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Presseerklärung der Palästinensischen Gemeinde Deutschland zu dem Besuch der Kanzlerin in Israel
Für den Vorstand der Palästinensischen Gemeinde Deutschland e.V.
Prof. Dr. Sami Hussein (Vorsitzender)    

 

Der lange angekündigte Besuch der Bundeskanzlerin und ihrer sieben Ministerinnen und Minister in Israel sollte die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vertiefen und zudem dem Friedensprozess im Nahen Osten dienen. Ein durchaus bedeutungsvoller Gang, der zudem ein Hoffnungsschimmer zu sein schien – so jedenfalls war es zu hoffen.

 

Dieser Gang hat sich allerdings eher als eine Kriechspur erwiesen. Merkel und ihre Gefolgschaft sind dorthin gekrochen und sind aus ihrer kriechenden Haltung während des gesamten Aufenthalts in Israel kaum wieder aufgestanden. Die Kanzlerin hat es vermieden, das Palästina-Problem und die Palästinenser generell sowie ihr Schicksal zu erwähnen, um nicht die so friedvolle Atmosphäre zu gefährden. Offensichtlich werden Menschenrechtsprobleme nur in China und in Russland sowie in der Türkei angeprangert, aber in Israel nicht einmal angesprochen– obwohl das Land von der UN und von anderen internationalen Menschenrechtsorganisationen stets verurteilt wird.

 

Immer noch steht Deutschland offensichtlich in der Schuld des Staates Israel, es bestätigt sich auch die Annahme, dass diese besondere Beziehung auch durch Menschenrechtsverletzungen nicht gefährdet werden darf.

 

Die besondere Beziehung besteht offensichtlich darin, dass das historische Selbstbewusstsein der Kanzlerin und ihrer Gefolgschaft nicht ausreichend genug ist, um zu erkennen, dass die Wiedergutmachung der barbarischen und menschenverachtenden Ermordung von Juden in Europa durch das Nazi-Deutschland nicht mit einem Staat Israel gesühnt werden kann.

Es ist offensichtlich eine Genugtuung für die Bundesrepublik und ihre höchste Vertretung, dass Israel als Wiedergutmachungsstätte für das Verbrechen der Nazis an den Juden angesehen wird. Israel vertritt aber nicht die Juden, die umgebracht wurden. Denn die Idee eines Staates Israel wurde bereits 1889 geboren. Die Vertreter Deutschlands sollten sich doch über die zionistische Geschichte informieren.

 

Dass dieser Staat Israel vor 60 Jahren widerrechtlich und in kriegerischer Auseinandersetzung entstanden ist, dürfte auch der Bundesregierung bekannt sein. Und dass dadurch die Palästinenser die Wiedergutmachung für die Deutschen bezahlen mussten, müsste ebenfalls ein wichtiger Faktor in den Beziehungen zum Nahen Osten darstellen.

Schließlich wurden die Palästinenser geopfert, damit eine Wiedergutmachung für das Nazi-Verbrechen in Form des Staates Israel entstehen kann. Der Auftritt der Kanzlerin und ihrer Gefolgschaft war für die Palästinenser ein Schlag ins Gesicht. Sie wurden ignoriert und missachtet, ihre Rechte auf Selbstbestimmung und ihr verbrieftes Recht auf einen eigenen Staat wurden durch die Bundeskanzlerin und der Mitglieder der Bundesregierung mit Füßen getreten. Ihr verbrieftes Recht, sich ebenso gegen die Besatzung zu wehren, wie gegen die ständigen Menschenrechtsverletzungen und gegen die Enteignung ihres übrigen Anteils an ihrer Heimat wird völlig ignoriert. Schließlich soll die friedvolle Atmosphäre zwischen Israel und Deutschland keinen Schaden erhalten.

 

Das Verhalten der deutschen Delegation, an deren Spitze die Bundeskanzlerin stand, hat ausschließlich den Charakter einer Geburtstagsfeier abgegeben. Als Vermittler im Nahost-Konflikt kann die deutsche Führung von Palästinensern möglicherweise durch die undiplomatische Auftrittsweise in Jerusalem - und gerade hier ist die Problematik besonders deutlich sichtbar - nicht akzeptiert werden.

 

Es muss auch der Bundeskanzlerin und ihrer Delegation - auch im Bewusstsein der deutschen Geschichte - allgegenwärtig sein, dass Unrecht, Unterdrückung, Vernichtung und Vertreibung einen bleibenden Schandfleck in der Geschichte darstellen.

 

Mit der Gründung des Staates Israel vor 60 Jahren wurde das palästinensische Volk aus seiner Heimat vertrieben. Ethnische Säuberungen fanden nach geplanten zionistischen Plänen statt. Die historische Verantwortung für die Nakba (das ist die offizielle Bezeichnung für die Vertreibung des palästinensischen Volkes) tragen einige europäische Staaten und insbesondere Israel. Das Eingestehen dieser historischen Verantwortung ist die erste Wiedergutmachung an das palästinensische Volk.

Nur so kann eine Aussöhnung im Nahen Osten beginnen. Es werden Länder dazugehören, die schon lange gemahnt haben. Und es wird Länder geben, die angeblich nichts gewusst haben. Hierzu gehört – dieser Gedanke implementiert sich unweigerlich nach dem Auftreten der deutschen Kanzlerin – auch Deutschland. Aber kann sich ausgerechnet Deutschland ein zweites Mal erlauben, zu sagen, dass es unwissend war?

 

Deshalb soll die Bundesregierung Recht und Ungerechtigkeit beim Namen nennen, die Besatzung verurteilen und Wege suchen, dass Israel zum Frieden findet. Sie sollte nicht die Politik, Krieg zu führen, unterstützen. Denn diese Politik wird dazu führen, dass Repressalien und Unterdrückung Vorschub geleistet wird. Und gleichermaßen wird auf dem Nährboden der Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit der Terrorismus wachsen können.

 

Die bedingungslose Unterstützung des Staates Israel, der weiterhin arabisches Land widerrechtlich besetzt, Siedlungen baut, Mauern errichtet, unbescholtene Bürger umbringt, die Willkür tagtäglich walten lässt und sich zudem darüber beklagt, dass die internationale Gemeinschaft wenig Unterstützung zeigt, stärkt den Radikalismus im eigenen Land und in der arabischen Welt.

 

Es muss der Bundesregierung mehr daran liegen - insbesondere im historischen Sinne - den Frieden zu fördern, als den Krieg zu unterstützen, auf der Seite der Schwächeren zu stehen und nicht auf der Seite der Besatzer. Die Palästinenser selbst und das palästinensische Volk werden es nie akzeptieren, geopfert worden zu sein für eine Wiedergutmachung von Deutschland gegenüber den ermordeten Juden im Sinne des Staates Israel. Sie werden es nie akzeptieren, ignoriert zu werden und gleichzeitig auf dem Boden ihrer Heimat Lobeshymnen, unterstützende Aufrufe und eine absolute Hingabe seitens der Deutschen gegenüber den Israelis hören zu müssen.

 

Fingerspitzengefühl der deutschen Außenpolitik haben die Palästinenser erwartet – plumpes Auftreten der deutschen Außenpolitik haben sie erlebt. Ob man beim Gleiten auf der Kriechspur, die 4000 km Luftlinie betrug, nicht über das Ziel hinausschießt, wird die künftige Politik zeigen.

 

Für den Vorstand der Palästinensischen Gemeinde Deutschland e.V.

Prof. Dr. Sami Hussein (Vorsitzender)    

 

 

 

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