Ein
palästinensisches Kind weint und
hält das Foto seines Vaters in
der Hand, der während des
Massakers von Sabra und Schatila
von libanesischen Milizen, die
von der israelischen Armee
unterstützt wurden, getötet
wurde.
Wo
war die Sonne, als die entfesselten Echos
der Wut hallten?
Kann es nicht sein, dass die Schatten sie
verdunkelt haben in Sabra und Shatila?
Wo war Gott, als die Augen
der Menschen von eisiger Kälte befallen
wurden?
Kann es nicht sein, dass er gleichgültig
geworden ist in Sabra und Shatila?
Wo war ich, in welcher
Galaxie, als ich die Nachricht las,
gefühllos?
Werde nicht auch ich ein Verräter sein von
Sabra und Shatila?
Und wo warst du, mächtiger
Mann, mit deiner Arroganz, der du in deinem
Rucksack
die Leichen aller Kinder trägst von Sabra
und Shatila?
Wo ist die Stimme des
Staatsanwalts für Recht und Gerechtigkeit?
Waren seine Gesetze nicht gültig in Sabra
und Shatila?
Wo ist der Solz der Menschen
oder sollte man sagen die
"Scheinheiligkeit"?
Warum wird soviel Leid nicht benannt in
Sabra und Shatila?
Was erzählst du mir, mein Freund? Siehst du
nicht, dass mein Gewissen ruhig ist?
Was habe ich mit dem zu tun, was geschehen
ist in Sabra und Shatila?
Oder war ich vielleicht unter den Soldaten,
in einer gewissen Entfernung aufgestellt,
und akzeptierte, was geschah in Sabra und
Shatila?
Es ist Zeit, Komuniquees zu
diktieren, die dem Stachel die Spitze
nehmen.
Was werden sie tun, um zu verheimlichen, was
geschehen ist in Sabra und Shatila?
Was werden sie tun, um die
aufgeregte, vollständige, kollektive
Verurteilung zu diffamieren?
Was werden sie tun, damit das Schwären der
Wunde aufhört in Sabra und Shatila?
Wenn ich auch immer noch fern in meiner
Galaxie die Nachricht besinge,
setzt der Engel des Entsetzens seinen Weg
fort in Sabra und Shatila.
Er wandert durch Beirut und
andere Planeten, schleicht wie eine Schlange
ohne anzuhalten.
Unersättlich und vollgefressen in Sabra und
Shatila.
Vielleicht will er an meine
Tür kommen. Vielleicht wartet er schon an
der Ecke.
Die Wunde ist wieder offen und wird offen
bleiben in Sabra und Shatila.
Alberto Cortez,
argentinischer Autor und Sänger -
(in der Quelle zwei Videos) -
Quelle
-
aus dem Spanischen übersetzt
von K. Nebauer
-
Vor 40 Jahren begann das
Massaker von Sabra und Schatila.
Die libanesischen
Phalangisten-Milizen, die unter dem Kommando
der israelischen Armee stehen, überfielen
die beiden palästinensischen
Flüchtlingslager westlich von Beirut,
nachdem sie die Männer vertrieben hatten,
und ermordeten Frauen, Kinder und ältere
Menschen.
Israel ist heute wie vor 40 Jahren
ungestraft.
Aber immerhin hatten wir damals Leute wie
Sandro Pertini, der in seiner Botschaft an
die Nation Ende 1982 das Grauen anprangerte.
Für die Palästinenser ist die Wunde noch
offen.
Bittet nicht um Frieden, wenn ihr nicht
wisst, wie man Recht schafft!
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An diesem Tag vor 40
Jahren wurden mehrere tausend
palästinensische Flüchtlinge und
libanesische Zivilisten von einer
pro-israelischen Miliz brutal massakriert,
unmittelbar nachdem die israelische Armee
unter Ariel Sharon die libanesische
Hauptstadt Beirut besetzt hatte, wo sich die
Flüchtlingslager Sabra und Shatila befinden.
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40 Jahre nach dem Massaker im
Libanon
Vor 40 Jahren verüben
radikale Christen ein Massaker in Beirut.
Was damals geschah, ist bis heute nicht ganz
geklärt.
Eine Spurensuche.
