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Hasbara
Gerhard Meerphol
Israel hat sich mehr und mehr isoliert,
bei der letzten UN-Vollversammlung verweigerten alle Staaten (ausser
den U.S.A., Tschechien und einigen von U.S.A.-abhängigen
Microstaaten) Israel die Unterstützung. Israel fühlt sich isoliert,
als Opfer einer „Delegitimisations-Kampagne“.
Den Grund für diese Situation glaubt die
israelische Regierung in unzureichenden Bemühungen auf dem Feld der
Propaganda (Hasbara) suchen zu müssen, und so wurden die Botschafter
bei den jährlichen Treffen mit Netanjahu und Liebermann regelmässig
gedrängt, sich noch stärker für die Erläuterung der Sache Israels
einzusetzen. Den Grund für die Ablehnung Israels in seiner Politik
zu suchen, scheint der israelischen Regierung nicht einzufallen. Im
Gegenteil: bei vorsichtiger Nachfrage nach der Sinnhaftigkeit der
Siedlungspolitik in der E1-Region erhielten die zur Jahrestagung in
Jerusalem versammelten Botschafter die Abfuhr, sie sollten ihr Amt
doch quittieren, wenn ihnen die Politik der Regierung nicht passe.
Über Israels Präsentation in
(vorwiegend) Amerika und Europa hat ein israelischer „thinktank“ nun
eine Untersuchung durchgeführt
(Molad, Center for the Renewal of
Israeli Democracy“ http://www.euromedalex.org/node/16325
http://www.haaretz.com/news/diplomacy-defense/think-tank-israel-s-poor-international-image-not-the-fault-of-failed-hasbara.premium-1.490718
http://www.ngo-monitor.org/article/molad_the_center_for_the_renewal_of_democracy)
und festgestellt:
Israels Selbstdarstellung kann zwar noch
verbessert werden, aber sie ist weltweit eine der umfassendsten,
effektivsten und erfolgreichsten Propagandabemühungen, weit
erfolgreicher als die Bestrebungen anderer, gegenüber Israels
Politik kritischer Organisationen. Auch wenn Probleme mit Israels
Image nicht geleugnet werden können, so sind die Gründe dafür
jedenfalls nicht in Mängeln der Werbung zu suchen.
Israels Werbebemühungen werden zentral
geleitet durch das im Büro des Ministerpräsidenten angesiedelte
„Nationale Informationsdirektorium“, das den Werbeabteilungen des
Aussenministe-riums, des Hasbaraminisinseriums („Public Diplomacy
and Diaspora Affaires Ministry“), des IDF-Sprecher-Büros, des
Tourismusministeriums, der Jewish Agency übergeordnet ist.
Delegierte dieser Abteilungen sind im „Nationalen Informationsforum“
zusammengeschlossen, das die zu verbreitenden Botschaften formuliert
und Strategien koordiniert. Das nationale Informationsdirektorium
berät auch die Medien und die Experten für Öffentlichkeitsarbeit des
akademischen und privaten Sektors. Darüber hinaus unternimmt die
Regierung Anstrengungen, ihren Standpunkt mit Hilfe eines nicht
offiziellen Propagandanetzes zu verbreiten, die hunderte von
israelischen und ausländischen Aktivisten, Organisationen und NPOs
umfasst, darunter auch viele nicht jüdische Unterstützer.
Die Informationen sind zunächst auf die
Mainstream-Medien gerichtet, aber auch die Möglichkeiten der
sozialen Netze, Facebook, Twitter, YouTube werden intensiv genutzt.
Alle vorgenannten Stellen haben ihre eigenen Seiten in den Netzen,
das Aussenministerium hält die Botschafter und
Botschafts-angestellten dazu an, in diesen Medien fleissig zu
chatten und zu posten; es unterhält einen besonderen Kreis von
Mitarbeitern, die auf veröffentlichte Artikel, Blogs und Sendungen
antworten und im Sinne der israelischen Politik Stellung nehmen.
Ausländischen Journalisten wird einerseits die unabhängige Recherche
erschwert, andererseits werden ihnen fertige pro-israelische
Berichte / Informationspakete angedient.
