Bassem
Tamimis Inhaftierung wurde für die Dauer des
Militärtribunals gegen ihn verlängert - Protestorganisator aus
Nabi Saleh bleibt für die Dauer des
Militärverfahrens in Haft
Am Freitag: Scharfe Munition gegen
Demonstranten in Nabi Saleh eingesetzt
Siedler/Armeegewalt im
Saffatal: Berichte aus Beit Ummar von der
ersten Aprilhälfte
Bassem Tamimis
Haft wurde von einem israelischen
Militärrichter auf unbestimmte Zeit
verlängert, obwohl das vorliegende
Beweismaterial problematisch ist. Das
Verfahren gegen ihn wird am 8. Mai eröffnet.
-
Der am 24. März verhaftete
palästinensische Aktivist aus Nabi Saleh
muss bis zum Ende des
Militärgerichtsverfahrens in Haft bleiben,
beschloss ein Militärrichter am 17. April
im Militärkomplex Ofer in der Westbank.
Vor zwei Wochen wurde der 44
jährige Bassem Tamimi in fünf Punkten
angeklagt: Aufwiegelung, Organisation von
Protesten ohne Genehmigung, Anstiftung zum
Steinewerfen, Ignorieren einer Vorladung zum
Verhör und Behinderung der gerichtlichen
Ermittlungen, weil er Jugendlichen
Verhaltensratschläge im Fall eines Verhörs
durch die Militärpolizei. Das Transkript von
Tamimis Polizeiverhör zeigt die politische
Motivation des Verfahrens gegen ihn und die
Missachtung der Rechte eines Angeklagten,
u.a. weil er von seinem Vernehmungsbeamten
beschuldigt wurde, sich „mit Rechtsanwälten
und Ausländern in Vorbereitung seiner
Vernehmung beraten zu haben“.
Es wird erwartet, dass Bassem
Tamimi zugibt, friedliche Demonstrationen
gegen die illegalen israelischen Siedlungen
in der palästinensischen Westbank
organisiert zu haben.
Bassem Tamimi ist ein
Mitglied des Bürgerkomitees Nabi Saleh und
prominenter Aktivist in der gewaltlosen
Widerstandsbewegung in Nabi Saleh, einem 500
Einwohner zählenden
Dorf in der Westbank, nördlich von Ramallah.
„ Mit der Freilassung von Abdullah Abu Rahma
aus dem Gefängnis werden die israelischen
Soldaten und die ehrenwerten Militärrichter
Zeit für Bassem Tamimi haben“. So wurde
Tamimi Mitte März den Gästen vorgestellt,
die nach Bil‘in gekommen waren, um die
Freilassung von Abdullah Abu Rahma zu
feiern, einem Mitglied des Bügerkomitees Bil’in,
der 16 Monate wegen Aufwiegelung und
Organisation von illegalen Demonstrationen
verbüsst hatte.
Wie Amira Hass am 28. März berichtete, hat
die israelische Armee, ganz abgesehen von
Abu Rahmahs Freilassung am 14. März, schon
lange die besten Soldaten,
Untersuchungsbeamten und Richter beauftragt,
Israel vor Tamimi und dem Virus einer
weitverbreiteten Volkserhebung zu schützen.
Bassem wurde bereits mehrfach verhaftet und
verbrachte drei Jahre in Verwaltungshaft
ohne Verfahren. Während eines Verhörs 1993
verlor er das Bewusstsein und verbrachte
mehrere Tage im Krankenhaus. Nach 40 Tagen
in Einzelhaft wurde er entlassen. Der
Vorwurf, einen Siedler ermordet zu haben,
erwies sich als falsch, weshalb Tamimi
betont, dass er trotz brutalster
Verhörmethoden nie etwas gestand, weil er
nichts zu gestehen hatte.
Seit die Demonstrationen im Dezember 2009
begannen, war er das Ziel von
Strafmassnahmen durch die israelische Armee:
Während mehrfacher Militärrazzien wurde sein
Haus durchsucht, seine Frau wurde zwei Mal
verhaftet und zwei seiner Söhne verletzt –
Wa’ed, 14, durch ein Gummimantelgeschoss am
Bein und Mohammed,8, an der Schulter, durch
ein direkt auf ihn gezieltes
Tränengasprojektil. Darüberhinaus stellte
die israelische Zivilbehörde in der
besetzten Westbank zehn Demolierungsbefehle
für Gebäude in Nabi Saleh aus, die sich in
der Zone C befinden, einen davon für das
Haus von Bassem Tamimi.
In seinen Gesprächen mit der israelischen
Journalistin Amira Hass erläuterte Bassem
Tamimi die Motive für seine Tätigkeit im
Bürgerkomitee Nabi Saleh: „ Wenn Benjamin
Netanyahu wirklich Leben retten und den
Konflikt beenden wollte, dann würde er nicht
erklären, dass Häuser in der besetzten
palästinensischen Westbank gebaut werden,
Häuser, die tatsächlich Gräber für
Palästinenser und Israelis sind.
Er würde ankündigen, dass Häuser gebaut
werden, um Siedler in Tel Aviv, innerhalb
Israels anzusiedeln, auf 78 Prozent unseres
historischen Landes, das mit unserer
Zustimmung der Staat Israel sein wird, damit
wir einen Staat auf dem verbleibenden
Territorium haben. Als Mitglieder der Fatah
haben wir die Friedensverhandlungen
unterstützt. Das aber führte nur zu mehr
Siedlungen und Siedlern. Während des
Friedensprozesses haben wir mehr verloren
als zu jeder anderen Zeit.“
„Wir wollen unseren Menschen ein Beispiel
und Modell eines zivilen Widerstandskampfes
geben. Vom Beginn der Revolution an
( der Gründung von Fatah) und dem
bewaffneten Kampf haben wir wiederholt
Fehler gemacht, die die Israelis uns
gegenüber ausgebeutet haben, obwohl sie nur
Reaktionen auf die israelische Unterdrückung
waren. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass
nur zivile Aufstände erfolgreich waren, wenn
auch nur teilweise: 1963 und 1987. Durch
einen zivilen Widerstand können wir unsere
moralische Überlegenheit beweisen.“
Zum rechtlichen Hintergrund
und dem Einsatz von Jugendlichen aus Nabi
Saleh als Kronzeugen der Militäranklage:
Soldaten
setzen scharfe Munition in Nabi Saleh
ein - Die
wöchentliche Demonstration in Nabi Saleh
stand an diesem Freitag im Zeichen des Tages
der Gefangenen. Soldaten blockierten die
Demonstranten auf dem Weg zu einer von
israelischen Siedlern annektierten Quelle
des Dorfes und trieben sie unter Einsatz von
Tränengas und Schockgranaten ins Dorf
zurück. Ein zweiter Versuch, die
Demonstration ausserhalb des Dorfes
fortzusetzen, wurde mit den gleichen
Methoden verhindert und die israelische
Armee blieb bis zum Abend im Dorf,
patroullierte die Strassen und feuerte
Tränengas und Schockgranaten auf Häuser und
Menschen. Ein Wasserwerfer versprühte
„Stinkwasser“im Dorf,ein mit Chemikalien
versetztes Abwasser, das sich tagelang nicht
abwasche lässt und zu Schwindel und
Erbrechen führen kann. Schliesslich schossen
die Soldaten mit scharfer Munition auf die
unbewaffneten Demonstranten und verletzten
einen Demonstranten, als zwei Palästinenser
aus dem Nachbardorf Beit Rima verhaftet
wurden.
Maskierte
Siedler und Soldaten bedrohen Bauern bei
der Feldarbeit im
Saffatal - Das
Palestine Solidarity Project berichtete
Anfang April in einer Serie von Artikeln,
wie Bauern aus Beit Ommar bei der Feldarbeit
von maskierten israelischen Siedlern mit
Hunden, von Siedlermilizen und von
israelischen Sokdaten bedroht werden. Seit
April 2009 wurde das Saffatal wiederholt zur
“geschlossenen militärischen Zone erklärt.
Bauern, die ihr Land dort bearbeiten wollen,
müssen seitdem damit rechnen, dass sie bei
der Feldarbeit von Siedlern angegriffen oder
von der israelischen Armee behindert werden.
Mohammed Abd Alhamid Soleibi
hat schon einmal Land verloren.
Vor vier Jahren wurde sein
Land in der Nähe der israelischen
Siedlungskolonie Karmei Tsur eingezäumt und
defacto von der Siedlungskolonie annektiert,
obwohl Mohammed sein Besitzrecht schriftlich
belegen kann. Dem 70jährigen Bauern verblieb
ein Landstück im Saffatal, in der Nähe der
israelischen Kolonie Bat Ayn, dessen Nutzung
er mit seiner Grossfamilie teilt, insgesamt
150 Menschen.
Am 2. April bearbeitete
Mohammed mit seiner Familie dieses Land, als
eine Gruppe von 16 Siedlern mit weissen
Masken über den Gesichtern und Hunden an der
Leine von Bat Ayn die Hügel hinunter auf die
arbeitenden Bauern zuliefen. Die Siedler
unterbrachen ihren Marsch wenige Minuten
später, als israelische Soldaten mit Jeeps
ankamen und sich an Mohammed wandten. Die
Soldaten forderten ihn auf, seine Felder zu
verlassen. Als Mohammed sich weigerte,
informierten sie ihn, dass das Tal eine
„geschlossene militärische Zone“ sei,
konnten aber keine Papiere vorlegen.
Mohammed liess sich nicht beirren, weder
durch die Soldaten, die ihn wegen
angeblicher Beschwerden von Siedlern zur
Kolonie Gush Etzion schicken wollten, noch
durch den Verwalter von Gush Etzion, der
Mohammed telefonisch zur Vorsprache
bestellen wollte.
In Anwesenheit der
israelischen Soldaten und der maskierten
Siedler setzte Mohammed die Feldarbeit mit
seiner Familie wie geplant fort und ging
erst nach Hause, als die Arbeit vollständig
geleistet war.
Am 8. April 2011 war die Aady
Familie aus Beit Ommar ins Saffatal
gekommen, um einige Olivenbäume zu pflanzen,
als Soldaten der israelischen Armee ankamen
und das Tal zur “geschlossenen militärischen
Zone“ erklärten. Die Familie musste ihre
Arbeit abbrechen und wurde von den Soldaten
über eine Stunde lang festgehalten.
Mitglieder vom Palestine Solidarity Project
und Aktivisten aus Israel konnten die
Verhaftung von Familienmitgliedern
verhindern, die vor dem Heimweg versucht
hatten, das mitgebrachte Material und die
jungen Baumsetzlinge einzusammeln. Nach zwei
Stunden konnten alle Zivilisten ins Dorf
zurückkehren, die Familie Aady musste ihre
Setzlinge zurücklassen und der Anführer der
Soldaten teilte der Familie mit, dass er
nach Ablauf der bis Sonntag gültigen
Militärorder mit einer neuen Order
zurückkehren werde, um das Tal zu einer
Sperrzone für die Bauern zu erklären.
Am 9.
April machten
sich etwa 40 Bauern aus Beit Ommar und
internationale Solidaritätsaktivisten
frühmorgens in das Saffatal auf und begannen
mit dem Setzen von Baumschösslingen. Während
ein Grossteil der Gruppe sich- unter den
Augen einer Siedlermiliz der nahegelegenen
israelischen Kolonie- auf die Feldarbeit
konzentrierte, übernahm eine kleine
Abordnung die Rolle der Vermittler in den
Verhandlungen mit den israelischen Soldaten
und Vertretern der Besatzungsbehörde, die
eineinhalb Stunden später angekommen waren
und Papiere vorzeigten, die ihnen angeblich
das Recht gaben, die Feldarbeit vor der Zeit
abzubrechen. Trotz aller
Behinderungsversuche wurden 200 Olivembäume
gesetzt.
Am 11.
April kehrten
Freiwillige des Palestine Solidarity Project
zusammen mit Mitgliedern des nationalen
Komitees von Beit Ommar ins Saffatal zurück,
um weitere 40 Olivenbäume zu pflanzen. Bei
ihrer Ankunft mussten sie feststellen, dass
die 200 am Samstag gepflanzten Schösslinge
auf dem Feld verstreut lagen. So schnell wie
möglich wurden die neuen Setzlinge in die
Erde gesetzt und danach die entwurzelten
jungen Olivenbäume wieder eingepflanzt. Zwei
Soldaten der israelischen Armee erschienen
und verlangten die Ausweispapiere. Nach
einigem Hin und Her konnte die Gruppe aus
Beit Ommar ungehindert nach hause
zurückkehren. Gesetzte Olivenbäume: 240.
Friedlicher
Widerstand: Westbankdörfer erinnern an Tag
der Gefangenen, 8.
April 2011
Die friedlichen Proteste am
8. und 9. April 2011 gegen die israelische
Mauer und die nach internationalem Recht
illegalen Kolonialsiedlungen Israels in der
Westbank erinnerten an die fast 7000
palästinensischen politischen Gefangenen des
populären Widerstandes. Vor allem wurde die
Freilassung von Nael und Fakhri Barghouti
gefordert, die beide seit mehr als 30 Jahren
in israelischen Gefängnissen sitzen. 1)
Bil’in: Gedenken an Juliano Khamis -
Gelbe Fahnen für den
gefangenen Fatahanführer Marwan Barghouti,
Poster mit Fotos von Nael und Fakhri
Barghouti, die von allen palästinensischen
politischen Gefangenen am längsten in
Israels Gefängnissen sitzen, und Plakate in
Erinnerung an den in Jenin getöteten
palästinenisischen Aktivisten, Schauspieler,
Regisseur und Denker Juliano Khamis prägten
das Bild bei der Freitagsdemonstration in
Bil’in am vergangenen Wochenende. Das
Bürgerkomitee hatte zur wöchentlichen
Demonstration gegen die illegale Mauer
(Urteil des Internationalen Gerichtshofes in
Den Hague, 2004) aufgerufen und die
Dorfbewohner, Palästinenser aus der Region,
internationale und israelische Aktivisten
versammelten sich wie in den vergangenen
sechs Jahren nach dem Freitagsgebet im
Dorfzentrum zum Protestmarsch zur Mauer und
dem dahinterliegenden Dorfland, das durch
die Mauer annektiert wurde. Eine Delegation
aus Grossbritannien war diese Woche in Bil’in
angekommen und beteiligte sich, ebenfalls
Jamal Zakut, ein Berater des
Premierministers und die palästinensische
Autorin Liana Badr.
Bei der Ankunft am östlichen
Tor in der Trennbarierre wurde der
Protestzug mit Tränengas,
Gummimantelgeschossen, Schallbomben und
blauem „Stinkwasser“ angegriffen. In
Gegenwart der schwer bewaffneten Soldaten
gelang es den Demonstranten, an der Sperre
vorbei zum Durchgangstor zu gelangen,wo sie
eine palästinensische Fahne befestigen
konnten. Zahlreiche Teilnehmer litten unter
schwerer Atemnot und dem abscheulichen
Geruch des chemischen Wassers, das sich
tagelang nicht von der Haut oder der
Kleidung abwaschen lässt. Sanitäter
behandelten alle Fälle von Nebenwirkungen
vor Ort.2)
Nabi Saleh: Ein
Demonstrant von fünf Gummimantelgeschossen
getroffen -
Die wöchentlichen Demonstrationen gegen die
israelische Besatzung im Westbankdorf Nabi
Saleh finden seit über einem Jahr statt und
werden von den Sicherheitskräften mit einer
permanenten Aggressivität angegriffen, die
selbst für Westbankverhältnisse brutal ist.
Zwei prominente Aktivisten des Dorfes, Naji
und Bassem Tamimi, wurden im März
festgenommen, ein Schicksal, das sie mit
fast 13% der Dorfbevölkerung teilen, und
wurden vor einem Militärgericht wegen der
Organisation der zivilen Proteste des Dorfes
u.a. der „Aufwiegelung“ angeklagt.
An diesem Freitag nahmen Aktivisten der
Gruppe „15. März“ teil, die vor allem zur
Einheit der Palästinenser nach dem Modell
der ägyptischen Revolution aufgerufen hat.
Diese Gruppe war bisher vor allem in den
grösseren Städten aktiv und ihre Solidarität
mit Dorfprotesten wie in Nabi Saleh ist ein
Schritt in Richtung grösserer Einehit und
Solidarität der palästiensischen
Gesellschaft in ihrem Kampf gegen die
israelische Besatzung.
Seit den Morgenstunden hatten sich die
israelischen Sicherheitskräfte um das Dorf
stationiert und blockierten den
Demonstrationszug auf dem Weg in Richtung
einer Quelle des Dorfes, die von Siedlern
der Kolonie Halamish ( in der
ausschliesslich jüdische Israelis leben
dürfen) gestohlen wurde. Die Soldaten
eröffneten sofort das Feuer und unter einem
Hagel von Tränengas, Schallbomben und
Gummimantelgeschossen wurden die ersten
Protester gewaltsam festgenommen.
Während die Soldaten ihre Gefangenen ins
Feld abführten, konnten einige Demonstranten
die Hauptstrasse überqueren und den Hügel
ersteigen, der die Quelle überblickt. Die
Armee reagierte mit Verzögerung, aber desto
aggressiver. Tränengasprojektile wurden wie
grosse Geschosse direkt auf die
Demonstranten abgeschossen und ein
Demonstrant wurde von fünf
Gummimantelgeschossen getroffen. Die Häuser
von Hilmi und Bilal al-Tamimi wurden von
Soldaten gestürmt, die sich auf den Dächern
stationierten, um ein besseres Schussfeld
auf die Demonstration zu bekommen.
