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Hauptfeind Iran: Israel und die neue sunnitische Achse

Ein Vierteljahrhundert nach dem Friedensschluss mit Jordanien nehmen erstmals wieder arabische Staaten diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Für den Nahen Osten bedeutet die Normalisierungsabkommen eine Zäsur -- mit ungewissen Folgen für den palästinensisch-israelischen Konflikt.
Markus Bickel - 5. 2. 2021

Der erste Flieger mit israelischen Touristen landete just an dem Tag in Dubai, an dem Joe Biden die letzten Wahlmännerstimmen zusammen hatte, um zum neuen amerikanischen Präsidenten gewählt zu werden. Drei Stunden dauerte der Flug der Boeing 737 des Billigfliegers FlyDubai vom Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv über die arabische Halbinsel bis Dubai. Noch bis Jahresende will die Fluglinie eine regelmäßige Verbindung zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Israel einrichten. Das ist Teil der Vereinbarung, die Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Außenminister der Emirate, Abdullah bin Zayed, im September unterzeichneten. Dies ist eine kleine Sensation: Bislang wurden all jene ohne Umschweife abgewiesen, die mit israelischem Stempel im Pass versuchten, in arabische Staaten einzureisen – von Ägypten und Jordanien einmal abgesehen, die 1979 und 1994 Friedensverträge mit Israel abschlossen.

Bereits kurz nach Unterzeichnung der sogenannten Abraham Accords auf dem Südrasen des Weißen Hauses im Beisein von Donald Trump Mitte September flog ein israelisches Flugzeug mit Diplomaten und Geschäftsleuten an Bord direkt von Tel Aviv in die Vereinigten Arabischen Emirate. Saudi-Arabien hatte zuvor eingewilligt, dass Maschinen der staatlichen Fluglinie El Al das Territorium des Königreichs überfliegen dürfen. Das spart nicht nur Flugzeit, sondern gilt als stille Zustimmung der Führung um Kronprinz Mohammed bin Salman (MBS) zu den Abraham-Abkommen, die neben dem Vertrag zwischen den VAE und Israel auch eine nicht ganz so weitreichende Vereinbarung mit Bahrein beinhalten. Noch weigert sich der 85 Jahre alte König Salman, der von US-Präsident Donald Trump vorangetriebenen Normalisierung des Verhältnisses der arabischen Staaten mit Israel zuzustimmen. Ideologische Vorbehalte dagegen wie die Generation der von der Niederlage im Sechstagekrieg 1967 geprägten arabischen Politiker hat sein 1985 geborener Sohn, Kronprinz bin Salman, jedoch nicht mehr.

Sollte sich die regionale Hegemonialmacht Saudi-Arabien den VAE und Bahrein in den kommenden Jahren anschließen, bedeutet dies das Ende einer Ära, die vom Konsens der Mehrheit der Staaten der Arabischen Liga (AL) geprägt war, diplomatische Beziehungen mit Israel erst nach Schaffung eines palästinensischen Staates aufzunehmen. Auch König Salman setzt weiter auf die Formel seines Halbbruders und Vorgängers, König Abdullah. >>>

Zum Treffen der Arabischen Außenminister in Kairo



 09.02.2021

Außenminister Dr. Riad Al-Malki bekräftigte die Bereitschaft Palästinas, ernsthafte Verhandlungen innerhalb eines klaren Zeitrahmens und mit Unterstützung einer Internationalen Friedenskonferenz auf Basis des Völkerrechts wiederaufzunehmen. Dies sagte er im Rahmen eines Treffens der Arabischen Außenminister in Kairo und stützte damit den Appell der Außenminister der Arabischen Liga.

Diese forderten Israel auf, die Arabische Friedensinitiative zu respektieren und neue Friedensverhandlungen auf Basis internationaler Referenzen aufzunehmen. Malki betonte noch einmal, das die Friedenskonferenz unter Leitung des Nahost-Quartetts stattfinden solle und dem Ziel diene, die israelische Besatzung Palästinas zu beenden und seinem Volk die Freiheit und Unabhängigkeit bringen müsse.

Die Arabischen Außenminister betonten, dass sie an der Zwei-Staaten-Lösung, der Arabischen Friedensinitiative und dem Grundsatz „Land für Frieden“ festhalten und dies als einzigen Weg ansehen, um einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten zu erreichen. Zudem forderten sie internationale Parteien, einschließlich die Vereinten Nationen und das Nahost-Quartett auf, ernsthafte Verhandlungen zu unterstützen. Diese müssen alle Fragen zum endgültigen Status einschließen und zu einem Ende der seit 1967 andauernden israelischen Besatzung führen. In ihrer Erklärung begrüßten die Arabischen Außenminister ebenfalls die vor wenigen Tagen getroffene Entscheidung des IStGH zu seiner Zuständigkeit und die Entscheidung Palästinas zur Abhaltung von Wahlen in diesem Jahr.  >>>

 

Abed Schokry - Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und liebe Freunde,

Gaza am 09/02/2021 CORONA und noch einmal CORONA und noch mehr CORONA,

Hier sind die Punkte, auf die ich in meiner ersten Rundmail in diesem Jahr eingehen werde:

·                     Ende vom Lockdwon

·                     Unis und Schulen zur CORONA Zeiten

·                     USA Wahlen

·                     Wahlen in den Pal. Gebieten

·                     Der Beschluss vom IGH in Den Haag

Ende vom Lockdwon

Seit dem letzten Donnerstag Abend sind wir frei. Es gibt in Gaza keinen Lockdown mehr, keine tägliche Ausgangssperre ab 20 Uhr, und keine Ausgangssperre freitags und samstags. Die Geschäfte dürfen und können somit länger offnen. Es ist auch so, dass die Zahl der neu mit CORONA infizierten Personen rückläufig ist. Ebenso liegen nun die kritischen Falle bei 40. Wir hatten teilweise 240 sehr kritische Falle,

Unis und Schulen zur CORONA Zeiten

Das letzte Semester war das erste Mal in meiner eigenen Geschichte, dass ich Studierenden unterrichtet habe, ohne die zu kennen bzw. sie je gesehen zu haben. Das ist ein sehr merkwürdiges Gefühl.