Das Aussenministerium investiert eine
Summe von 100 Mill. NIS (ca. 20 Mill. Euro) für die Werbung für
Israel, u.a. für die Einladung von Experten, Akademikern,
Meinungsmacher, durch die Organisation pro-israelischer
Veranstaltungen in aller Welt.
Hinzuzurechnen sind die Sympathisanten,
die z.B. die Durchführung von Ausstellungen, die sich um
Objektivität bemühen, den Auftritt Israel-kritischer Referenten
blockieren, stören, verhindern, Israel-kritische Meinungsäusserungen
als antisemitisch diffamieren, Israel-Kritiker bedrohen und
erpressen.
Wenn dennoch das Ansehen Israels nicht
besser ist, so wird das von israelischer Seite – neben dem angeblich
allgemein verbreiteten Antisemitismus - einer angeblichen
Delegitimisations-Kampangne angelastet. Das sei eine nicht
ungefährliche Unterstellung, so Molad, weil damit jede Kritik an
Israel, auch von patriotisch – zionistischer Seite, unter den
Vorwurf fallen kann, Teil des Delegitimisierungs-Kreuzzuges und
damit antisemitisch und unzulässig zu sein.
Der think-tank Molad untersuchte auch
die Qualität und Effektivität der Israel-kritischen Stimmen. Er fand
heraus: die Bemühungen der verschiedenen Israel-kritischen Gruppen
scheiterten weithin, weil sie sich untereinander und ihre Ziele und
Botschaften nicht abstimmten und bündelten. Die zahlreichen Gruppen
arbeiteten nicht unter der Führung einer umfassenden Leitung, bei
zahlreichen Gelegenheiten arbeiten sie getrennt von einander.
Insbesondere ist der Einfluss der PA auf
die Gruppen gering und die Verständigung auf einzelne, zusammen
hängende, offizielle Meldungen und Botschaften ausgeblieben, die
Einigung auf ein gemeinsames Ziel, auf eine gemeinsame Idee, auf
eine partnerschaftliche Zusammenarbeit wurde nicht ausreichend
verfolgt, nicht erreicht.
Die Israel-kritischen Gruppen haben kaum
Kontakt zu den Mainstreat-Medien, sie haben auch im internet keine
ausgefeilte, effiziente Strategie entwickeln können. Sie verfügen
kaum über den direkten, persönlichen Kontakt zu
Führungspersönlichkeiten in der Politik, den Medien, der Wirtschaft,
im Bereich der Wissenschaft und Kultur, sie konnten kaum Prominente
als Gallionsfiguren an sich binden.
Die Gruppen erhalten Spenden vorrangig
von Privatpersonen und in kleinen Beträgen, ihre Aktionen sprechen
fast nur Kreise an, die ohnehin schon informiert und entsprechend
eingestellt sind.
Die Aktionen, Aufrufe, Verlautbarungen
der Israel-kritischen Gruppen lassen meist mitreißende positive
Botschaften, die die Identifikation erleichtern könnten, vermissen:
Sie bestehen aus Negationen, Kritik, Vorwürfen, Klagen,
Verurteilungen und Warnungen, die Israel als aggressiv und
Menschenrechts-verletzend brandmarken, Einhalt fordern, aber keine
Ziele und keine Erfolge aufweisen.
Die Studie fasst zusammen und warnt, die
These, die vermehrte Isolation Israels läge in Fehlern der
Selbstdarstellung und in einer Delegitimisations - Kampangne
begründet, sei ein Mythos, fern der Realität, der vom Zusammenhang
der Erosion des Images Israels mit der aktuellen israelischen
Politik ablenke.
Es scheint so, dass die Hasbara trotz
der verbreiteten Empörung über die israelische Politik nicht nur im
Ausland greift und so den entschlossenen weltweiten Widerstand gegen
das Unrechtsregime schwächt, sondern nach Israel hinein wirkt und
die Indoktrination verstärkt.
Zu hoffen, dass die Studie des Molad
einen positiven Einfluss hat auf die israelische Politik, ist wohl
unbegründet. Vielleicht aber sollte sie bei den Israel-kritischen
Gruppen als Spiegel verstanden werden und hier zu Konsequenzen
führen. |