Acht Menschen wurden während des Tages
festgenommen, ihr Schicksal hängt von ihrer
Ethnizität ab; israelische Aktivisten werden
meist am gleichen Tag freigelassen,
palästinensische Aktivisten des friedlichen
Widerstandes werden länger festgehalten und
oft ins Westbankgefängnis Ofer
transportiert, wo sie die kafkaeske
Militärgerichtsbarkeit des
Besatzungsapparates durchlaufen.3)
Zwei Protestteilnehmer von der Bewegung des
15. März, die bei ihrer Festnahme in Nabi
Saleh brutal getreten und auf den Boden
geworfen wurden (Video), haben in der Haft
einen Hungerstreik angetreten und eine
Solidaritätsdemonstration mit den zwei
Verhafteten wurde in Ramallah angekündigt.4)
Ni’lin: Aufruf zur
Einheit -
Mit dem Freitagsgebet auf dem Dorfland nicht
weit von der Apartheidmauer begann Ni’lins
Protest gegen die fortgesetzte israelische
Besatzung und Kolonisierung der
palästinensischen Westbank. Murad Amira
betonte in seiner Ansprache, dass die
Einheit unter den Palästinensern
unabdinglich sei, vor allem weil die
Besatzung ohne Unterschied gegen alle
Palästinenser vorgehe. Beim Protestmarsch
zur Mauer trugen die Teilnehmer Banner und
Palakte mit Fotos von politischen Gefangenen
und riefen sie zur Standhaftigkeit auf; der
Koordinator der Stop the Wall Kampagne im
Bezirk Ramallah lobte die
Unerschütterlichkeit der Menschen trotz
aller Repressionsmassnahmen der israelischen
Besatzungsarmee. 5)
Im Namen des Dorfes Ni’lin bedankt sich
Saeed Amireh für die Spenden von Freunden,
die eine Bezahlung der Geldstrafe für drei
inhaftierte Aktivisten aus Ni’lin
ermöglichten. Zwei Unterstützerinnen in
Deutschland und Italien haben durch ihre
Spendenaktionen im besonderen Mass zur
Freilassung von ibrahim Amireh, Hassan Mousa
und Zaydoon Srour am 5. Dezember 2010
beigetragen. Er schliesst mit den Sätzen: „
Ich werde nie vergessen, dass nur Eure
Solidarität und Eure Liebe für Frieden und
Gerechtigkeit dies ermöglicht haben. Es hat
meinen Geschwistern und mir nicht nur den
Vater zurückgegeben, sondern auch Hoffnung
in einer Zeit, wo die Dunkelheit unsere
Träume von einem freien, friedlichen und
gerechten Land verschlingt.“6)
Al Ma’sara: Schutz
der Zivilbevölkerung in Gaza gefordert
-
Al Ma’saras Freitagsprotest
war den palästinensischen politischen
Gefangenen gewidmet und den Menschen, die in
den letzten Tagen von israelischen
Bombenangriffen auf den Gazastreifen getötet
wurden. Ein Sprecher für die Stop the Wall
Kampagne im Distrikt Bethlehem rief die
internationale Gemeinschaft auf, das
Schweigen zu brechen und Initiativen zum
Schutz der Zivilbevölkerung Gazas zu
ergreifen.7)
Nach neunjähriger
Haft – Freilassung für Hafeth Bornat aus Bil’in
-
Am Eingang zum
Westbankgefängnis Ofer warteten Familie,
Freunde und Dorfbewohner aus Bil‘in am 11.
April auf Hafeth Bornat mit
palästinensischen Fahnen und Bannern für den
inhaftierten Fatahanführer Marwan Barghouti.
Als Hafeth Bornat endlich aus dem Tor
schritt und damit neun Jahre in israelische
Haft hinter sich liess, waren Familie und
Freunde gleichermassen erfreut und
erleichtert, hatten sie doch schon am 2.
April auf diesen Augenblick gewartet. Zu
ihrer Enttäuschung hatte sich die für Anfang
April angekündigte Freilassung um eine Woche
verschoben, ein Vorgehen der
Besatzungsbehörde, das nach Angaben von Iyad
Burnat von den „Friends of Freedom and
Justice Bil’in“ die Moral der Gefangenen
und ihrer Familie untergraben soll und
zusätzlichen Stress verursacht.
Vor der Rückkehr ins Dorf
wurde das Grab von Yasser Arafat besucht,
ein Blumenkranz gelegt und die erste
Koransure, Al Fateha, gebetet.
IDF Richter:
Unnötige Verlängerung der Untersuchungshaft
für Palästinenser grenzt an Illegalität
- Am Sonntag rügte
ein Militärrichter die Polizei für die
routinemässige Verlängerung der
Untersuchungshaft von Palästinensern,
berichtete Amira Hass am 12. März in Haaretz.
Nach dem Recht kann ein Palästinenser bis zu
acht Tagen inhaftiert werden, bevor er vor
einen Richter kommt. Menachem Lieberman,
Richter an einem Militärgericht im
Militärkomplex Ofer in der Westbank, sagte,
dass solch unnötige Verlängerungen der
Untersuchungshaft dem Anschein nach an
illegale Akte grenzen.
Die Militärstaatsanwaltschaft
hatte ihn gebeten, die U-Haft von Naji Arar
aus dem Dorf Bnei Zid zu verlängern, um die
Anklage gegen ihn vorzubereiten. Arar war am 3. April an der
Strassenblockade am Eingang des Dorfes Nabi
Saleh festgenommen worden. Sein
Rechtsbeistand, Neri Ramati, von der
Rechtsfirma Gabi Lasky, hatte um eine
Verkürzung der Untersuchungshaft gebeten.
Lieberman urteilte: „ Dies
ist einer von vielen Fällen, bei denen ein
Mensch verhaftet, verhört und dann mehrere
Tage in Haft belassen wird, ohne dass
irgendeine Untersuchung in seinem Fall
durchgeführt wird.“
Der Richter sagte, dass das
Anklagematerial vor der Verhaftung gesammelt
wurde und der Angeklagte um 10 Uhr morgens
am 5. April alle Verdächtigungen zurückwies.
Weil seit diesem Zeitpunkt keine weiteren
Aktionen unternommen wurden, sei nicht klar,
warum die Anklage die U-haft„für
Untersuchungen“ verlängern wolle, schrieb
der Richter.
[Der Richter verlängerte die
U-Haft von Naji Arar um drei Tage.]
Friedlicher
Widerstand in der Westbank, Beit Ummar,
2. April 2011
In den vergangenen Wochen hat die
israelische Armee die Blockade von Beit
Ummar verstärkt, als Strafe für friedliche
Demonstrationen, angebliches Steinewerfen
und als Teil der Kontrollmethoden der
israelischen Besatzungsbehörde in der
besetzten Westbank.1)
Mit der Schliessung der sechs
Eingänge in das 17 000 Einwohner zählende
Dorf seit dem 24. März hat die israelische
Besatzungsarmee dem Dorf eine an Gaza
erinnernde Belagerung auferlegt und die
Mobilität der Einwohner, den Zugang von
Ambulanzen und den Transport wichtiger Güter
erheblich eingeschränkt. 2)
Seit mehreren Jahren hält Beit Ummar
wöchentliche Proteste gegen die Besatzung
und die Konfiszierung seines Lands durch die
benachbarten Siedlunskolonien ab, in denen
nur jüdische Israelis leben dürfen. Bei
diesen Protesten wurden zahllose Teilnehmer
verletzt und verhaftet; das Dorf war Ziel
mehrere Siedlerangriffe und Ende Januar
wurden nicht weit von Beit Ummar zwei junge
Palästinenser von Siedlern getötet. 2)
Die Situation in Beit Ummar hatte sich seit
dem 21. März zugespitzt, als ein
israelischer Siedler das Feuer auf einen
Trauerzug eröffnete, der sich entlang der
Route 60, einer zentralen Verkehrsstrasse,
die israelische Siedlungsklononien in der
Westbank mit Jerusalem verbindet, in
Richtung Friedhof bewegte. Zwei
Palästinenser wurden verletzt und mussten
ins Krankenhaus transportiert werden. Die
Rettungsarbeit der Sanitäter wurden durch
die Ankunft israelischer Soldaten, die
Tränengas und Schockgranaten in die Menge
schossen, erheblich erschwert.
Am Nachmittag des 23. März schloss die
israelische Armee den Haupteingang von Beit
Ommar, nachdem zwei israelische Siedler bei
einer Konfrontation mit Dorfbewohnern
verletzt wurden. Israelische
Sicherheitskräfte stationierten sich am
Haupteingangen des Dorfes und entlang der
Route 60 und kontrollierten Ausweispapiere
und Nummernschilder der Passanten. Ein
Taxifahrer wurde ohne Angabe von Gründen
verhaftet. Gegen Abend drang eine
Spezialeinheit der israelischen Armee in
Zivilkleidung im Dorf ein und feuerte
Tränengas und Gummimantelgeschosse von ihrem
Wagen mit palästinensischem Nummernschild;
mehrere Militärjeeps folgten und fuhren ins
Zentrum des Ortes, wo sie zwei Männer
festnahmen. Am folgenden Tag wurden alle
Eingänge zum Dorf geschlossen bis auf eine
Landstrasse, die vom Nachbardorf Surif auf
einem 45 minütigen Umweg nach Beit Ummar
führt.
Am Samstag, den 26. März kamen
internationale und israelische Aktivisten in
Beit Ummar an und beteiligten sich mit den
Dorfbewohnern an einem Protest gegen die
inzwischen dreitägige Schliessung des Ortes.
Ihre Versuche, die Zementblöcke vor mehreren
Zufahrtsstrassen nach Beit Ummar zu
beseitigen, wurden von israelischen Soldaten
verhindert und die Umgebung von Beit Ummar
zur „geschlossenen Mlitärzone“ erklärt. Alle
sechs Eingänge von Beit Ommar blieben
geschlossen und am Haupteingang wurden die
Einwohner auf dem Weg zur Arbeit, zum Arzt
oder zur Feldarbeit kontrolliert und nach
Einsicht der Ausweispapiere je nach
Entscheidung der Soldaten durchgelassen oder
zurückgewiesen. Wer den Checkpoint passiert
hatte, konnte bei der Weiterreise nicht den
eigenen Wagen benutzen, sondern musste ein
Taxi bezahlen, was für viele Einwohner zu
teuer ist. Busse und Taxis durften nicht in
den Ort einfahren; eine Ambulanz musste den
Umweg über die Landstrasse nehmen. 4)
Trotz der Schliessung von Beit Ummar hielt
das Zentrum für Freiheit und Gerechtigkeit
die geplante Feier zum Landtag am 2. April
ab, an dem etwa 250 Menschen teilnahmen,
darunter die Bürgermeister von Hebron und
Beit Ummar und Mahmoud Al Alul vom
Zentralkomitee der Fatah. Während der
„Landtag“ eine jährliche Erinnerung an die
Generalstreiks von 1976 gegen Israels
Enteignung von Land im Besitz
palästinensischer Staatsbürger Israels ist,
und ein Gedenken an die neun Toten und
zahllosen Verletzten des 30. März 1976, hat
sich dieser Feiertag auch zu einem Tag der
Feier palästinensischer Kultur und
Geschichte entwickelt. Neben Diskussionen
zur aktuellen Notlage des Ortes und der
politischen Arbeit der Bürgerkomitees in der
Westbank gab es deshalb auch zahlreiche
künstlerische Darbietungen mit Tänzen,
Gesang und einem Theaterstück.5)
Zwei Demonstrationen am gleichen Tag gegen
die fortgesetzte Abriegelung des Ortes und
gegen die Ausdehnung der Siedlungen in der
Nachbarschaft von Beit Ummar wurden brutal
beendet und mehr als 20 israelische
Aktivisten kurzzeitig festgenommen.
Micha Kurz, ein ehemaliger Soldat in der
israelischen Armee und langjähriger
Friedensaktivist in Jerusalem, schilderte im
Gespräch mit dem Journalisten Joseph Dana
das massive Vorgehen der Soldaten gegen ihn
und andere Mitglieder der Gruppe Ta’ayush,
die palästinensischen Bauern und Hirten in
den South Hebron Hills gegen Angriffe durch
israelische Siedler und die Besatzungsarmee
unterstützt. Auf der Heimfahrt hatte die
Gruppe am Samstagnachmittag beschlossen,
sich die Situation in Beit Ummar vor Ort
anzusehen. Bei der Ankunft wurden sie sofort
von Soldaten umringt und bedroht, was bei
ihnen zum Entschluss führte, einen spontanen
Protest gegen die Ortsschliessung zu
beginnen.
„Ich verstehe, dass Soldaten Angst bekommen
und nervös werden, aber sie haben jede rote
Linie überschritten,“ erzählte Kurz. „Als
die Soldaten jeden von uns schlugen und
verhafteten, sagte ein Soldat zu mir:‘ Wenn
ich könnte, würde ich deine Mutter und deine
Schwester vergewaltigen.‘ Und ein anderer
sagte, dass er mich erschiessen würde, wenn
es ihm erlaubt würde.“ Im Video hat ein
unerschrockener Aktivist einen Soldaten
aufgenommen, der einen anderen Aktivisten
als „arabisches A*loch“ bezeichnet.
In einer halben Stunde waren 19 Leute
verhaftet; einige wurden nach kurzer Zeit
freigelassen, acht wurden zum Kiryat Arba
Gefängnis bei Hebron gebracht und mit der
Auflage freigelassen, der Gegend 15 Tage
fernzubleiben.
Kurz will nach Beit Ummar und seinem
Widerstand gegen die israelische Besatzung
zurückkehren, aber endete unser Gespräch mit
einer Warnung: „ Ich erkenne das nicht mehr,
die Soldaten waren ausser Kontrolle. Ich war
als Soldat in ihrer Position, aber hier war
es viel schlimmer als alles, was ich je
gesehen oder erlebt habe. Niemand wird dafür
zur Rechenschaft gezogen, sie können tun,
was sie wollen. Sie könne sogar mit Mord
davonkommen.“6)
Für die Siedler in der Nachbarschaft von
Beit Ummar scheint die Zukunft allerdings
gesichert: Dem Zentrum für Freiheit und
Gerechtigkeit in Beit Ummar liegt eine neue
Landkarte der israelischen Armee vor, nach
der ein Ausbau der Siedlung Efrat auf der
andere Seite der Route 60 geplant ist, Teil
des Gush Etzion Siedlungsblocks in der
südlichen Westbank.
Friedlicher Widerstand in der West Bank. 26.
März bis 2. April 2011
Ni’lin: Für jeden
zerstörten Olivenbaum setzen wir zehn neue
Bäume. -
Ungefähr 1500 Bewohner aus
Ni’lin und den Nachbardörfern in der West
Bank versammelten sich am 26. März um die
Mittagszeit im Zentrum des Dorfes und
begannen einen Protestmarsch zur
Annexionsmauer in Erinnerung an den
palästinensischen Landtag, die jährliche
Erinnerung an die Proteste am 30. März 1976
gegen Israels Kampagne der Annektierung von
Land, das sich im Besitz von
palästinensischen Staatsbürgern Israels
befand, mit dem Ziel einer „Judäisierung“
von Galiläa (Yehud Hagalil-‚Judaizing the
Galilee‘), bei denen sechs Palästinenser von
israelischen Sicherheitskräften getötet und
über 100 Menschenh verletzt wurden.Seit 2008
organisiert das Bürgerkomitee von Ni’lin
Proteste des Dorfe gegen den Diebstahl von
Ni’lins Land und die Zerstörung von
Olivenbäumen im Zuge der fortschreitenden
israelischen Kolonisierung der Westbank.
Vor der Mauer begannen die
Protestteilnehmer mit der Kultivierung eines
Landstückes, weil, wie die Dorfbewohner es
formulieren, für jeden zerstörten Olivenbaum
zehn neue Setzlinge gepflanzt werden sollen.
Nach zehn Minuten begannen
israelische Soldaten hinter der Mauer den
Angriff auf die Demonstranten. Sie schossen
Tränengasprojektile und gummi-ummantelte
Stahlkugeln auf Demonstranten und verletzten
damit einen 24– jährigen Teilnehmer am Bein.
In einer zweiten Angriffswelle stürmten
israelische Soldaten dann aus dem Mauertor,
griffen das Dorf von der südlichen Seite an
und versuchten, Demonstrationsteilnehmer zu
verhaften, allerdings vergeblich.
Siehe auch Bericht in Maan
News vom 2.April:
Palestinian youth attacked
while planting olive trees:
Eine Gruppe von jungen
Palästinensern wird beim
Pflanzen neuer Olivenbäume von der
israelischen Armee unterbrochen und bedroht;
zwei Jugendliche werden verletzt; eine
Siedlergruppe folgt der Armee und
zerstört die Setzlinge.
http://www.maannews.net/eng/ViewDetails.aspx?ID=374539
Ni’lin:
Gefährlicher Freitagsprotest gegen die
israelische Mauer -
Der Freitagsprotest am 1.