Hanna Voß Aus Beirut - 16.9.2022
Weiß man nicht, wo er sich
befindet, läuft man einfach daran vorbei.
Vorbei an einem Ort, an dem die Leichen
Hunderter Frauen und Kinder vergraben sind
und der wie zufällig in ein Chaos gesetzt
wirkt, als wäre da eben noch Platz gewesen.
Als hätte man nicht gewusst, wohin sonst. Es
ist ein kaum beachteter Ort, doch Nuhad
Srour Mirai wird ihn immer finden, manchmal
wandert sie sogar im Schlaf dorthin.
Souverän bahnt sie sich ihren Weg durch
Menschen, Motorroller, Hühner und
Verkaufsstände. Zwischen einem Stand mit
Gemüse und einem mit Kleidung fährt sie
ihren rechten Unterarm aus und läuft, der
Richtung folgend, weiter.
Keine 20 Meter entfernt gelangt sie zu einem
Platz aus platt getrampelter staubig-brauner
Erde. Ein grauer Stein am anderen Ende,
eingerahmt von zwei Bannern, die auf dem
Boden gekrümmte Leichen zeigen und mit
markigen Worten Israel und seine Verbündeten
für das Massaker von Sabra und Schatila
verantwortlich machen.
Es ist ein trostloser Ort. Die Verkäufer an
den Ständen vom Straßenmarkt werfen leere
Kisten und Abfall hierhin, pfirsichkerngroße
Fliegen schwirren Besucher*innen
zwischen die Wimpern. Ein winziges weißes
Kätzchen kämpft sich seinen Weg aus einem
Berg von Müll, wellige Pappstreifen bleiben
an seinem verfilzten Fell kleben, und nach
einer Weile gibt es mauzend auf.
Nuhad steht jetzt mit hängenden Schultern
auf dem Platz. Eine ganze Weile sagt sie
nichts. Ihre Gedanken scheinen sich von
diesem Ort zu entfernen. „Ich hatte immer
Angst, dass so etwas noch mal passieren
könnte“, bringt sie schließlich hervor.
Was damals passierte, ist Gegenstand von
Filmen und Büchern geworden, und doch
unbegreiflich geblieben. Zum 40. Mal jährt
sich in diesem September das Massaker von
Sabra und Schatila, bei dem vornehmlich
radikale Christen Hunderte palästinensische
Flüchtlinge und auch viele Libanes*innen
mitten in Beirut abschlachteten. Das Grauen
dauerte drei Tage, weil niemand es stoppte,
auch nicht die israelische Armee, die die
Camps während der gesamten Zeit umstellte.
mehr >>>
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Aktivisten in der französischen Stadt
Toulouse gedenken der fast 4.000
palästinensischen und libanesischen Opfer
des Massakers von Sabra und Schatila, das an
diesem Tag im Jahr 1982 von israelisch
unterstützten Terrormilizen kurz nach der
israelischen Invasion in Beirut verübt
wurde.
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Fotos von Ursula Mindermann
mit Majdi Adam.
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Sabra, Shatilla and the
Fire Next Time -
Richard Silverstein - Today is the 30th
anniversary of the Sabra and Shatilla
massacre in which 800 Palestinians were
raped and murdered by Christian Phalange
militamen. The NY Times published an
illuminating op-ed by a doctoral student who
found verbatim transcripts of meetings
between Israeli leaders including Ariel
Sharon, largely responsible for the massacre
and U.S. diplomats. It reveals that Sharon
not only lied and browbeat the Americans
into allowing Israel and the Phalange extra
time to murder Palestinians in the camps,
but that Sharon explicitly told the
Americans that this was what he intended. It
reveals Sharon to be an outright war
criminal. Here a U.S. diplomat warns Sharon
about what critics would say:
“Sure, the I.D.F. is going to stay in West
Beirut and they will let the Lebanese go and
kill the Palestinians in the camps.”
Mr. Sharon replied: “So, we’ll kill them.
They will not be left there. You are not
going to save them. You are not going to
save these groups of the international
terrorism.”
But even more importantly, Seth Anizka,
author of the article, closes with this
pointed reference to today’s roundelay among
Israel, the U.S. and Iran:
The lesson of the Sabra and Shatila tragedy
is clear. Sometimes close allies act
contrary to American interests and values.
