Brief des israelischen
Botschafters bei den
Vereinten Nationen an Richter Richard Goldstone.
( Interessant ist besonders der letzte Absatz.)
Quelle Abraham Melzer
Ständige Vertretung Israels bei den
Vereinten Nationen und den internationalen
Organisationen in Genf
Richter Richard Goldstone
Leiter der Untersuchungskommission
über den Gaza-Konflikt
Palais des Nations
1211 Genf 10
Genf, d. 2. Juli
2009
Sehr geehrter
Richter Goldstone,
vielen Dank für
Ihr Schreiben vom 20. Mai 2009. Ich bin beauftragt
worden, in dieser Antwort auch auf Ihr Schreiben vom
4. Mai 2009 an Premierminister Netanyahu einzugehen.
Ich bedaure ihren
Eindruck, dass sie keine Antwort auf Ihre Anfrage
zur Zusammenarbeit mit der vorgeschlagenen
Kommission bekommen haben. Ich wiederhole die
offizielle Antwort auf Ihre Anfrage, die in meinem
früheren Schreiben vom April 2007 (9) an Sie
enthalten ist, dass Israel bedauerlicherweise nicht
in der Lage ist, mit der vorgeschlagenen Kommission
zusammenzuarbeiten.
Ich wiederhole
auch, dass diese Entscheidung in keiner Weise auf
sie persönlich zielt oder auf die Wertschätzung, die
Sie in Israel erfahren. Es ist schlicht die
Erkenntnis, dass die rechtliche Basis für die
vorgeschlagene Untersuchung die Resolution S-9/1 des
Menschenrechtsrats ist. Diese Resolution sieht -
abgesehen von ihrer aufrührerischen und
voreingenommenen Sprache – klar vor, dass das Mandat
der Kommission darauf begrenzt ist " Verletzungen"
durch "die Besatzungsmacht, Israel gegen das
palästinensische Volk" (OP14) zu untersuchen.
Sie werden Israels
Zurückhaltung verstehen, mit einer Kommission
zusammenzuarbeiten oder ihr Legitimität zu
verleihen, deren Auftrag es ist, den rechtmäßigen
Einsatz von Gewalt eines Staates zum Schutze seiner
Bürger zu untersuchen, unter der Auflage, den
illegalen Einsatz von Gewalt durch
Terroristengruppen, der eine solche Aktion notwendig
machte, zu ignorieren.
Es war einer Tat
dieses abträgliche und einseitige Mandat, dass viele
Staaten, darunter die Europäische Union, Kanada,
Japan und die Schweiz veranlasst haben, die
Unterstützung der Resolution abzulehnen und die eine
hochrangige Liste von Menschenrechtsexperten bewogen
hat, die Einladung, die vorgeschlagene Kommission zu
leiten, abzulehnen. Wie Mary Robinson, die ehemalige
Hochkommissarin für Menschenrechte bei der
Begründung für ihre Ablehnung, als Leiterin des
Ausschlusses zu fungieren, ausführte:
"Ich befürchte, dass die Resolution nicht
ausgeglichen ist, weil sie sich darauf fokussiert,
was Israel gemacht hat, ohne eine Untersuchung über
das Abschießen von Raketen durch die Hamas zu
fordern. Dies ist unglücklicherweise eine Praxis des
Rates: Die Annahme von Resolutionen, die nicht durch
die Menschenrechte geleitet sind, sondern durch
Politik."
(Le Temps,
4. Februar 2009).
Ich nehme zur Kenntnis, dass das Mandat der
Kommission - wie ihnen vom Präsidenten des Rats
erläutert wurde - nicht so angelegt ist wie in der
Resolution des Rates. Ich nehme ebenfalls zur
Kenntnis, dass sie sich von diesem Text distanziert
haben. (In unserem Schriftwechsel haben sie
aufgehört, ihre Briefe als Leiter der
"Untersuchungskommission,
eingerichtet
unter Menschenrechtsrats-Resolution
S-9/1" zu unterzeichnen und
verwenden jetzt den Ausdruck "Internationale
Unabhängige Untersuchungskommission" oder
"Untersuchungskommission der Vereinten Nationen über
den Gaza-Konflikt" – wobei der Ausdruck
"Gaza-Konflikt" einen Bezug auf die Angriffe auf den
Süden Israels auszuschließen scheint.)
Vom Rechtsstandpunkt her hat jedoch keine
Feststellung irgendeiner Einzelperson einschließlich
des Präsidenten des Rates die Macht, das Mandat der
Kommission zu ändern. Darüberhinaus hat Botschafter
Uhomoibhi sogar nach seinen angeblichen
Klarstellungen in einer Pressekonferenz vom 16.
April 2009 klar festgestellt, dass es der
maßgebliche Paragraph 14 der Resolution S-9/1 ist,
der "das Mandat beschreibt".
Dies stimmt mit den Bestimmungen der Erklärung der
UN-Generalversammlung über die
Untersuchungskommission durch die Vereinten Nationen
auf dem Gebiet der Aufrechterhaltung des
Internationalen Friedens und der Sicherheit
(A/RES/46/59) überein, die festlegt, dass: "die
Entscheidung des qualifizierten Organs der Vereinten
Nationen, Untersuchungen durchzuführen,
sollte immer
ein klares Mandat für die
Untersuchungskommission enthalten"
( Paragraph 17, Hervorhebung hinzugefügt). Und die
Resolution S-9/1 enthält ein klares Mandat,
allerdings eines, das schwierig in Übereinstimmung
zu bringen ist mit der Erklärung über
Untersuchungsvoraussetzungen, dass "Untersuchungen
umfassend, objektiv, unparteiisch und zur rechten
Zeit stattfinden sollten" (Paragraph 3).
