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Am 10. 1.  2016 wurde die israelische Kriegdienstverweigerin Tair Kaminer verhaftet, nachdem sie den Wehrdienst bei der Musterungszentrale verweigert hat.

 

„Es ist als ob wir mit  einer Waffe in der Hand geboren wurden“ sagen junge Israelis, die den Militärdienst verweigern
Jaclynn Ashly und Yumna Patel

Nach 155 Tagen in einer Gefängniszelle und nach sechs Aufenthalten im israelischen Militärgefängnis wurde die 19 jährige Tair Kaminer im Juli entlassen. Sie war diejenige, die am längsten als weibliche Militärdienstverweigerin in israelischen Militärgefängnissen saß.

Versteckt in einer Seitenstraße einer Tel Aviver verkehrsreichen Straße sitzt Tair in der Wohnung ihrer Familie mit ihrer 18 jährigen  Freundin Omri Baranes, auch eine Wehrdienstverweigerin, die  67 Tage im israelischen Militärgefängnis saß..

Die beiden Freundinnen sind Teil einer kleinen Gruppe israelischer Teenagers, die  „Wehrdienstverweigerer“ genannt werden, die sich dem militärischen Pflichtdienst entziehen, da sie gegen die fast ein halbes jahrhundertlange Besatzung  Palästinas  protestieren. Während ihres unterbrochenen Aufenthaltes im israelischen Militärgefängnis erhalten sie Unterstützung von einem kleinen Netzwerk von Aktivisten, das ‚Solidarität der Verweigerer‘ genannt wird und vor einem Jahr gegründet wurde. YasminYablionko, 23,  ist die Medien-Koordinatorin für das Netzwerk. Ihr Vater verbrachte eine Zeit im Militärgefängnis, weil er sich weigerte, während des israelischen Krieges von 1982 gegen den Libanon Militärdienst in den besetzten Gebieten zu machen. Yablionko steht neuen Verweigerern  bei, ihre politischen Ansichten gegenüber den Medien und dem israelischen Mainstream-Narrative über Palästina zu äußern. Während Tair eventuell von weiterem  Militärdienst  befreit wird, wird Omri gezwungen werden, ins Militärgefängnis  zurückzukehren. Wenn sie nicht freiwillig dort hingeht, würde sie offiziell als „Deserteurin“ bezeichnet und zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt.

„Ich habe nie eine Landkarte gesehen, die die grüne Grenzlinie zeigt“

In einer politischen Mainstream-Familie aufgewachsen, in der der Militärdienst nicht nur als Pflicht angesehen wurde, sondern als eine Ehre,  stand sie in Konflikt mit der  gewalttätigen Kultur in ihrer Umgebung. Als für sie die Zeit der Einberufung  kam, weigerte sie sich auf Grund ihrer pazifistischen Überzeugung.

„Selbst als ich noch nichts über die Besatzung Palästinas wusste, konnte ich nicht verstehen, warum unsere Kultur so auf Gewalt setzte. Es ist so, als wären wir mit einer Waffe in der Hand geboren worden“ sagte sie, „unsere Gesellschaft ist so militant und die meisten Israelis lernen  nie etwas anderes.“

Vor vier Monaten bat Omri durch ein Ethik-Komitee um eine Ausnahme vom Militärdienst. Aber ihre Forderung wurde zurückgewiesen und sie stand  einer Gefängniszeit gegenüber. Omri wurde Tair und andern Mitgliedern des Solidaritäts-Netzwerks vorgestellt. Durch diese erfuhr sie eine informelle Lektion über Israels Behandlung des palästinensischen Volkes.

Nachdem sie die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen  entdeckte, die  nur wenige Kilometer von ihr entfernt geschahen, entschied sich Omri, Bücher über Palästina zu lesen und kam so auf die völlig andere Geschichte Israels, als die, mit der sie aufgewachsen ist. „Ich habe nie eine Karte gesehen, auf der die grüne Linie eingezeichnet war. Bis heute hab ich keine Karte Israels auf Hebräisch gesehen, die die palästinensische Grenzen zeigen.“

Tair wiederholte Omris  Empfindung und sagte: „ Die Karten, die uns in der Schule gezeigt wurden, stellen das ganze Land vor, als ob alles zu Israel gehört. Da gibt es keine besetzten Gebiete. Das wird allen Israelis gelehrt.“

Taiir kommt im Gegensatz zu Omri aus einer seit langem linken Familie. Ihr Onkel verbrachte 66 Tage im  Gefängnis, weil er den Wehrdienst verweigerte und ihr Cousin  verweigerte den Wehrdienst und war 2 Jahre im Militärgefängnis. Obwohl sie von Eltern erzogen wurde, die zum linken Flügel gehörten, die sie ermutigten  gegenüber der israelischen Gesellschaft kritisch zu sein, sagte sie zu Mondoweiss, dass sie noch immer nicht die  ganze Realität von Israels Behandlung der Palästinenser versteht und sie noch unsicher war, ob sie zum Militär geht“ .

„Mir wurde nie etwas über die Nakba oder über die täglichen Realitäten der palästinensischen Erfahrung unter der Besatzung  gesagt. Man kam nie auf die Idee, eine Karte zu nehmen,. um ihr zu zeigen, wie Israel wirklich aussieht,“ sagte Tair.

Aber Tair begann, sich selbst über Palästina zu erkundigen. „Ich lernte, wie grausam die israelische Politik ist … ich bin nicht jemand, der solche Grausamkeit  unterstützt, also entschied ich mich, nicht jemand zu sein, der diese Besatzung unterstützt.

