Liebe Leute,
heute komme ich endlich dazu, Euch über die Leute von Quawiz zu
berichten.
Quawiz erreicht man über Hebron, Jatta, Karmel und das letzte Stück
zu Fuss, weil die letzten 3-4 Kilometer Strasse für Autos kaum noch
zu passieren ist . Quawiz liegt also sehr weit im Süden von
Palästina und nach Aussagen der Bewohner|innen soll es 1980 ca. 1000
Einwohner gehabt haben. 1990 waren es dann noch 300 und bis vor
kurzem keine mehr. Die Einwohner wurden durch Siedler und die
israelische Armee dazu gezwungen, ihr Land zu verlassen. In
unmittelbarer Nähe liegen zwei Außenposten israelischer Siedler und
die Siedlung Suzia. Vor ca. zwei Monaten beschlossen vier Brüder
zusammen mit ihren Familien wieder auf ihr Land zu gehen. Sie leben
Bauern, haben vor allem Schafe und Ziegen, bauen Getreide an, ernten
die Mandeln ihrer Bäume. Sie zogen zurück auf ihr Land. Ein
gefährliches Unterfangen, denn die Siedler in dieser Gegend sind als
besonders fanatisch und gewalttätig bekannt und von Polizei und
Militär ist keine Unterstützung zu erwarten, eher das Gegenteil.
Seit zwei Monaten leben abwechselnd immer 2 bis 3 Internationals der
verschiedenen Organisationen bei den Familien, um durch die
Anwesenheit von Ausländern einen gewissen Schutz und eine
Öffentlichkeit sicher zu stellen. Bei Attacken der Siedler versuchen
die internationalen Aktivisten mit den Siedlern zu sprechen,
beobachten, filmen und fotografieren und rufen Polizei und Militär,
die auf Anrufe von Ausländern eher reagieren.
Übergriffe auf die Bewohner von Quawiz finden regelmäßig statt, doch
die drei Tage, die ich mit den Familien verbringen durfte, hatten
wir eine wunderbare Ruhe. Die ca. 30 Menschen leben dort ohne Strom,
ohne fließendes Wasser, ohne Bad oder Toilette. Drei der Familien
wohnen in Höhlen, die unter der Erde in den Stein gehauen wurden.
Das Wasser wird täglich mit Eimern aus dem Brunnen geschöpft. Den
Tagesablauf bestimmen die Bedürfnisse der Tiere. Täglich ziehen die
Männer und Jungens mit den Herden über das Land. Die Frauen waschen
Wäsche in der Schüssel, backen Brot im Steinofen in der Erde, melken
die Tiere, gehen auf die Felder. Sie arbeiten den ganzen Tag. Die
Kinder gehen täglich die 5 Kilometer bis zur nächsten Schule, aber
Zeit spielt hier keine Rolle. Für einen Tee mit sehr viel Zucker und
ein kleines Schwätzchen reicht es immer.
Das
Leben könnte so friedlich sein, wenn wir nicht immer Obacht geben
müssten. Die Siedler benutzen die sehr nahe liegende Siedlerstrasse
und oft kommen sie von dort. Also, ich weiß jetzt, was "Wache
halten" ist.
Dieser gewaltlose Widerstand der vier Familien ist bewundernswert
und mutig. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass er erfolgreich ist.
!
Eure S. ISM Bericht - May 07, 2005