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Die Frage nach  der Gerechtigkeit

 Judith Stone,  15.2.09  (Independent Catholic News)

 

Ich bin Jüdin. Ich war eine Teilnehmerin bei der Rallye „Rückkehrrecht nach Palästina“.  Genau das musste getan werden..

Ich hörte seit meiner Kindheit vom europäischen Holocaust an Juden. Ich habe die Gedenkstätten in Washington, DC und in Jerusalem besucht. Dort wird an das verlorene jüdische Leben erinnert. Ich habe geweint, als ich erkannte, zu welchen Grausamkeiten die Menschheit fähig ist, ja wie tief sie sinken kann.

Wo sind die Juden mit Gewissen? Keine selbstgerechte Bösartigkeit kann  den Überlebenden von Hitlers Holocaust übelgenommen werden. Diese Bruchstücke  der Menschheit hatten keine andere Wahl  des persönlichen Überlebens. Wir dürfen nicht vergessen,  dass ein Überlebender oder einer, der dieselbe Religion wie die Opfer des europäischen Holocaust hat,  nicht davon dispensiert wird, sich an die Regeln der Menschlichkeit zu halten.

 

Das Motto „Nie wieder!“ klingt hohl, wenn es nur bedeutet „Nie wieder - allein für uns!“ Meine Generation wurde im Glauben erzogen, dass das biblische Land eine große Wüste war, in der eine Handvoll armer Palästinenser mit ihren Kamelen lebt und  sich dort so schlecht und recht  im Sand durchschlug. Die Ankunft der Juden  wurde als  gewaltiger Gewinn für diese Wüstenbewohner verkauft . Golda Meir versicherte sogar, dass es „gar kein palästinensisches Problem gebe“.

Heute wissen wir, dass das Bild so nicht war, wie es gemalt worden war. Palästina war voller Menschen, die Palästina ihre Heimat nannten. Es gab  blühende Städte und Dörfer, Schulen und Krankenhäuser. Es lebten Juden, Christen und Muslime dort.

Tatsächlich stellten die Juden vor der Besatzung  nur 7 % der Bevölkerung dar und besaßen nur 3% (6% ?) des Landes.

Während ich für einen Augenblick die Scheuklappen wegnehme, sehe ich eine zweite Grausamkeit, die genau von dem Volk begangen wird, das  besonders sensibel für das Leiden anderer sein sollte. Dieses Volk wusste, wie es ist, wenn man  mit gezückter Waffe aus dem  eigenen Haus geworfen und gezwungen wird, bei Nacht an unbekannten Ort zu marschieren oder sofort erschossen wird. Das Volk, das die Palästinenser vertrieben hat, wusste aus erster Hand, was es bedeutet, wenn man sein eigenes Haus in Flammen sieht und wenn man alles , was einem lieb und teuer ist, in einem Augenblick aufgeben muss. Bulldozer ebneten Hunderte von Dörfern ein, zuweilen mit den übrigen Bewohnern, den alten und jungen. Das war für die Welt nichts Neues.

 

Polen ist ein großer Friedhof für die Juden Europas. Israel ist der letzte Ruheplatz für das massakrierte palästinensische Volk. Nicht weit vom Gedenkort für die  verlorenen jüdischen Kinder des Holocaust in Europa gibt es einen eingeebneten Parkplatz. Unter diesem Parkplatz liegen die Reste eines blühenden Dorfes und die Toten  - Männer, Frauen und Kinder, deren einziges Verbrechen es ist, den für sie nötigen Platz genommen zu haben und nicht freiwillig gegangen zu sein . An diesem besonderen Begräbnisplatz liest man „Öffentlicher Parkplatz“

 

Ich habe mit Palästinensern gesprochen. Ich bin noch keinem Palästinenser begegnet, der nicht ein Mitglied seiner Familie  in der israelischen Shoah verloren hat oder einem Palästinenser, der nicht einen Verwandten oder Freund nennen könnte, der nicht unter unmenschlichen Bedingungen in einem israelischen Gefängnis sitz/saß. Immer wieder wird Israel wegen Menschenrechtverletzungen vorgeladen – aber vergeblich. Bei einer Reise nach Israel vor kurzer Zeit besuchte ich ein Flüchtlingslager, das von Menschen bewohnt ist, die seit 52 Jahren  in dem  „vorübergehenden“ Lager warten, um wieder nach Hause gehen zu können. Alle palästinensischen Großeltern können dir den Namen ihres Dorfes sagen, und ihre Straße und wo sie Olivenbäume angepflanzt hatten. Ihre Enkel mögen nie zu Hause gewesen sein, aber sie können dir sagen, wo der Urgroßvater beerdigt liegt und wo das Dorf stand.  Die Medien haben das Portrait des palästinensischen Terroristen gefördert. Aber die Opfer, die sich gegen Unmenschlichkeit im Warschauer Ghetto erhoben, werden Helden genannt. Die ihr Leben verloren haben, wurden Märtyrer genannt. Der Palästinenser, der aus Verzweiflung einen Stein wirft, ist ein Terrorist.