Failing to exert American power to uphold
those interests and values can have
disastrous consequences: for our allies, for
our moral standing and most important, for
the innocent people who pay the highest
price of all.
Barack Obama, are you listening? If you
don’t stop Bibi from going to war against
Iran you too will have heaps of Iranian
corpses served up on a silver platter marked
“Made in the USA.” It will be, in James
Baldwin’s terms, “the fire next time.” If we
think the response to the anti-Muslim film
is harsh, imagine the world media flashing
mounds of corpses of Iran’s dead throughout
the Muslim world.
Israelis like to claim that all the Sunni
nations would applaud Israel’s attack. I
doubt it. When most Muslims see this, even
if they dislike Iran, they will rally around
the flag of Islam. Even if they don’t, there
are enough Shiites in the world to cause
their share of havoc to Israeli and U.S.
interests.
Quelle
ein weißes tuch verdeckt ihre
gesichter, ihre körper
so viele tücher um mich herum
ich habe meinen frieden verloren
der gedanke daran
wie alles war
legt sich wie ein schleier über alles
dringt in mich hinein
wie können „menschen“ zu menschen sein
dort das tuch
das über einem geliebten menschen liegt
gestern waren wir noch vereint
du fühltest dich warm an
heute bist du so kalt, bewegungslos
bist du und eine andere
wo magst du jetzt sein?
ich kann dich noch fühlen, in mir
ganz nah bis in meine ewigkeit
ein großes weißes, blutiges tuch überdeckt
die welt
wie durch einen nebel sehe ich die anderen.
ein verlassener, zerstörter
raum
der versuch nicht zu vergessen ist frisch
und schmerzhaft erfolgreich
du stehst noch neben mir
was bleibt mir noch?
verwachsungen im ich,
in der zeit
erinnerungen
die weißen tücher
schützen nicht vor dem licht der
wirklichkeit
sie zeigen die formen euerer blutigen körper
die musik die wir gestern noch gehört
ist verstummt und eingefroren
worte schweben durch den raum
ziehen mit dem wind umher
verlassen mich
die sonne treibt sie empor
sie lösen sich auf
verwachsen mit dem dunkel der kommenden
nacht
die mörder gehen frei herum
zwischen tag und traum
ziehen erinnerungen an mir vorbei
in mich hinein
nun noch in den
zwischenwelten treffen wir uns
ich trag dich und all die anderen bei mir
e. arendt
Vergessen Sie die Opfer
nicht. Sabra und Chatila - 16. bis 18. 9.
1982
Extreme Psychopathie: Das fast vergessene
Massaker von Sabra und Shatila
-
Zwischen
dem 16. und 19. September 1982 geschahen
(die Massaker) von Sabra und Shatila, sie
gehören zu den grausamsten und
umstrittensten in der gebeutelten Region des
Nahen Ostens, die in die Geschichte
eingingen. Am 30. Jahrestag wird dieses
schrecklichen Massakers gedacht.
Sabra und Shatila waren zwei
Flüchtlingslager der Vereinten Nationen für
Palästinenser, außerhalb von Beirut, der
Hauptstadt der Republik Libanon. Ungefähr 40
Stunden lang vergewaltigten, mordeten und
verletzten Mitglieder der mit Israel
verbündeten Milizen der libanesischen
Falange viele unbewaffnete Zivilisten, die
meisten von ihnen Frauen, Kinder und Alte.
Bis heute ist die tatsächliche Zahl der
Opfer unbekannt; sicher aber ist, dass es
ein verabscheuenswürdiges Verbrechen war;
der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
verurteilte es mit der Resolution 521 vom
19. September 1982, gefolgt von einer
Resolution der Generalversammlung der
Vereinten Nationen vom 16. Dezember 1982,
die das Geschehen einen "Akt des
Völkermords" nannte.
Die Verbreitung (der
Nachrichten über) dieses unbeschreibliche
Massaker durch die Kommunikationsmedien rief
in der Weltöffentlichkeit einen Schauder des
Entsetzens hervor, und aus den
verschiedensten Bereichen wurden wütende
Proteststimmen laut, die eine völlige
Aufklärung des Geschehens und die Bestrafung
sowohl der Verantwortlichen als auch der
Ausführenden verlangten.