Es ist auch so, dass ich meine Prüfungen nicht nur aus Richtig/Falsch- sowie MCQ Fragen erstellt habe, sondern auch weitere verschiedene Fragen (Rechenaufgabe, Verständnisfragen usw.). Das ist teilweise gut gegangen, aber das kopieren und einfugen der Antworten aus dem Internet bei zwei Fragen war deutlich zu erkennen. Dazu kommt, dass es sehr mühsam war, diese Fragen ONLINE zu korrigieren. So brauchte ich van 14:30 Uhr bis 23 Uhr, um 46 Prüfungen zu bewerten, obwohl es waren nur ACHT Fragen waren. Nun wei13, ich NIGHT so recht, woran es gelegen hat. Schlechte lnternetverbindung, oder MOODLE-Probleme (Das ist das Online System mit dem wir das E-Learning an den Unis in Gaza meistern). lch vermute aber, dass beide Probleme hier festzustellen sind.

Das E-Learning an den Schulen ist ganz anders geregelt. Abiturienten und Abiturientinnen gehen in die Schulen Aber jeweils nur die Hälfte der Gesamtzahl. Also wenn es in einer Klasse 44 Schulerinnen gibt, so kommen 22 davon an drei Tagen wöchentlich und die anderen an den restlichen Tagen. Diese Vorgehensweise soll ab Ende Februar für alle Schulklassen gelten. Gäbe es mehr Schulen, und gäbe es mehr Lehrer und Lehrerinnen, so hätten die Schüler und Schülerinnen sechs Tage wöchentlich in die Schule gehen können. Aber das wird es wahrscheinlich nie an den öffentlichen Schulen geben.

Wahlen in USA

Es ist vollendet und Trump ist nicht mehr USA Präsident. Biden ist der Neue. Hoffentlich wird er sich mehr für den Frieden im Nahen Osten einsetzen als sein Vorgänger. Meine persönlichen Erwartungen sind nicht hoch, da ja die Erwartungen zur Obamas Zeiten sehr hoch waren. Letztendlich aber ist während seiner Amtszeit nichts erreicht worden. Dennoch möchte ich optimistisch sein und hoffe, dass Biden es wagt und sich für eine akzeptable Lösung einsetzen wird. Ich rede hier bewusst NICHT von einer gerechten Lösung, weil es sie nicht geben wird.

Wahlen in Palästina

Es sollen nun am 22. Mai Parlamentswahlen bei uns stattfinden,
Am 31. Juli Präsidentschaftswahlen und Am 31. August Wahlen zum Palästinensischen Rat. Das ist nun bekannt. Warum die Wahl nicht an einen Tag stattfindet, kann ich Ihnen nicht sagen. Ob nun diese Wahlen
überhaupt stattfinden werden, weiß im Augenblick auch niemand. Ich hoffe aber sehr, dass sie planmäßig stattfinden werden. Denn das wird für mich das erste Mal im Leben sein zu wählen. Ich habe noch nie gewählt (ausgenommen die AstA-Wahlen an den Unis in D).

Der internationale Gerichtshof

Der internationale Gerichtshof in den Haag hat seine Zuständigkeit zur Beurteilung von Kriegsverbrechen in den Pal. Gebieten bekräftigt und so werden nun nicht nur die "KRIEGE“ 2008-2009, 2012, 2014 in diesem Zusammenhang untersucht, sondern auch weitere Ereignisse, nehme ich an.

Wie sich alles bei uns entwickelt, bleibt ungewiss. Hoffen wir das Beste.

Ob es mit einer Reise in dem kommenden Sommer nach D klappt, kann ich nicht sagen. Ich habe es vor und mal sehen, vielleicht geschieht ein Wunder und es klappt.  Machen Sie es gut und bleiben Sie bitte Alle gesund. Ihr Abed Schokry

Offizielle israelische Hetze im Januar
 



09.02.2021

Die nachfolgende Auflistung der PLO-Verhandlungsabteilung dokumentiert die Äußerungen hochrangiger israelischer Regierungsvertreter, darunter Abgeordnete und Vertreter der Siedlerbewegung, die im Vorfeld der kommenden israelischen Wahlen (23. März) öffentlich gegen das palästinensische Volk im besetzten Palästina, die indigenen palästinensischen Bürger Israels und ihre Vertreter in der Knesset hetzen.

In den gesammelten Äußerungen finden sich auch politische Erklärungen hochrangiger israelischer Beamter, die Kolonisierungs- und Annexionsprogramme der israelischen Regierung unterstützen. (Auswahl)

Zu den palästinensischen Gefangenen und ihren Familien

„Ich dachte, dass es nichts gäbe, was mich in dieser Regierung überraschen würde. Aber hier ist das Blutgeld, das immer noch zu den Terroristen fließt. Obwohl das Gesetz zur Einstellung der Gelder an Terroristen verabschiedet wurde, weigert sich die Regierung immer noch, es umzusetzen und die Gehälter der Mörder werden unverzüglich überwiesen. Leider ist dies die unmissverständliche Botschaft: Es zahlt sich aus, ein Terrorist zu sein.“ Ayelet Shaked, Knesset-Mitglied für die Yemina-Partei, Twitter am 01. Januar.

Zu den indigenen palästinensischen Bürgern Israels

„Besser spät als nie. Gelobt sei die Entscheidung des Amtsgerichts in Lod, die Vorführung des Films ‚Jenin, Jenin‘ zu verhindern, der Lügen über die Armee und ihre Soldaten verbreitet. Ich habe diesen Beschluss unterstützt, der vor einigen Monaten vom Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung in der Knesset angenommen wurde. Wir werden immer die Armee unterstützen, die moralischste Armee der Welt, ihre Offiziere und Soldaten.“ Gideon Sa’ar, ehem. Likud-Mitglied in der Knesset und der New Hope-Partei, Twitter am 11. Januar.

„Die Entscheidung des Gerichts für ein Verbot der Vorführung des Films ‚Jenin, Jenin‘ schafft historische Gerechtigkeit für die Soldaten im Allgemeinen und für die Soldaten und Opfer der Schlacht in Jenin sowie ihre Familien im Besonderen. Meinungsfreiheit bedeutet nicht die Freiheit zu lügen, zu diffamieren und aufzuhetzen. Die Entscheidung des Gerichts ist eine wichtige Lektion im Krieg gegen eine Kultur der Fälschung Lüge.“ Moshe (Bogie) Ya’alon, Mitglied der Knesset für die Talem-Partei, Twitter am 12. Januar.

„Muhammad Bakri ist ein Lügner und eine Rotte, der IDF-Soldaten verleumdet hat – jetzt ist das offiziell. Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan, Jahre zu spät. Soldaten, die in Dschenin in der gleichen Schlacht gekämpft haben – ihr seid Helden und das ganze Volk Israel ist stolz auf euch. Wir werden immer der 13 Opfer gedenken – Soldaten, die während der Operation ‚Defensive Shield‘ in der Schlacht von Dschenin gefallen sind.“ Naftali Bennet, Mitglied der Knesset für die Yemina-Partei, Facebook am 12. Januar.