April in Ni’lin gegen die Annexionsmauer
wurde von Dorfbewohnern als besonders brutal
und gefährlich geschildert. Saeed Amireh aus
Ni’lin, Sohn von Ibrahim Amireh, der wegen
seines Einsatzes im Bürgerkomitee Ni’lin
eine mehrmonatige Haftstrafe absitzen
musste, berichtete, dass die israelsichen
Soldaten wiederholt Jagd auf die
Demonstranten machten und grossen Mengen von
Tränengas verschossen. Es kam trotz dieser
Umstände weder zu ernstlichen Verletzungen
noch Verhaftungen.
http://www.imemc.org/article/60989
Landtag in Nabi
Saleh – Freiheit für politischen Gefangene,
Naji und Bassem Tamimi, gefordert -
Mit einem Solidaritätsmarsch
am 30. März für Dorfbewohner, die sich zur
Zeit als politische Gefangene in Israels
Militärgefängnissen befinden, erinnerten
etwa 150 Menschen in Nabi Saleh an den
Landtag. Das Dorf organisierte aus diesem
Anlass eine nächtliche Demonstration mit
Fackeln, bei der die sofortige Freilassung
aller Inhaftierten gefordert wurde, im
besonderen von zwei Mitgliedern des
örtlichen Bürgerkomitee, Naji und Bassem
Tamimi, die in den vergangenen Tagen vor
israelische Militärgerichte gestellt und
wegen ihrer Organisationstätigkeit für die
friedliche Protestbewegung gegen die
israelische Besatzung angeklagt wurden. Der
Protest verlief ungehindert und endete
friedlich.
Der Landtag hat für die
Bewohner von Nabi Saleh eine besondere
Bedeutung: Seit das kleine, 500 Beohner
zählende Dorf im Dezember 2009 mit der
Organisation von regelmässigen Protesten
gegen die Kampagne der Landannexion durch
Siedler der nahegelegenen Kolonie Halamish
begann, wurden 64 Menschen, etwa 13% der
Dorfbevölkerung, inhaftiert. Seit
Jahresbeginn nahm die Zahl der Razzien auf
das Dorf erheblich zu und 19 Einwohner, die
Hälfte davon Minderjährige, wurden
festgenommen. Gegen zwei prominente
Aktivisten, die als Motor der
Protestbewegung im Dorf angesehen werden,
wurden jetzt Gerichtsverfahren vor
israelischen Militärtribunalen eingeleitet.
Naji Tamimi wurde am 6. März
bei einer Militärrazzia auf sein Haus
verhaftet und der „Aufwiegelung“,
„Organisierung von illegalen Protesten“,
„Anstiftung zum Steinewerfen“ und der
„Behinderung der Justiz“ angeklagt, eine
Liste von Anklagepunkten, die bereits im
vergangenen Jahr gegen fünf Organisatoren
der Bürgerkomitees in Bil’in und Ni’lin
vorgebracht wurden. Die
Militärstaatsanwaltschaft beruft sich wie in
den Verfahren gegen Aktivisten aus Bil’in
und Ni’lin auf Verhöre von jugendlichen
Dorfbewohnern, die nachts von israelischen
Soldaten aus ihren Häusern verschleppt und
anschliessend langen Vernehmungen in
Abwesenheit eines Rechtsbeistandes oder
Elternteiles unterzogen wurden, ein
Verfahren der israelischen
Vernehmungsbeamten im Militärgefängnis Ofer,
das im direkten Widerspruch zu israelischen
Armeeregeln steht.
Bassem Tamimi ist ein
prominenter Aktivist, ebenfalls im
Bürgerkomitee von Nabi Saleh, der am 24.
März unter ähnlichen Umständen festgenommen
wurde, und sieben Tage später von einem
Militärrichter in einem Gerichtssaal, der
mit Familienmitglieder, Unterstützern und
europäischen Diplomaten gefüllt war, der
gleichen Liste von Vorwürfen angeklagt
wurde. Der Militärrichter beschloss, dass
Bassem Tamimi bis zur Fortsetzung des
Verfahrens am 10. April im Gefängnis bleiben
muss.
Nabi Saleh: Israelische Armee greift
Landtag-Feier an -
PSCC, 2. April 2011 -
Bekannte Politiker und örtliche Aktivisten,
Palästinenser und Israelis, etwa 200 an der
Zahl, versammelten sich am Samstag in Nabi
Saleh zu einer Gedenkfeier aus Anlass des
Landtages, dem palästinensischen Gedenktag
an die Proteste gegen Israels
Landkonfiszierungen in Galiläa, bei denen am
30. März 1976 sechs Palästinenser von der
israelischen Polizei erschossen und über 100
verletzt wurden.
Nach der offiziellen Feier
marschierten die Teilnehmer durch das Dorf
in Richtung einer Quelle auf dem Dorfland,
die seit Dezember 2009 wiederholt von
Siedlern der nahegelegenen Kolonie Halamish
besetzt wird; die Dorfleute befürchten, dass
die Kolonisten eine Annexion der Quelle und
des umliegenden Landes ansteuern. Jeeps der
israelischen Armee waren bei der Quelle in
Erwartung der Demonstranten bereits
stationiert und als einige Soldaten auf die
Demonstranten zugingen, warfen einige Leute
Steine, um einen Angriff abzuwehren, was
wiederum das Signal für die israelischen
Sicherheitskräfte zu einem umfassenden
Angriff auf das Dorf war. Soldaten schossen
Gummimantelgeschosse und Tränengasprojektile
auf jeden Menschen in Sichtweite, schwärmten
ins Dorf und besetzten Hausdächer, um ein
besseres Schussfeld zu haben. Zwei
Jugendliche, ein 15 – jähriger und ein 17-
jähriger, wurden festgenommen.
Am 3. April wurde Naji Arrar
aus Nabi Saleh am Checkpoint bei Nabi Saleh
verhaftet, angeblich weil er an
Demonstrationen im Dorf teilnahm.
Bil’in: Nächtliche Razzia – Armee sucht
internationale Aktivisten
In der Nacht zum 3. April
drangen israelische Soldaten auf der Suche
nach internationalen Aktivisten wiederholt
im Westbank Dorf Bil’in ein; niemand wurde
verhaftet.
Erstes Ziel war das Haus von
Ali Ibrahim Burnat, das von Soldaten und
Polizisten 40 Minuten lang durchsucht wurde.
Danach gingen der Trupp zum Nachbarhaus, in
dem sich das Büro der örtlichen
Protestorganisation „Friends of Freedom and
Justice“ befindet, und durchsuchte das
Gelände; allerdings ist unklar, wonach
gesucht wurde.
Eine halbe Stunde später
kamen die gleiche Truppe wieder, diesmals
zum Haus von Khamis Abu Rahma. Als der
Besitzer die herannahenden Soldaten und
Polizisten bemerkte, ging er sofort zur
Eingangstür und öffnete sie, um den
routinemässigen Eröffnungsakt einer
Militärrazzia zu vermeiden, dass nämlich
die Türe eingebrochen wird. Khamis Abu Rahma
wurde durchsucht und seine Ausweispapiere
kontrolliert, dann wurde er befragt, ob
Internationale in seinem Haus lebten; eine
halbe Stunde lang durchkämmte die Truppe das
Haus, den Garten, den Abfall und die Autos,
bevor sie sich wieder zurückzogen.
http://www.bilin-ffj.org/index.php?option=com_content&task=view&id=350&Itemid=1
Bil’in:
Freitagsprotest in Erinnerung an den Landtag
-
Vertreter verschiedener
Bürgerkomitees in der Westbank, Dr. Mustafa
Barghouti und eine Delegation seiner Partei
Al Mubadara, internationale und israelische
Aktivisten waren nach Bil’in gekommen, um
mit den Dorfbewohnern an den „Landtag“ zu
erinnern, den 30. März 1976, als bei
Protesten palästinensischer Bürger Israels
gegen die Enteignung ihres Lands durch den
Staat Israel sechs Palästinenser erschossen
wurden. Die Protestteilnehmer trugen auch
Plakate zur Erinnerung an Jawaher und Bassem
Abu Rahmah aus Bil’in, die ihre Teilnahme an
Bil’ins Protesten gegen die israelische
Mauer und die illegalen Siedlungen mit dem
Tod bezahlten, und gelbe Banner mit dem Foto
von Marwan Barghouti, dem prominenten
Fatahpolitiker, der von Israel zu einer
fünffachen lebenslangen Freiheitsstrafe
verurteilt wurde und als Sprecher der
palästinensischen politischen Gefangenen
gilt.
Die israelische Armee
erwartete den Protestzug an der Mauer und
setzte das übliche Arsenal an Waffen und
„Mengenkontrollmitteln“ ein:
Tränengaskanister, Schockgranaten und
Gummimantelgeschosse hagelten auf die
Demonstranten, ein Wasserwerfer
überschwemmte Menschen und Gelände mit
„Stinkwasser“, einer übelriechenden, schwer
zu entfernenden Mischung aus Chemikalien und
Abwässern, und Soldaten sprühten
Pfefferspray in die Augen einiger Teilnehmer
und verletzten so zwei Demonstranten; die
bereitstehenden Sanitäter hatten die Hände
voll. Spezialtruppen der israelischen Armee
verfolgten einige Protestteilnehmer, um sie
zu verhaften, waren aber erfolglos.
http://www.bilin-ffj.org/index.php?option=com_content&task=view&id=349&Itemid=1
Übersetzt und zusammengefasst
von Martina Lauer
Friedlicher Widerstand in Nabi Saleh,
Westbank, 26. März
2011
Mit der Anklageerhebung
gegen ein inhaftiertes Mitglied des
Bürgerkomitees Nabi Saleh und der Verhaftung
eines zweiten Mitgliedes verfolgt die
israelische Armee die gleichen Strategien
wie bei der versuchten – und nach
Einschätzung der palästinensischen
Aktivisten vergeblichen- Niederschlagung
der friedlichen Protestbewegung in den
Westbankdörfern Bil’in und Ni’lin.
Nächtliche Razzien im Dorf, die Entführung
von Minderjährigen, die durch erzwungene
Geständnisse von der israelischen
Militärjustiz als Kronzeugen gegen örtliche
Protestorganisatoren missbraucht werden, und
ein aggressive Vorgehen gegen die
Demonstranten bei den wöchentlichen
Protesten fordern einen hohen Preis vom Dorf
Nabi Saleh für die Fortsetzung seiner
Proteste.
Freitagsdemonstration in Nabi Saleh –
12
Teilnehmer verhaftet -
Einen Tag nach der gewaltsamen Festnahme
eines der Leiter des Bürgerkomitees Nabi
Saleh, Bassem Tamimi, wurden ein
Palästinenser, fünf Israelis und drei
international Aktivisten während des
Freitagsprotestes verhaftet. Ein
palästinensischer Kameramann und drei
weitere Israelis wurden kurzzeitig
festgehalten.
Am Morgen
des 25. März, Stunden vor Beginn des
wöchentlichen Protestes, stationierten sich
Einheiten der israelischen Armee und
Grenzpolizei auf den drei Strassen, die nach
Nabi Saleh führen, und in den Hügeln um das
Dorf und brachten den Verkehr zum
Stillstand. Drei Israelis wurden beim
Versuch festgenommen, die Blockade auf
Umwegen zu umgehen.
Um 10 Uhr
rückten israelische Soldaten vom Eingang des
Dorfes ins Zentrum des Dorfes vor, ein
Hindernis, das die Demonstranten erfolgreich
umgehen konnten, indem sie sich zwischen den
Häusern durchschlängelten. Sie erreichten
die Strasse zur Quelle des Dorfes, auf die
Siedler der nahegelegenen israelischen
Kolonie Anspruch erheben, und waren bereits
auf ihrem friedlichen Protestmarsch
unterwegs, als die Soldaten den Marsch
bemerkten und sofort mit dem Beschuss mit
Tränengasprojektilen begannen. Letztendlich
wurden alle Demonstrationsteilnehmer ins
Dorf zurückgescheucht und dutzende von
Soldaten, einige mit Gesichtsmasken,
patroullierten die Strassen und stellten
sicher, dass ein nicht erklärtes
Ausgangsverbot eingehalten wurde. Zu diesem
Zeitpunkt begannen die Soldaten mit den
teilweise brutalen Verhaftungen von
Demonstranten. Beim Versuch, den Abtransport
eines Palästinensers zu verhindern, wurden
mehrere Demonstranten geschlagen, mit
Pfefferspray und Tränengas besprüht und
festgenommen.Kurz nach Mitternacht wurden
alle Israelis und die amerikanischen
Aktivisten freigelassen unter der Bedingung,
dass sie Nabi Saleh in den nächsten 15 Tagen
nicht betreten. Zwei Internatinale sollten
am Samstag vor ein Magistratsgericht in
Jerusalem gebracht werden. Mit den
Palästinenser Udai Tamimi wurde anders
verfahren; Israels rassistische
Diskrimnierung gegen eine ethnische Gruppe
im Heiligen Land führt dazu, dass er acht
Tage in Haft sitzen muss, bevor er zu einer
ersten Anhörung vor einem Militärrichter
erscheint.
Neben
Journalisten und internationalen Aktivisten
wurden auch Ambulanzen von den Soldaten
behindert im Versuch, den Widerstand in Nabi
Saleh zu isolieren.
Nabi
Saleh: Zweites Mitglied des
Bürgerkomitees in Militärrazzia festgenommen
-
Bassem Tamimi, ein Organisator des
Bürgerkomitees gegen die Mauer und
Siedlungen in Nabi Saleh, wurde am 24. März
von der israelischen Armee verhaftet,
berichtete das Popular Sruggle Coordination
Committee.
Kurz nach Betreten seines Hauses, als Bassem
Tamimi sich für ein Treffen mit
ausländischen Diplomaten vorbereiten wollte,
stürmte eine Spezialeinheit der Armee sein
Haus und nahm ihn fest. Dabei wurde seine
Frau angegriffen, als sie versuchte, die
Razzia auf Video zu filmen.
Bassem wurde in den vergangenen Wochen von
der Besatzungsarmee in Verbindung mit seinen
Aktivitäten in der friedlichen
Widerstandskampagne in Nabi Saleh gegen die
Mauer und Siedlungen wiederholt bedroht und
kurzzeitig festgenommen.
Als ein anderes Mitglied des Bürgerkomitees
Nabi Saleh, Nagey Tamimi (47) am 5. März
während einer Militärrazzia verhaftet wurde,
überfielen israelische Soldaten das Haus von
Bassem Tamimi in der gleichen Nacht, mussten
aber mit leeren Händen abziehen, weil Bassem
nicht im Haus war.
Einen Tag vor Bassem Tamimis Verhaftung
erfolgte die offizielle Anklageerhebung
gegen Naji Tamimi, der wegen “Aufwiegelung”
und der “Organisation von illegalen
Demonstrationen” vor ein Militärgericht
gestellt wird. Die Militärrichter
verlängerten seine Inhaftierung bis zum
Abschluss des Gerichtsverfahrens. Es wird
erwartet, dass die gleichen Anklagepunkte,
die bereits gegen Aktivisten in Ni’lin und
Bil’in vorgebracht wurden, auch gegen Bassem
Tamimi erhoben werden.
In den vergangenen fünf Wochen hat die
israelische Armee achtzehn Einwohner von
Nabi Saleh verhaftet, von denen die
Besatzungsbehörde vermutet, dass sie sich an
den wöchentlichen gewaltlosen Protesten im
Dorf beteiligen. Die Hälfte der
Festgenommenen waren Minderjährige, der
jüngste war 11 Jahre alt. Die Verschleppung
von Dorfbewohnern beruht wahrscheinlich auf
Anschuldigungen, zu denen ein
vierzehnjähriger Junge aus Nabi Saleh
gezwungen wurde, Islam Tamimi, der am 24.
Januar 2011 mitten in der Nacht aus seinem
Haus entführt und bei dem anschliessenden
mehrstündigen Verhör massiv unter verbalen
und psychologischen Druck gestellt wurde.
Seit dem Beginn des Widerstandes gegen die
israelische Annexion von Dorfland im
Dezember 2009 hat die israelische Armee 63
Dorfbewohner des 550 Einwohner zählenden
Dorfes in Verbindung mit der Protestbewegung
verhaftet, etwa 10% der gesamten
Dorfbevölkerung.
Tamimis Verhaftung ist Teil einer intensiven
Kampagne der israelischen Streitkräfte gegen
Protestorganisatoren in der Westbank: In Ni’lin
und Bi’lin wurden fünf Mitglieder der
Bürgerkomitees im vergangenen Jahr vor
Militärgerichte gebracht und auf der
Grundlage der israelischen Militärorder 101
der „Aufwiegelung“ und „Organisation von
illegalen Protesten“ schuldig gesprochen und
zu Gefängnisstrafen verurteilt. Als
Beweismaterial legte die
Militärstaatsanwaltschaft Geständnisse von
Minderjährigen vor, die nachts aus ihren
Häusern entführt und danach stundenlangen
Verhören in Abwesenheit eines
Rechtsbeistandes unterworfen wurden. Der
Menschenrechstaktivist Abdallah Abu Rahmah
aus Bil’in wurde nach dieser Methode
verurteilt und trotz Proteste von Amnesty
International, Human Rights Watch und der
ranghöchsten Diplomatin der EU, Catherine
Ashton zu 16 Monaten Jahren Gefängnis
verurteilt; am 14. März wurde er unter
Auflagen freigelassen.
Razzien der israelischen Armee in Nabi
Saleh – „Datenerfassung“ für den Shin Bet
-
Seit Beginn des Jahres berichteten die
Internationale Solidaritätsbewegung und das
Koordinierungskomitee der zivilen
Widerstandsbewegung in der Westbank, Popular
Struggle Coordination Committee, von den
fortgesetzten nächtlichen Überfällen der
israelischen Armee auf das kleine, 550
Einwohner zählende Dorf An Nabi Saleh in der
Westbank.Sie beschreiben die nächtlichen
Razzien als Kollektivstrafe für die Dörfer,
die Widerstand leisten, bei denen wiederholt
Jugendliche verhaftet und langen Verhören
unterzogen werden, um sie zu belastenden
Aussagen über Protestorganisatoren zu
zwingen.1)
Die nächtliche Razzien richteten sich vor
allem gegen junge Männer des Dorfes und
Organisatoren der wöchentlichen Proteste in
Nabi Saleh gegen die illegale israelische
Mauer und die Kolonisierung der
palästinensischen Westbank.
