Einer solchen verfälschenden Darstellung des Antisemitismus-Problems und des Palästina-Konflikts muss man entschieden entgegentreten, auch wenn Haurys Darstellung zur Zeit der Mainstream in Deutschland ist. Und Schülern sollte man ein realistisches Bild des Staates Israel, seiner Geschichte und seiner heutigen Politik vermitteln, sie also nicht mit einer einseitigen Darstellung ganz im Sinne der zionistischen Ideologie konfrontieren.

Der Publizist Arn Strohmeyer hat deshalb eine kritische Antwort auf Haurys Text geschrieben, die dessen Thesen widerlegt. Er kann dabei auch auf Argumente vieler israelischer Autoren und Wissenschaftler zurückgreifen. Der Bremer Juraprofessor Johannes Feest hat ein Nachwort zu Strohmeyers Text geschrieben, in dem er vor allem die im Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit verteidigt, die durch Haurys Antisemitismus-Definition in höchstem Maße gefährdet ist.

Das Buch ist unter dem Titel Antisemitismus und Nahost-Konflikt. Einseitige „Aufklärung“ an deutschen Schulen im Gabriele Schäfer Verlag Herne erschienen, ISBN 9783944487731, 9,90 Euro. Das Cover der Broschüre hat Erhard Arendt vom Palästina-Portal gestaltet. (Pressemitteilung des Verlages)

 

Thomas Haury - Antisemitismus von links. Facetten der Judenfeindschaft >>>

Gaza hat kaum Coronavirus-Testkits
Tamara Nassar -  14. April 2020 - Übersetzt mit DeepL

Die belagerten Palästinenser im Gazastreifen sind Israel weiterhin ausgeliefert, da sie mit der Coronavirus-Pandemie konfrontiert sind. Dem Gazastreifen gingen letzte Woche die COVID-19-Testkits aus. Ashraf al-Qedra, der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza, sagte am 8. April, dass Hunderte von Menschen in Quarantäne bleiben werden, da Dutzende von Proben auf die Tests warten.

Am Sonntag ließ Israel fünf Testkits der Weltgesundheitsorganisation nach Gaza einreisen, und die Tests wurden wieder aufgenommen. Diese würden ausreichen, um 500 Menschen in einer Bevölkerung von zwei Millionen Menschen zu testen. "Wir müssen diese Tests ständig durchführen, und deshalb brauchen wir Tausende von Testkits", sagte al-Qedra laut Reuters.

Derzeit sind mehr als 600 Palästinenser in 17 Zentren in der Enklave unter Quarantäne. Die Coronavirus-Pandemie hat 13 Palästinenser in Gaza und etwa 300 im besetzten Westjordanland, wo zwei Menschen starben, befallen. Es gibt fast 12.000 bestätigte Fälle in Israel und mehr als 100 Tote.

Bisher wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums von Gaza alle bestätigten Fälle in Gaza unter Personen entdeckt, die sich bereits in Quarantäne befinden. Das Ministerium dementierte Gerüchte, wonach jemand der obligatorischen Isolation entkommen und frei herumlaufen würde. Al-Qedra wiederholte, dass die Krankenhäuser in Gaza nach wie vor schlecht ausgerüstet seien, um mit einem ausgewachsenen Ausbruch fertig zu werden, der, wie Menschenrechtsgruppen warnten, katastrophal sein würde. Unterdessen beendete die Türkei die Vorbereitungen für ein von ihr unterstütztes Krankenhaus in Gaza zur Versorgung von COVID-19-Patienten.

Al-Qedra appelliert an internationale Organisationen, 100 Beatmungsgeräte und 140 Betten für Intensivstationen zur Verfügung zu stellen. Er bekräftigte, dass Israel nach der Vierten Genfer Konvention letztlich dafür verantwortlich ist, die grundlegende Gesundheit und das Wohlergehen der palästinensischen Bevölkerung in Gaza zu gewährleisten.

