Hoffnung auf eine
friedliche Zukunft
„Crossing borders“ – Ein palästinensisch-israelisch-jordanisches
Zeitungsprojekt, unterstützt aus Dänemark
von Johannes Zang
(Jerusalam.info
- Die Wort- und Bildwerkstatt)
In
der Europäischen Union Grenzen überschreiten – für ihre Bürger eine
unbürokratische Alltäglichkeit. Fällt es einem Bundesbürger freitags
ein, am Wochenende zu einem Konzert nach Salzburg zu fahren oder den
Bruder in Lyon zu besuchen, dann kann ihn nichts aufhalten. Im
Heiligen Land Israel und Palästina ist man davon noch weit entfernt,
ja, man scheint sich von Tag zu Tag noch weiter davon zu entfernen.
Passierscheine sind nötig, um als Palästinenser israelisches Gebiet
betreten zu dürfen. Triftige Gründe müssen da schon vorliegen, sonst
geht man leer aus. Heutzutage reichen nicht einmal einfache
medizinische Indikationen, da müssen es schon Notfälle sein, damit
der israelische Militärgouverneur des jeweiligen Gebietes seine
Zustimmung gibt. Mit einem Passierschein sollte es eigentlich
möglich sein, den israelischen Kontrollpunkt im angegebenen Zeitraum
in der erlaubten Tageszeit zu überqueren. Doch da ist immer noch die
Laune der Soldaten. In der Regel erlauben die Scheine die Reise für
die Zeit zwischen fünf Uhr morgens und neunzehn Uhr abends.
Allerdings nicht im eigenen Auto.
Als ob das nicht genug wäre. Auch die Bewegungsfreiheit von einer in
die nächste palästinensische Stadt ist durch Kontrollpunkte und
aufgeschüttete Schuttbarrieren behindert. So wird jede Fahrt zu
einem Unternehmen mit ungewissem Ausgang.
Als sei dies immer noch nicht genug wird seit einiger Zeit eine
Barriere gebaut, teils Zaun, teils Mauer, von der sich Israel mehr
Sicherheit verspricht.
Umgekehrt „funktionieren“ die Kontrollpunkte auch: Israelis können
die palästinensischen Gebiete nicht mehr besuchen und sich kein
eigenes Bild von der Lage und dem Befinden der Menschen machen. Ihre
Soldaten weisen sie an den Kontrollpunkten zurück. Aus
Sicherheitsgründen.
Grenzen, Zäune und Mauern – Begegnungen zwischen Palästinensern und
Israelis sind derart erschwert worden im eigenen Land, dass sich
viele zusammenarbeitende Initiativen und Gruppen seit Jahren im
Ausland treffen: bevorzugte Ziele dabei sind das nahe Zypern oder
die Türkei. Aber auch in Mitteleuropa treffen sich im Sommer
Israelis und Palästinenser in Gästehäusern und Jugendzeltlagern.
Einen anderen Raum der Begegnung und des Dialogs haben sich vor zehn
Jahren israelische, arabisch-israelische, palästinensische und
jordanische Partner geschaffen. Eine Zeitschrift. Weit weg vom Nahen
Osten. In Dänemark. Mit Hilfe der „internationalen Schule der
Völker“ (IPC) in Elsinore begann das Projekt, dessen Name auch
Programm ist: „Crossing borders“ – Grenzen überschreitend.
Was zuhause schwierig und je nach Lage sogar unmöglich ist, proben
die überwiegend jugendlichen Autoren und Leser mittels des Mediums
Zeitung und neuerdings auch im Internet. Da kann man sich
austauschen, seine Meinung mitteilen, anderen zuhören und von ihnen
lernen. Alle zwei Monate erscheint das im Ostteil Jerusalems
gedruckte Jugendmagazin „Crossing borders“ – mit einer Auflage von
30000 Stück. Es wird in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen
verteilt – in der Hoffnung, dass sich neue Schüler finden, die bei
der folgenden Ausgabe mitarbeiten wollen.
Außerdem treffen sich junge Männer und Frauen zu pädagogischen
Seminaren und kulturellen Veranstaltungen. Wie Anfang Juli in
Berlin. Da hatte die Journalistenschule des Springer-Verlages einige
Autoren der jugendlich wirkenden Zeitschrift eingeladen.
Im
aktuellen Leitartikel (Band vier, Number 21) schreibt Anis Kaldawy
aus Haifa, dass die Zeitschrift trotz der andauernden Instabilität
in ihrer Region Hoffnung findet. Hoffnung finde sie „in den jungen
Leuten wie ich, die glauben, dass die einzige Lösung für den
Konflikt in Verhandlungen von Angesicht zu Angesicht liegt, im
Kompromiss und der Erkenntnis der palästinensischen und jüdischen
Führer, dass es ihre Verantwortung ist, das Leiden ihrer Völker zu
beenden und eine friedliche Lösung des Konflikts zu erreichen.“ Anis
ist überzeugt, dass sie als zukünftige Führer ihrer Völker die
Verantwortung hätten, ihre Stimmen zu erheben und ihr Schicksal in
die Hand zu nehmen.
Auf der Internetseite von „Crossing borders“, in englischer Sprache,
findet man viele Links zu Friedensinitiativen, eine Foto-Galerie,
eine Rubrik „Aktivitäten“, Leserbriefseiten und ein Dialogforum.
Dieses ermutigt dazu, Gedanken und Gefühle mitzuteilen, und etwas
von den Lebenserfahrungen und den Zukunftshoffnungen anderer zu
erfahren.
Bei der Aufstellung der Länder, in denen Menschen diese
Internetseite aufgerufen haben, stößt man auf eine Überraschung.
Saudi Arabien übertrifft sogar Dänemark! Wo doch das skandinavische
Land direkt in das Projekt involviert ist! An erster Stelle stehen
jedoch die Vereinigten Staaten.
„Stelle Dir Israel unter palästinensischer Besatzung vor“ hat der
Palästinenser Ala´ Maaytah seinen Beitrag überschrieben. In seiner
Phantasie lässt er palästinensische Apache-Kampfhubschrauber eine
jüdische Siedlung beschießen. Zwanzig Tote lautet die traurige
Bilanz. Israelische Studenten erreichen ihre Vorlesungen in der
„Hebräischen Universität“ in Jerusalem nicht rechtzeitig – wegen der
palästinensischen Kontrollpunkte. Witwen leben mit ihren Kindern in
Zelten, die ihnen die Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt
haben. Palästinensische Panzer haben nämlich die Häuser zerstört und
die Ehemänner getötet. Dann hört der junge Autor mit der Aufzählung
auf, weil die Szenerie „zu niederschmetternd“ sei. „Natürlich“,
gesteht er ein, „sollte ich mir auch vorstellen, in einem Restaurant
zu Mittag zu essen und plötzlich geht eine Bombe hoch.“ Er verlässt
die Welt der Phantasie und fordert die Leser auf, über „einige
Lösungen für unsere eigenen Probleme nachzudenken, die ernsthaft das
Leid des anderen beenden würden.“
Im
Internet unter www.crossingborder.org und
www.ipc.dk.
Die Homepage von Johannes Zang:
Jerusalam.info
- Die Wort- und Bildwerkstatt)
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