Bewegung im
Papierkrieg
Israel verspricht Lösung des Problems der
Aufenthaltsgenehmigungen für den Klerus
DT vom 21.09.2004
Von Johannes Zang
Geschätzte hundert Ordensleute und Beschäftigte im kirchlichen oder
karitativen Dienst befinden sich derzeit „illegal“ in Israel. Ihre
Visa wurden von den israelischen Behörden nicht erneuert.
Als wären die Sorgen mit der Trennbarriere, der wirtschaftlichen Not
der Christen und der damit verbundenen Auswanderung nicht schon Last
genug! Seit Jahren schon müssen sich die katholische und die
evangelische Kirche im Heiligen Land mit dem Problem der
Aufenthaltsgenehmigungen herumschlagen. Besonders bei Personen aus
arabischen Herkunftsländern gibt es diesbezüglich immer wieder
Verzögerungen bei der Bearbeitung – falls die Anträge nicht ganz
abgelehnt werden.
Doch seit vergangener Woche kommt Bewegung in die Angelegenheit. Der
israelische Innenminister Avraham Poraz traf sich mit Kardinal
Angelo Sodano, dem Staatssekretär des Vatikans in Rom. Dabei
versprach Poraz, so verlautbarte aus dem Vatikan, das Visumsproblem
der katholischen Geistlichen zu lösen. Der Minister schlug dem
Vatikan vor, Empfehlungen für arabische Visumsantragsteller
bereitzuhalten. „Da sie aus arabischen Ländern kommen, die feindlich
zu Israel sind, ist eine Sicherheitsüberprüfung nötig“, erklärte er.
Michel Sabbah, der lateinisch-katholische Patriarch von Jerusalem,
hatte schon Anfang des Jahres gemahnt, dass es in dieser Sache um
das „Überleben der Kirche im Heiligen Land“ gehe und warnte vor
einer „kompletten Lähmung“ des kirchlichen Lebens. Andere sprachen
von „Untergrabung kirchlicher Aktivitäten“.
Die Folgen dieses Papierkriegs waren und sind humanitärer Art. Wie
im Falle einer Holländerin, der nach dreißig jähriger Arbeit mit
Waisen und bedürftigen Kindern in leitender Position kein neues
Visum ausgestellt wurde. Oder wie im Falle von mehreren
Ordensleuten, die dringend Israel verlassen müssen, um ihre im
Sterben liegenden Eltern zu betreuen. Mit der Ausreise gehen sie
jedoch das Risiko ein, dass ihnen die Wiedereinreise verboten wird.
Die Verweigerung der Visa werfe grundlegende Fragen zum Vertrag
zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Israel auf, hieß es von
kirchlicher Seite. Am 10. November 1998 unterzeichneten Israel und
der Vatikan einen Vertrag zur juristischen Anerkennung kirchlicher
Einrichtungen und Institutionen im Heiligen Land. Er gibt der Kirche
das Recht, eigenes Personal und eigene Institutionen im Heiligen
Land zu haben. Vor Zustandekommen dieser Übereinkunft ist es
paradoxerweise nie zu solchen Schwierigkeiten bei den
Aufenthaltsgenehmigungen gekommen.
Neuerdings wurden Fälle publik, in denen mehrfach Ordensleuten
selbst ein Touristenvisum verweigert wurde – vor allem, wenn sie aus
Asien oder Afrika stammten. Der Grund sei die Furcht der
israelischen Behörden, dass sie illegal im Lande blieben, hieß es.
„Christliche Gruppen behaupten, dass das Verhältnis zu Israel
schlimmer als je zuvor sei“, war ein Artikel über die
Visums-Problematik in der israelischen Zeitung „Ha‘aretz“ im Mai
überschrieben. Eine Gruppe von fünfzig christlichen Vertretern,
darunter auch katholische und protestantische, baten schon im Mai
den amerikanischen Präsidenten Bush, diese „Krise“ zu lösen, die bei
einigen Institutionen zu Mitarbeiterknappheit geführt habe.
Dass sich tatsächlich die Situation der Aufenthaltsgenehmigungen
bessert, dafür gibt es schon erste Anzeichen. Der evangelische
Propst der Erlöserkirche in Jerusalem, Martin Reyer, teilte dieser
Zeitung mit, dass auch seine Kirche „etliche Schwierigkeiten“ hatte.
Die seien nun aber ausgeräumt. Er ist zuversichtlich, „dass alle
Kirchen in naher Zukunft eine Lösung vorgelegt bekommen“.
Dafür ist es auch höchste Zeit. Von einigen „Illegalen“ ist bekannt,
dass sie aus Sorge um die ihnen Anvertrauten abgetaucht sind, um auf
keinen Fall zu riskieren, von israelischer Polizei oder Soldaten
aufgegriffen und abgeschoben zu werden.
Die Homepage von Johannes Zang:
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