„(…) Das ist der Unterschied zwischen diesen, die arabische Bürger dazu drängen, für den Likud zu stimmen und sie entsprechend zu vertreten und jenen, die versuchen mit jedem Mittel zusammen mit Tibi und Yazbak aus der gemeinsamen antizionistischen Partei, die stolz darauf ist, den Terrorismus zu unterstützen, an die Macht zu kommen.“ Uzi Dayan, Mitglied der Knesset für die Likud-Partei, Facebook am 17. Januar.

„Wir haben weitere Beweise erhalten, die unsere Behauptung stützen, dass die Gemeinsame Liste nicht den Interessen der arabischen Bürger Israels dient, sondern die Kluft zwischen Juden und Arabern weiter vergrößert. Die gewaltsamen Demonstrationen heute sind das Ergebnis ständiger Hetze von Abgeordneten, die auf diese unzulässige Art und Weise ihre Stimmen erhalten wollen. Umfragen zufolge ist die Schwächung ihrer Macht das Ergebnis des Aufwachens der arabischen Gemeinschaft.“ Miki Zohar, Mitglied der Knesset für die Likud-Partei, Twitter am 13. Januar.

Zu Präsident Mahmoud Abbas und der palästinensischen Führung

„Die Israelis zuerst impfen, innerhalb der Grünen Linie und in Judäa sowie Samaria. Das ist die Politik des Staates Israel. Heute Morgen starteten ehemalige Abgeordnete und Aktivisten linker Organisationen eine Kampagne, in der Israel aufgefordert wird, parallel zur Impfung israelischer Bürger auch Palästinenser zu impfen. (…) Warum sollte Israel die Verantwortung für die Impfung der Bewohner von Gaza übernehmen, bevor es seine Bürger (Juden und Araber) geimpft hat? Was haben die Aktivisten der Kampagne und die Geber getan, um die Palästinensische Autonomiebehörde davon zu überzeugen, den israelischen Mördern keine Gehälter mehr zu zahlen? (…) Sie müssen gegen die Heuchelei geimpft werden.“ Avi Dicter, Mitglied der Knesset für die Likud-Partei, Facebook am 12. Januar.

„(…) Angesichts des steigenden Terrorismus und der stillen Besetzung von Judäa, des Negev und Galiläa im letzten Jahr werden wir morgen nach Reihan gehen, um die israelische Souveränität zu zeigen. Der Kampf um die Zukunft des Landes in Judäa und Samaria liegt in unseren Händen. Die Palästinensische Autonomiebehörde versucht, jedes nicht bewohnte Gebiet zu kontrollieren und die linksextremen Organisationen nutzen alle Mittel, um ihnen zu helfen, das Land auf illegale Art und Weise zu kontrollieren. Es ist Zeit für die zionistische Antwort!“ Im Tirtzu, Facebook am 31. Januar.

„Die Tätigkeit der Palästinensischen Autonomiebehörde in Jerusalem verstößt gegen das Gesetz, das es der Palästinensischen Autonomiebehörde nicht erlaubt in irgendeiner Art und Weise in der Stadt zu handeln. Israel hat die Souveränität über Ost-Jerusalem inne und darf eine ausländische Einmischung in die Verwaltung der Zivilangelegenheiten der Stadt nicht zulassen. Israel muss ein derartiges Projekt stoppen, wie es auch ist und damit eine Verletzung der israelischen Souveränität über Jerusalem verhindern.“ Maor Tzemach, Vorsitzender der Siedlerorganisation ‚Lach Yerushalaym‘, Facebook am 18. Januar.

Weitere Beispiele der Hetze und Aufstachelung

„(Das sind) die Pioniere des 21. Jahrhunderts. Die Bewohner der Farm, die Opfer bringen, um das Land zu schützen, eine geographische Ausdehnung ermöglichen und mit ihren Körpern jede Möglichkeit zur Errichtung eines palästinensischen Terrorstaates im Herzen des Staates Israel verhindern helfen (…).“ Matan Kahana, Mitglied der Knesset für die Yemina-Partei, Facebook am 25. Januar.

„(…) Auf dem Weg zur vollen Souveränität müssen wir alle nicht anerkannten Siedlungen und Außenposten regulieren. Das hat nichts mit den Beduinen zu tun, wie es der Verteidigungsminister versucht darzulegen. Wir müssen alles regeln, was mit den Siedlungen in Judäa und Samaria zu tun hat. Das müssen wir so schnell wie möglich tun. Denn ohne Wasser, Strom, Transportversorgungen etc. werden unsere Brüder gequält (…).“ Uzi Dayan, Mitglied der Knesset für die Likud-Partei, Facebook am 1. Januar.

„Stärkt die Pioniere, die für das Land Israel kämpfen! Jeden Hektar, auf dem wir uns nicht niederlassen, werden wir verlieren. (…) Wir müssen stattdessen eine jüdische Siedlung errichten!“ Ariel Kallner, Knesset-Mitglied für die Likud-Partei, Facebook am 4. Januar.

„Der Staat Israel hat die souveräne Macht in Ost-Jerusalem. Ausländische Einmischungen in Zivilangelegenheiten der Stadt Jerusalem und schwere Verstöße gegen die Souveränität sind unvorstellbar. Dies (…) darf nicht passieren. Souveränität findet nicht in Reden, sondern in Taten statt. Das ist ein Projekt, das die israelische Souveränität in Jerusalem ernsthaft verletzt und nicht umgesetzt werden darf. In den kommenden Tagen werde ich alles tun, um diesen Schritt zu stoppen.“ Rafi (Rafael) Peretz, Minister für Jerusalemer Angelegenheiten und Kulturerbe, World Israel News am 19. Januar.

Zum englischsprachigen Volltext der Auflistung


Das «Passierschein-Regime» – Bürokratie als Waffe

Die effektivste Waffe Israels gegen die palästinensische Bevölkerung bleibt zumeist unsichtbar – der riesige Bürokratieapparat, der durch Arbeits- und Reisegenehmigungen das Alltagsleben unter der Besatzung reguliert und einschränkt. Welche institutionelle Logik steht hinter diesem Regime?
Yael Berda - 1. 7. 2020

Stell dir vor, um arbeiten oder einkaufen zu gehen, um deine Familie oder eine Kulturveranstaltung zu besuchen, musst du erst eine Erlaubnis beantragen, dich fortbewegen zu dürfen. Stell dir vor, dass du bei der Antragstellung weder weißt, ob dir die Erlaubnis erteilt wird, noch wie das Verfahren abläuft, das darüber entscheidet, wer und warum jemand eine Erlaubnis erhält oder nicht.