Trotz der Beweise für das,
was der UN-Sicherheitsrat als
"verbrecherisches Massaker" beschrieb und
was im kollektiven Gedächtnis der Menschheit
als eines der entsetzlichsten Verbrechen des
20. Jahrhunderts bestehen bleibt, wurden der
Mann, der für dieses Verbrechen als
"persönlich verantwortlich" gilt, Ariel
Sharon, damals israelischer
Verteidigungsminister, und seine
Gefolgsleute und die Personen, die die
Massaker durchführten, für die begangenen
Gräueltaten niemals verfolgt oder vor
Gericht gestellt.
Siempreconcuba.wordpress.com
aus dem Spanischen übersetzt
von K. Nebauer
Gedicht
Wo
war die Sonne, als die entfesselten Echos
der Wut hallten?
Kann es nicht sein, dass die Schatten sie
verdunkelt haben in Sabra und Shatila?
Wo war Gott, als die Augen
der Menschen von eisiger Kälte befallen
wurden?
Kann es nicht sein, dass er gleichgültig
geworden ist in Sabra und Shatila?
Wo war ich, in welcher
Galaxie, als ich die Nachricht las,
gefühllos?
Werde nicht auch ich ein Verräter sein von
Sabra und Shatila?
Und wo warst du, mächtiger
Mann, mit deiner Arroganz, der du in deinem
Rucksack
die Leichen aller Kinder trägst von Sabra
und Shatila?
Wo ist die Stimme des
Staatsanwalts für Recht und Gerechtigkeit?
Waren seine Gesetze nicht gültig in Sabra
und Shatila?
Wo ist der Solz der Menschen
oder sollte man sagen die
"Scheinheiligkeit"?
Warum wird soviel Leid nicht benannt in
Sabra und Shatila?
Was erzählst du mir, mein Freund? Siehst du
nicht, dass mein Gewissen ruhig ist?
Was habe ich mit dem zu tun, was geschehen
ist in Sabra und Shatila?
Oder war ich vielleicht unter den Soldaten,
in einer gewissen Entfernung aufgestellt,
und akzeptierte, was geschah in Sabra und
Shatila?
Es ist Zeit, Komuniquees zu
diktieren, die dem Stachel die Spitze
nehmen.
Was werden sie tun, um zu verheimlichen, was
geschehen ist in Sabra und Shatila?
Was werden sie tun, um die
aufgeregte, vollständige, kollektive
Verurteilung zu diffamieren?
Was werden sie tun, damit das Schwären der
Wunde aufhört in Sabra und Shatila?
Wenn ich auch immer noch fern in meiner
Galaxie die Nachricht besinge,
setzt der Engel des Entsetzens seinen Weg
fort in Sabra und Shatila.
Er wandert durch Beirut und
andere Planeten, schleicht wie eine Schlange
ohne anzuhalten.
Unersättlich und vollgefressen in Sabra und
Shatila.
Vielleicht will er an meine
Tür kommen. Vielleicht wartet er schon an
der Ecke.
Die Wunde ist wieder offen und wird offen
bleiben in Sabra und Shatila.
Alberto Cortez,
argentinischer Autor und Sänger -
(in der Quelle zwei Videos) -
Das Massaker von Sabra und
Schatilla 1982
- Von Professor Dr.
Ahmad Al-Tal -
Professor Dr. Ahmad Tell,
jordanischer Herkunft, ist Dekan
am Zarka Private National
Community College. 1980 erhielt
er die Ehrenauszeichnung von der
American Association of Colleges
for Teacher Education. Er ist
Autor mehrerer Bücher und
Publikationen und verfasste 1997
einen Bericht über den früheren
Premierminister Samir Rifai und
der palästinensischen Sache. Er
war Offizier in der Arabischen
Legion von 1946 – 1950 und
Kämpfte im arabisch-israelischen
Krieg 1948.
Das Massaker von
Sabra und Schatilla ist eines
der barbarischsten Geschehnisse
in der jüngsten Geschichte.
