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Die Verlogenheit der „Zurückhaltung“

 Richard Irvine, Electronic Intifada,  4.Oktober 2010
http://electronicintifada.net/v2/article11554.shtml 

 

Als Israels selbst auferlegter und weithin irrelevanter Siedlungsbaustop endete, bat der israelische Ministerpräsident B. Netanyahu die Siedler, „Zurückhaltung“ zu üben. Es ist eine interessante Wahl des Adjektivs …Im Kontext der Westbanksiedler und Israels illegaler Kolonisierung könnte kein Adjektiv unpassender sein. Doch  unbewusst enthüllt es auch die Verlogenheit hinter Israels Art und Weise, mit diesen Verhandlungen umzugehen.

 

Siedlungen – oder um genauer zu sein – illegale Kolonien nur für Juden, sind nicht zufällig entstanden; noch sind sie so etwas wie ein unglückliches, aber vermeidbares historisches  Überbleibsel. Sie  gehören  vielmehr zu Israels zentraler Politik, was die besetzten palästinensischen Gebiete betreffen.

Zentral geplant, finanziert und geschützt, ist es das Ziel der Siedlungen, strategisch wichtig zu sein. Welche Ziele  es sein sollten , wurde schon im Sommer 1967 mit dem Allonplan enthüllt, also kurz nachdem Israel die Westbank besetzt hatte. Der Plan wurde  von Yigal Allon, dem früheren General und späteren Arbeitsminister, entwickelt  und nach ihm benannt. Dazu gehörte, dass Israel große Teile der Westbank, einschließlich des Jordantales, Ost-Jerusalem und Gebiete rund um Hebron annektiert. Unterdessen sollte der größere Teil der palästinensischen Bevölkerung nach einem sog. Friedensabkommen wieder unter jordanische Kontrolle kommen. Obwohl der Plan nie angenommen wurde, hat er als Grundlage für die israelische Siedlungspolitik und für Friedensvorschläge gedient. Auf einander folgende israelische Regierungen haben den Allonplan ihren Wünschen angeglichen, einschließlich der Beschlagnahme der Hauptwasser-Aquifere in der nördlichen Westbank.

 

Ein kurzer Blick auf die Teilung  der Westbank nach dem Oslo-Abkommen in die Zonen A, B und C zeigt klar, dass die Zone C eine Gebiet ist, das unter voller israelischer Kontrolle bleibt. Diese Vision  der Annexion und Enteignung wurde in die Praxis umgesetzt. Zone C umfasst 59 % der Westbank aber nur 4% der palästinensischen Bevölkerung. Es ist der Teil, auf dem alle jüdischen Siedlungen stehen. Die Unglücklichen, die dort leben, erleben alle Arten von diskriminierenden Gesetzen und Praktiken.

 

Das UN-Office für die Koordinierung der humanitären Angelegenheiten stellt fest, dass 96% der  palästinensischen Anträge für Baugenehmigungen abgewiesen wurden und die wenigen, die genehmigt wurden, sich auf 1% des Gebietes beschränken. Unterernährung ist auch ein Problem bei 28 % der Kinder von Hirtengemeinschaften. Sie sind im Wachstum zurück geblieben ( Food Security and Nutrition Survey of Herding Communities in Zone C)

 

Amnesty International hat berichtet, dass im Jordantal die Quellen  wegen Übernutzung durch die Siedlungen austrocknen, während die israelische Armee die Palästinenser daran hindert, Regenwasser zu sammeln ( Der Tag an dem die Bulldozer kamen, ai, 27.Oktober 2009).

Unterdessen  haben ganz in der Nähe dieser bewussten Enteignung und Verarmung die Siedlungen nur für Juden einen  grünen Rasen, ihre Schnellstraßen nur für Juden und ihre subventionierten Häuser.

So erschreckend all dies ist, ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass dies nicht zufällig ist: das ist die  geplante Auferlegung eines kolonialen Apartheidsystems, dessen Ziel die ethnische Säuberung ist. Selbst während  des Höhepunktes des Osloer Friedensprozesses in den 90ern, hat sich die Zahl der Siedler verdoppelt. Kurz gesagt: der jüdische Siedlungsbau ist für die israelische Politik  so zentral, dass es niemals bereit war, diese einzuschränken, auch nicht für den Preis des Friedens.

Doch all dies ist so unnötig. Die Siedlungen sind illegal. Sie verletzen das  Humanitäre Völkerrecht, das internationale Menschenrechtsgesetz., eine Entscheidung von 2004 vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag, zahlreiche Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, des UN-Menschenrechtsrat und der Vollversammlung und die oft zitierte Roadmap des Quartetts ( US, EU, UN und Russland) .

Doch all dies kann gelöst werden; alles was nötig wäre, ist, dass Israel nach denselben Rechtsnormen wie jeder andere Staat in der Welt  behandelt wird. In diesem Kontext ist es für Netanyahu geradezu lächerlich, die Siedler, die er ermutigt, finanziert und schützt, aufzurufen, Zurückhaltung zu zeigen. Zurückhaltung haben viel mehr die Palästinenser gezeigt, die darauf warten, dass die internationale Gemeinschaft  gegenüber  der grundsätzlichen Verlogenheit Israels aufwacht und  sie dahin bringt, tatsächlich die internationalen  rechtlichen Standards, die sie geschaffen hat, zu erfüllen.

 

Richard Irvine gibt einen Kurs an der Belfaster Queens-Universität mit dem Titel: „Die Schlacht für Palästina“. Es ist die ganze Geschichte des Konfliktes. Irvine hat auch schon freiwillig in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon gearbeitet, am Pflanzen von Olivenbäumen und an der Olivenernte in der Westbank teilgenommen.

 

( dt. Ellen Rohlfs)

 

 

 

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