Bassem
Tamimi vom Bürgerkomitee Nabi Saleh, der
inzwischen verhaftet wurde, beschrieb am 13.
Januar 2011, dass die Armee seit Beginn der
Woche fast alle Häuser in Nabi Saleh
durchsucht hatte. In voller Kampfausrüstung
drangen die Soldaten in die Häuser ein,
fotografierten die männlichen Bewohner im
Alter zwischen 12 und 22 und notierten die
Nummern ihrer Ausweise.
Am Tag der
wöchentlichen Demonstration im Rahmen der
gewaltlosen Widerstandskampagne gegen die
Mauer gehen die Soldaten dann mit einem
kleinen Buch von Haus zu Haus und verhaften
Menschen, die auf der Liste stehen, egal, ob
sie zur Demonstration gingen oder vor dem
Fernseher sassen.
Einmal
festgenommen werden die Opfer einer oder
mehrerer Standardvergehen angeklagt, die von
der palästinensischen Bevölkerung als
„Einkaufsliste des Shin Bet“ beschrieben
werden 2), meist Steinewerfen und Störung
der öffentlichen Ordnung. Beweise,
Augenzeugen,Videos oder Fotos, sind vor den
israelischen Militärgerichten nicht
notwendig, solange ein israelischer Soldat
aussagt, den Angeklagten gesehen zu haben.
Seit einem
Jahr protestiert das kleine Dorf westlich
von Ramallah gegen die fortgesetzte
Konfiszierung seines Landes durch die
nahegelegene Siedlungskolonie Halamish mit
wöchentlichen Demonstrationsmärschen zu
einer Quelle, die dem Dorf gehört, aber von
den Siedlern beansprucht wird. Obwohl die
waffenlosen Demonstranten sich einer voll
bewaffneten Armee gegenübersehen, die sie
meist am Verlassen des Dorfes hindert und
mit Tränengas und anderen
Mengenkontrollmitteln beschiesst, wollen sie
das Besitzrecht des Dorfes durch ihre
Präsenz verteidigen und mit ihrer
Demonstrationsbereitschaft jede Woche gegen
die Entrechtung durch die
Siedlungsausdehnung kämpfen.
14 – jähriger Teenager
nach Verhaftung
und Verhören verbannt - Die
Besatzungsbehörden im Militärgericht Ofer
haben den 14-jährigen Islam Tamimi zu
Hausarrest in Ramallah verurteilt und damit
von seinem Zuhause in Nabi Saleh verbannt,
berichtete Stop the Wall am 1. Februar. Nach
Berichten von Adameer, einer
Menschenrechtsorganisation zur Unterstützung
politischer Gefangener, wurde Islams Eltern
befohlen, eine Strafe von 10 000 Schekel vor
der nächsten Gerichtsverhandlung zu
bezahlen, andernfalls würde Islam im
Gefängnis bleiben und könne seinen
Hausarrest in Ramallah nicht antreten.
Islam wurde in der Nacht vom 23. zum 24.
Januar in einer nächtlichen Razzia
verhaftet, Familienmitglieder und Nachbarn,
die ihm zur Hilfe kommen wollten, wurden von
den israelischen Soldaten geschlagen,
konnten aber die Festnahme seines älteren
Bruders verhindern.1)
Drei Wochen zuvor war Islam während der
Freitagsdemonstration verhaftet und zur
nahegelegenen illegalen Siedlung Halamish
gebracht worden, wo er mit hinter dem Rücken
gebundendenen Händen mehrere Stunden im
Regen sass, bevor er zu einem Verhör
gebracht wurde, bei dem er vor allem über
die Organisatoren der Proteste ausgefragt
wurde.2)
Nach seiner
zweiten Verhaftung am 24. Januar wurde er
direkt zum Gefängnis Ofer gebracht und einem
achtstündigen Verhör unterworfen, bei dem
weder Eltern noch ein Rechtsbeistand
anwesend waren. Obwohl Tamimis Anwälte sich
sofort zur Polizeistation aufmachten,
erhielten sie erst nach fünf Stunden Zutritt
zu dem eingeschüchterten 14- jährigen, der
nach dem langen, nächtlichen Verhör zu jedem
Geständnis bereit war.
Ynet berichtete am 26. März über die
Ergebnisse dieser Verhöre von Minderjährigen
unter der Schlagzeile:
„Geheimnisse
der Proteste in Nabi Saleh;
Organisierte Armee von Jungen folgt einem
Rattenfänger; Verhaftung, Anklageerhebung
gegen sieben Jugendliche, die an
Demonstrationen in Nabi Saleh beteiligt
sind, führt zu Enthüllungen über die
internen Strategien eines Mannes, der Gewalt
mit militärischer Präzision organisiert.
Ynet bietet einen Einblick hinter die
Kulissen bei den gewalttätigsten
Protesten.“3)
Einen Tag
später wurde sein 11-jähriger Bruder von
Soldaten festgenommen und kurzzeitig
festgehalten. Zwei Taga danach wurden zwei
ältere Brüder von Islam Tamimi in einer
Razzia festgenommen.
Stop the
Wall kommentierte, dass die Besatzung in der
Regel Jugendliche und Mitglieder der
Bürgerkomitees im Visier hat, um die
Proteste zu untergraben. Dies wurde zuvor in
al Ma’sara, Bil’in und Ni’lin beobachtet,
und ist jetzt in Al Nabi Saleh zu sehen.4)
Von
Gaza bis nach Jerusalem: Stellungnahme
der Jewish Voice for Peace zur Eskalation
der Gewalt, 25. März 2011 -
Die US-Organisation „Jewish
Voice for Peace“, die sich für eine neue
Nahostpolitik der USA auf der Basis des
Völkerrechtes einsetzt, ruft zur
Unterstützung der friedlichen
Protestbewegung in Palästina und der
globalen BDS-Bewegung (Boycott, Divestement,
Sanctions)auf, um die Forderungen der
Zivilgesellschaften in Israel/Palästina nach
Gleichberechtigung und für den Respekt ihrer
Menschenrechte zu unterstützen.
Jeder Akt der Gewalt, besonders gegen
Zivilisten, ist ein grundlegendes Versagen
der menschlichen Vorstellungskraft und
verursacht ein tiefes, anhaltendes Trauma in
allen Beteiligten. In der Trauer um neun
Leben, die in Gaza verloren wurden, und ein
Leben, das in Jerusalem verloren wurde,
weisen wir das Reaktionsmuster zurück, nach
dem der Tod von Israelis verurteilt wird,
während der Tod von Palästinensern ignoriert
wird. Wir diskriminieren nicht. Jeder Tote
ist ein Toter zu viel – ob Palästinenser
oder Israeli.
In den 44 Jahren der israelischen Besatzung
von Gaza, der Westbank und Ostjerusalems
haben allein in den vergangenen zwei Jahren
(vom 31. Januar 2009 bis zum 31. Januar
2011, nach der Operation „Cast Lead“) über
1000 Palästinenser ihr Zuhause durch
Hausdemolierungen verloren, hunderte wurden
illegal festgehalten und über 150 Männer,
Frauen und Kinder wurden von der
israelischen Armee (IDF-Israeli Defence
Force) und Siedlern getötet, so berichtet
die israelische Menschenrechtsorganisation
B’tselem.(1) Viele Hektar palästinensischen
Landes wurden enteignet und Haine von
bewaffneten Siedlern entwurzelt. Zahllose
Stunden wurden an Checkpoints verschwendet,
oft vergeblich, während Palästinenser Zugang
zu medizinischer Versorgung, zur Arbeit und
Ausbildung suchen. Eineinhalb Millionen
Menschen in Gaza leben mit einer begrenzten
Nahrungsversorgung, mangelnder Elektrizität
und gesundheitsgefährdender
Abwasserinfrastruktur.
Besatzung
bedeutet tägliche, fortgesetzte Akte in
einer Struktur der Gewalt. All dies im
Dienst einer Regierung, die kontinuierlich
illegale israelische Siedlungen auf dem Land
baut, das rechtsmässig Palästinensern
gehört.
Diese Aktionen werden von unseren
Schlagzeilen nicht erfasst, weil sie so zur
Gewohnheit wurden, dass wir gelernt haben,
sie nicht zu sehen. Aber Palästinenser leben
täglich mit ihnen und den tiefgreifenden
Konsequenzen, und daran müssen wir uns
erinnern, wenn wir die schrecklichen
Ereignisse der vergangenen Wochen
bedenken(2):
-Ein Mensch
oder mehrere (wir wisssen nicht, wer) hat
eine Bombe an einer Bushaltestelle in
Jerusalem gelegt, die 30 israelische
Zivilisten verwundet und eine Zivilistin
getötet hat;
-Ein
israelischer Bombenangriff hat drei Kinder
und einen älteren Mann in Gaza getötet;
- Ein Mensch
oder mehrere(wir wisssen nicht, wer) hat
fünf Mitglieder einer Familie, darunter drei
Kinder, in Itamar, einer israelischen
Siedlung in der Westbank, ermordet;
-Die
israelische Regierung hat plötzlich die
Blockade von Gaza verschärft und
militärische Angriffe eskaliert, dabei
wurden seit Mitte März insgesamt 11
Palästinenser getötet und 40 verletzt;(3)
-Palästinenser haben über 50 Granaten und
Raketen von Gaza in bevölkerte Gebiete im
Süden Israels gefeuert.
Diese
schrecklichen Gewalttaten erinnern uns
daran, dass unsere beste Hoffnung auf eine
Beendigung der israelischen Besatzung in der
Unterstützung für die inspirierende
gewaltlose Bewegung der Palästinenser für
Veränderung liegt, in den
friedlichen Freitagsprotesten in Orten wie
Bil‘in, Ni’lin, Sheikh Jarrah und in der
globalen Bewegung für Boykott und Sanktionen
[BDS - Boycott, Divestment and Sanctions].
Diese Bewegung zeigt Respekt für das Leben,
sie ist untrennbar mit den gewaltlosen,
demokratischen zivilen Bewegungen in der
arabischen Welt verbunden, die uns
motivieren, und begrüsst die Solidarität und
Unterstützung israelischer und
internationaler Unterstützer der
Gleichberechtigung und universaler
Menschenrechte.
Diese
Bewegung stellt die Logik der Armeen, der
Vergeltungsangriffe und des bewaffneten
Kampfes fundamental in Frage.Diese Bewegung
hat das Potential zu erreichen, was keine
Regierung bisher geschafft hat- Druck auf
Israel auszuüben, um es nach den Masstäben
internationalen Rechtes zu messen und so
Bedingungen für wirklich sinnvolle
Verhandlungen zu schaffen.
Das Recht
auf ein Engagement im gewaltlosen
Widerstand, eine grundlegende Komponente
jeder funktionierenden Demokratie, wird in
Israel angefochten, was, weil es so wirksam
ist, nicht überrascht.
Menschenrechtsaktivisten werden festgenommen
oder inhaftiert. Gesetze zur
Kriminalisierung der BDS-Bewegung oder zur
Behinderung von Menschenrechtsorganisationen
werden in der Knesset verhandelt.
Massnahmen
allein in dieser Woche:
-Der einfache
Akt des öffentlichen Gedenkens an die Nakba,
einem wichtigen, gewaltlosen Akt
palästinensischer Erinnerung, wurde in
Israel durch die Knesset praktisch
kriminalisiert.(4) Die Knesset hat auch ein
Gesetz verabschiedet, nach dem kleine
Gemeinden in Galiläa und der Negev gegen
jeden, der dort einen Antrag auf Wohnsitz
stellt, diskriminieren können, wenn er nicht
zum „soziokulturellen“ Charakter der
Gemeinde passt.(5)
-Die Knesset
führte Anhörungen durch, um festzustellen,
ob die „pro-israelische, pro-Friedens“
Gruppe J Street ausreichend pro-Israel ist.
(6)
--Die
israelische Armee hat die Schaffung einer
neuen nachrichtendienstlichen Militäreinheit
angekündigt, die internationale,
linksgerichtete Friedens- und
Menschenrechtsgruppen überwachen soll, die
von der Armee als eine Gefahr für Israel
angesehen werden.Die Abteilung wird eng mit
Ministerien der Regierung zusammenarbeiten.
(7)
-Dutzende von
Soldaten überfielen das Haus von Bassem
Tamimi, dem Leiter des gewaltlosen
Bürgerkomitees Nabi Saleh, und schlugen
seine Frau und Tochter, während sie ihn
verhafteten, voraussichtlich unter dem
Vorwurf der „Aufwiegelung“ und des „Organsierens
von illegalen Demonstrationen“.(8)
Während die
israelische Regierung zunehmend
antidemokratische Massnahmen und
militärische Unterdrückung einsetzt,
verdoppeln wir bei der Jewish Voice for
Peace unseren Einsatz für die grösste
Hoffnung – eine gewaltlose, von
Palästinensern geführte Widerstandsbewegung,
in der wir alle zusammenarbeiten können, um
das Leben, die Gerechtigkeit und die
Gleichberechtigung zu fördern.
Wir laden
Sie ein, sich an dieser Bewegung zu
beteiligen.
Friedlicher
Widerstand in der Westbank,
18. März 2011
Bei den wöchentlichen Protesten gegen die
Mauer in der Westbank wurden sechs
Teilnehmer verletzt und zwei verschleppt,
als die israelische Armee die
Demonstrationen angriff, berichtete IMEMC am
18. März.1)
Bil’in: Abdullah
Abu
Rahmahs erste Demontration nach 16
Monaten in israelischer Haft -
In Bil’in beteiligten sich
internationale und israelische Aktivisten
nach dem Mittagsgebet am Protestmarsch der
Dorfbewohner zur Mauer, durch die etwa die
Hälfte des Dorflandes für den Bau von
Siedlungen annektiert wurde, israelischen
Kolonien, die nach internationalem Recht
illegal sind.2) Unter den Teilnehmern waren
auch Mitglieder der Bewegung des 15. März
für die palästinensische Einheit, die an
einen Hungerstreik auf dem Al-Manara-Platz
in Ramallah teilgenommen hatten.3) Abdullah
Abu Rahmah, ein führender Aktivist aus Bil’in,
der erst vor kurzem aus israelischer Haft
entlassen wurde, betonte, dass israelische
Repressalien den friedlichen Widerstand
nicht aufhalten können.4)
Vor dem Durchgangstor der Mauer hielten sich
zahlreiche israelische Soldaten mit
gezückten Waffen bereit, um die
unbewaffneten Demonstranten mit Tränengas,
gummi-ummantelten Stahlkugeln und
Schallbomben auseinanderzutreiben. Seit
Jahresbeginn wird wieder ein Wasserwerfer
eingesetzt, der eine stinkende Flüssigkeit
versprüht, Abwasser mit Chemikalien
vermischt, das sich tagelang nicht von der
Haut und aus den Kleidern waschen lässt und
zu Übelkeit und Erbrechen führen kann.
Diesen Freitag herrschte Windstille und die
massiven Tränengaswolken hüllten die
Demonstranten ein, die sich in Richtung
Mauer vorwagten, und führten bei vielen zu
Atemnot.
Vier Menschen wurden von Tränengaskanistern
und Gummimantelgeschossen verletzt, eine
italienische Aktivistin verletzte sich beim
Rückzug vor einem Angriff der Soldaten am
Fuss.
Das Bürgerkomitee berichtete, dass die
Soldaten auf die oberen Körperhälften und
Köpfe der Demonstranten zielten, was manche
Teilnehmer zu zornigen Gegenreaktionen und
Steinewerfen provozierte.
3)Bis zu 5000 Menschen
beteiligten sich am 15. März auf dem
Al-Manara-Platz in Ramallah an einem Protest
gegen die politische Spaltung und für
inklusive Wahlen, zu dem palästinensische
Jugendorganisationen aufgerufen hatten. Ein
dutzend Jugendliche befanden sich vier Tage
lang im Hungerstreik auf dem Al-Manara-Platz;
zusätzlich gab es Proteste in mehreren
Westbankstädten. Organisatoren protestierten
gegen die Übergriffe von palästinensischen
Sicherheitskräften, die Protestteilnehmer
verprügelten, Taserwaffen einsetzten, zwei
ausländische Journalisten festnahmen und
ihre Kameras konfiszierten.
Ni’lin:
Erinnerung an Tristan Anderson und Rachel
Corrie - Im
Nachbardorf Ni’linwurde bei der
Demonstration gegen die Mauer und
Landannexion an zwei Mitglieder der
Internationalen Solidaritätsbewegung
[International Solidarity Movement – ISM]
erinnert: Tristan Anderson wurde am 13. März
2009 bei einer Demonstration in Ni’lin durch
ein in der USA produziertes
Hochgeschwindigkeits-Tränengassprojektil
lebensgefährlich verletzt, als ein Offizier
der israelischen Grenzpolizei aus der Nähe
direkt auf seinen Kopf zielte. Tristan
Anderson hat sich bis heute noch nicht
vollständig von der schweren Kopfverletzung
erholt.
Vor acht Jahren wurde Rachel Corrie am 16.
März in Rafah, Gaza, von einem D9-Bulldozer
der amerikanischen Firma Caterpillar
überrollt und zu Tode gedrückt. Rachel
Corrier hatte sich vor das Haus eines
palästinensischen Artztes gestellt, um eine
weitere Hauszerstörung zu verhindern. Die
Teilnehmer trugen Fotos der beiden und
grosse Banner, die Israels Behandlung der
beiden internationalen Aktivisten
verurteilten.