Stell dir vor, du zählst zu den mehr als 250.000 Menschen, denen die Einreise grundsätzlich verweigert wird, weil sie von Geheimdienst oder Polizei als «Sicherheitsrisiko» eingestuft werden. Stell dir vor, du weißt noch nicht einmal, warum du so eingestuft wirst.

Stell dir vor, diese Einschränkung deiner Bewegungsfreiheit beruht darauf, dass dir keine Bürgerrechte zustehen und dir als Rechtssubjekt jede Möglichkeit verwehrt ist, an den politischen Entscheidungen teilzuhaben, die dein Leben bestimmen.

Stell dir vor, du wirst einer verdächtigen Bevölkerungsgruppe zugerechnet, die einer Notstandsgesetzgebung unterliegt, die ausgerechnet im Zuge von Friedensverhandlungen zunehmend verschärft wird. Währenddessen wird deine Bewegungsfreiheit weiter eingeschränkt, die Zahl der Siedlungen nimmt zu, und die bürokratische und prozedurale Gewalt, die deine Zeit, deinen Bewegungsraum, deine sozialen Beziehungen und selbst deine Träume bestimmt, bleibt unsichtbar. Das ist es, was ich die Bürokratie der Besatzung nenne.

Israels seit 1967 bestehende Militärherrschaft über die palästinensische Zivilbevölkerung dürfte bei vielen Beobachter*innen Bilder von Gewehrläufen, Stacheldrahtzäunen, Checkpoints und der berüchtigten Mauer hervorrufen. Doch das Arsenal zur Kontrolle von Millionen Palästinenser*innen und ihres Alltagslebens besteht größtenteils aus den unsichtbaren Waffen eines riesigen Bürokratieapparats, der vor allem der Mobilitätsbeschränkung dient, und zwar mittels Passierscheinen, Identifikationskarten und einem weitreichenden Überwachungssystem, das darauf basiert, innerhalb ein und desselben Territoriums unterschiedliches Recht für die palästinensische und die israelische Bevölkerung gelten zu lassen.
Straßensperre und mobile Kontrollen in Ras al-Amud, Ost-Jerusalem, 2015. Foto: Activestills

Israelische Soldatinnen kontrollieren palästinensische Passantinnen in Ras al-Amud, Ost-Jerusalem, 2015. Foto: Activestills



Die Bürokratie der Besatzung


Über einen Zeitraum von 53 Jahren – und zunehmend schneller seit dem Oslo-Friedensprozess – hat sich dieses bürokratische Regime zu einem der extremsten Beispiele dafür entwickelt, wie sich die Bewegungsströme einer Bevölkerung durch einen äußerst komplexen Verwaltungsapparat kontrollieren lassen. Dieses Regime gilt es zwar im spezifischen Kontext des Siedlerkolonialismus zu betrachten, es weist jedoch auf viele Ähnlichkeiten mit anderen Formen heutiger Grenzkontroll- und Polizeiregimes auf und verdeutlicht in seinen extremsten Erscheinungsformen die institutionelle Logik von Kontrollsystemen von sozialen Ungleichheiten, die weltweit dazu eingesetzt werden, Populationen anhand von Mechanismen zur Sicherheitsklassifizierung zu überwachen.

Israels beharrliche Rechtfertigung für die Verwaltung der palästinensischen Mobilität und damit auch für seine andauernden, tagtäglichen Menschenrechtsverstöße lautet, dass diese Maßnahmen absolut unumgänglich seien, um die Sicherheit des Staates Israel und seiner Bürger*innen zu wahren. Tatsächlich sind in den letzten 30 Jahren über Tausend Israelis   >>>


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Dies ist Apartheid - Der Bericht von B'Tselem
 
+ Texte zum Thema + Übersetzung des Berichtes ins deutsche  >>>


Biden sollte den ICC seine Arbeit machen lassen

Das Weiße Haus hat Recht, wenn es sagt, dass Palästina kein souveräner Staat ist - im Rahmen des Friedensprozesses haben Israel und die USA dafür gesorgt, dass es keiner werden konnte.

Amjad Iraqi - 9. Februar 2021 - Übersetzt mit DeepL

Das Weiße Haus war am Freitag nicht erfreut, als der Internationale Strafgerichtshof in einer 2:1-Entscheidung bestätigte, dass er die Zuständigkeit hat, mutmaßliche Kriegsverbrechen zu untersuchen, die von Israel und palästinensischen Gruppen in den besetzten Gebieten begangen wurden. Die Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte die Vorverfahrenskammer des Gerichts im vergangenen Jahr gebeten zu prüfen, ob Palästina - das 2012 von der UN-Generalversammlung als Staat anerkannt wurde - als Vertragspartei des Römischen Statuts angesehen werden kann. Mit dieser Genehmigung kann nun eine vollständige Untersuchung eingeleitet werden.

Das US-Außenministerium drückte seinen Widerstand gegen die Entscheidung des Gerichts aus und bestand darauf, dass der IStGH nur gegen Länder ermitteln sollte, die dem Statut "zustimmen" oder die vom UN-Sicherheitsrat überwiesen werden (mit anderen Worten, Israel und die Vereinigten Staaten ausschließend). Noch wichtiger ist, dass Sprecher Ned Price sagte: "Wir glauben nicht, dass die Palästinenser als souveräner Staat qualifiziert sind, und deshalb sind sie nicht qualifiziert, die Mitgliedschaft als Staat zu erhalten oder als Staat an internationalen Organisationen, Einrichtungen oder Konferenzen teilzunehmen, einschließlich des ICC."

Diese Antwort aus Washington war zwar erwartet worden, ist aber eher amüsant.
Jetzt spenden

Drei Jahrzehnte lang haben die Vereinigten Staaten die Gründung eines palästinensischen Staates zu einem Kernstück ihrer Nahostpolitik gemacht, einen ganzen "Friedensprozess" konstruiert und immenses politisches und finanzielles Kapital investiert, um einen solchen zu errichten, zumindest auf dem Papier. Die Vereinigten Staaten sind nun verärgert, dass diese Agenda ohne ihre Aufsicht verfolgt wird - oder, genauer gesagt, ohne die Israels.

Trotz all seiner Behauptungen, eine faire Lösung des Konflikts zu unterstützen, war Washington mehr damit beschäftigt, "als Israels Anwalt zu agieren", wie es der ehemalige US-Verhandlungsführer Aaron David Miller ausdrückte, um sicherzustellen, dass jede palästinensische Entität, die aus den Verhandlungen hervorgeht, weiterhin der israelischen Diskretion unterliegt.