Israelische Verantwortung
- Israel hat die zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens in den letzten 13 Jahren belagert und kontrolliert den Warenverkehr in und aus dem Gebiet. In der Tat ist Israel als militärischer Besatzer nach dem Völkerrecht gesetzlich verpflichtet, den Palästinensern im besetzten Westjordanland und im Gazastreifen eine Grundversorgung und Gesundheitsinfrastruktur zu gewährleisten.
Israel missachtet nicht nur gewöhnlich seine Verpflichtungen, sondern behandelt es auch als einen Akt des guten Willens und der Großzügigkeit, wenn es zulässt, dass minimale Lieferungen den Gazastreifen erreichen.

Die COGAT, der bürokratische Arm der militärischen Besatzung Israels, der die kollektive Bestrafung der Bewohner des Gazastreifens durchführt, greift oft auf Twitter zurück, um zu zeigen, was sie in das Gebiet einlässt. Am Sonntag sagte die COGAT, dass sie im Auftrag einer internationalen Organisation, die sie nicht nannte, mit Hilfe der Weltgesundheitsorganisation ein Testgerät an das al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt geliefert habe. Sie prahlte auch mit den medizinischen Hilfsgütern, die sie in der letzten Märzwoche und Anfang April über den Kontrollpunkt Kerem Shalom, den einzigen Ort, an dem Israel Waren in den Gazastreifen hinein und aus dem Gazastreifen heraus zulässt: Unabhängig davon, wie viele Tonnen medizinischer Hilfsgüter die KOGAT in den Gazastreifen einlässt, entbindet dies Israel nicht von seiner Pflicht, eine angemessene Gesundheitsinfrastruktur für das belagerte Gebiet zu gewährleisten.

 

 

Aufhebung der Beschränkungen - Die israelische Menschenrechtsgruppe Gisha fordert die KOGAT und das israelische Verteidigungsministerium auf, ihre Beschränkungen für eine lange Liste so genannter "Dual-Use"-Güter aufzuheben, die nach israelischer Auffassung militärischen Zwecken dienen können. Dazu gehören medizinische Güter wie Glyzerin und Wasserstoffperoxid, das als Desinfektionsmittel verwendet wird.

"Es ist jetzt mehr denn je entscheidend, dass Israel Beschränkungen aufhebt, die die Wirtschaft des Gazastreifens behindern", sagte Gisha. Die Gruppe drängte darauf, dass Israel die Beschränkungen aufhebt, insbesondere in Sektoren, "die die lokale Zivilbevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen und die eine Einkommensquelle für Tausende von Menschen darstellen könnten". Dazu gehören die Fischerei und die Landwirtschaft in Gaza.

Israel behindert die Einfuhr von Fiberglas, Stahlkabeln, Bootsmotoren und Ersatzteilen, die alle für die Wartung und Reparatur von Fischerbooten von entscheidender Bedeutung sind. "Dennoch wurden Anträge von Lieferanten zur Koordinierung der Einfuhr dieser Produkte verzögert oder keine Antwort erhalten", sagte Gisha.

Israel verhindert auch, dass Düngemittel und Pestizide in den Gazastreifen in den Mengen gelangen, die die Bauern zur Steigerung ihrer Erträge benötigen.

Zu allem Überfluss hat das israelische Militär Anfang dieses Monats wieder damit begonnen, Herbizide entlang der östlichen Grenze des Gazastreifens zu versprühen, einem der fruchtbarsten landwirtschaftlichen Gebiete des Gebiets. Seit Jahren vergiftet und vernichtet Israel das Land entlang der Grenze und schießt auf Bauern, um das Sichtfeld seiner Soldaten zu vergrößern. Während Israel die Herbizide auf seiner Seite der Grenze freisetzt, bläst der Wind die Gifte nach Gaza. Im Januar, so Gisha, berichteten Bauern, dass viele Hektar "Petersilie, Erbsen, Weizen und Gerste, die sich bis zu 600 Meter in den Gazastreifen erstreckten, schwere Schäden erlitten".   Quelle

Hallo Welt, auch mal isoliert?
Gaza Es gibt nur 60 Intensivbetten, eine Katastrophe bahnt sich an. Ihren Sarkasmus geben die Leute nicht auf
Alexandra Senfft - Ausgabe 15/2020