Ich stelle auch
fest, dass selbst wenn die Kommission sich
entscheiden sollte, nach Richtlinien zu arbeiten,
die sie sich selbst gegeben hat, die Behandlung
dieses Berichts durch den Rat und alle folgenden
Verhandlungen trotzdem auf den Vorgaben der
Resolution S-9/1 erfolgen wird. Und es gibt in der
Tat in der Praxis des Rates wie sie sich zurzeit auf
Israel bezieht nichts, was darauf hindeutet, dass er
seine völlig einseitige Einstellung nicht fortsetzen
wird.
Israels
Entscheidung, mit der Kommission nicht
zusammenzuarbeiten, erfolgt, wie ich betonen möchte,
ohne Beeinträchtigung seiner Überzeugung, dass
jedwede Behauptungen über Fehlverhalten der
israelischen Streitkräfte im Verlauf des Konflikts
untersucht werden müssen, und - wo zutreffend -
strafrechtlich verfolgt werden müssen. Es war aus
diesem Grund, dass die IDF eine Reihe von
weitreichenden Untersuchungen des Oberkommandos über
ein breites Spektrum von Ereignissen und
Einsatzaspekten des Konflikts durchgeführt hat. In
der Vergangenheit haben solche Untersuchungen zu
Strafverfolgungen geführt. Die Ergebnisse werden
gegenwärtig vom Militärgeneralanwalt untersucht und
werden auch vom Generalstaatsanwalt untersucht.
Sowohl gegen die Entscheidungen des
Militärgeneralanwalts als auch die des
Generalstaatsanwalts kann beim Obersten Gericht in
seiner Funktion als Oberster Gerichtshof Einspruch
eingelegt werden – von Israelis oder Palästinensern
ohne Unterschied.
Der Anlass für Israels Entscheidung war allein die
rechtliche Basis für die Kommission und ihr Mandat
und ohne Bezug auf die involvierten Personen.
(nebenbei sehe ich mich aber gezwungen zu bemerken,
dass ein Mitglied der Kommission während des
Konflikts seine Unterschrift unter einen
öffentlichen Brief leistete, in dem eine Anzahl von
eindeutig politischen und
vorverurteilenden Behauptungen gemacht wurde,
einschließlich der, dass " die Raketenangriffe auf
Israel durch die Hamas nicht als ein bewaffneter
Angriff zu werten sind, der Israel berechtigen
würde, den Selbstverteidigungsfall zu erklären(!)
[Sunday Times Letters Seite, 11. Januar
2009]). (AdÜ: Unvollständiges Zitat)
Einige
Gesichtspunkte im Verhalten der Kommission haben aus
Israels Sicht die Entscheidung unterstützt, mit
dieser Initiative nicht zusammenzuarbeiten.
Berichte, dass die Mitglieder der Kommission zu
jedem Zeitpunkt ihres Besuches in Gaza durch Hamas
Funktionäre begleitet wurden, geben ernsthaften
Grund zu bezweifeln, dass irgendein wahrheitsgemäßes
Bild der Situation in Gaza, und besonders des
zynischen Missbrauchs der Zivilbevölkerung durch die
Hamas dabei herauskommen könnte.
Israelis ist auch
besorgt und beunruhigt über die Entscheidung,
öffentliche Anhörungen, Fernseh- und
Internet-Auftritte als Teil des
Untersuchungsprozesses abzuhalten. Wie sie selbst
festgestellt haben, ist dieses Verfahren ohne
Beispiel für Untersuchungsverfahren. Bei einer
Untersuchungskommission sind wesentliche
Gesichtspunkte, dass eine Gruppe von Experten ihre
Erfahrung und ihr Urteil bei der Bewertung der
vorhandenen Beweise einbringt und verantwortliche
Schlüsse daraus zieht – nicht, dass Rohbeweise,
vielleicht von zweifelhaftem Echtheitswert, direkt
in die öffentliche Bühne gesendet werden. Ein
solches Gerichtsverfahren durch die öffentliche
Meinung, das von vornherein vertrauliche und
sensible Informationen nicht bewerten kann, trägt
wenig dazu bei, die Wahrheit zu finden und ist nur
geeignet, die öffentliche Meinung vor einer
abschließenden Bewertung voreinzunehmen.
Ich nehme die Gelegenheit wahr, noch einmal zu
betonen, dass Israels Entscheidung nicht in
irgendeiner Weise als eine Verleumdung ihrer
Integrität oder ihres Einsatzes für Unparteilichkeit
gewertet werden sollte. Ganz im Gegenteil, ihrer
Beteiligung veranlasste Israel, eine genauere und
eingehender betrachtete Antwort auf diese Initiative
zu geben und erhöht unser Bedauern, dass sie für uns
nicht geeignet ist, mit ihr zusammenzuarbeiten oder
sie zu unterstützen.
Hochachtunsvoll
Aharon Leshno Yaar
Botschafter
Ständiger Vertreter
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