Es ist kein Zufall, dass der geschrumpfte palästinensische Staat, der in Donald Trumps "Deal des Jahrhunderts" skizziert wird, dem Oslo-Entwurf, der zuerst von Bill Clinton vermittelt wurde, stark ähnelt; sie spiegeln wiederum den "Staat minus", der von Benjamin Netanyahu befürwortet wird, das "Gebilde weniger als ein Staat", das Yitzhak Rabin vorschwebte, und den "Autonomieplan", der von Menachem Begin gefördert wurde. Von der wirtschaftlichen Abhängigkeit bis zur militärischen Kontrolle bedeutete "Frieden" in Washingtons Vorstellung immer israelische Vorherrschaft.
ICC-Anklägerin Fatou Bensouda spricht bei der Versammlung der Koalition für den ICC in Den Haag am 14. November 2012. (CICC/Roberta Celi)
IStGH-Anklägerin Fatou Bensouda spricht am 14. November 2012 vor der Koalition für die IStGH-Versammlung in Den Haag. (CICC/Roberta Celi)

Die palästinensische Führung setzte ihr Überleben auf diese verzerrte Vorstellung von Staatlichkeit und verschärfte ihre autoritäre Herrschaft, um den öffentlichen Unmut über ihre Kapitulation zum Schweigen zu bringen. Als die Verhandlungen scheiterten, wandte sich die Palästinensische Autonomiebehörde - müde von Israels Sabotage durch Fakten vor Ort und Washingtons einseitiger Vermittlung - an die UNO, um die rechtliche Grundlage für ihre Staatlichkeit auf der Basis der Grenzen von 1967 zu schaffen. Einfach ausgedrückt: Die PA erfüllte Washingtons eigene angebliche Politik.

Doch je mehr die PA diese Vision vorantrieb, desto mehr wurde sie von den Vereinigten Staaten bestraft. Als die UNESCO Palästina als Mitglied aufnahm, strich die Obama-Regierung die US-Finanzierung für die Institution. Als der UN-Menschenrechtsrat Unternehmen aufforderte, die Grüne Linie durchzusetzen, indem sie ihre Arbeit in den Siedlungen beenden, verabschiedeten US-Politiker Bundes- und Landesgesetze, um solche Schritte zu bestrafen. Die Trump-Administration hat diese Bestrafungen einfach auf die Spitze getrieben, einschließlich der Kürzung der Hilfe für palästinensische Flüchtlinge und der Anerkennung der Siedlungen als Teil Israels.
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Der ICC, der ähnlichen Drohungen und Angriffen ausgesetzt ist, ist nun eines der letzten Foren, das die Idee eines palästinensischen Staates am Leben erhält. Aber das ist nicht der Grund, warum die Palästinenser von den Nachrichten aus Den Haag begeistert sind; viele sind schon lange von der Fata Morgana der Staatlichkeit desillusioniert und wissen, dass die Untersuchung des Gerichts (die erst noch eröffnet werden muss) Jahre dauern könnte, um sie abzuschließen, wenn sie den Druck gegen sie überlebt.

Doch trotz der entmutigenden Aussichten können viele Palästinenser nicht anders, als zu hoffen, dass die Beteiligung des Gerichts dazu beitragen wird, das zu tun, was die Welt schon längst hätte tun sollen: Israels sich vertiefende Apartheid zu behindern, einen weiteren bösartigen Gaza-Krieg zu verhindern und - sie wagen es zu sagen - den Opfern staatlicher Verbrechen etwas Gerechtigkeit zu bringen.

Indem er diese Mission in Den Haag ablehnt, hat Biden, wie seine Vorgänger, wieder einmal gezeigt, dass er nicht an palästinensischer Unabhängigkeit interessiert ist, sondern an palästinensischer Unterwerfung. Das Weiße Haus hat Recht, wenn es sagt, dass Palästina kein "souveräner Staat" ist, aber das liegt daran, dass Israel und die Vereinigten Staaten alles tun, um sicherzustellen, dass es nicht zu einem werden kann. Solange es seine Zwei-Staaten-Vision nicht mit sinnvollen Maßnahmen untermauert, sollte es sich zurückziehen und das Gericht seine Arbeit machen lassen.  Quelle


Amjad Iraqi ist Redakteur und Autor bei +972 Magazine. Er ist außerdem politischer Analyst bei der Denkfabrik Al-Shabaka und war zuvor Advocacy-Koordinator beim Rechtszentrum Adalah. Er ist palästinensischer Staatsbürger in Israel und lebt in Haifa.

Amer Shomali hat das berühmte Plakat "Visit Palestine" von 1928 an die politischen Realitäten angepasst

 

EU erinnert an ihre entschiedene Ablehnung der israelischen Siedlungspolitik und der in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen
Dienstag, 09. Februar 2021

Die Europäische Union (EU) erinnert an ihre entschiedene Ablehnung der israelischen Siedlungspolitik und der in diesem Zusammenhang getroffenen Maßnahmen wie Zwangstransfers, Zwangsräumungen, Abrisse und Beschlagnahmungen von Häusern, die sie als völkerrechtswidrig und als Hindernis für eine tragfähige Zwei-Staaten-Lösung ansieht, so eine Erklärung des EU-Sprechers Peter Stano.

"Diese groß angelegten Abrisse bestätigen den bedauerlichen Trend der Beschlagnahmungen und Abrisse, der im vergangenen Jahr zu beobachten war. Sie haben sich trotz des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie fortgesetzt, ungeachtet der Verpflichtungen Israels als Besatzungsmacht nach dem humanitären Völkerrecht", hieß es in der Erklärung.

Die Europäische Union wiederholte ihre Aufforderung an Israel, die Abrissarbeiten einzustellen und den humanitären Zugang zu den betroffenen Gemeinden zu erleichtern.

Außerdem forderte die EU die israelische Regierung erneut auf, den weiteren Ausbau der Siedlungen zu stoppen, auch in Ost-Jerusalem und in sensiblen Gebieten wie Har Homa, Givat Hamatos und E1.

