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Gibt es denn so etwas?
Adam Keller, Crazy Country, 9.3.11
http://adam-keller2.blogsot.com/
Gestern kam die Polizei noch einmal, um das
Dorf Al-Arakib zu zerstören und von der Erdoberfläche zu
tilgen, zum 21. Mal in weniger als einem Jahr. Noch einmal
wurden die schäbigen Hütten und Zelte zerstört und die Reste auf
LKWs geladen und weggefahren, um ja nicht ein Spur zu
hinterlassen. Und wieder kamen die Bulldozer des Jüdischen
Nationalfond, um mit dem Vorbereiten der Aufforstung auf
diesem verwüsteten Stück Land zu beginnen. Und als die
Polizei und die Bulldozer den Ort verlassen hatten, kamen die
sturen Beduinen zurück und stellten neue Zelte und Hütten auf –
zum 22. Mal und setzen die tägliche Routine des Lebens ohne
Strom und Wasser oder Abwässerrohre fort – bis zur nächsten
Zerstörung, der nächsten Vertreibung und der nächsten Rückkehr.
Israels offizielle Radiosendung heute morgen
interviewte Yuli Edelstein, den Minister für Information und
Diaspora-Angelegenheiten. Minister Edelstein ist z.Zt. in den
USA. Er kam in Gesellschaft einer Gruppe energischer junger
Israelis, die sorgfältig ausgesucht waren, um an amerikanischen
Universitäten gegen die jährliche israelische
Anti-Apartheidswoche zu sprechen. „Welch unglaublicher Ignoranz
begegnen wir hier über den wirklichen Staat Israel, was für
Lügen und Verleugnungen werden hier über uns verbreitet!“
seufzte der Minister übers Radio. ‚Kann man sich vorstellen,
dass amerikanische Studenten nicht einmal wissen, dass es so
etwas wie arabische Israelis gibt. Erst durch unsere Reise in
dieser Woche haben sie das erste Mal davon gehört.
Tatsächlich sind diese amerikanischen
Studenten nicht allein damit. Haben die Polizeioffiziere, die
jede Woche Al-Araqib zerstören, je von so etwas wie arabischen
Israelis gehört? Gleiche Rechte, Bürger mit vollkommen gleichen
Rechten im Land, die bis vor kurzem dachten, die einzige
Demokratie im Nahen Osten zu sein? Und die Bulldozerfahrer –
haben sie je von so etwas gehört? Und die Obersten der Polizei
und des JNF und der israelischen Landbehörde und die Minister,
die die Politik der Zukunft bestimmen, und der
Ministerpräsident, der über allen Ministern ist. Wer von ihnen
hörte je davon?
Herr Minister für Information und der
Diaspora, wo sind Sie? Können Sie nicht wenigstens ihre Kollegen
von der Existenz dieser ebenbürtigen Bürger informieren?
Der Gesang der Bulldozer
Pete Seeger ist 92 und noch immer gesund und
kräftig. Der weltberühmte Sänger ist noch immer aktiv, schreibt
und singt noch immer und ist bei verschiedenen Kämpfen
engagiert, fast wie in den großen Tagen, als für die
Bürgerrechte der Schwarzen und gegen den Vietnamkrieg gekämpft
wurde.
Im letzten Jahr fragte das Arava-Institut
Pete Seeger an , Co-Sponsor der virtuellen Rallye zu werden,
die das Institut unter dem Thema „Mit Erde und mit einander: für
einen besseren Nahen Osten“ veranstalten wollte. Wie ihm von den
Organisatoren erzählt wurde, hat das Arava-Institut ein Programm
auf Universitätsebene; es liegt im Negev im Süden Israels. Es
befasst sich mit regionalen Umweltproblemen und bringt Israelis,
Palästinenser, Jordanier und andere zukünftige Führer zusammen,
um die Umwelt kennen zu lernen und gleichzeitig positive
Beziehungen für grenzüberschreitende Zusammenarbeit aufzubauen.
Da gab es welche, die Seeger davon überzeugen
wollten, das Arava-Ereignis zu boykottieren. Aber er lehnte dies
ab. Tatsächlich benützte er sein internationales Prestige, um
noch andere Künstler zu gewinnen.
Es war im letzten Jahr, als der israelische
Aktivist Jeff Halper Pete Seeger in seinem Haus besuchte. Halper
erzählte ihm, dass viele von den Spenden für das
Arava-Institut vom JNF kommt. Er zeigte ihm auch Bilder und
Dokumentationen von der kreativen Art und Weise, wie die
Bulldozerfahrer die Bewohner von Al-Arakib erziehen, ihnen
Umweltprobleme nahe bringen und grenzüberschreitende
Zusammenarbeit aufbauen.
„Ich erschien auf dieser virtuellen Rallye,
weil ich viele Jahre dachte, dass die Menschen mit einander
reden müssen, mit denen sie nicht klar kommen,“ sagte Seeger zu
Halper ( und später auch in den Medien) . „Aber das endete, als
ich sah, wie ich den JNF unterstützte. Ich hatte die Führer des
Arava-Instituts nicht verstanden, weil mir nicht klar war, in
wie weit der JNF Arava unterstützte.
Nach Pete Seegers öffentlichem
Gefühlsausbruch ist es unwahrscheinlich, dass man seine Lieder
in diesem Lande in naher Zukunft noch einmal hören wird. Wir
werden uns mit wiederholten Aufführungen des „Liedes der
Bulldozer“ zufrieden geben müssen.
(dt. Ellen Rohlfs)
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