Hallo aus der
verdunkelten Stadt Gaza Gaza im Dezember kurz vor Weihnachten 2008
Dr. Abed Schokry
Die vergangenen zweieinhalb Monate waren sehr ereignisreich in jeglicher
Hinsicht. Der Oktober war ziemlich ruhig- politisch gesehen-, dafür
hatten wir aber Überflutungen in einigen Teilen des Gazastreifens… Es
hat so viel geregnet, und die Abflusssysteme sind leider in einem
desolaten Zustand und so ist das Regenwasser in viele Wohnungen
eingeflossen anstatt in die Abflusskanäle zu fließen.
Es sind Bilder
vorhanden.
Ebenso waren weitere Schiffe in den „Hafen“ von Gazastadt eingelaufen
und es sollen Weitere noch kommen. Auf einem der Schiffe war auch die
Israelische Journalistin Amira Haas, sie hatte einige Wochen in dem
Gazastreifen verbracht und dann hat sie den Gazastreifen verlassen
(sollen/wollen?).
Sie hat in der Westbank, in Ramallah einen
Vortrag über die Lage in dem Gazastreifen gehalten… Darüber habe ich
auch bei Maan News Agency http://www.maannews.net/ gelesen.
Ein Schiff aus Libyen, vollgeladen mit Nahrungsmitteln usw., wurde
allerdings die Weiterfahrt in Richtung des Gazastreifens durch die
israelischen Schiffe gehindert. Ich wiederhole – ich bewerte nicht, ich
versuche zu beschreiben… Allerdings muss ich hier nur ein Gedanke los
werden, die Israelische Seite meint immer, sie habe nichts mit dem
Gazastreifen zu tun bzw. behauptet dieses…. Und so werden wir dennoch
belagert…
Nicht einmal Babynahrung sowie Windeln
waren/und sind zurzeit in dem Gazastreifen zu finden und u kaufen… Das
ist nur ein Beispiel… Wenn wir der israelischen Seite glauben sollten,
warum dürfte das Libysche Schiff nicht weiter nach Gaza fahren? Und wenn
aber Israel doch unsere Land weiterhin besitzt und kontrolliert, so
müsste dieser Staat ihre Verantwortung uns gegenüber tragen und uns wie
„Menschen“ behandeln und dieser „einziger demokratischer Staat“ im Nahen
Osten müsste die Genfer- Konventionen umsetzen, welche sie auch
unterschrieben hat. Das nur als Gedanke am Rande, ich bin weder
Politologe noch ein Kenner des Internationalen Rechtssystems, um das aus
dieser Sicht genauer zu beleuchten.
Der November war dafür viel heißer, sowohl wettermäßig als auch
politisch gesehen. Seit Anfang November haben wir durchschnittlich für 6
– 8 Stunden Strom täglich und es wird versucht, dass diese Versorgung
gerecht verteil wird… Ich habe bereits in einem früheren Bericht das
auch damit verbundenen Problem der Wasserversorgung angesprochen.
Leitungswasser fließt nicht immer durch die Rohre (abgesehen davon, dass
es nicht mehr trinkbar ist, aber man braucht es zum Waschen usw.…) und
so muss jedes Haus Wassertanks auf dem Dach (Oder wo auch immer) haben,
welche dann aufgefüllt werden müssen, wenn das Wasser fließt. So dieser
Wasser-Druck aus dem Wasserhahn reicht für die Versorgung einer Wohnung
im Erdgeschoß aus aber es wird niemals das Dach erreichen und so hat
fast jedes Haus in dem Gazastreifen eine Wasserpumpe… Nun wenn das
Wasser da ist aber keinen Strom, so kommt es dazu dass man dann kein
Wasser mehr im Haus hat… Und wenn dann der Strom da ist, so fließt kein
Wasser durch die Rohre und man hat auch kein Wasser….
Und das ist ein Dilemma.