Nabi
Saleh: Besatzungssoldaten verhängen
Ausgangssperre und besetzen Häuser -
In
Nabi Saleh, ebenfalls in der zentralen
Westbank, wurde das Dorf vom frühen Morgen
an von israelischen Sicherheitskräften
umringt und zur „geschlossenen militärischen
Zone“ erklärt, um Journalisten,
internationale Solidaritätsaktivisten und
Ambulanzen vom Dorf fernzuhalten, während
die Armee gleichzeitig den Zugang von
israelischen Siedlern zu einer Quelle im
Besitz des Dorfes ermöglichte. Journalisten,
die trotz aller Sperren ins Dorf gelangten,
wurden bei ihrer Arbeit von den Soldaten
bedroht; eine Ausgangssperre im Dorf sollte
die Bewohner vom Verlassen ihrer Häuser
abhalten; Dorfbewohner und
Protestteilnehmer, die sich auf die Strasse
wagten, wurden von Scharfschützen, die auf
Hausdächern Stellung genommen hatten, mit
Gummimantelgeschossen und Tränengaskanistern
beschossen; ein 23- jähriger Mann wurde
verletzt.
Al
Ma’sara: Festnahme von zwei israelische
Aktivisten - Im
Dorf Al-Ma’sara bei Bethlehem wurden zwei
Demonstranten festgenommen und abgeführt,
als israelische Truppen den Protestzug
angriffen, der sich in Richtung des vom
Mauerbau gefährdeten Dorflandes aufgemacht
hatte.
Der wöchentliche Protest wurde in
Unterstützung der Jugendbewegung des 15.
März abgehalten, die ein Ende der
politischen Spaltung und Wahlen für den
palästinensischen Nationalrat [Palestinian
National Council ]fordert. Die Demonstranten
trugen auch Fotos von Ahmed Sa’dat, dem
Generalsekretär der Popular Front for the
Liberation of Palestine, der vor fünf Jahren
verhaftet wurde.
Nachdem die Demonstranten
unter israelischer Armeeeskorte etwa 300
Meter entlang einer Strasse in Richtung
ihres Dorflandes marschiert waren,
blockierte eine zweite Gruppe israelischer
Soldaten den Weg und erklärten das Gebiet
zur „geschlossenen militärischen Zone“.
Die Armee begann darauf, die bis dahin sehr
friedliche Demonstration mit Tränengas und
Schockgranaten zu zerstreuen und nahm dabei
zwei israelische Aktivisten fest.
Betlehem: Oliven-
und Mandelbäume auf gefährdetem Land
gepflanzt -
Eine Gruppe jugendlicher
Freiwilliger aus der Stadt Bethlehem setzte
zusammen mit palästinensischen Jugendlichen
aus dem ‘48er Territorium 200 Bäume auf
einem Gebiet zwischen dem Dorf Al Walaja und
der israelischen Siedlung Har Gilo. Beinahe
150 Freiwillige arbeiteten von acht Uhr
morgens bis vier Uhr nachmittags auf dem
Gelände, das von einer Konfiszierung duch
die Besatzungsarmee bedroht ist, und liessen
sich nicht vertreiben, als
Besatzungssoldaten ankamen und die Arbeit
stoppen wollten.
Stop the Wall hatte die
Aktion in Erinnerung an den Landtag
organisiert, der jedes Jahr am 30.
März
begangen wird.
Beit Ijza: Sit-in
vor der Apartheidmauer -
Dutzende von Bewohnern von
Beit Ijza im Nordwesten von Jerusalem
organisierten am Freitag ein Sit-in vor dem
Tor der Mauer, um den seit drei Monaten
verweigerten Zugang zu ihrem Land hinter der
Mauer wiederzuerlangen. Die Bauern wurden
daran gehindert, ihre Olivenbäume zu
beschneiden und ihre Felder zu pflügen; sie
sehen die Schliessung des Tores als Versuch,
Palästinenser von ihrem Land zu trennen,
weil rachliegendes Land von Israel
annektiert werden kann.
Stop the Wall, die National
Campaign, Bauern und die örtlichen Räte in
Dörfern nordwestlich von Jerusalem hatten zu
dem Sit-in aufgerufen und wollen die Aktion
an den kommenden Freitagen fortsetzen.
Neue
Priorität
der israelischen Sicherheitskräfte: Von
der Bekämpfung des bewaffneten
palästinensischem Widerstandes zur
Unterdrückung gewaltloser Aktivisten
Jesse Rosenfeld analysiert
in Interviews mit den palästinensischen
Aktivisten Abdullah Abu Rahmah, Omar
Barghouti und Mohammad Othman, wie die
zunehmende internationale Popularität des
gewaltlosen Widerstandes der
palästinensischen Bevölkerung und
Boykottmassnahmen, u.a. in Unterstützung des
zivilen palästinensischen Widerstandes, von
Israel als Bedrohung und „Delegitimierung“
bekämpft werden.1)
Abdullah Abu Rahmah
verbrachte 16 Monate im Gefängnis für seine
Rolle bei der Organisation von
Demonstrationen gegen israelische
Landannexionen in seinem Dorf an der Grenze
der Westbank.
Als Abdullah Abu Rahmah, ein führendes
Mitglied des palästinensischen zivilen
Widerstandes, sein Haus im Westbankdorf Bil’in
zum ersten Mal in 16 Monaten nach seiner
Freilassung aus einem israelischen
Militärgefängnis betrat, wurde er von seiner
Familie, von Dorfbewohnern und Unterstützern
begeistert willkommen geheissen.
In
diesem Haus mit Bannern, auf denen sein
Gesicht neben Fotos von Yasser Arafat und
dem inhaftierten Anführer der Zweiten
Intifada, Marwan Barghouti zu sehen war,
drückte Abu Rahmah gemischte Gefühle
angesichts der Rückkehr vom Gefängnis in das
Alltagsleben unter der Besatzung aus.
“Ich bin sehr glücklich, wieder bei meiner
Familie und bei meinen Freunden zu sein,
aber gleichzeitig bin ich sehr traurig wegen
der Menschen, die noch im Gefängnis sitzen,
all den Menschen, denen die Freunde und
Familien versagt werden. Es macht mich sehr
zornig und alle Palästinenser müssen
freigelassen werden,” sagte er zwischen den
Umarmungen.
Es war sein erster öffentlicher Auftritt als
prominenter Vertreter des sechsjährigen
Kampfs seines Dorfes. Zuletzt war er an
einem kalten Januarmorgen in einem
vollbesetzten Militärgerichtssaal
erschienen, um zu hören, dass sein Urteil
nach mehr als einem Jahr im Gefängnis
verlängert wurde.
Im Dezember 2010 wurde er wegen seiner Rolle
bei der Organisation von Demonstrationen
gegen die israelische Mauer und Landannexion
in seinem Dorf an der Grenze der Westbank zu
12 Monaten Gefängnis verurteilt. Abu Rahmahs
Gefängnisstrafe wurde auf Antrag der
Militärstaatsanwaltschaft im
Berufungsverfahren um vier Monate
verlängert. Europäische Diplomaten, die bei
der Verhandlung anwesend waren, reagierten
mit einer Stellungnahme, in der er als
politischer Gefangener bezeichnet und seine
Inhaftierung verurteilt wurde.
Es
sieht so aus, als ob das Vorgehen gegen Abu
Rahmah das bekannteste Beispiel für eine
Verlagerung in Israels
Sicherheitsprioritäten ist – vom Bekämpfen
des bewaffneten palästinensischen
Widerstandes zur vorrangigen Konzentration
auf palästinensische und israelische
Aktivisten, die an der populären
Widerstandskampagne beteiligt sind und beim
Aufbau von internationalem Druck im Ausland.
Dieser Punkt wurde klargemacht, als die
Gerichtsentscheidung zum Berufungsantrag[im
Fall von Abdullah Abu Rahmah] von seiten der
Militäranklage veröffentlicht wurde. Als ich
den Aktivisten der palästinensischen
Volksbewegung vor Verhandlungsbeginn um
einen Kommentar bitten wollte und mich der
Anklagebank näherte, wurden die
Armeesicherheitsbeamten sichtlich nervös,
schritten sofort ein und brachten Abu Rahmah
zum Schweigen, bevor er auch nur einen Satz
hervorbringen konnte.
Die ersten Zeichen dieser Neuorientierung
waren schon 2007 zu sehen, als der Leiter
des Shin Bet, Yuval Diskin, in einem Brief
an Organisationen zur Verteidigung der
Rechte von palästinensischen Staatsbürgern
Israels klarmachte, dass Israels
Sicherheitsapperat beabsichtige, „die
subversiven Aktivitäten von Gruppen zu
sabotieren, die den Charakter des
israelischen Staates als jüdischen und
demokratischen Staat gefährden, selbst wenn
ihre Aktivitäten nach allen Regeln einer
Demokratie durchgeführt werden.“
Diese Rethorik wurde im Dezember 2010
ausgeweitet, als Premierminister Benjamin
Netanjahu sagte, dass Israel „ alle zur
Verfügung stehenden Ressourcen einsetzen
werde“, um „ Kritiker, die Israel die
Legitimität entziehen,zu deligitimieren.“[delegitimize
the delegitimizers] Diese Stellungnahme war
an palästinensische und israelische
Aktivisten gerichtet, die die internationale
Aufmerksamkeit auf israelische
Menschenrechtsverletzungen gegenüber
Palästinensern richten, vor allem durch die
wachsende internationale Bewegung für
Boykott, Desinvestition und Sanktionen [Boycott
Divestment and Sanctions (BDS)].
Die BDS Bewegung zielt darauf, gleiche Recht
für Palästinenser zu erlangen, u.a.das Recht
auf Selbstbestimmung und das Rückkehrrecht
der Flüchtlinge, indem der internationale
Druck auf Israel und seine Unterstützer
aufgebaut wird.
“Weil BDS so weit verbreitet ist und global
Wurzeln gefasst hat, werden Anführer des
gewaltlosen Widerstandes von Israel als
gefährlicher angesehen, weil ihr Kampf
heutzutage wahrscheinlich weitere
Boykottmassnahmen gegen Israel inspiriert
und auslöst,” sagte Omar Barghouti, ein
Mitbegründer des Nationalen Komitees für den
palästinensischen Boykott [the Palestinian
Boycott National Committee (BNC)] über Abu
Rahmah.
Bei einem Treffen in Ramallah wies er darauf
hin, dass die Versuche, die Anführer des
populären Widerstandes in der Westbank zum
Schweigen zu bringen, zumindest teilweise
eine Reaktion auf Boykottmassnahmen sind,
die Ausdruck der internationalen
Unterstützung für den Widerstand der
palästinensischen Bevölkerung sind, und
weniger ein direktes Resultat von
Boykottaufrufen der führenden Aktivisten.
Bei seiner Diskussion der
Fortschritte in der BDS Kampagne im Jahr
2010 erläuterte Barghouti, dass die Bewegung
nach einer Reihe von erfolgreichen
Initiativen in Europa im Westen Fuss gefasst
habe. Er verwies auf die Milliardenverluste
in Verträgen für Veolia, die er als Folge
von [Veolias] Beteiligung am
Stadtbahnprojekt in Jerusalem ansah, das
durch den besetzten Ostteil der Stadt zu den
illegalen jüdischen Siedlungen verläuft; und
den Rückzug von skandinavischen
Pensionsfonds aus israelischen Firmen.
“Nach Israels Massaker in
Gaza, nach dem Angriff auf die Flotille,
nach den Auftrittsabsagen von bekannten
Künstlern, nachdem Firmen für ihre
Beteiligung an Israels Kriegsverbrechen
zunehmend einen Preis bezahlten, begann
Israel BDS als strategische Bedrohung
anzusehen, die extistentiell weren kann,
wenn sie nicht eingedämmt wird,“ sagte er,
während er seinen Orangensaft drank.
Israels Sicht, dass eine “strategische’ oder
“existentielle” Bedrohung nicht vom
bewaffneten, sondern vom populären
Widerstand kommt, zeigt sich im Wechsel der
Strategien, mit denen Israels
Sicherheitskräfte die Opposition
unterdrücken oder einschränken
wollen.Traditionellerweise waren das Exil
oder die Deportation von Anführern des
Widerstandes Israels bevorzugte Taktiken bei
der Auflösung der palästinensische
Opposition. Dieser Tage versucht es,
Palästinenser, die bei der Öffentlichkeit im
Westen ein offenes Ohr finden, vom Verlassen
der besetzten Gebiete abzuhalten oder zu
entmutigen.
[Jesse Rosenfeld berichtet
von Mohammad Othman, der im September 2009
nach seiner Rückkehr von Norwegen, wo er
sich für die BDS Bewegung einsetzte, fünf
Monate lang ohne offizielle Anklageerhebung
inhaftiert wurde, und dem die Ausreise aus
der Westbank bis heute versperrt ist, obwohl
ihm ein Stipendium an einer irischen
Universität angeboten wurde. In seinem
ersten Interview nach der Inhaftierung
beschrieb Othman gegenüber Rosenfeld, wie er
vom Shin Bet (u.a. durch die Androhung von
Vergewaltigungen) psychologisch und physisch
gefoltert und vor allem über Aktivisten in
der Boykottkampagne befragt wurde.
Jesse Rosenfeld berichtet weiter, dass der
israelische Sicherheitsapperat jüdische
Bürger Israels im Visier hat, die zu
internationalen Sanktionen in Unterstützung
des palästinensischen populären Widerstandes
aufrufen.Ein Komitee in der Knesset
untersucht die Finanzen von israelischen
Menschenrechtsorganisationen und eine
Mehrheit in der Knesset hat in der ersten
Lesung einem „Boykottgesetz“ zugestimmt, das
Israelis, die zum akademischen oder
wirtschaftlichen Boykott aufrufen, hohe
Geldstrafen androht.2]
Jesse Rosenfeld ist ein
Journalist, der seit 2007 aus Ramallah und
Tel Aviv berichtet, und ein Mitbegründer von
The Daily Nuisance.
“Army Does Not Believe It Can
Contain Widespread Revolution In The West
Bank”, IMEMC, 9. März 2011
(Deutsche Bearbeitung:
Martina Lauer)
Friedlicher Widerstand: Beit Ommar, 9. - 14.
März 2011
Siedlerangriff auf Beit Ommar - Am
12. März fuhren drei Busse mit etwa 250
israelischen Siedlern aus den Siedlungen Bat
Ayn und Kiryat Arba acht Uhr abends zum Dorf
Beit Ommar und begannen einen dreistündigen
Angriff auf Häuser und Menschen im Dorf. Ihr
erstes Ziel war ein Haus in der Nähe eines
israelischen Wachturms. Nachdem die Siedler
in das Haus eingebrochen waren, schlugen sie
die Einrichtung in Stücke. Anschliessend
gingen sie hinaus und zerstörten Pflanzen
und Bäume auf dem Grundstück. Die zweite
Zielscheibe des nächtlichen Überfalls war
ein Haus im Besitz der Familie Al-Alami.
Hier drangen die Siedler in das Haus ein und
verprügelten die Bewohner.
Zu diesem Zeitpunkt fuhren sechs Jeeps der
israelischen Armee im Dorf ein und Soldaten
schossen Tränengas in den Strassen. Zwei
Palästinenser, ein 17 jähriger und ein 70
ähriger Mann wurden verletzt und ins
Krankenhaus in Hebron transportiert.
Israelische Soldaten besetzten auch einige
Häuser im Dorf und benutzten sie als Posten,
von denen aus Tränengas und Schallbomben auf
Dorfbewohner geschossen wurden, die ihre
Häuser gegen angreifende Siedler verteidigen
wollten. Bis 11 Uhr hatten die Siedlerbusse
das Dorf verlassen, als eine zweite Gruppe
von Siedlern aus der Kolonie Karmei Tsu den
Versuch unternahm, in einen anderen Ortsteil
von Beit Ommar einzudringen, wurden aber von
israelischen Sicherheitskräften daran
gehindert.1)
Der Angriff war anscheinend mit anderen
Siedlern koordiniert, die palästinensische
Dörfer in der Nähe von Nablus, Ramallah und
Hebron angriffen.
Zusätzlich errichtete die israelische Armee
zahlreiche Checkpoints in der Umgebung der
Siedlung Itamar in der nördlichen Westbank,
nachdem dort Freitagnacht eine fünfköpfige
Familie ermordet wurde, darunter drei Kinder
im Alter von 11 und 4 Jahren und ein drei
Monate altes Baby. Zahlreiche Palästinenser,
die am Samstag morgen unterwegs waren oder
die auf bereits existierenden Listen der
Armee stehen, wurden festgenommen.2)
Konferenz der Frauen debattiert Strategien
zur Beendigung der Besatzung - Am 12.