 

Vor zwei Jahren fuhr ich durch Palästina und beobachtete, wie der grüne Rasen von jüdischen Siedlern in ihrer neuen Siedlung, die von bewaffneten Soldaten und Stacheldraht umgeben war,   gesprengt wurde. Das war mitten in einer palästinensischen Gemeinde, wo es nicht das gleiche Wasser zum Trinken gab und die umliegenden Felder sandig und trocken war. Der Universitätsprofessor Moshe Zimmermann berichtete  in der Jerusalem Post ( 20.4.95): „Die jüdischen Kinder in Hebron sind wie die Hitlerjugend.“ ( In der Hitlerjugend, in der ich bis 1941 war, - haben wir uns nicht wie die jüd. Jugendlichen in Hebron benommen. ER)

 

Wir Juden fordern Wiedergutmachung, den nicht erhaltenen Lohn, Kompensation für Haus, Land, Sklavenarbeit und ausstehende Löhne in Europa. Bin ich ein Verräter, wenn ich das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge  zu ihrem Geburtsort unterstütze und Wiedergutmachung  für das, was ihnen genommen wurde und nicht zurückgegeben werden kann.

 

Die jüdischen Toten können nicht wieder zum Leben zurück gebracht werden – so können auch die massakrierten Palästinenser  nicht  zum Leben wieder erweckt werden. David Ben Gurion sagte: „ „Nehmen wir selbst  die Wahrheit zur Kenntnis: politisch sind wir die Aggressoren – und sie verteidigen sich … das Land gehört ihnen, denn sie bewohnen es, während wir hierher kommen und uns hier niederlassen wollen. In ihren Augen nehmen wir ihnen das Land weg. …“

 

Palästina ist ein Land, das besetzt worden ist und  von  seinem Volk gesäubert wurde. Seine kulturellen und physischen Merkmale sind  vernichtet worden und durch  hebräische  Kennzeichen ersetzt worden. Die Geschichte eines Volkes war das erste, was die Besatzer vernichteten. Die Geschichte des einheimischen Volkes wurde gelöscht, als ob es nie existiert hätte. Und all dies wurde von der Welt als wunderbarer Akt Gottes bejubelt. Wir müssen erkennen, dass Israels Existenz nicht einmal eine Frage der Legalität ist, als vielmehr ein illegaler Fait accompli, der durch Anwendung  von  Gewalt  verwirklicht wurde, unterstützt von den westlichen Mächten. Die an Israel gerichteten  (vielen) UN-Resolutionen, mit dem Versuch, seine Verletzungen ( der Menschenrechte) zu korrigieren, waren  ( immer) vergebens .

Herzl, der Vater des Zionismus, sagte in seinem Buch „Der Judenstaat“:  „Wir müssen ermitteln und das neue jüdische Land in Besitz nehmen und zwar mit allen modernen Mitteln.“ Ich  stimme mit Ehud Barak überein,  als er (am 3.Juni 1990) sagte: „wenn ich ein Palästinenser wäre, würde ich mich einer Terrorgruppe anschließen.“  Ich würde vielleicht noch einen Schritt weitergehen. Statt aus Verzweiflung kleine Steine zu werfen, würde ich einen Felsblock schleudern.

In der Hoffnung, dass jeder Jude  mit Gewissen irgendwo tief innen weiß, dass dies kein Krieg war; dass dies nicht Gottes Rückerstattung des heiligen Landes an seine rechtmäßigen Besitzer war. Wir wissen, dass es  menschliche Gräueltaten gab und  diese nun  gegen ein unschuldiges Volk weitergehen, das sich nicht mit Waffen und Geld gegen die westlichen  Mächte verteidigen kann …

Wir können nicht weiter sagen: „Aber was sollten wir denn tun?“ Zionismus ist nicht gleich Judentum. Ich unterstütze mit ganzem Herzen die Rallye  für das Rückkehrrecht des palästinensischen Volkes.

 

 

(Dieser Artikel wurde an Debbie Ducro, eine jüdisch-amerikanische Journalistin der Jüdischen Chronik, Kansas City, geschickt. Sie veröffentlichte den Artikel. Am nächsten Tag wurde sie gefeuert)

 

( dt. Ellen Rohlfs)

 

 

 

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