Dr. Ghada Al-Jabda steht in diesen Tagen unter dauernder Anspannung. Spätestens nachdem die Palästinensische Autonomiebehörde am 5. März den Notstand ausgerufen hatte, war der Ärztin klar, dass nun sehr schnell alles getan werden müsse, um die Bevölkerung des Gazastreifens zu schützen. Als am 22. März die ersten beiden Corona-Fälle bekannt wurden – zwei Reisende, die aus Pakistan zurückgekehrt waren –, hatte die Leiterin der 22 Gesundheitszentren des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) bereits allerhand in Bewegung gesetzt, um ihre Mitarbeiter auf das Kommende vorzubereiten und Hochrisikopatienten von anderen Kranken zu trennen. Die Suche nach Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln lief auf Hochtouren, aber an allem herrscht bisher ein chronischer Mangel, auch an Medikamenten. „Wir haben in ganz Gaza nur 60 Intensivbetten und weniger als 100 Beatmungsgeräte. Damit können wir im Fall der Verbreitung des Virus nur einen winzigen Bruchteil der Menschen behandeln“, sagt die 51-Jährige. Verzweifelt wird über Alternativen zur Beatmung nachgedacht.

Mit knapp zwei Millionen Einwohnern auf 365 Quadratkilometern gehört der Gazastreifen zu den am dichtesten bevölkerten Gebieten der Erde. Das Virus hätte hier leichte Beute, da das Konzept des Social Distancing hier kaum einzuhalten ist. Soziale Nähe ist in dieser Konfliktregion zudem wichtig zum Überleben. 70 Prozent aller Bewohner Gazas sind seit dem Verlust ihres Wohnsitzes durch den arabisch-israelischen Krieg 1948 als Flüchtlinge registriert, der Großteil lebt in acht Flüchtlingslagern. Die Lebensverhältnisse dort sind wenig einladend, in den barackenartigen Gebäuden wohnen oft Großfamilien dicht an dicht. All das bei wenig sauberem Wasser, einem miserablen Abwassersystem und eingeschränkter Stromzufuhr. Die Flüchtlinge sind auf das UN-Hilfswerk angewiesen, das sie mit medizinischer Grundversorgung, Schulunterricht und Lebensmittelrationen unterstützt.

„Wir brauchen ein Wunder“ - Dass die Lebensumstände, von den Flüchtlingen abgesehen, auch für das restliche knappe Drittel der Gaza-Bewohner prekär sind, die in Dörfern und Städten leben, geht auf die seit Jahrzehnten andauernde israelische Besatzung zurück. Durch die vollständige Blockade,

Hallo Welt, auch mal isoliert?
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Vorgeführt und ausgetrickst
Benny Gantz hätte es wissen können.
A. Föderl-Schmid - 13. April 2020

Benny Gantz hätte es wissen können. Frühere Mitstreiter von Benjamin Netanjahu wie Ehud Barak und Avigdor Lieberman haben ihn gewarnt: Israels Premierminister hält nicht, was er verspricht. Im Vertrauen darauf, dass Netanjahu es diesmal angesichts der Herausforderungen durch das Coronavirus tatsächlich ernst meint mit Zusagen und eine große Koalition wirklich will, hat Gantz alle verprellt: Seine Verbündeten im blau-weißen Bündnis und seine Wähler, die seinem Versprechen bei drei Wahlen geglaubt haben: Nie werde er mit einem Angeklagten in einer Regierung sitzen.

Netanjahu ist wegen Betrugs, Bestechlichkeit und Untreue angeklagt. Tricksen gehört zu seinem politischen Geschäft, er hält sich auch damit seit mehr als 13 Jahren an der Macht. Sein Prozess wurde wegen der Corona-Krise verschoben, und Netanjahu nützt die Zeit in seinem Sinne.

Präsident Reuven Rivlin verwehrt Gantz eine Verlängerung des Mandats zur Regierungsbildung nach vier Wochen Verhandlungen. Kommt es   >>>

 

 

 

Die Frist ist abgelaufen
Regierungsbildung in Israel:Gantz und Netanjahu bekommen eine Fristverlängerung

Alexandra Föderl-Schmid - 14. April 2020

In Israel bitten kurz nach Ablauf einer Frist zur Regierungsbildung die Rivalen Gantz und Netanjahu um einen weiteren Aufschub.