In den letzten Tagen beschlagnahmten und zerstörten israelische Streitkräfte insgesamt 46 Gebäude palästinensischer Familien in Hamsa al-Foqa im nördlichen Jordantal. Dies war das zweite Mal, dass Strukturen in der Gemeinde abgerissen wurden, nachdem am 3. November 2020 eine weitere große Abrissaktion durchgeführt wurde. Etwa 60 Palästinenser, darunter 35 Kinder, wurden bei diesem jüngsten Vorfall vertrieben. In beiden Fällen waren Strukturen betroffen, die von der EU und EU-Mitgliedstaaten finanziert wurden.  T.R.
Quelle


Wie Israels Netanyahu half, die Gemeinsame Liste zu zerschlagen


Risse in der palästinensischen Koalition haben dazu beigetragen, die Agenda des Premierministers voranzutreiben, einschließlich der Vereitelung seines eigenen Korruptionsprozesses

Jonathan Cook -  9. Februar 2021 - Üersetzt mit DeepL
 

Sechs Jahre lang war die Gemeinsame Liste ein Leuchtfeuer der politischen Hoffnung. Nicht nur für die große palästinensische Minderheit in Israel, die sie vertrat, sondern auch für ein weltweites palästinensisches Publikum, das von den jahrelangen Machtkämpfen zwischen Fatah und Hamas, die die nationale Sache ins Abseits gestellt haben, desillusioniert ist. Doch am Donnerstagabend zerbrach die Koalition der Gemeinsamen Liste aus vier palästinensischen Parteien, Wochen vor den israelischen Parlamentswahlen, bei denen es um das Schicksal von Premierminister Benjamin Netanjahu geht. Die einzelnen Parteien der Liste, die ein Fünftel der israelischen Bevölkerung repräsentieren, konnten ihre langjährigen ideologischen und taktischen Differenzen nicht beiseite schieben. Die Koalition, die die palästinensische Politik zerrüttet hat, ist nun selbst auseinandergebrochen, und nach Ansicht von Analysten wird der Tribut wahrscheinlich schwerwiegend sein.

Netanyahus Manipulationen
- Es gibt zumindest oberflächliche Parallelen zwischen dem Auseinanderbrechen der Gemeinsamen Liste und der anhaltenden Feindschaft zwischen Fatah und Hamas. Auf der einen Seite sind drei weitgehend säkulare Parteien, Hadash, Taal und Balad, in der Liste geblieben, während die vierte, die Vereinigte Arabische Liste (UAL), eine konservative islamische Partei unter der Führung von Mansour Abbas, einen Alleingang unternimmt.

Netanyahu sagt der palästinensischen Öffentlichkeit, dass sie die arabischen Parteien nicht braucht, dass sie besser dran ist, wenn sie direkt mit ihm verhandelt. - - Asad Ghanem, politischer Analyst

Wieder einmal haben israelische Akteure eine entscheidende Rolle bei der Manipulation innerpalästinensischer Spaltungen gespielt. Netanyahu wird weithin zugeschrieben, Anreize geboten zu haben, um Abbas zu ermutigen, die Gemeinsame Liste zu verlassen und eine rivalisierende politische Koalition zu bilden, eine, die durch die Unterstützung populärer lokaler Politiker gestärkt wird. Der Bruch in der Gemeinsamen Liste, so scheint Netanyahu zu hoffen, wird die Wahlmathematik im israelischen Parlament verändern und ihm helfen, seinen Korruptionsprozess zu vereiteln.

Wie Awad Abdelfattah, ein ehemaliger Generalsekretär von Balad, gegenüber Middle East Eye bemerkte, waren Israels vier große palästinensische Parteien - wie Fatah und Hamas in den besetzten Gebieten - nicht in der Lage, eine einheitliche Vision zu finden, wohin sich die palästinensische Politik als nächstes bewegt. In einer Zeit, in der weder Washington noch die Europäer oder die arabischen Staaten das geringste Interesse zeigen, die palästinensische Eigenstaatlichkeit voranzutreiben, sieht sich die Gemeinsame Liste gezwungen, sich auf innenpolitische Themen zu konzentrieren.  Aber diese haben sich als weitaus spaltender erwiesen.



Opfer des eigenen Erfolgs
- Die Gemeinsame Liste war in vielerlei Hinsicht ein Opfer ihres eigenen Erfolgs. Sie wurde Anfang 2015 aus einer Krise heraus geboren. Die Netanjahu-Regierung hatte ein Gesetz zur Anhebung der Wahlhürde verabschiedet, um die vier palästinensischen Parteien im israelischen Parlament, der Knesset, daran zu hindern, einzeln Sitze zu gewinnen. Aus der Not heraus waren diese sehr unterschiedlichen Fraktionen, die 1,8 Millionen Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft vertreten, gezwungen, zusammenzusitzen. Bis zum Einzug der Liste war die Wahlbeteiligung unter den palästinensischen Bürgern stark zurückgegangen. Die Minderheit war immer unzufriedener mit der israelischen Politik geworden, auf die ihre gewählten Vertreter keinen Einfluss hatten. Bei den Wahlen 2015 wurde sie die drittgrößte Partei und bot der palästinensischen Minderheit eine größere politische Sichtbarkeit als je zuvor. Und der sympathische, versöhnliche Führer der Liste, Ayman Odeh, von der sozialistischen Hadash-Partei, wurde bald im Ausland gefeiert. Aber das schnelle Wachstum der Gemeinsamen Liste - sie gewann bei den letzten Wahlen vor einem Jahr eine Rekordzahl von 15 Sitzen in der 120 Sitze zählenden Knesset - wurde ihr auch zum Verhängnis.

Netanyahu hat die letzten zwei Jahre damit verbracht, verzweifelt zu versuchen, eine entscheidende Mehrheitsregierung nach einer Reihe von ergebnislosen Wahlen zusammenzuschustern - und ist dabei gescheitert. Sein Ziel ist es, ein Gesetz zu verabschieden, um seinen Prozess wegen mehrerer Korruptionsvorwürfe zu verhindern. Der beträchtliche Block der Gemeinsamen Liste in der Knesset ist ein wesentlicher Grund dafür, warum ihm der Erfolg immer wieder entgangen ist. Netanjahus anfänglicher Instinkt war es, einem ausgetretenen Pfad zu folgen: gegen die palästinensische Minderheit und ihre Vertreter zu hetzen, in der Hoffnung, sie vom Wählen abzuhalten. Er stellte das Wahlrecht der palästinensischen Bürger in Frage, deutete an, dass sie die Wahl stehlen würden, und erklärte, dass sie zu einer terroristischen Bevölkerungsgruppe gehörten. Nichts davon hat funktioniert. Stattdessen feuerte Netanyahu versehentlich die palästinensische Minderheit an, in immer größerer Zahl zur Wahl zu gehen, was es ihm noch schwerer machte, eine jüdische Mehrheit zu sichern.

