Auf den Spuren der Heiligen Drei Könige
Kirchenoberhäupter und Politiker rufen zu Pilgerreisen ins Heilige
Land auf
DT vom 09.12.2004
Von Johannes Zang
Goldbach (DT) Am Heiligen Abend auf einem Kamel die letzten
Kilometer bis nach Bethlehem reiten? Nach der Vorstellung der in
Bethlehem ansässigen Stiftung „Holy Land Trust“ muss das kein Traum
bleiben. Die christliche Institution bietet unter dem Titel „Eine
Weihnachtswallfahrt nach Bethlehem – in den Fußstapfen (Spuren) der
Heiligen Drei Könige“ eine Wandertour durch Jordanien, Israel und
Palästina an. Die Wallfahrt wird zu einem beträchtlichen Teil zu Fuß
stattfinden, gelegentlich werden Strecken im Fahrzeug oder auf dem
Kamelrücken zurückgelegt. Die Wander-Wallfahrt ist ein Versuch, „die
Demut und Anmut dieser Tradition“ neu zu beleben, heißt es im
Programm des palästinensischen Veranstalters. Das Wallfahren sei im
Nahen Osten nach wie vor hoch angesehen und von Christen und
Muslimen hoch respektiert.
Der Wallfahrtsaufruf der „Heilig-Land-Stiftung“ fällt mit der
gemeinsamen Erklärung der Bischöfe von Jerusalem zeitlich zusammen.
Kürzlich hatten die Kirchenführer Jerusalems die Christen auf der
ganzen Welt dazu aufgefordert, wieder Pilgerreisen ins Heilige Land
aufzunehmen. Der Appell von protestantischer, armenischer, russisch-
und griechisch-orthodoxer Seite sowie von Vertretern der
katholischen Kirche gilt als einzigartig. Gemeinsam hofft man, damit
die Rückkehr der Christen ins Heilige Land fördern zu können.
Der katholische Erzbischof Pietro Sambi versichert, dass
Pilgerfahrten ins Heilige Land eine Zeit der Freude und der
spirituellen Bereicherung seien. Außerdem würden die Pilgerfahrten
die wenigen Christen vor Ort spirituell und materiell unterstützen.
Genau dies hat die „Heilig-Land-Stiftung“ im Sinn. Die Reise startet
im jordanischen Jerash und führt die Pilger über die Felsenstadt
Petra in Südjordanien weiter zur Taufstelle Jesu, in die Oasenstadt
Jericho zum Kloster des Heiligen Georg in der judäischen Wüste. Via
Jerusalem mit dem Felsendom und der Grabeskirche wird das Ziel, die
Geburtskirche in Bethlehem erreicht. Für Interessierte gibt es zwei
Versionen, die beide am 30. Dezember enden. Die kürzere beginnt am
22. Dezember, die längere am 16. Dezember. Die Teilnehmer werden
aber in jedem Fall die Möglichkeit haben, an den
Weihnachtsfeierlichkeiten der einheimischen Christen in Bethlehem
teilzunehmen
Haben die Kirchenoberen die Politiker mit ihrer Offensive
angesteckt? Wenige Tage nach der kirchlichen Erklärung folgte eine
politische. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz unterzeichneten
der israelische Minister für Tourismus, Gideon Ezra, und der
palästinensische Minister für Tourismus und Altertümer, Mitri Abu
Aita, eine historische Vereinbarung zur Förderung des Tourismus in
dieser Region. Im ersten derartigen Treffen seit vier Jahren
unterstrichen beide Seiten, dass sie „effektive Maßnahmen ergreifen
werden, um einen reibungslosen und sicheren Verkehr der Pilger und
aller anderen Touristen in und zwischen den israelischen und
palästinensischen Gebieten zu gewährleisten.“ Die beiden Minister
sind der Meinung, „dass der Tourismus nicht nur eine große
wirtschaftliche Bedeutung hat, sondern dass er zum Frieden beiträgt,
indem er Brücken des Vertrauens zwischen den Völkern im Mittleren
Osten errichtet.“
Der zu erwartende Touristenstrom während des Weihnachtsfestes war
Anlass, zum jetzigen Zeitpunkt dieses Abkommen zu unterzeichnen. Für
den Aufschwung des Tourismus in diese Region wird damit ein
deutliches Zeichen gesetzt. Ezra und Abu Aita rufen alle Menschen
und insbesondere die christlichen Gemeinden der ganzen Welt auf,
jetzt ins Heilige Land zu reisen.
Reisen ins Heilige Land – nicht wenige Menschen halten das für
ausgeschlossen in Zeiten wie diesen. Jürgen Neubarth vom Bayerischen
Pilgerbüro macht hierfür auch zum Teil die Medien mitverantwortlich
und beklagt deren „mangelnde Differenzierung“. Ramallah oder Gaza
seien noch nie Pilgerziele gewesen – „auch vor der Intifada fuhren
wir diese Orte nicht an.“
Angehörige von Reisewilligen erkundigen sich beim Münchner
Reiseveranstalter oft nach den Sicherheitskriterien. „Die Menschen
wollen eine Garantie, dass ihnen oder ihren Angehörigen nichts
Schlimmes passiert.“ Der Deutsche wolle zu hundertprozentig
versichert sein. „Er will orientalisches Flair auf deutschem
Sicherheitsniveau.“ Dabei sei noch nie einem Pilger etwas zugestoßen
– genießt der Tourist im Heiligen Land doch sozusagen Immunität.
Auch wegen der Menschen dort hat das Bayerische Pilgerbüro „das
Heilige Land immer angeboten und tut dies auch weiterhin“,
versichert Jürgen Neubarth, „unsere Solidarität ist
hundertprozentig“.
Die Menschen vor Ort – die werden die Wallfahrer auf den Spuren der
Heiligen Drei Könige treffen. Sie werden zusammen beten und essen,
sich austauschen und singen. Und dann vielleicht verstehen, was der
Kirchenvater Hieronymus mit dem „fünften Evangelium“ meinte.
Information: Elias Ghareeb, elias(at)holylandtrust.org,
www.holylandtrust.org
Die Homepage von Johannes Zang:
Jerusalam.info
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