Nun haben sie weitere 48 Stunden Zeit erhalten, um sich auf eine nationale Einheitsregierung zu verständigen.


Präsident Rivlin hatte zuvor verkündet, sollte die Regierungsbildung scheitern, werde er das Mandat dafür nicht Netanjahu, sondern dem israelischen Parlament übertragen.

Nicht einmal drei Stunden vor Ablauf seiner Frist zur Regierungsbildung appellierte Benny Gantz am Montagabend an Benjamin Netanjahu, doch gemeinsam eine Einheitsregierung zu bilden. "Es ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Die Menschen Israels erwarten, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten ausräumen und zusammen für sie arbeiten". Netanjahu antwortete wenige Minuten später auf Twitter: "Benny, ich warte auf Dich in der Residenz des Ministerpräsidenten."

Und obwohl Gantz' Frist dann um Mitternacht israelischer Zeit abgelaufen war, traf er kurz zuvor noch zu Verhandlungen mit Netanjahu in dessen Residenz ein. Offenbar mit Erfolg. Denn kurz nach dem Ablauf der Frist baten die Rivalen Israels Präsidenten Reuven Rivlin um eine Verlängerung. In einer gemeinsamen Erklärung von Netanjahus Likud und dem Bündnis Blau-Weiß von Gantz hieß es, man habe diese beantragt, "mit dem Ziel, die Verhandlungen zur Bildung einer nationalen Notstands-Regierung abzuschließen". >>>

 

 

 

Israels Präsident verweigert Benny Gantz Zeit für Regierungsbildung - 12. April 2020 - Der Oppositionsführer hatte um zwei Wochen Zeit gebeten, um eine Einheitsregierung mit Benjamin Netanjahu zu vereinbaren. Deren Erfolgschancen sind nun gesunken.    >>>

 

 


Regierungsverhandlung in Israel - Gantz bekommt nicht mehr Zeit -
Tim Aßmann - 12.04.2020   >>>

Ostergedanken
Nell Potter
Palestine Update Nr. 353 – 12. 4. 2020
 

 

 „Ich wanderte durch ein Land, das nicht das meine ist, ein Land, dessen Kummer sich bis zu den Sohlen meiner Füße einschlich und in meinen Adern pulsierte  … und so bin ich wieder aufgewacht“ (Nell Potter)
 

2015 hörte ich bei der Präsentation des Ökumenischen Begleitprogramms in Palästina und Israel (EAPPI) zu. Ich sah und hörte gespannt zu, wie die ökumenischen Begleiter (EAs) Zeugen wurden und über Menschenrechtsverletzungen berichteten, die sie in der Westbank in Palästina angetroffen hatten, wenn sie Palästinenser und Israelis trafen, die an gewaltlosen Wegen zum Frieden arbeiteten.

„Das kann ich auch tun“, dachte ich und der Funken eines Feuers begann in mir zu glühen. Und so fand ich mich im Frühjahr 2017 in einem Flugzeug auf dem Weg zu einem neuen Abenteuer.

EA zu sein, war bei weitem die beste Sache, die ich in meinem Leben getan habe. Ich habe mich nie so erfüllt und lebendig gefühlt, obwohl ich an fast jedem Tag aus meinem bequemen Leben geworfen wurde! Und niemals habe ich mich so willkommen gefühlt und wurde von mir ganz Fremden umarmt. Vom ersten Tag an, als ich meinen Fuß in die Altstadt von Jerusalem setzte, tönten mir die Worte „Willkommen!“ und „Wie geht es dir?“ laut und klar entgegen, wo immer ich mich bewegte.

Ich hatte das Privilegium, etwas tun zu dürfen, das nicht vielen Leuten beschieden ist. Ich bekam eine Realität zu sehen, die vor Zuschauern versteckt wird, und die sich den meisten Pilgern nicht zeigt, wenn sie durch das Heilige Land reisen. Ich ging hinter die Trennungsmauer, durch die Checkpoints und in die Häuser einheimischer Palästinenser. Was ich hörte, sah und lernte, prägte sich meiner Seele zutiefst ein und ist heute für mich noch so lebendig wie es vor drei Jahren war.  