Anstieg der Kriminalität
- Gleichzeitig stimmten die Palästinenser aber nicht nur gegen Netanyahu. Wie Asad Ghanem, ein Politikwissenschaftler an der Universität Haifa, gegenüber MEE feststellte, wollten die Wähler, dass die Gemeinsame Liste ihre gewachsene Größe nutzt, um sich in eine israelische politische Arena zu drängen, die die palästinensischen Parteien immer ignoriert hatte. Die palästinensischen Wähler in Israel haben zwei wichtige, schwärende Themen hervorgehoben, bei denen sie Maßnahmen erwarteten. Das eine ist die Weigerung der israelischen Behörden, öffentliches Land für palästinensische Gemeinden auszuweisen oder Baugenehmigungen zu erteilen. Beide Faktoren haben zu einer massiven Überbevölkerung für palästinensische Bürger und einer Plage illegaler Bauten unter Androhung des Abrisses geführt. Der andere Faktor ist das rasante Wachstum krimineller Banden in Israels palästinensischen Städten und Dörfern, die in die Lücke gesogen wurden, die eine Mischung aus fahrlässiger und feindseliger Polizeiarbeit hinterlassen hat. Schießereien und Morde sind in palästinensischen Gemeinden in die Höhe geschnellt und haben den Bewohnern jegliches Gefühl von persönlicher Sicherheit genommen.
Giftige Politik

Es war der Druck der eigenen Wähler, der die Gemeinsame Liste ermutigte, ihren traditionellen Unwillen aufzugeben, sich in den politischen Kuhhandel zwischen den jüdischen Parteien einzumischen, der jeder Wahl folgt, wenn die größten Fraktionen versuchen, eine Regierung zu bilden.

Nach der Wahl im letzten Jahr unterstützten die Parteien der Gemeinsamen Liste widerwillig Benny Gantz, den ehemaligen Militärgeneral, der die Zerstörung des Gazastreifens im Krieg von 2014 überwachte, weil seine blau-weiße Partei die beste Hoffnung war, Netanyahu zu verdrängen.

'[Mansour Abbas'] Ansicht war... Netanjahu ist als Premierminister besser aufgestellt als Gantz und braucht Unterstützung, um seinen Korruptionsprozess zu vermeiden' - Awad Abdelfattah, der frühere Generalsekretär von Balad

Aber Netanjahu hatte die Kampagne genutzt, um die Gemeinsame Liste für die meisten jüdischen Wähler als giftig darzustellen. Er hetzte erneut gegen die palästinensische Minderheit und behauptete, Gantz würde eine Regierung bilden, indem er sich auf "Unterstützer des Terrors" stützt, in Anspielung auf die Liste. Der Führer der Blau-Weißen scheute die Unterstützung der Gemeinsamen Liste und steuerte stattdessen auf eine Koalition mit Netanyahu zu. Es ist schwer, den Schaden zu unterschätzen, den Gantz' Entscheidung der Liste zugefügt hat. Der Bruch in dieser Woche ist ihre vergiftete Frucht - und Netanyahus großer Wahlerfolg. Gantz' Abfuhr war vor allem ein Schlag ins Gesicht von Odeh, dem säkularen Führer der Gemeinsamen Liste, der sich am stärksten für die Unterstützung einer blau-weißen Regierung eingesetzt hatte. Seine sozialistische Hadash-Partei hat immer die Idee der arabisch-jüdischen Solidarität und Kooperation hochgehalten.

Gantz' Ablehnung bot Netanyahu die Möglichkeit, seinen Ansatz gegenüber der Liste zu ändern. Er würde nun versuchen, sie durch selektive Freundlichkeit zu töten. Er griff auf seine bevorzugte Politik zurück, um die Palästinenser, ob in Israel oder in den besetzten Gebieten, für das zu gewinnen, was er "wirtschaftlichen Frieden" nennt. Die transaktionale Idee ist, dass er kleine wirtschaftliche Anreize im Gegenzug für politische Ruhe von Palästinensern anbietet.


Das Nazareth-Modell
- Netanyahus Prüfstand in Israel für diese Klientelpolitik alten Stils war Nazareth, wo 2014 ein neuer Bürgermeister, Ali Salam, gewählt wurde - ein Bruch mit der jahrzehntelangen Herrschaft der sozialistischen Hadash-Partei. Salam war Teil der neuen Welle von populistischen Politikern, die auf der ganzen Welt auftauchen. Unmittelbar nach der US-Wahl 2016 bezeichnete sich Salam als politischer Mentor von Donald Trump, den er nie getroffen hat. Salam stellte die nationale Sache der Palästinenser in den Hintergrund, sogar rhetorisch, und konzentrierte sich auf eine enge Agenda der Anbiederung an die israelische Regierung in der Hoffnung, Gefälligkeiten für seine Stadt zu gewinnen und seine persönliche Herrschaft zu verlängern.

Netanyahu war sehr daran interessiert, einen politischen Verbündeten in Nazareth zu gewinnen, der effektiven Hauptstadt der palästinensischen Minderheit in Israel, und vor allem einen so spalterischen wie Salam. Die beiden stellten bald eine Beziehung der gegenseitigen Bequemlichkeit zur Schau. Dies, so scheint es, blieb von Abbas, dem Führer der scheidenden UAL-Partei in der Gemeinsamen Liste, nicht unbemerkt. Nach Gantz' Abfuhr begann Abbas, auf der nationalen Bühne die politische Allianz mit Netanyahu zu wiederholen, die Salam in Nazareth auf lokaler Ebene gefördert hatte.

Odeh hatte die Notwendigkeit eines Bündnisses mit Gantz akzeptiert, in der Hoffnung, politischen Einfluss zu gewinnen, wurde aber abgelehnt. Abbas verfolgte die gleiche Logik, wie Abdelfattah es ausdrückte: "Seine Ansicht war, warum kann ich nicht dasselbe tun und einen Deal mit Netanyahu machen? Als Premierminister ist Netanjahu besser in der Lage zu liefern als Gantz und er braucht Unterstützung, um seinen Korruptionsprozess zu vermeiden." Letzten Oktober zeigte Abbas, wie das in der Praxis funktionieren würde. Er nutzte seine Befugnisse als stellvertretender Knesset-Sprecher, um eine Parlamentsabstimmung für ungültig zu erklären, die eine Untersuchungskommission gegen Netanjahu wegen höchst schädlicher Anschuldigungen in der so genannten "U-Boot-Affäre" genehmigt hatte.