März versammelten sich mehr als 300 Frauen,
darunter 100 Frauen aus Israel und 20 Frauen
aus anderen Ländern, im palästinensischen
Dorf Beit Ommar zu einer von örtlichen
Gruppen1) organisierten Konferenz. Die
palästinensischen Frauen kamen aus Beit
Ommar und umliegenden Dörfern und dem Al-Arroub
Flüchtlingslager. Die Konferenzteilnehmer
diskutierten Strategien zur Beendigung der
israelischen Besatzung und für eine bessere
Zusammenarbeit zwischen palästinensischen
und israelischen Aktivistinnen und sahen ein
Theaterstück über die Besatzung und mehrere
Vorführung von palästinensischem Tanz und
Gesang.2)
In Betlehem versammelten sich am
Internationalen Frauentag bis zu 200
Palästinenserinnen in Betlehem zu einem
Protestmarsch gegen die israelische
Besatzung und für universale Rechte der
Frauen in den besetzten palästinensischen
Gebieten. Sprecherinnen riefen Mahmoud Abbas
von der Palästiensischen Autorität in der
Westbank und Ismail Haniyeh von Hamas im
Gazastreifen auf, den internen Konflikt zu
beenden. Nach 45 Minuten endete der
gewaltfreie Protest ohne Zwischenfall.3)
1) Center for Justice and Freedom/Palestine
Solidarity Project
2)http://palestinesolidarityproject.org/2011/03/13/hundreds-attend-womens-day-organizing-conference-in-beit-ommar/‘
3)http://www.imemc.org/article/60816
Chicago und San Francisco: Erinnerung an
ermordete Jugendliche aus Beit Ommar
- Vergangene Woche folgten Aktivisten in
Chicago und San Francisco einem
Aktionsaufruf des Palestine Solidarity
Project aus Beit Ommar in Erinnerung an zwei
ermordete Jugendliche aus Beit Ommar: Am 10.
März kletterten Aktivisten im Zentrum von
Chicago an mehreren Kreuzungen auf Leitern
und befestigten neue Strassenschilder. Aus
„Ben Gurion“ wurde „Mehdi Abu Ayyash”, in
Erinnerung an einen 17jährigen jungen Mann
aus Beit Ommar, dem israelischen Soldaten am
4. März 2009 eine Kugel in den Kopf schossen,
was mehrere Monate später zu seinem Tod
führte. Die Protestteilnehmer verteilten
Flugblätter an die Passanten und
informierten über die Motive ihrer
Umbenennungsaktion.
Einen Tag zuvor hatten Aktivisten in San
Francisco ein grosses Spruchband an einem
Autobahnübergang befestigt mit der Forderung
nach „Gerechtigkeit für Mehdi Abu Ayyash“.
Ein zweiter Jugendlicher aus dem Dorf,
Yousef Ikhlyal, 17, wurde am 28. Januar 2011
während eines Siedlerangriffs auf das Dorf
angeschossen und starb an seiner
Kopfverletzung. Ein halbe Million
israelischer Siedler leben in der
palästinensischen Westbank in Kolonien, die
nach internationalem Recht illegal sind und
auf gestolhenem palästinensischem Land
errichtet wurden. Bis heute wurde keiner der
Soldaten, die für den Tod von Mehdi Abu
Ayyash verantwortlich sind, vor Gericht
gestellt, noch die Siedler, die Yousef
Ikhlyal tödlich verletzten.
http://palestinesolidarityproject.org/2011/03/10/actions-in-chicago-san-francisco-remember-murdered-beit-ommar-youth/
Demonstration an Route 60 – ein Aktivist
verhaftet - Am 9. März organisierten
70 Palästinenser mit Unterstützung von
Mitgliedern der Internationalen
Solidaritätsbewegung [International
Solidarity Movement-ISM] eine Blockade der
Route 60, einer wichtigen Verkehrsstrasse
zwischen Hebron und Bethlehem für
israelische Siedler nicht weit von der
Zufahrt zum Dorf, und brachten den Verkehr
für eine halbe Stunde zum Stillstand. Die
Demonstranten portestierten gegen die
zunehmende Ausweitung der Siedlungen in der
Westbank und die häufigen Angriffe der
israelischen Streitkräfte auf die
palästinensische Bevölkerung.
Die Demonstranten waren bereits auf dem
Heimweg, als die israelische Armee eintraf.
Einigen Soldaten gelang die Verhaftung von
Azmi Shoyorhi, einem bekannten Aktivisten
gegen die Besatzung, der am vergangenen
Samstag bei der wöchentlichen Demonstration
in Beit Ommar von einer Schallbombe am Bein
verletzt wurde. Azmi Shoyorhi litt sichtlich
unter Atembeschwerden, als er vor einem
Soldat auf dem Boden lag, weshalb mehrere
Internationale bei ihm blieben und die
Soldaten aufforderten, eine Ambulanz zu
rufen. Nach kurzer Zeit kamen Sanitäter an
der Stelle an und konnten Azmi behandeln,
bevor er von der Armee abtransportiert wurde.
http://palestinesolidarityproject.org/
Israelische Armee demoliert Gebäude in Beit
Ommar - Israelische Streitkräfte
kamen am 9. März nach Beit Ommar und
demolierten die Scheune einer örtlichen
Familie mit der Erklärung, dass das Gebäude
zu nahe an der Route 60 stünde, einer
wichtigen Verkehrsstrasse zwischen Bethlehem
und Hebron, die zur Zeit sowohl von
Palästiensern wie auch israelischen Siedlern
benutzt wird. Am gleichen Tag überreichten
die Soldaten Order zur Hausdemolierung an
drei palästinensische Familien im gleichen
Ortsteil von Beit Ommar.
Stellungnahme der palästinensischen
Bürgerkomitees - Die
palästinensischen Bürgerkomitees
[Palestinian Popular Committees Against the
Wall and Israeli Settlements] haben in einer
Stellungnahme ihre grosse Trauer über den
tödlichen Vorfall in der Kolonialsiedlung
Itamar ausgedrückt, berichtete IMEMC am 13.
März. Die palästinensischen Bürgerkomitees
sehen den Vorfall als Teil einer Eskalation,
die durch die Politik und die Aktionen der
israelischen Besatzung hervorgebracht wurde.
Die Bürgerkomitees sehen sich in ihrer
Kampagne zur Beendigung der israelischen
Besatzung den Prinzipien der Gewaltlosigkeit
und des zivilen Ungehorsams verpflichtet: „Obwohl
das Verbrechen auf kolonisiertem Land
begangen wurde, sehen wir die Tötung von
Kindern jeglicher Nationalität, Herkunft
oder Religion als ein schreckliches
Verbrechen an.“
http://www.imemc.org/article/60851
(Deutsche Bearbeitung:
Martina Lauer)
Friedlicher
Widerstand in der Westbank,
14. März 2011
Bil’in feiert die
Freilassung von Abdallah Abu Rahmah
- Der
palästinensische Aktivist Abdallah Abu
Rahmah wurde am 14. März nach fünfzehn
Monaten Gefängnishaft freigelassen, nachdem
er im vergangenen Jahr wegen der
Organisation von Protesten gegen die
israelische Trennmauer verurteilt wurde.
Abdallah Abu
Rahmah war einer der Hauptorganisatoren der
wöchentlichen Proteste im Dorf Bi’lin, das
in den vergangenen sechs Jahren zu einem
Symbol des palästinensischen Kampfes gegen
den Bau der weitläufige Annexionsmauer wurde.
In einem Urteil im Juli 2004 hat der
Internationale Gerichsthof in Deen Hag die
israelische Mauer in der palästinensischen
Westbank für illegal erklärt.
Familienmitglieder, Freunde und Unterstützer
versammelten sich am Montag abend in grosser
Zahl vor dem Tor des israelischen
Militärgefängnisses Ofer nahe der
Westbankstadt Ramallah, um Abdallah Abu
Rahmah am Gefängnistor zu begrüssen und
seine Freilassung zu feiern, die einen Tag
später als angekündigt stattfand.
Die
israelische Armee hatte ihn am 12. Dezember
2009 verhaftet; acht Monate später wurde er
von einem Militärgericht wegen
“Aufwiegelung” und der “Teilnahme an und
Organisation von illegalen Protesten”
schuldig gesprochen. In zwei weiteren
Anklagepunkten hatte ihn das Gericht
freigesprochen: Steinewerfen und dem Besitz
illegaler Waffen, ein Anklagepunkt im Bezug
auf Abu Rahmahs Ausstellung von verbrauchten
Tränengaskanistern und Munitionshülsen, die
von israelischen Soldaten bei den
wöchentlichen Protesten in Bilin gegen die
Demonstranten abgeschossen wurden. Abu
Rahmahs Schuldspruch beruhte auf den
Aussagen von minderjährigen Bewohnern
Bi’lins, die von der israelischen Armee in
nächtlichen Razzien aus dem Dorf entführt
und langen Verhören in Abwesenheit eines
Rechtsbeistandes oder Elternteiles
unterzogen wurden, in Verletzung von
israelischen Militärvorschriften. Obwohl die
israelischen Sicherheitskräfte die
Demonstrationen der zivilen
Widerstandsbewegung regelmässig filmen,
wurden ausschliesslich diese erzwungenen
Geständnisse als einziges Beweismaterial vom
Gericht zugelassen.
Abdallah Abu
Rahmahs einjährige Gefängnisstrafe wurde am
11. Januar 2011 nach einem
Berufungsverfahren auf Antrag der
Militärstaatsanwaltschaft um vier Monate
verlängert; nach seiner Freilassung am
Montag steht er mehrere Monate unter
Bewährung und riskiert eine Rückkehr ins
Gefängnis, sollte er an Demonstrationen
teilnehmen oder etwas sagen, was als
“Aufwiegelung” interpretiert werden könnte.
Amnesty
International erklärte Abu Rahmah während
seiner Zeit im israelischen Militärgefängnis
zum politischen Gefangenen und die EU
beschrieb ihn als Verteidiger der
Menschenrechte.
Vor dem
Gefängnistor sprach er mit Unterstützern und
Reportern über sein Leben nach der Haft:
“Nach meiner Freilassung habe ich keinerlei
Absicht, nach Hause zu gehen und tatenlos
herumzusitzen. In der Tat hat man mich durch
meine Inhaftierung lange genug zum Schweigen
gebracht. Unsere Sache ist gerecht, wir
streben nach Freiheit und Gleichheit, und
ich habe vor, meinen Kampf dafür wie bisher
fortzusetzen.” Er überbrachte auch eine
Botschaft von den palästinensischen
Gefangenen: “Setzt den öffentlichen Kampf
gegen die Besatzung und für nationale
Einheit fort. Unser erster und einziger
Feind ist die Besatzung.”
Wöchentliche
Proteste gegen die Mauer und Siedlungen, 11.
März 2011
Al Ma’sara:
Erinnerung an den 32. Todestag von Dalal
Maghrebi -
Auf ihrem Weg von der Schule im Zentrum des
Dorfes zum Dorfland hinter der israelischen
Mauer protestierten die Bewohner von Al
Ma’sara und international Aktivisten mit
Plakaten und Protestchören gegen das
israelische Besatzungsregime und seine
rassistischen und kriminellen Massnahmen.
Sie riefen auch zur nationalen Einheit und
Unterstützung der arabischen Revolutionen
gegen repressive Diktaturen auf.
Am Dorfausgang war die Strasse durch sieben
Militärfahrzeuge blockiert und israelische
Soldaten drängten die Demonstranten zurück
und setzten Schallbomben ein, um die
Demonstration aufzulösen; einige
Demonstranten warfen Steine zurück, aber
diese Woche wurde niemand verletzt.
Mohammed Brajiya, Medienkoordinator der
Kampagne in Betlehem, sprach während der
Demonstration, dass die arabischen
Revolutionen vom Meer bis zum Golf eine
Inspiration für das Streben nach nationaler
Einheit in Palästina sind, um die Besatzung
zu beenden und die Freiheit zu gewinnen.
Anlässlich des Internationalen Frauentages
betonte er die zentrale Rolle der
palästinensischen Frauen in der
Widerstandsbewegung.
Bil’in: Massiver Tränengaseinsatz -
Die Einwohner Bil’ins und dutzende von
israelischen Friedensaktivisten und
Solidaritätsaktivisten aus dem Ausland
marschierten diesen Freitag gegen die Mauer,
trugen Fotos von zwei bei den Protesten
getöteten Geschwistern aus Bilin, Jawaher
und Bassem Abu Rahmah, und forderten zur
Einheit in Palästina auf: „Wir wollen die
Spaltung beenden, wir wollen die Besatzung
beenden!”
Entlang der Mauer und vor dem Tor, das zu
Bilins Dorfland führt, waren israelische
Soldaten in langen Menschenkette postiert
und griffen die Demonstranten massiv mit den
in Bilin regelmässig eingesetzten Waffen an:
Schallbomben, Tränengaskanister und
gummi-ummantelte Stahlkugeln hagelten auf
die Menschen herunter und grünes Abwasser,
versetzt mit Chemikalien, wurde von einem
Wasserwerfer auf jeden versprüht, der der
Mauer zu nahe kam. Zahlreiche Teilnehmer
litten deshalb unter schwerer Atemnot.
Eine Delegation des französischen
Aussenministeriums traf sich mit Mitgliedern
des Bürgerkomitees Bilin im Büro der
Internationalen Solidaritätsbewegung
[International Solidarity Movement, ISM] im
Dorf, um sich über die Widerstandsarbeit des
Dorfes zu informieren und eine Tour der
Apartheidmauer zu unternehmen.
Nabi Saleh:
Internationale Aktivisten
Zielscheibe der israelischen Armee
-
In Solidarität mit den palästinensischen
Gefangenen des zivilen Widerstandes, und vor
allem mit Naji Tamimi vom Bürgerkomitee Nabi
Saleh, der am 6. März in einer nächtlichen
Razzia der israelischen Armee festgenommen
wurde und seitdem im Gefängnis sitzt,
begannen die Einwohner des Dorfes ihre
wöchentliche Demonstration im Zentrum des
Dorfes und machten sich in Richtung ihres
Landes auf, das von Siedlern gestohlen
wurde.
Internationale Solidaritätsaktivisten und
Palästinenser aus der Umgebung waren zur
Unterstützung der Bewohner von Nabi Saleh
eingetroffen- unter grossen Schwierigkeiten-
weil die israelische Armee wie in den
vergangenen Wochen Strassen und Zugänge zum
Dorf vom frühen Morgen an blockierte und so
verhinderte, dass Journalisten über den
Protest berichten konnten.
Sobald die Demonstranten den Dorfausgang
erreichten, wurden sie von der israelischen
Armee angegriffen; Soldaten, von denen sich
manche auf Hausdächern im Dorf stationiert
hatten, schossen Tränengas, Schallbomben und
gummi-ummantelte Stahlkugeln in die Menge;
später wurde eine Wasserkanone eingebracht,
die chemische Abwässer im Dorfzentrum und
auf einer Verbindungsstrasse verspühte. Der
Gestank lässt sich tagelang nicht abwaschen
und kann zu Schwindel und Erbrechen führen.
Nach Augenzeugenberichten hatten die
Besatzungsarmee diesen Freitag vor allem
internationale Aktivisten im Visier: Während
Dorfbewohner die Verhaftung von einigen
Internationalen verhindern konnten, wurden
zwei Internationale von Soldaten ergriffen
und abgeführt.
Der Tag endete mit einem Zusammenstoss
zwischen Demonstranten und Soldaten: Als die
Soldaten beim Rückzug aus dem Dorf mit
Steinen beworfen wurden, feuerten sie
scharfe Munition, Gummimantelgeschosse und
Tränengas auf die Häuser des Dorfes.
Ni’lin: Demonstrant
erklettert die Mauer
- Trotz stömenden Regens marschierten
die Bewohner Ni’lins mit internationalen
Aktivisten und Palästinensern aus den
umliegenden Dörfern nach dem Freitagsgebet
zu ihrem hinter der Mauer isolierten Land.
Sie forderten die internationale
Gemeindschaft auf, den palästinensischen
Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit zu
unterstützen, und riefen zur Freilassung der
politischen Gefangenen auf.
Als die Demonstranten vor der Mauer ankamen,
wurden sie von den Soldaten mit Tränengas,
Schallbomben und gummi-ummantelten
Stahlkugeln beschossen; viele Teilnehmer
litten unter schwerer Atemnot infolge der
Tränengasinhalierung. Als ein Demonstrant an
der Mauer hochkletterte, öffneten die
Soldaten das Tor in der Mauer und verfolgten
die Demonstranten in Richtung des Dorfes.
Friedlicher Widerstand in der Westbank,
8. März 2011 –
Internationaler Frauentag
Israeli Apartheid ist
Gewalt gegen Frauen .
Im Januar 2011
veröffentlichte die palästinensische
Organisation gegen die israelische
Apartheidmauer, Stop the Wall, einen Bericht
über die Rolle von Frauen im Widerstand
gegen die Mauer am Beispiel von fünf
Aktivistinnen aus Bil’in, Nabi Saleh,
Ni’lin, Al Walaja und Al Ma’sara. Die
Erfahrungen der Frauen wurden anlässlich des
Todes von Jawaher Abu Rahmah veröffentlicht,
einer 34jährigen Bewohnerin Bil‘ins, die am
1. Januar 2011 nach der Inhalierung von
grossen Mengen von Tränengas starb, das von
der israelischen Armee bei den wöchentlichen
Protesten oft in Verletzung von Armeeregeln
auf die Demonstranten und in Richtung der
Häuser des Dorfes geschossen wird.
Bil’in,
Ramallah -
Die Proteste in Bil’in gegen
die Mauer, die praktisch 60% des Dorflandes
für israelische Siedlungen annektierte,
begannen im Februar 2005.
Massenverhaftungen, Gefängnisstrafen für
Organisatoren des Bürgerkomitees und die
effektive Kriminalisierung der öffentlichen
Opposition gegen die Mauer haben den
Widerstand nicht gebrochen, das Dorf musste
aber einen hohen Preis für seinen Erfolg als
international bekanntes Symbol des zivilen
Widerstandes in der Westbank bezahlen.