Ostern 2017 hatte ich das Glück, während dieser besonderen Zeit im Jahr im Heiligen Land zu sein. Statt mich den Herden von Leuten anzuschließen, die auf dem Weg nach Jersalem waren, entschloss ich mich für eine andere, aus der Bibel bekannte Gegend, Tiberias am See Genezareth (= Galiläisches Meer). Am Karfreitag saß ich direkt am Wasser, und während die sanften Wellen meine Füße umspielten, schrieb ich in meinem Tagebuch. Hier kommt ein Teil von dem, was ich aufgeschrieben habe.  

 *“Während ich direkt am Wasser sitze in dieser heiligsten Zeit des Jahres, eine Christin, eine Ausländerin, fühle ich eine Träne über meine Wange kollern. Ich frage mich: ‚Warum diese Tränen‘, und ‚Warum jetzt?‘ Könnte es ein Zeichen dafür sein, dass ich mich an einem Ort  befinde, wo Jesus den größten Teil seiner Berufung gelebt hat? Könnte es sein, dass es da eine Erinnerung gibt an den Tag, als man ihn an den Händen und an den Füßen ans Kreuz genagelt hat? Könnte es mein Kulturschock sein, mich unter die Menschen zu mischen, die in Freiheit leben, nachdem ich vorher 2 ½ Monate in der Westbank verbrachte mit Menschen, die ständig mit dem Gewicht der Unterdrückung auf ihren Schultern zu leben gezwungen sind? Könnte ich das Gefühl haben, eine Außenseiterin zu sein, wenn ich doch so gewohnt bin, als eine aus der Familie begrüßt zu werden?“*

Um zu verstehen, warum es mich so stark bewegte, eine „ökumenische Begleiterin“ zu sein, lasst mich einen Blick darauf werfen, was ich erlebt habe. Wenn du je bei den Leuten gesessen bist und hast dir deren Leidensgeschichte erzählen lassen, weißt du, wie hilflos du dich fühlen kannst. Ich erinnere mich besonders an einen solchen Tag. Wir besuchten eine Familie in einem kleinen palästinensischen Dorf und hörten zu, wie ein Vater sich erinnerte: vor gerade zwei Nächten schlugen etwa 15 israelische Soldaten - von Hunden begleitet - um 1 Uhr früh heftig an seine Tür .

Drei Generationen lebten in diesem Haus; alle Personen wurden ins Wohnzimmer getrieben; dort mussten sie sich hinsetzen und warten, während die Soldaten das Haus durchwühlten. Den 14jähriger Sohn packten die Soldaten und zerrten ihn in ein Schlafzimmer; die Familie konnte hören, wie sie ihn ausfragten. Dann schleppten die Soldaten den Buben aus dem Haus und sagten dem Vater, sie nähmen ihn zu einer Befragung über Steinewerfen mit und würden ihn in zwei Stunden wieder nach Hause bringen.

Ich habe noch deutlich vor mir, wie sich die Angst während des Erzählens im Gesicht des Vaters ausbreitete. Als wir zu Besuch kamen, war sein Sohn immer noch nicht zurück-gebracht worden und trotz aller seiner Bemühungen war der Vater nicht in der Lage herauszu- finden, wo oder wie lange sein Kind festgehalten werden würde. Seine Verzweiflung war durch die Tatsache noch erhöht, dass sein Bub von einem Medikament abhängig war und man ihm nicht erlaubte, seine Medizin mitzunehmen. Sie haben den Sohn in Handschellen weggeführt und nur bekleidet mit einem leichten Sommerpyjama. „Es hätte für uns alle eine der glücklichsten Zeiten werden sollen, weil unser ältester Sohn in zwei Monaten heiraten wird – aber jetzt: Wie können wir feiern, wenn ein anderer Sohn abgeführt worden ist?“ Was könnt ihr dazu sagen?