Netanjahu wird verdächtigt, gegen den Rat des Militärs von einem Deal für deutsche U-Boote profitiert zu haben. Die "U-Boot-Affäre" ist der Hauptauslöser für mehr als ein Jahr Anti-Netanjahu-Proteste in ganz Israel gewesen.  Hinter den Kulissen, so hat sich herausgestellt, hatte Abbas die Beziehungen zu Netanyahu und seinen Beratern kultiviert. Er hat wiederholt angedeutet, dass er bereit sein könnte, für ein Immunitätsgesetz zu stimmen, das Netanjahus Prozess vereiteln würde. Der Hauptgrund für das Scheitern der Verhandlungen der Gemeinsamen Liste in dieser Woche war, dass Abbas gegenüber seinen Koalitionspartnern darauf bestand, dass sie unmöglichen Bedingungen zustimmen sollten, bevor er ausschließen würde, Netanyahu als Premierminister zu empfehlen. Im Gegenzug hat Netanyahu Abbas als den Mann aufgebaut, mit dem er zusammenarbeiten kann, um die Kriminalitätswelle und die Überbevölkerung in den palästinensischen Gemeinden einzudämmen. Darüber hinaus hat Netanyahu angedeutet, dass Abbas der Politiker ist, der von der Friedensdividende profitieren kann, die den palästinensischen Bürgern als Ergebnis der sich erwärmenden Beziehungen Israels zu den arabischen Staaten durch das so genannte Abraham-Abkommen angeblich zuteil wird.


Unzuverlässiger Partner
- Abbas' ehemalige Verbündete in der Gemeinsamen Liste wissen, dass Netanyahu ein völlig unzuverlässiger politischer Partner ist, wie er während seiner gesamten Karriere und wiederholt im Umgang mit Gantz bewiesen hat. Nichtsdestotrotz scheint Abbas zu glauben, dass er eine neue konservative, größtenteils islamische politische Koalition aufbauen kann, um der Gemeinsamen Liste auf dem Rücken von Netanyahus stillschweigender Billigung Konkurrenz zu machen.

Wir haben versprochen, die israelische Rechte zu bekämpfen. Wenn wir das nicht tun können, warum sollten sie dann für uns stimmen? Unsere Wählerschaft wird sich den zionistischen Parteien zuwenden. - - Aida Touma-Suleiman, Abgeordnete

Seine Ambition scheint es zu sein, eine islamische Version von Shas zu werden, der jüdisch-religiösen Partei, die sich lange mit Netanyahu verbündet hat, im Gegenzug für regelmäßige Zugeständnisse bei engen religiösen Interessen und sozial konservativer Politik.

Abbas umwirbt prominente Lokalpolitiker, darunter Salam aus Nazareth, um die populäre Basis der Partei zu stärken. Um weitere Spaltungen zu säen und einen Keil in die Gemeinsame Liste zu treiben, machte Netanyahu letzten Monat einen viel beachteten Besuch in Nazareth, der mit großen Protesten begrüßt wurde. Der Premierminister erklärte eine "neue Ära in den Beziehungen zwischen Juden und Arabern" und fügte hinzu, dass "arabische Bürger voll und ganz Teil der israelischen Gesellschaft sein sollten".Die Gemeinsame Liste angreifend, sagte er: "Ich bin begeistert, den großen Wandel zu sehen, der sich in der arabischen Gesellschaft mir und dem Likud [Partei] gegenüber unter meiner Führung vollzieht. Die arabischen Bürger Israels, ihr tretet dem Likud bei, weil ihr endlich der Regierungspartei beitreten wollt." Salam drehte das Messer weiter in die Gemeinsame Liste, als er Netanjahu lobte: "Die gesamte arabische Gesellschaft ist enttäuscht über das, was sie gegeben haben, und über ihre Arbeit und ihre Haltung gegenüber ihrer Wählerschaft."

Trotz Netanjahus Versprechen, mehr zu investieren, ging die Gewalt in den palästinensischen Gemeinden während des Wahlkampfes weiter. Ein 22-jähriger Krankenpflegeschüler war das jüngste Opfer, der im Kreuzfeuer zwischen einer lokalen Bande und der Polizei in der palästinensischen Stadt Tamra erschossen wurde. Abbas würde hoffen, solche Gewalt als weiteren Beweis dafür auszunutzen, dass er in der Lage ist, echten Druck auf Netanyahu auszuüben, wenn der Premierminister politisch von einer starken, von Abbas geführten Partei abhängig ist.

Doppelzüngiges Werben
- Netanjahu hat bei einem politischen Werben mit Abbas wenig zu verlieren, wie doppelzüngig auch immer. Wie Aida Touma-Suleiman, ein Knessetmitglied, gegenüber MEE bemerkte, riskiert die Spaltung, allen palästinensischen Politikern zu schaden. "Wir haben versprochen, die israelische Rechte zu bekämpfen. Wenn wir das nicht können, warum sollten sie dann für uns stimmen? Unsere Wählerschaft wird sich den zionistischen Parteien zuwenden", sagte sie. Ghanem stimmte zu.

"Netanyahu sagt der palästinensischen Öffentlichkeit, dass sie die arabischen Parteien nicht braucht, dass sie besser dran ist, wenn sie direkt mit ihm zu tun hat", sagte der politische Analyst. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage deutete darauf hin, dass Netanyahus neuer versöhnlicher Ansatz seinem Likud bis zu zwei zusätzliche Sitze von palästinensischen Bürgern einbringen könnte, besonders in den eher marginalisierten Gemeinden im Negev.


Gute gegen schlechte Araber
- Aber Netanyahu kann nur gewinnen, egal wie die palästinensische Öffentlichkeit in Israel darauf reagiert. Wenn sie ihre Parteien wegen der Spaltung abstrafen, indem sie nicht zur Wahl gehen, wird der Premierminister von dem größeren Anteil der Stimmen für jüdische Parteien profitieren. Und wenn Abbas genügend palästinensische Bürger davon überzeugt, dass er den Schlüssel hat, um Netanyahus Gunst zu erlangen, könnte seine Partei eine Handvoll Sitze gewinnen - genug, um Netanyahu die Verabschiedung eines Immunitätsgesetzes zu ermöglichen, das seinen Prozess abwürgt. Letzten Monat sagte Odeh in einem Tweet, dass es Netanyahu "nicht gelingen wird, uns in gute und schlechte Araber zu teilen". Und doch ist es genau das, was Netanjahu erreicht hat, nachdem er die Gemeinsame Liste unterwandert hat.

Jetzt gibt es schlechte Araber wie Odeh und gute, verantwortungsvolle wie Abbas. Und Netanjahu wird hoffen, sie gegeneinander auszuspielen, um sich an der Macht zu halten.  Quelle

 

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