„Israelis werden so unterrichtet, dass sie nichts wissen“

Erica Weiss, eine Professorin an der Tel Aviver Universität, deren Forschung Widerstandsbewegungen unter israelischen Soldaten gilt, die schon ihren Militärdienst leisteten“, sagte zu Mondoweiss, „dass die Soldaten, mit denen sie gesprochen hat, Ehrfurcht über die Verweigerer ausdrückten, die das Gymnasium besuchten und die politisch wach waren , bevor sie persönlich mit der gewalttätigen Realität der Besatzung konfrontiert waren.

Tair betonte, wie ungewöhnlich es für junge Israelis ist, über die Realitäten  der Besatzung aufgeklärt zu werden. Israelis werden so erzogen, nichts darüber zu wissen. Keiner zwingt sie, aus  ihrer Blase herauszukommen und  zu sehen, wie Leute, nur 30 Minuten von ihnen  entfernt, leben und  nicht  einmal die Grundrechte haben.

„Sich der Armee anzuschließen, ist für die Leute die einfachste Sache“, fuhr Tair fort, „aber wenn man erst mal mehr weiß, was die Regierung dem palästinensischen Volk antut, wird es viel schwerer, Augen und Ohren zu schließen und ein Teil davon zu sein.“

Ein allgemeiner Trend bei linken Israelis ist, die sich dem Militär anschließen, dass sie versuchen,  „die Behandlung der Palästinenser von innen her zu verändern“   eine Auffassung, die die jungen Verweigerer zurückweisen.

„Wenn man an den Checkpoints Palästinenser anlächelt, während man am Checkpoint arbeitet, ändert das nichts daran, dass da ein Checkpoint ist,“ sagte Tair. Als Verweigerer sind wir gegen das ganze System. Wir sind nicht gegen das Militär. Wir sind gegen die Regierung. Wir sind gegen die Politik, die die Palästinenser unterdrücken.“

Yasmin fügte noch hinzu: „ allein die Tatsache, dass man eine israelische Militäruniform trägt, ist schon problematisch.  Es macht nichts, wenn man ein netter Soldat ist. Man ist eben ein Soldat.

„Die Israelis müssen verstehen, dass dies nicht unser Land ist.“ fuhr Yasmin fort. „Es sind fast 50 Jahre, und die Besatzung dauert weiter an und dauert an und ist eine ganz normale Sache  geworden. Die Israelis haben vergessen, dass das, was wir tun, illegal ist.“

Yasmin erinnert sich an einen Tag, als sie in Tel Aviv saß und Nachrichten  sah und zwar  den lokalen Wetterbericht für die illegale israelische Siedlung Ariel, die 20 km innerhalb der grünen Linie liegt. Es ist nur ein Beispiel, wie unsere Regierung ständig versucht, all diese Verbrechen zu normalisieren.“

Sie wies auch darauf hin, dass die Straßenschilder nach Ariel viel weiter von der aktuellen Siedlung entfernt sind und näher an israelischen Städten. Sie versuchen, uns zu überzeugen, dass diese illegale Siedlung ein Teil von Israel ist. Sie versuchen, den Israelis  beizubringen, dass sie das nicht verstehen, was wirklich geschieht.

„Wenn man Israel nicht liebt, warum gehst du dann nicht  nach Gaza?“

Obgleich ihre Familien sie gewöhnlich unterstützen, auch  mit ihrer Entscheidung, den Wehrdienst zu verweigern, erleben die Teenagers oft eine andere, viel härtere Reaktion außerhalb ihrer Familien.

Nach Prof. Weiss ist ein starkes Soziales Netzwerk für Wehrdienstverweigerer in  Israel, um ihnen zu helfen, mit der Isolierung fertig zu werden, die sie in einer  zunehmend rechten Gesellschaft, in der der Militärdienst als  bedeutender Schritt ins Erwachsenenleben angesehen wird, durchmachen..

In ihrem Aktivismus,  mit dem sie in die Öffentlichkeit gehen und politische Normen anzweifeln, setzen sie sich starken Gefühlen aus, einschließlich Wut und Zorn,“  sagte Weiss. „Doch  viele Aktivisten sehen dies als einen Preis an, den sie zu zahlen bereit sind, um potentielle Beeinflussung der israelischen Gesellschaft.

Omri liebt es, die Beleidigungsrufe gegen sie zu nennen. Israelische „Mantras“. Sie beschreibt, wie sie gezielt mit denselben Schimpfwörtern von Israelis angegriffen wird, egal wo sie ist, „Araberliebling“, „selbsthassende Jüdin“ und „Wenn du Israel nicht liebst, warum gehst du dann nicht nach Gaza?“

Tair sagte zu Mondoweiss, dass Israelis zu ihr sagen, sie sollte nach Gaza gehen, um dort vergewaltigt zu werden“ . Das war eine allgemeine Botschaft in ihrem Facebook, da sie dort zuerst in den Medien wegen ihrer Wehrdienstverweigerung erschien.

Für sie ist es nicht schwierig, zu verstehen, warum Israelis sich über jene aufregen, die verweigern, was als wesentlicher Teil der israelischen National-Identität angesehen wird.

Es ist für Israelis aber schwierig, Geschichten über die schrecklichen Dinge zu lesen, die unsere Soldaten den Palästinensern antun, weil in Israel die Soldaten als Helden angesehen werden. Die Leute wollen es nicht glauben, drum werden sie zornig.

„Aber wir tun das, weil wir denken, es ist für unsere Gesellschaft richtig,“ sagt Tair, „wir sitzen im Gefängnis, weil wir für jeden kämpfen, wir kämpfen für den Frieden. Wir tun alles, was wir können, um die Besatzung zu beenden und widerstehen dem Hass, der in Israel existiert.“       Quelle      (dt. Ellen Rohlfs)

 

 

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