Bei einer anderen Gelegenheit nahm ich teil an einer Tour durch Hebron mit „Breaking the Silence“, einer Organisation von israelischen ehemaligen Soldaten. Es war so unheimlich, in den verlassenen Straßen herumzugehen, es war wie durch eine Geisterstadt zu wandern: Wohnhäuser und Geschäfte waren desolat, die Türen verriegelt und zugesperrt. In einigen Straßen erlaubt man den Palästinensern zu gehen, aber sie dürfen dort nicht fahren, und es gibt auch einige Straßen, die sie überhaupt nicht betreten dürfen. Wenn Palästinenser an diesen Straßen wohnen, müssen sie zum Herein- und Hinauskommen in ihre Wohnungen das Dach benutzen oder einen Hintereingang. Als unsere Ausflugsgruppe durch diese Straßen prominierte, gab es von einem der ehemaligen Soldaten ein Kommentar, des mir einen Schauer über den Rücken jagte. Er erzählte uns von dem Ausdruck, den das israelische Militär gebraucht, um das Gebiet frei von Palästinensern zu bekommen: „Sterilisation“. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen!

Früh am Morgen stand ich meistens an den Eingängen von Gattern zu den Feldern in dem Gebiet, wo ich wohnte und ich nippte an dem starken Kaffee, der ganz nahe in einem Kiosk angeboten wurde. Mein Team wartete, sprach mit Soldaten, wenn nötig, und notierte alle Menschenrechte betreffenden Zwischenfälle für den Bericht. Meistens standen Bauern in der Reihe mit ihren Traktoren und Eseln und warteten, um durch die Gatter zu ihrem eigenen Land fahren zu dürfen, das ihnen durch die Trennungsmauer weggenommen worden war, die Israel illegal auf palästinensischem Land gebaut wurde. Auch mit gültigen Passierscheinen war der Zugang willkürlich und hing ab davon, welcher Soldat am Gatter Dienst hatte und in welcher Laune er an diesem Tag war. Begründungen für die Verweigerung des Zutritts für die Leute waren … „Deine Klamotten sind zu sauber“, „Du hast auf deinem Passierschein einen Kaffeefleck“ oder „Du hast zwei Packungen Zigaretten dabei“. Komplett absurd! Es könnte dich zum Lachen bringen, wenn die Sache nicht so ernst wäre!

Im Laufe der drei Monate, die ich in Palästina verbrachte, traf ich viele Leute mit verschiedenen Lebensläufen und jedermann bezeugte – egal ob er/sie Muslim war oder Christ – die harte Realität des täglichen Lebens: Man hatte ihnen ihre fundamentalen Menschen-rechte  entzogen – mit verheerenden Konsequenzen. Das ist und war ihre Realität seit nunmehr 53 Jahren. Wir haben die Leute immer gefragt, ob sie wohl Hoffnung haben, und sie antworteten alle ohne Unterschied JA und zogen die Schultern hoch: „Was können wir denn sonst tun?“

Jetzt ist es Ostern 2020. In einem gewissen Sinn habe ich Palästina niemals richtig zurück-gelassen; ich brachte es in meinem Herzen mit nach Hause, um der Existenz der Menschen auch auf australischem Boden zu leben und zu atmen zu helfen. Es macht mich traurig, dass viele Christen hier nicht wissen, was wirklich im Heiligen Land vorgeht. Sie machen Tourismus-Touren zu den biblischen Stätten, schauen sich die antiken Steine an, versäumen aber, die „lebenden Steine“ - die palästinensischen Christen - zu treffen und mit ihnen zu reden.

Die palästinensischen Christen bitten die Christen weltweit, sie und ihre Anliegen nicht zu vergessen. Die christlich-palästinensische Narrative wird oft im Gespräch über das Heilige Land übersehen. Die Präsenz der Kirche in Jerusalem ist ständig bedroht und traurigerweise verlassen palästinensische Christen das Heilige Land in einer so großen Zahl, dass die Zurückgebliebenen befürchten, dass die christliche Präsenz in ihrem Geburtsland eines Tages aufhören wird.

 *Nell Potter ist Exekutiv-Sekretärin im Palestine Israel Ecumenical Network (PIEN) in  Australien. Sie ist auch Vorsitzende-Stellvertreterin der neu geschaffenen Asia-Pacific Global Kairos Solidarity Gruppe*.      
Quelle Update - (Übers.: Gerhilde Merz)

 

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