Das liegt daran, dass das einzige Elektrizitätswerk des Gazastreifens
mit „Diesel“ betrieben wrr, welcher nur über die Israelische Seite zu
uns gebracht werden kann. Und wenn es zu irgendwelchen
„Auseinandersetzungen“ zwischen den Grenzsoldaten und den
„Palästinensischen–Freiheitskämpfern“ kommt, so wird die Versorgung
unterbrochen und die Grenzen werden dicht gemacht… Und so kam es dazu,
dass ich nicht einmal einen Joghurt für meine jüngere Tochter kaufen
konnte….
Dieser Zustand dauert noch an….Seit nun
fast sieben Wochen haben wir keinen Obst mehr (was es zurzeit gibt, sind
Clementinen, Erdbeeren und Orangen, sonst gibt es NICHTS). Ich meine,
wir haben weder Apfel noch Banane….USW…. Das ist nur ein Beispiel…
Was soll ich meiner älteren Tochter sagen, wenn sie mir sagt, dass ich
ihr Apfel kaufen muss?? Was soll ich ihr als Antwort geben, ohne „die
andere Seite“ zu erwähnen, dass sie uns als Volk kollektiv bestraft???
Wo steht das geschrieben, dass die Kollektivbestrafung rechtens ist???
Und dann wird von der einzigen „Demokratie“ im Nahen Osten geredet!!!
Kein Kommentar!!!!
Es kam noch härter, denn auch die Gasversorgung durch die israelische
Seite wurde unterbrochen und so mussten wir mit Holz das tägliche Essen
kochen und vorbereiten oder aber mit Diesel, welcher durch die Tunnel
über Ägypten in den Gazastreifen kommt. Im Übrigen gibt es kaum Holz in
dem Gazastreifen… Eigentlich sollte man an die „Solarenergie“ denken und
sie ausnutzen….Inzwischen wurden/werden auch Gasflaschen über die Tunnel
in den Gazastreifen gebracht aber sie sind teurer und viele Familien
können sich diese Preise nicht leisten… Denn man muss auch die leere
Gasflasche mitbezahlen. Ebenso kam es in den letzten Wochen dazu, dass
wir weder Mehl noch Tierfutter in den Läden hatten.
Noch ein letzter Gedanke, Kann dieses Verhalten dazu beitragen, dass ein
friedliches Nebeneinander möglich ist bzw. sein wird.
Es ist echt unglaublich, wie die Preise hier weiter ansteigen und die
Armut steigt auch….Und die Abhängigkeit von „Anderen“ wächst und
wächst…..
Ich habe vorgehabt, über das Alltagsleben der Studierenden an der
Universität zu schreiben, und dass die Zahl der Studentinnen bei ca. 65%
der Gesamtzahl liegt. Im Durchschnitt schneiden die Studentinnen besser
ab, im Vergleich zu Studenten.
So gerne hätte ich auch über meine neuen
Erlebnisse Ihnen/Euch geschrieben, wie die Menschen hier mit
elektrischen Geräten und deren Verpackungen umgehen… Oder darüber, dass
es keine Garantie auf die elektrischen Geräte gibt (wie denn auch, wenn
sie über die Tunnel in den Gazastreifen kommen)! Oder darüber, dass
gekaufte Sachen (Kleider, Geräte oder was auch immer) nicht
zurückgenommen werden, sie können nur umgetauscht werden…
Oder dass die Angestellten an den öffentlichen Universitäten besser
bezahlt sind als ihre Kollegen an den privaten Universitäten USW.……
Neulich fragte mich meine ältere Tochter, ob es auch in Berlin zur (un)-regelmäßigen
Unterbrechungen der Stromversorgungen käme…
Und unsere Sachen liegen immer noch dort, wo sie seit Okt. 2007 gelagert
sind. Was soll ich diesbezüglich Ihnen/Euch schreiben…..
So gerne ich Ihnen/Euch auch so kurz vor Weihnachten fröhlichere
Nachrichten übersenden würde, so scheitere ich daran, dass ich nun hier
bin und hier lebe. Dennoch wünsche ich Ihnen/Euch ein frohes, gesegnetes
und friedliches Weihnachtsfest sowie alles Gute fürs kommende Jahr.
Mit freundlichen/vorweihnachtlichen Grüßen aus der verdunkelten Stadt
Gaza
Ihr/ Euer Dr. Abed Schokry |