Um Ahmed verlor zwei ihrer
Kinder durch die Proteste in Bil’in: Ihr
Sohn Basem wurde im April 2009 durch einen
Tränengaskanister tödlich verletzt, ihre
Tochter Jawaher starb am 1. Januar 2011 an
den Folgen des gefährlichen
Tränengaseinsatzes durch die israelische
Armee. In ihrem Bericht über die Umstände
des Todes ihrer Tochter beschreibt sie auch
die Rolle der Frauen im zivilen Widerstand:
„Jawaher und ich gingen in
Richtung der Demonstration in der Nähe der
Mauer. Im allgemeinen ist die Rolle der
Frauen bei den Demonstrationen wichtig. Man
kann uns immer vorne finden, um die
Jugendlichen zu beschützen, den Verletzten
zu helfen und sie bei den Zusammenstössen
herauszuholen. Wir versuchen auch, die
Verhaftung von Jugendlichen zu verhindern.
[Um Ahmed beschreibt die genauen Umstände
des Todes ihrer Tochter]
„Die Tötung von Jawaher wird
uns nur ermutigen und weiter motivieren,
herauszukommen und zu demonstrieren, und
diesen Aspekt der Besatzung zu beenden.“
(S.4)
Nabi Saleh,
Ramallah -
Die im Dezember 2009
begonnenen Proteste in Nabi Saleh richten
sich gegen die Expansion der nahegelegenen
Siedlung Halamish und wurden durch die
Annektierung einer Quelle des Dorfes durch
Siedler ausgelöst. Das 500 Einwohnerdorf hat
seitdem unter dem brutalen Vorgehen der
Armee während der Demonstrationen gelitten -
eine Zahl von Teilnehmern erlitt
Knochenbrüche, weil
Hochgeschwindigkeits-Tränengaskanister
direkt auf sie gezielt wurden.
Nariman Tamimi ist eine
35-jährige Menschenrechstaktivistin, Mutter
und leistet Erste Hilfe während der
Freitagsproteste im Dorf:
„Die Rolle der Frauen in Nabi
Saleh war von Anfang an sehr stark. Alle
waren dabei, die Mädchen, die älteren
Frauen. Aber sie verhafteten und schlugen
uns. Das erste Mal verhafteten sie drei
Frauen, die nach vier Stunden
wieder freigelassen wurden. Das zweite Mal
verhafteten sie wieder drei Frauen, ich
wurde beide Male verhaftet. Beim zweiten Mal
waren Berichterstatter dabei und sie
fotografierten, was geschah, wie sie uns
schlugen, auch die älteren Frauen. In der
arabischen Kultur ist es sehr schwierig für
eine Frau oder ein Mädchen, in diese
Situation gebracht zu werden, deshalb wurde
ihnen danach nicht mehr erlaubt, (zu den
Demonstrationen) hinunterzugehen, weil man
nicht möchte, dass sie den Schlägen der
Soldaten ausgesetzt werden, wenn man nichts
dagegen unternehmen kann. Aber Frauen
beteiligen sich weiterhin. Sie haben Erste
Hilfe Kurse absolviert und versorgen die
Verletzten. Sie fotografieren und helfen
denen, die verhaftet werden sollen, indem
sie die Jugendlichen warnen, ‚Pass auf, die
Armee ist hier“ [Bei einer Invasion oder
einem Einfall].[...] Für sie ist es normal,
auf Sanitäter zu zielen. Da waren eine
Ausländerin, zwei andere Sanitäter in
Uniform und drei ältere Leute. Ich sagte
ihnen,‘ Ich bin eine Sanitäterin, schiesst
nicht hierher‘, aber sie schossen. Sie
zielen sogar auf Ambulanzen; vor einigen
Wochen schossen sie Gasbomben auf sie.
Einmal halfen wir jemand, einem Mädchen, die
am Bein verletzt war. Wir brachten sie in
die Ambulanz, und sie kamen und nahmen sie
fest.
Wenn die Armee zornig ist,
weil sie niemand verhaften konnten, gibt es
intensive Konfrontationen und sie zielen
direkt auf die Häuser. Ich fotografiere, bin
also oft in der Nähe der Soldaten, und ich
höre sie sagen ‚Siehts Du das Haus? Schiess
darauf.‘ Viele der Fensterscheiben in den
Häusern sind kaputt, und manche Leute hängen
Teppiche über die Fenster, als eine Lösung,
aber manchmal hilft das nichts. Manchmal
benutzen sie Holz oder Metalldraht zum
Schutz und um die [Tränengas]Bomben
abzuhalten. Aber trotzdem dringen die
[Tränengas]Bomben ein. Es gibt auch
Hochgeschwindigkeitsmunition und diese
brachen manchmal durch die Wände der Häuser.
Dies [die Sorte von Tränengasmunition] ist
verboten, wird aber trotzdem in Nabi Saleh
eingesetzt.[...]
Als Dorf und als
Palästinenser wollen wir, dass die
Aussenwelt genau weiss, dass wir nicht
Terroristen sind, wie die Israelis uns
darstellen. Selbst die Steine; die Steine
sind ein Symbol des palästinensischen
Widerstandes wie das Spinnrad ein Symbol des
Widerstandes in Indien war. Was bewirkt ein
Stein schon gegen einen Soldaten in
schussfester Ausrüstung? Der Stein ist eine
Ablehnung der Geschehnisse.“ (S.4-5)
Ni’lin, Ramallah -
Landkonfiszierungen in den vergangenen
60 Jahren haben dem Dorf Ni’lin einen
Grossteil seiner Felder und Olivenhaine
gekostet. Die Proteste begannen 2008 und
werden bis heute fortgesetzt. Der intensive
Widerstand hat der israelischen Armee
Millionen von Schekel gekostet und führte
dazu, dass ein bereits gebauter
elektronischer Zaun durch eine drei Meter
hohe Betonmauer ersetzt wurde.
Salam Kanaan ist eine
Studentin und junge
Menschenrechtsaktivistin. Am 7. Juli 2008
filmte sie von ihrem Zimmer aus, wie Ashraf
Abu Rahmah, ein Aktivist aus Bil’in, mit
verbundenen Augen und gefesselten Händen,
von einem Soldaten in den Fuss geschossen
wurde. Aufgrund ihres Filmes konnte der
Vorfall nicht verschwiegen werden und wurde
in gossen Nachrichtenorganisationen
berichtet. Nach Salams Aussagen reagierte
die Besatzungsarmee mit
Vergeltungsmassnahmen gegen sie und ihre
Familie.
„ Wenn meine Brüder durch den
Checkpoint [in Ni’lin, nahe am Haus] gehen
wollten, wurden sie schikaniert; wenn sie
die Namen von den Familien Amira oder Kanaan
sahen, wurden sie verbal provoziert,‘Dein
Haus ist auf unserer Liste, sag deiner
Schwester, dass sie keine Videos mehr von
uns machen kann‘ [...] [Die Soldaten hatten
auch das Haus der Familie im Visier] „Wenn
sie jemanden am Fenster sahen, warfen sie
Schall- oder Gasbomben.[...] Einmal habe ich
dort gelernt und ein Soldat war am Eingang.
Ich wollte das Fenster öffnen und sobald er
mich sah, warf er eine Schallbombe.“
„Meine Familie hat einen
Laden und wir führen einige Produkte von
innerhalb der Grünen Linie. Die Genehmigung
wurde meinem Vater für einen ganzen Monat
entzogen, bis ein Anwalt sie zurückbekam.
Während dieser Zeit konnten wir keine der
notwendigen Dinge aus Israel kaufen.“ (S.6)
Al Walaja,
Betlehem -
Das 2000 Einwohner Dorf von
Al Walaja ist von drei israelischen
Siedlungen umgeben. 2006 kündigten die
israelischen Behörden an, dass die geplante
Route der Mauer das Dorf vollständig
einkreisen und nur ein von der Armee
kontrollierter Tunnel den Zugang zum Dorf
erlauben würde. Als die Konstruktion der
Mauer im April 2010 fortgesetzt wurde,
organisierte das Dorf sofort Proteste [und
Gerichtsverfahren], die die Bauarbeiten
aufhielten. Die Reaktion der Armee auf die
Demonstrationen war aber brutal und es kam
zu Massenverhaftungen.
Shereen al Araj, 39, arbeitet
für die UN und ist Mitglied des Dorfrates.
Sie beschreibt die Probleme des zivilen
Widerstandes in ihrem Dorf:
„Der Widerstand der
Bevölkerung ist eine Form des Widerstandes,
innerhalb der alle und jeder sich beteiligen
kann und wo man keine besonderen Fähigkeiten
oder eine bestimmte Mitgliedschaft benötigt.
[...] Er drückt sich in vieler Weise aus.
Eine Aktion, eine Demonstration, eine Feier,
ein Wettbewerb. Es ist auf der einen Seite
ein Ort der Kreativität und ein Ort für
alle, die gegen die militärischen Besatzung
Widerstand leisten wollen.“
Shereen erklärt, was bei
ihrer Verhaftung für die Opposition zum
Mauerbau im Dorf im Dezember 2010 geschah:“
Sie begannen, alle zu verhaften. Sie
verhafteten mich, als ich versuchte, ihn
[den Armeekommandanten, der die Konstruktion
beaufsichtigt] zu erreichen,um mit ihm zu
sprechen. Er nahm mich und sieben andere
fest, die entweder Landbesitzer oder Söhne
von Landbesitzern sind, und Mazin Qumisayeh
[ein bekannter Menschenrechtsaktivist, der
in der Nähe lebt]. Wir gingen zum
Verhaftungszentrum, das beim Checkpoint ist.
Sie hatten Pfefferspray in meine Augen
gesprüht. Ich konnte mehr als sechs Stunden
lang nichts sehen. Nur so konnten sie mich
verhaften. Ansonsten hätten sie mich nicht
anrühren können. Spät in der Nacht wurde ich
freigelassen. Anscheinend hatten die
Soldaten in Al Walaja den
Untersuchungsbeamten angerufen und ihn
gebeten, mich absichtlich eine Nacht im
Gefängnis zu halten, als
Vergeltungsmassnahme. Der Beamte fragte
mich,‘Was hast Du gemacht? Was hast Du
gesagt, das sie so wütend gemacht hat? Ich
habe über 100 Telefonanrufe erhalten, um
Dich im Gefängnis zu behalten.‘“
Al Walaja erlebte ein zunehmendes Mass an
Gewalt während der Märsche gegen die Mauer.
„Am Anfang, im April, sollten alle
Demonstrationen friedliche Märsche sein. Die
Armee reagierte sehr gewaltsam. Sie töteten
beinahe einen 14 Jahre alten Jungen, der
eine Weile im Krankenhaus blieb. Sie töteten
auch beinahe eine alte Frau, die am
Tränengas [beinahe]erstickte.Sie verhafteten
Menschen, schlugen sie brutal und belegten
sie mit 2000 Schekel (NIS, was sehr viel
ist.)Sie versuchten, den Leuten Angst
einzujagen und hatten damit bei einigen
Erfolg. Nicht bei der Mehrheit, aber es war
schockierend. Diese Gemeinde ist sehr
friedlich und wir waren nie Teil von etwas,
das mit Gewalt zu tun hat. Deshalb hat die
Gewalt diese Gemeinde wirklich
getroffen.[...]Bis Juni machten die Leute
weiter, bis die Situation wirklich schlecht
war, und eine grosse Zahl von Leuten,
vielleicht die Hälfte, sich
zurückzog.[Sareen berichtet, dass 20 Leute
seit April festgenommen wurden, und dass
einige ihre Arbeitserlaubnis im Territorium
von 1948, die alle drei Monate erneuert
werden muss, verloren haben.] „ Wenn jemand
erwischt oder festgenommen wird, oder ein
Foto von ihm oder ihr bei der Demonstration
gemacht wurde, oder bei jeder Art von
Aktivität im Bezug zum Widerstand, das
gefährdet ihre Erlaubnis.
Frauen haben eine Rolle, aber in al Walaja
ist sie auf ein Minimum beschränkt.Einige
sind Teil des Bürgerkomitees [das Komitee,
das den Widerstand der Bevölkerung
organisiert].Eine Frau kann nicht einfach
aktiv werden, und wenn sie das macht,bezahlt
sie möglicherweise einen hohen
Preis.Zusätzlich sind wir [das Dorf]
konservativ und alle kennen
sich.[...][Shareen berichtet, dass die
Frauen des Dorfes bis 2006 sehr aktiv waren.
Sie gründeten Anfang der 90er Jahre ein
Frauenkomitee, organisierten Veranstaltungen
für Frauen und standen in Kontakt mit
anderen Frauenorganisationen in der
Westbank. Nach der Zweiten Intifada wurden
den Einwohnern im grösserem Mass die
Passierscheine verweigert und die
Bewegungsfreiheit eingeschränkt.]S.7-8
Al Ma’sara, Betlehem -
Im kleinen Dorf
Al Ma’sara, südlich von Betlehem, sind 70%
der Einwohner wirtschaftlich vom Agrarsektor
abhängig. Das Wachstum der Siedlungen im
Osten und Israels geplante Route der Mauer,
die das Dorf einkreisen soll, ist
katastrophal für das Dorf. Seit viereinhalb
Jahren haben Dorfbewohner deshalb Märsche
zur Mauer mobilisiert.
Fatima Brajiya, eine örtliche
Aktivistin und Mutter von fünf, ist bei den
Protesten eine wohlbekannte Präsenz. Fatima
hat mit ihren über 60 Jahren erlebt, dass
ein Sohn vom israelischen Geheimdienst
getötet wurde, während ein anderer eine
fünfzehnjährige Haftstrafe in einem
israelischen Gefängnis absitzt. Zwei weitere
Söhne sind im örtlichen Bürgerkomitee aktiv
und wurden für ihre Aktivitäten zeitweilig
inhaftiert. Fatima berichtet:
„ Heute, als Palästinenserin,
und es gibt viele Frauen wie ich, wir haben
getötete Kinder [martyred], Kinder im
Gefängnis, leiden unter der Besatzung. Wenn
jemand käme und Dein Land stehlen würde, das
ist Unterdrückung. Es ist nicht die
Unterdrückung eines Individuums, oder die
Unterdrückung von Frauen, sondern die
Unterdrückung einer ganzen
Gesellschaft....Die Säule, die die Familie
trägt, ist die Frau. Sie unterstützt die
Familie, arbeitet im Haus, ist
verantwortlich für das Essen und für ihre
Kinder. Heute ist das Land, das mit Oliven,
Mandeln und Trauben bepflanzt war, das Land
, das im Sommer bepflanzt wurde,[...] von
der israelischen Armee konfisziert.
Und sie
bauten Siedlungen darauf. Das ist Gewalt.
Es ist nicht
einfach Gewalt, sondern Gewalt, die über
Jahre weiterbesteht und die Mutter, Kinder
und Männer nach unten zieht.[Fatima erzählt
von den israelischen Razzien donnerstags
nachts vor den wöchentlichen
Freitagsprotesten, bei denen Familien aus
dem Schlaf gerissen und auch bei grosser
Kälte aus dem Haus geschickt werden, als
Warnung, sich nicht an den Protesten zu
beteiligen. Sie beschreibt das brutale
Vorgehen bei der Verhaftung von
Demonstranten und die Kultur der Angst, die
Israel in den Menschen verbreiten will.]
„Wir als Frauen marschieren
gegen die Mauer und unsere Kinder kommen mit
uns. Die Rolle der Frau besteht darin, dass
sie ihren Sohn aufzieht und ihn lehrt,‘Hier,
das verdienst Du.‘ Die Jugendlichen, die
gegen die Mauer marschieren, tun dies mit
Erlaubnis ihrer Mütter. Eines Tages wird man
viele Menschen bei den Demonstrationen
sehen, aber das braucht Zeit. Das ist die
Kultur, weil Israel daran gearbeitet hat,
die Menschen in der Angst heranzuziehen.
Aber die Menschen haben angefangen, die
Angst abzubauen, Stück um Stück.[...]
Wir demonstrieren in der
Überzeugung, dass dies unser Land ist. Wenn
man einen Soldaten fragt,‘Wie heisst diese
Pflanze?‘, weiss er das nicht, weil er nicht
von diesem Land ist. Aber wir wissen
Bescheid. Wir kennen die Pflanzen und
Steine, wir kennen alles und sie nicht. Wir
wollen der Welt zeigen, sogar der westlichen
Welt, dass wir nicht die Terroristen sind.
Wir sind die Opfer und Israel ist der
rassistische Staat, der unser Land besetzt.
Wir müssen Widerstand leisten.“ S. 7-8
Unterstützt
palästinensische Frauen, die gegen die Mauer
kämpfen! Beteiligt Euch am palüstinensischen
Aufruf zu Boykott und Sanktionen [BDS] und
handelt jetzt!
Friedlicher
Widerstand: Proteste in der Westbank,
4.-5. März 2011
Ni’lin: Demonstranten
übergeben sich und leiden an akuter Atemnot
während des wöchentlichen
Demonstrationsmarsches gegen die Mauer -
Vor dem wöchentlichen Protest gegen die
Mauer beteten hunderte von Bewohnern aus Ni’lin
auf dem von der Besatzung bedrohten Land.
Die Freitagspredigt zollte den arabischen
Revolutionen Anerkennung und betonte das
Prinzip, dass niemand sich dem kollektiven
Willen der Menschen entgegenstellen kann.
Palästinenser wurden aufgerufen, „sich dazu
zu verpflichten, angesichts eines Feindes,
der zwischen Palästinensern keinen
Unterschied macht, Geschlossenheit zu
zeigen.“
Mit dem Ende des Freitagsgebetes machten
sich Dorfbewohner zusammen mit einigen
internationalen Aktivisten zur Mauer auf,
zeigten ihre palästinensischen Fahnen und
machten ihren Protest gegen die Besatzung
und ihre repressiven Massnahmen hörbar.