Tausende unbewaffnete und
verteidigungslose
palästinensische Flüchtlinge –
alte Männer, Frauen und Kinder –
wurden in einer grausamen
Vernichtungsaktion ermordet. Am
16. Dezember 1982 verurteilten
die Vereinigten Nationen dieses
Massaker und erklärten es zum
Genozid.
mehr >>>
Helfen - Najdeh -Die
NAJDEH
e.V.- Soziale
Hilfsorganisation für die
Palästinenser ist 1979 in
Deutschland gegründet worden und
leistet seitdem als
gemeinnütziger Verein Hilfe für
Palästinenser. Die Hilfe
beinhaltet die Unterstützung
einiger wichtigen Bereiche, wie
z.B.:Gesundheit, Flüchtlinge,
Kindergärten, sowie Bildung und
Frauen. Die NAJDEH e. V.
informiert mit ihrer
Öffentlichkeitsarbeit
hierzulande über die Situation
der Palästinenser im besetzten
Palästina und im Exil. Die
Arbeit in den Gremien und
Gruppen der NAJDEH ist
ausschließlich ehrenamtlich. Der
Name NAJDEH (sprich: Naschde)
ist das arabische Wort für
Hilfe, das die Inspiration für
die Namensgebung des Vereins als
auch für dessen Emblem war.
Quelle und
mehr >>>
Besuch
in Sabra und Shatila
-
Maher Fakhoury - Hierzulande
kann sich kaum jemand ein
Flüchtlingslager vorstellen.
Worte wie "schwer", "miserabel",
"elend", "unerträglich" reichen
nicht aus, wenn man um das Leben
in den palästinensischen Lagern
im Libanon und vor allem in
Sabra und Shatila beschreiben
will. Aufgrund der politischen
und sozialen Lage in den von
Israel besetzten
palästinensischen Gebieten
finden wir in diesen Tagen kaum
jemanden außerhalb Palästinas,
der sich mit der Lage der
Palästinenser in den
Flüchtlingslagern beschäftigt.
Während unseres Urlaubs in
Beirut bat mich meine Tochter
Samah (11), mit ihr in das Lager
Sabra und Shatila zu gehen. Für
mich war das eine Überraschung.
Samah, das in Deutschland
geborene Mädchen, wollte mit mir
eine Reise in meine Kindheit
unternehmen. es sollte nictj
irgendein Lager sein, sondern
Sabra und Shatila, das mich seit
mehr als 20 Jahren an die
schrecklichsten Ereignisse in
meinem Leben erinnert. Sie hätte
zum Strand fahren oder mit ihren
Freunden spielen können. Aber
nein, Samah wollte in das Lager.
Sie wollte mehr über die
Geschichte Palästinas erfahren,
bevor sie nach den Ferien das
Gymnasium besuchen wird.
Unsere Fußwanderung in die
Vergangenheit begann vor den
Trümmern des Hauses in Sabra, in
dem wir 1982 gewohnt haben.
Samah fragte nach meinen
Freunden, nach der Geschichte
Palästinas, nach dem Leben der
Menschen damals im Lager. Aber
sie wollte auch wissen, ob die
alten Klamotten, die vor uns
lagen, noch von ihrer Oma
stammen. Und Samah wollte jede
Kleinigkeit über das Massaker
von 1982 erfahren.
Wir gingen weiter durch die
kleinen engen Gassen in Richtung
Shatila. Vorbei an dem Obst- und
Gemüsemarkt. Am Markt befindet
sich das ehemalige
Gaza-Krankenhaus. Dort leben die
obdachlosen Flüchtige, die durch
die Kriege ihre Hütten verloren
haben. Ein paar Leute suchten im
Müll nach essbarem Gemüse oder
Obst. Samah konnte einfach nicht
verstehen, wie die meisten
Menschen hier, die keine
Arbeit haben, trotzdem ihre
Familien versorgen können. Auch
Ingenieure, Ärzte oder Anwälte
sind arbeitslos. Palästinenser
dürfen im Libanon mehr als 70
Berufe nicht ausüben.
In Shatila besuchten wir meinen
Freund Mohamed. Der hat dort
einen kleinen Lebensmittelladen.
Im Massaker 1982 hat er viele
seiner Familienmitglieder
verloren. Für Mohamed war der
Besuch von Samah ein besonderes
Ereignis. Er bot ihr ein Flasche
Saft zum Trinken an. Mit Tränen
in den Augen fragte er Samah:
"Warum willst du etwas über das
Massaker wissen? Wer das
Massaker erlebt hat, erinnert
sich nicht gern daran."
