Nur noch eine Mutter ermordet
Alison Weir, (Menschenrechtlerin in den USA)
Fast niemand
machte sich die Mühe, dies zu berichten. Eine Untersuchung der größten
Zeitungen der USA brachte nichts, nichts in USA Today, Boston Globe,
Globe Herald, Chicago Sun-times, Atlanta Journal-Constitution, San
Francisco Chronicle etc
Nichts in CBS,
NBC, ABC, CNN, NRP, Fox News. Nichts.
Die Los Angeles
Times, die Washington Post, die New York Times und die Associated Press
hatten bestenfalls jede einen Satz, der etwas über sie sagte. Alle drei
ließen die Details weg. … Washington Post berichtete, sie sei von einer
Panzergranate getötet worden.
Aber es war –
nach Zeugenaussagen - keine Panzergranate, die sie tötete. Es waren
mehrere Kugeln, die aus der Nähe abgefeuert wurden.
Nachbarn
berichteten, dass israelische Soldaten ihren Mann geschlagen hatten,
weil er ihre Fragen nicht beantwortete. Törichterweise oder auch mutig
ist die 35 Jährige dazwischen gefahren. Sie versuchte zu erklären, dass
ihr Mann taub ist und schrie die Soldaten an, dass ihr Mann sie nicht
hören könne; sie versuchte, sie am Schlagen zu hindern. Also schossen
sie mehrfach auf sie.
Ihr Name war
Itemad Ismail Abu Moammar.
Sie starb nicht
gleich. Das dauerte länger. Sie verblutete langsam, da die israelischen
Soldaten einen Ambulanzwagen am Kommen hinderten. Ihr Mann und ihre
Kinder konnten nichts tun, um sie zu retten.
Nach fünf
Stunden schließlich durfte ein Ambulanzwagen kommen und sie ins
Krankenhaus bringen. Die Ärzte konnten nur noch eines tun: ihren Tos
feststellen. Das war ein paar Tage vor Ramadan, einer Zeit, in der
Familien – wie bei uns an Weihnachten – zusammen sind und feiern. Sie
hinterließ 11 Kinder. Keines wurde in der Washington Post erwähnt, die
ihren Tod mit einem halben Satz brachte.
Der Bruder ihres
Mannes, der im selben Haus wohnte, wurde auch getötet. Er war ein 28
jähriger Bauer.
Warum geschah
dies alles? Die Familie wohnte hinter einem Widerstandskämpfer, der von
Israel gesucht wurde. Itemad und ihr Schwager waren einfach „Kollateralschäden“
bei einer missglückten Mord/ Kidnapping-Operation.
Fünf
Palästinenser wurden an diesem Tag getötet. Die andern drei waren junge
Hirten, die in einer andern Gegend getötet wurden. Zwei waren 15, der
andere 14 Jahre alt, die anscheinend nur zu falschen Zeit am falschen
Ort waren, in Gaza.
Keiner dieser
Morde kam in den amerikanischen Medien vor. So erfuhr die amerikanische
Öffentlichkeit nichts davon, wie eine Mutter vor ihren Kindern zu Tode
blutete oder junge Hirten zerfetzt wurden. Anscheinend ist das keine
Nachricht wert.
Eine Fallstudie
von „guter“ Berichterstattung
Die Washington
Post erwähnte wenigstens diese Todesfälle – also sollten diejenigen, die
sich um journalistische Standards sorgen, die WP wegen ihrer
Berichterstattung loben.
Doch die WP
brachte in ihrem kurzen Bericht so viel Falsches.
Zusätzlich zur
falschen Darstellung von Itermads Todesursache und dem weglassen
wichtiger Fakten, brachte die WP die Geschichte in einem ungenauen
Kontext. Er erzählte den Lesern, dass diese 5 Tode eine Periode
„relativer Ruhe“ unterbrochen habe.
Es stimmt, dass
in den vergangenen 6 Monaten nicht ein einziges israelisches Kind durch
Palästinenser zu Tode kam – während in dieser Zeit Israelis 75
palästinensische Kinder und Jugendliche töteten, einschließlich einen 8
Monate alten Säugling und mehrere Dreijährige.
Ich telefonierte
mit der W.Post und sprach mit der Herausgeberin über die Notwendigkeit
der Korrektur, die die richtige Information über den Mord an Iternad
bringt. Die Herausgeberin sagte, sie wolle dies ihrem Korrespondenten,
der in Israel sitzt, weiterleiten. Sie erklärte, dass es „für ihn
unmöglich sei, nach Gaza zu gehen“. Als ich nicht damit einverstanden
war, machte sie aus dem „unmöglich“ ein „sehr schwierig“ . Sie vergaß zu
erwähnen, dass die WP in Gaza Verbindungsleute habe, die jeden Vorfall,
den der Herausgeber für wichtig hält, zu untersuchen.
Dann schrieb ich
einen Brief, der die eben genannte Information enthielt. Die Redaktion
der Leserbriefredaktion fand, dass mein Brief gut war und dass sie ihn
veröffentlichen wollen und wollten nur noch die Bestätigung, dass ich
ihn geschrieben hatte und dass ich die Information nirgendwo anders hin
geschickt hätte. Ich bestätigte dies. Wir wechselten noch ein paar
Emails und alles schien in Ordnung. Im Allgemeinen wird dann ein
Leserbrief kurz danach veröffentlicht. Ich wartete.
Nun sind es fast
zwei Wochen – dann wurde ich informiert, dass die Zeitung sich doch
entschieden habe, dass es nicht nötig sei, die Korrektur zu bringen …
Die WP behauptet
zwar: „ Diese Zeitung verpflichtet sich die Irrtümer so gering wie
möglich zu halten und wenn sie auftreten, sie zu
korrigieren….Genauigkeit ist unser Ziel; Aufrichtigkeit ist unsere
Rechtfertigkeit,“ doch die amerikanische Gesellschaft der
Zeitungsherausgeber erläutern diese ethischen Forderungen: Korrekturen
müssen nur dann gedruckt werden, wenn der Irrtum der Ausführung oder der
Auslassung „bedeutsam“ ist.
Es handelte sich
eben nur um Palästinenser, und es war eben nur noch eine tote Mutter.
Aus :
Sondaughtersdad, 6.10.06)
(dt. Ellen Rohlfs)