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Texte von Johannes Zang

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"In Palästina gibt es keine echten Journalisten"

"Ein Gespräch mit Khader Khader, dem Direktor des "Jerusalem Medien und Kommunikationszentrums"

JOHANNES ZANG
DT vom 09.07.2005

"Das palästinensische Volk will einen gerechten Frieden und ist bereit, alles Mögliche zu versuchen, um dieses Ziel zu erreichen. Aber dazu braucht es einen Partner, den es auf halber Strecke trifft, damit dieser Friede Wirklichkeit wird", meint Khader Khader, Direktor des "Jerusalem Medien und Kommunikationszentrums". Schnell skizziert er die Geschichte des Zentrums, das er im Ostteil Jerusalems leitet. Nachdem wiederholt ausländische Journalisten einheimische gebeten hatten, sie in das Westjordanland und nach Gaza zu begleiten, wurde 1988, zu Beginn der 1. Intifada, JMCC von palästinensischen Journalisten gegründet. Ziel war und ist es, "verlässliche Informationen" über die palästinensischen Gebiete inklusive Ost-Jerusalem zu bieten.

Im Laufe der Jahre haben sich drei Arbeitsbereiche herausgebildet: ein wöchentliches Palästina Online-Magazin, in dem Khader Khader, seine Kollegen, aber auch freie Mitarbeiter eigene Beiträge und Analysen veröffentlichen.

Des weiteren einen Nachrichten-Dienst, bestimmt für die, die der arabischen Sprache nicht mächtig sind. Hier erhalten Journalisten, Medienanstalten, Botschaften, Nichtregierungsorganisationen, Weltbank und Vereinte Nationen die neuesten Nachrichten und einen täglichen Querschnitt aus drei palästinensischen Tageszeitungen, einem Wochenblatt und dem Sender "Die Stimme Palästinas". Auf Englisch, versteht sich, weshalb sich Herr Khader auch mehr als Übersetzer denn als Journalist sieht.

Das dritte Ressort besteht seit 1993 und befasst sich mit "Meinungsumfragen". Nach eigenen Angaben ist das "Jerusalem Medien und Kommunikationszentrum" die erste Institution in der arabischen Welt, die Meinungsumfragen systematisch und kontinuierlich durchführt. Das Ziel dahinter ist, die Öffentlichkeit verstärkt in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, indem man die öffentliche Meinung denen mitteilt, die Entscheidungen fällen. Seitdem wurden circa siebzig Umfragen durchgeführt. Das Themenspektrum reicht vom Friedensprozess über Demokratisierung, internationale Beziehungen, soziale Angelegenheiten bis hin zu Medien. Für die hat er - was die eigene Seite betrifft, kaum Lob übrig. Die israelische Militärzensur von früher sei durch eine "Selbstzensur" ersetzt worden. Dazu hat wohl auch die Tatsache beigetragen, dass palästinensische Journalisten in den neunziger Jahren durch Überfälle Maskierter eingeschüchtert wurden. Manche Journalisten würden "Hinweise zwischen den Zeilen" verstecken, die "ganze Wahrheit" könne jedoch keiner schreiben. Khader findet es traurig, dass man "das, was wirklich passiert, oft nur in der israelischen Zeitung ,Haaretz findet". Und investigativer Journalismus sei in Palästina gänzlich unbekannt. Kein Wunder, dass der Mittvierziger zu dem Schluss kommt, dass es in Palästina keine echte Journalisten gibt. Des weiteren bemängelt Khader Khader, dessen Namen "Georg Georg" bedeutet, dass das Journalisten-Syndikat seit etwa 15 Jahren keine Vorstandswahlen mehr durchgeführt hat. Und wie sieht er die ausländische Presse im Land? Khader beobachtet, dass sie nicht mehr in dem Maße an humanitären Fragen interessiert ist wie früher. Und "Gewalt" würde unterschiedlich gewichtet. Geht sie von palästinensischer Seite aus, werde sie hervorgehoben. Dagegen sei, wenn Israel dahintersteht, nur von "militärischen Operationen" die Rede. Die meisten ausländischen Journalisten, kritisiert Khader, verwenden nicht einmal den Ausdruck "besetzte Gebiete". Und an die Adresse der Europäischen Union hat der zweifache Familienvater auch deutliche Worte: "Hört auf mit Entwicklungsprojekten und dergleichen!", wo manche nicht einmal das tägliche Brot hätten. "Hört auf mit Eurer Finanzierung der Besatzung", fordert er, "denn sie gewährleistet, dass Israel weitermachen kann wie bisher." Khader Khader sieht seine Arbeit schon als Erfolg an, wenn er eine möglichst breite Palette an Standpunkten und Facetten palästinensischen Lebens präsentieren kann. So ist die Internetseite auch ein breit angelegtes Archiv, und "Gelbe Seiten" in einem: egal, ob man ein palästinensisches Rezept, ein Märchen oder den Text des Wye-River-Memorandums sucht, JMCC hilft weiter. Das Medienzentrum ist auch bereit, Journalisten bei Recherche-Reisen zu begleiten und kümmert sich um die Logistik. Journalisten schätzen auch die Forschungsberichte der Jerusalemer Medienprofis, sei es "Armut und Frieden in Palästina" oder "Das palästinensische Bildungssystem". Khader Khader gibt zu, dass er versucht, "unsere Sache" hervorzuheben, das heißt, "der Ungerechtigkeit, die wir erleiden" Ausdruck zu verleihen. Dabei ist er immer zur Kooperation mit Israelis bereit - der Journalist Danny Rubinstein ist sein häufiger Gast - was er auch bei der Mehrheit seiner Landsleute vermutet. Er behauptet sogar, dass die Palästinenser bereit seien, zu vergessen und zu vergeben. "Israel jedoch ist besessen von der Vergangenheit." Abu Mazen hätte wenigstens gegenüber der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten sagen sollen: "Wenn Ihr wollt, dass ich im Amt bleibe, dann müsst Ihr Druck auf Israel ausüben." Welche Chancen habe man denn angesichts all der israelischen Vorbedingungen und der neuen Fakten vor Ort? Damit meint er den Mauerbau, die Isolierung Jerusalems und den verstärkten Siedlungsausbau im Westjordanland. Khader sieht das alte Szenario wieder aufsteigen - und Abu Mazen scheitern. "Werden dann die Vereinigten Staaten und Europa den Anklagefinger auf Israel richten, weil es Abu Mazens Vorhaben sabotiert hat?" Khader bekennt, dass er keine Hoffnung mehr hat - ganz im Gegensatz zu seinem Volk. Bei der letzten Meinungsumfrage im Mai gaben 61,3 Prozent der befragten Palästinenser an, "sehr optimistisch oder optimistisch" zu sein, was die Zukunft allgemein betrifft.

Jerusalem Media & Communication Centre

Die Homepage von Johannes Zang: Jerusalam.info - Die Wort- und Bildwerkstatt)

 

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