Samah stand vor dem Ladeneingang
und beobachtete die
Vorübergehenden und spielenden
Kinder auf der Straße. Ihre
Augen erzählten von den
Gedanken, die in ihrem Kopf
kreisten. Ich redete mit
Mohamed, aber meine Gedanken
waren bei Samah. Danach kehrten
wir nach Hause zurück.
Mein Freund Riyad hat einen
kleinen Gemischtwarenladen. Er
erzählte mir, wie die Menschen
sich gegenseitig helfen. Riyad
und andere Freunde, die einen
Job haben, spenden monatlich
zehn Dollar in eine
Spendenkasse. Dazu kommen
Spenden von den Freunden, die im
Ausland leben. Vom dem Geld wird
vielen Leuten geholfen. Für
kranke Menschen werden
Medikamente gekauft. So für ein
17jähriges Mädchen mit Krebs.
Sie braucht monatlich ca. 250
Dollars für ihre Tabletten. Aus
der Kasse werden Arzt- und
Beerdigungskosten bezahlt.
Riyad und seine Freunde müssen
sehr oft schnell Geld sammeln,
um einen Patienten ins
Krankenhaus zu bringen. Die
Krankenhäuser in Beirut nehmen
keinen Patienten auf, bevor
seine Angehörigen eine Kaution
hinterlegt haben.
Sogar wenn ein Patient im
Krankenhaus stirbt, kann seine
Familie die Leiche nicht
bekommen, bevor die Kosten
bezahlt sind. Mir fiel auf, dass
es unter den Bewohnern des
Lagers so viele kranke Menschen
gibt. Nicht nur alte Leute
leiden unter verschiedenen
Krankheiten, sondern auch viele
junge Menschen und Kinder.
Scheikh Ahmed, der Imam der
Al-Dana-Moschee in Sabra und
Shatila, ist selbst schwer
krank. Sein Sohn starb, als er
gerade 15 Monate alt war. Sheikh
Ahmad konnte seinen Sohn nicht
zum Kinderarzt bringen, weil ihm
das Geld dafür fehlte. Ein
anderer Sohn leidet unter einer
Herzkrankheit. Seine Tochter ist
behindert. Seine Frau ist
herzkrank und Diabetikerin.
Sheikh Ahamed verdient ca. 200
Dollar. Für die Kosten der
medizinischen Betreuung reicht
dies Geld nicht aus.
Auf Fatmeh wurde während des
Massakers geschossen, sie verlor
ihr Bein. Ihr Mann ist seit 1978
blind und arbeitslos. Vor dem
Krieg von 1982 arbeitete er in
einer Behindertenwerkstatt der
PLO und bekam ein festes Gehalt.
Sein sechsjähriger Sohn ist
krank und muss bis ans
Lebensende Medikamente
einnehmen.
Trotz dieses Elends haben die
Menschen in Sabra und Shatila
die Hoffnung und den Glauben an
die Gerechtigkeit nicht
verloren. Sie wissen, dass die
freien Menschen dieser Welt sie
nicht vergessen werden.
VOR ZWANZIG JAHREN IN SABRA UND
SCHATILA
-
Chronik eines angekündigten
Massakers -
NACH wie vor verfolgt die
israelische Armee im
Gaza-Streifen und im
Westjordanland ihre repressive
Besatzungspolitik: Blockaden von
Ortschaften, Zerstörung der
Infrastruktur, Jagd auf
militante Palästinenser,
gezielte Mordanschläge. Zum
ersten Mal hat sie zugegeben,
dass sie bei ihren Operationen
"menschliche Schutzschilde"
einsetzt, ein Mittel, das als
Kriegsverbrechen gilt. Aus der
Sicht der Palästinenser ist dies
die logische Fortsetzung einer
Geschichte der Massaker und
Ausschreitungen, wie sie schon
vor zwanzig Jahren unter den
Augen der israelischen Armee in
den Lagern von Sabra und
Schatila durch die libanesischen
Milizen verübt wurden.
Von PIERRE PÉAN *
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