An der Mauer regnete es Tränengaskanister
auf die Demonstranten, viele Teilnehmer
litten nach der Inhalierung an erheblichen
Atemschwierigkeiten, manche mussten sich
sogar übergeben. Die Soldaten schwärmten
nach dem Tränengasangriff aus dem Tor und
versuchten- an diesem Freitag vergeblich-
einige Demonstranten festzunehmen. Am
Dorfrand kam es mehrere Stunden lang zu
Zusammenstössen zwischen den Soldaten und
Protestern.
Bil’in: Ein
Demonstrant verletzt, dutzende zeigen
schwere Nachwirkungen der
Tränengasinhalierung -
Die Democratic Front for the Liberation of
Palestine feierte im März den 42. Jahrestag
ihrer Gründung und Mitglieder der DFLP
marschierten zusammen mit Mitgliedern des
Bürgerkomitees Bil’in, Einwohnern und
Solidaritätsaktivisten aus der Westbank,
Israel und dem Ausland zur Mauer.
Plakate und Sprechchöre forderten ein Ende
der Besatzung und die Freilassung
politischer Gefangener: „Die Menschen
fordern, dass die Spaltung beendet wird!“
und „Die Mensche wollen ein Ende der
Besatzung!“
Die Besatzungssoldaten hatten eine
Menschenkette vor der Mauer gebildet und
blockierten die Strasse. Als die
Demonstranten versuchten, die Blockade zu
umgehen, wurden sie mit Tränengas,
Schallbomben und gummi-ummantelten
Stahlkugeln angegriffen und zusätzlich mit
chemischem Stinkwasser besprüht. Asem Bisman
Yasin wurde durch ein Gummimantelgeschoss am
Bein verletzt und viele litten erheblich an
den Folgen der Tränengasinhalierung.
Eine Delegation aus den Niederlanden unter
Leitung des früheren Premierministers
Andreas van Ajt besuchte Bil’in, um sich
beim Bürgerkomitee über den zivilen
Widerstand zu informieren.
Das Bürgerkomitee Bil’in kündigte die 6.
Jährliche Konferenz Bil’ins zum
palästinensischen populären Widerstand an:
Vom 21. Bis zum 23. April sind
internationale und israelische Unterstützer
des friedlichen Widerstandes eingeladen, mit
ihren palästinensischen Kollegen Strategien
und Pläne für die nächsten Schritte der
gewaltlosen Kampagne gegen die Mauer zu
diskutieren.
Nabi Saleh: Drei verletzt,
dutzende leiden an Tränengas -
In den frühen Morgenstunden wurde das Dorf
durch ein massives Truppenaufkommen in eine
Militärbarracke verwandelt: Israelische
Sicherheitskräfte stationierten sich in der
Umgebung des Dorfes und an den Eingängen, um
den Zugang zur wöchentlichen Demonstration
für Aussenstehende zu verhindern. Vier
Häuser wurden von Soldaten überfallen,
beinahe 20 Soldaten besetzten das Dach eines
der Häuser in der Absicht, die Einwohner zu
provozieren.
Von Anfang an wurde der Protestmarsch von
den Soldaten angegriffen und mit Tränengas
und gummi-ummantelten Stahlkugeln
beschossen; ein Demonstrant erlitt dadurch
einen Knochenbruch.
Einige Demonstranten entkamen den
israelischen Angriffen und flohen in die
Felder in der Umgebung, später am Nachmittag
erreichte eine Gruppe das von Siedlern
konfiszierte Dorfland. Die
Besatzungssoldaten griffen sie ausserhalb
des Dorfes an, und verprügelten einige
Teilnehmer, darunter einen ausländischen
Aktivisten und einen Fotografen aus Nabi
Saleh.
Al Ma’sara: Ziviler
Widerstand soll immer eine Bewegung der
Bevölkerung sein -
Die wöchentliche Demonstration in al Ma’sara
zollte der Revolution in Lybien besonderen
Tribut und bekräftigte die Überzeugung der
Palästinenser, dass die Menschen die
grundlegenden Initiatoren von Veränderungen
sind.
Die Demonstranten begannen ihren
Protestmarsch im Zentrum des Dorfes, wurden
aber am Ausgang von Soldaten blockiert und
konnten ihr isoliertes Land nicht erreichen.
Mohammed Brajiya, der Mediensprecher der
Kampagne in Betlehem, sprach zu den
Teilnmehmern und betonte, dass der zivile
Widerstand trotz des fortgesetzten brutalen
Angriffe der Siedler fortgesetzt wird.
Nabi Saleh: Mitglied des Bürgerkomitees in
Militärrazzia festgenommen -
Nagey Tamimi (47)vom Bürgerkomitees Nabi
Saleh wurde Samstagnacht während einer
Militärrazzia festgenommen und mit
verbundenen Augen und gefesselt
abtransportiert, berichtete IMEMC am 6.
März. Gleichzeitig überfielen israelische
Soldaten das Haus von Bassem Tamimi, der
ebenfalls ein führendes Mitglied des
Bürgerkomitees von Nabi Saleh ist. Seine
Frau Nariman öffnete die Türe, mit einer
Kamera der israelischen
Menschenrechstorganisation B’Tselem in der
Hand, um den Vorgang zu dokumentieren. Weil
Bassem nicht im Haus war, mussten sich die
Soldaten mit einer stundenlangen
Durchsuchung des Hauses und der
Konfiszierung der Kamera begnügen.
In den vergangenen fünf Wochen hat die
israelische Armee sechzehn Einwohner von
Nabi Saleh verhaftet, von denen die
Besatzungsbehörde vermutet, dass sie sich an
den wöchentlichen gewaltlosen Protesten im
Dorf beteiligen. Die Hälfte der
Festgenommenen waren Minderjährige, der
jüngste war 11 Jahre alt. Die Verschleppung
von Dorfbewohnern beruht wahrscheinlich auf
Anschuldigungen, zu denen ein
vierzehnjähriger Junge aus Nabi Saleh
gezwungen wurde, der im Januar 2011 mitten
in der Nacht aus seinem Haus entführt und
bei dem anschliesseden fünf Stunden langen
Verhör massiv unter verbalen und
psychologischen Druck gestellt wurde.
Seit dem Beginn des Widerstandes gegen die
israelische Annexion von Dorfland im
Dezember 2009 hat die israelische Armee 63
Dorfbewohner des 500 Einwohner zählenden
Dorfes in Verbindung mit der Protestbewegung
verhaftet.
Tamimis Verhaftung ist Teil einer intensiven
Kampagne der israelischen Streitkräfte gegen
Protestorganisatoren in der Westbank: In Ni’lin
und Bi’lin wurden fünf Mitglieder der
Bürgerkomitees im vergangenen Jahr vor
Militärgerichte gebracht und auf der
Grundlage einer Militärorder der
Aufwiegelung und Organisation von illegalen
Protesten schuldig gesprochen und zu
Gefängnisstrafen verurteilt. Als
Beweismaterial legte die
Militärstaatsanwaltschaft Geständnisse von
Minderjährigen aus den Dörfern vor, die
nachts aus ihren Häusern entführt und
stundenlangen Verhören unterworfen wurden.
Der Menschenrechstaktivist Abdallah Abu
Rahma aus Bil’in wurde nach dieser Methode
verurteilt und tortz internationaler
Proteste zu eineinhalb Jahren Gefängnis
verurteilt, er befindet sich seit 454 Tagen
in israelischer Haft.
http://www.imemc.org/article/60799
Beit Ommar: Armee- und Siedlergewalt
unterbrechen den Protest -
Am 5. März versammelten sich die Einwohner
von Beit Ommar mit internationalen und
israelischen Aktivisten und mit
Unterstützung durch eine grosse Gruppe von
Palästinensern aus Hebron zum wöchentlichen
Protest gegen die illegale israelische
Siedlung Karmei Tsur. Obwohl die
Demonstranten jede Woche von der Armee
angegriffen wurden, war das Vorgehen der
israelischen Soldaten diesen Samstag
besonders brutal, sie verfolgten die
Teilnehmer in die Felder und beschossen sie
mit Tränengas und Schallbomben; Hilfe
bekamen sie auch von sechs Siedlern, die die
Demonstranten mit Steinen bewarfen. Ein
Demonstrant wurde so am Bein verletzt, ein
anderer musste von einer Ambulanz
weggebracht werden, nachdem eine Schallbombe
auf ihn geworfen wurde. Nach der Rückkehr
ins Dorf versprachen sich die Teilnehmer
gegenseitig, die Proteste bis zur Beendigung
der Besatzung weiterzuführen.
„Siedlerangriff“ (ISM) oder „Wanderung“ (Haaretz)
in der Westbank: Zur Berichterstattung über
Menschenrechtsverletzungen durch israelische
Siedler in der West Bank -
Am 28. Januar wurde Murad
Halil von einem israelischen Siedler
ausserhalb des Dorfes Beit Ummar in der
Westbank angegriffen. Er wurde von einer
Kugel am Arm getroffen, die einen
Knochenbruch verursachte. Zwei Wochen später
musste er bei der israelischen
Militärstation erscheinen und wurde wegen
Steinewerfens verhaftet. Obwohl sein rechter
Arm in einem Gippsverband ruht, entschied
sich ein Richter für die fortgesetzte Haft
bis zur Eröffnung des Verfahrens, weil Murad
Halil ein Risiko darstelle.
Murad Halil war das Opfer
eines Angiffes von fast hundert israelischen
Siedlern aus der Kolonie Bat Ayn auf das
Dorf Beit Ummar, bei dem der
17-jährigeYousef Fakhri Ikhlayl tödlich
verletzt wurde. Gegen die israelischen
Siedler ist kein gerichtliches Vorgehen
geplant.
Zwei Berichte schildern die
Vorgänge am 28. Januar: In Haaretz wird
dabei der Begriff „Siedler“ einmal erwähnt,
der Kontext der fortgesetzten massiven
Angriffe von bewaffneten Siedlern mit dem
Ziel, die palästinensische Bevölkerung in
den umliegenden Dörfernzu terrorisieren,
verschwindet hinter der Beschreibung des
Vorgangs als „Wanderung“.
Im
Kontrast dazu folgt ein Bericht des
International
Solidarity Movement.
Angeschossener Palästinenser
muss trotz Verletzung ins IDF Gefängnis,
Haaretz, 23. Feb. 2011
Militärrichter urteilt, dass Jugendlicher in
IDF Haft verbleibt, weil er ein Risiko sei.
-
Ein palästinensischer Jugendlicher, der von
der israelischen Armee (IDF – Israeli
Defence Force) wegen Steinewerfens verhaftet
wurde, muss im Gefängnis bleiben, obwohl er
einen Armbruch erlitt, als er von
israelischen Siedlern angeschossen wurde.
Richter Tsvi Frenkel, der den Jugendlichen
bis zum Verfahrensbeginn zur fortgesetzten
IDF- Haft verurteilte, sagte, dass der
Verdächtige ein Risiko darstelle, das eine
fortgesetzte Inhaftierung erforderlich
mache.
Der Vorfall ereignete sich am 28. Januar,
als eine Gruppe von Israelis in der Nähe des
palästinensischen Dorfes Beit Ummar bei
Hebron wandern gingen. Auf ihrer Tour, die
nicht mit der Armee abgesprochen war, wurden
sie nach ihren Angaben durch Gewehrschüsse
und Steine angegriffen. In Reaktion darauf
eröffnete einer der bewaffneten Israelis das
Feuer und tötete einen Palästinenser und
verletzte einen anderen.
Ein Untersuchung der
israelischen Armee fand keine Beweise für
Gewehrschüsse in Richtung der israelischen
Wanderer. Die Polizei verhaftete vier
Israelis, liess sie aber nach einigen Tagen
ohne Anklage frei. Die Behörden planen kein
gerichtliches Vorgehen gegen sie. Weil die
palästinensische Polizei die Kugel nicht
vorgelegt habe, die angeblich von den
Israelis abgeschossen wurde,sagte die
Polizei, dass sie keine ballistischen Tests
vornehmen könne, um die Herkunft
festzustellen.
Am vergangenen Donnerstag
[dem 17. Februar] wurde Murad Halil, der bei
dem Vorfall verwundete junge Palästinenser,
zur Polizeistation in der Westbank zum
Verhör einbestellt. Bei seiner Ankunft wurde
ihm mitgeteilt, dass er wegen Steinewerfens
verhaftet werde – ein Vorwurf, den Halil
zurückweist.
Halils Anwalt, Nery Ramati,
sagte, dass die fortgesetzte Inhaftierung
von Halil sinnlos sei, weil sein rechter Arm
im Gippsverband sei. Der IDF Richter war
anderer Meinung.
Ramati appellierte gegen
diese Entscheidung bei einem
Berufungsgericht, das eine medizinische
Untersuchung befahl, die feststellen soll,
ob Halil innerhalb des nächsten Jahres
wieder fähig sei, Steine zu werfen.
Beit Ommar:
Siedlerangriff endet mit dem Tod eines
jungen Palästinensers -
29. Januar 2011 | Palestine
Solidarity Project - Der 17-jährigeYousef
Fakhri Ikhlayl aus Beit Ommar wurde am 28.
Januar 2011 bei der Arbeit auf dem Land
seiner Familie von Siedlern mit scharfer
Munition angeschossen. Einen Tag später
erlag er im Krankenhaus seiner schweren
Kopfverletzung. Yousef war das Opfer eines
Angriffs von ca. hundert bewaffneten
Siedlern, die am Freitagmorgen von der
Siedlungskolonie Bat Ayn kommend Häuser in
den palästinensischen Dörfer Saffa und Beit
Ommar in der südlichen Westbank mit scharfer
Munition beschossen und hunderte von
Olivenbäumen zerstörten. Eine grosse Gruppe
erreichte Saffa und verletzte einen
16-jährigen Jungen am Arm. Die zweite Gruppe
machte sich in Richtung Beit Ommar auf und
traf auf Yousef, der auf dem Land seiner
Familie arbeitete. Siedler eröffneten das
Feuer auf den jungen Mann, der am Kopf
getroffen wurde und später im Krankenhaus
seinen Verletzungen erlag.
Zahlreiche Bewohner aus Beit
Ommar und dem Dorf Surif eilten herbei, um
ihre Häuser und Familien zu beschützen. Erst
nach zwei Stunden kamen Soldaten in mehreren
Jeeps an und eskortierten die Siedler nach
Bat Ayn zurück. Die Dorfbewohner wiesen
daraufhin, dass kein Versuch von seiten der
israelischen Armee unternommen wurde, die
Täter zu ermitteln, die den jungen Mann
erschossen hatten.
Dies war der zweite Angriff
von Siedlern auf Palästinenser in zwei
Tagen. Am 27. Januar wurde Uday Maher Qadous
aus Iraq Burin im Nablusdistrikt bei der
Feldarbeit von bewaffneten Siedlern tödlich
verletzt.
Die Sielder aus Bat Ayn,
einer von fünf Kolonien für jüdische
Israelis auf dem Land von Beit Ommar,
greifen regelmässig Palästinenser in der
Gegend von Beit Ommar an und schikanieren
sie.
Massenverhaftung
von Kindern nach wöchentlichem Protest in
Beit Ummar gegen die israelische Besatzung
-
Am 19. Februar hielt das
Nationale Komitee von Beit Ummar zusammen
mit dem
Palestine Solidarity Project
eine grosse Demonstration
gegen Israels Entscheidung für eine
Erweiterung der israelischen Kolonien in der
Westbank und die amerikanische Unterstützung
für dieses Vorgehen ab. Bürgerkomitees von
Hebron, Al-Masar’a, Beit Ola, Tuwani, Surif,
und Wadi Rahal und Vertreter der Gemeinde
von Beit Ummar kamen, um den wöchentlichen
Protest zu unterstützen, wie auch eine
grosse Zahl von israelischen und
internationalen Aktivisten.
Armeejeeps von der Siedlung Karmei Tsur
kamen nach kurzer Zeit angefahren und
begannen sofort, die Menge mit Tränengas und
Schockgranaten zu beschiessen, während eine
Gruppe von Siedlern hinter dem Zaun der
Siedlung als Zuschauer agierte.
Eineinhalb Stunden nach Ende des Protestes
griffen Soldaten der IDF und
Spezialeinheiten Kinder und Jugendliche auf
einem Spielplatz des Dorfes mit
Gummimantelgeschossen und Schockgranaten an
und verhafteten 13 von ihnen. Als einige
Frauen den Kindern zur Hilfe kommen wollten,
kamen sie ebenfalls unter Beschuss, so dass
sie die Entführung der Kinder nicht
verhindern konnten. Es gibt noch keine
Informationen über das Schicksal der Kinder.
Am
Tag zuvor waren israelische Soldaten im Haus
von Ahmed Mahmoud al-Alami eingedrungen und
hatten seinen 9-jährigen Sohn Mahmoud
gewaltsam entührt.2)
Beim wöchentlichen Protest am Samstag, den
26. Februar, gegen die israelische Besetzung
und Kolonisierung der Westbank in Beit Ummar
versuchten vier israelische Siedler von der
nahegelegenen Siedlungskolonie Karmei Tsur,
die Demonstranten mit grossen Hunden
einzuschüchtern. Nach einer Weile wurden sie
von der israelischen Armee fortgeschickt.3)
Die gewaltlosen Demonstrationen am 25. und
26. in der palästinensischen Westbank in den
Dörfern Bil’in, Ni’lin, Al Ma’sara, Nabi
Saleh, Beit Ummar und in Hebron richteten
sich vor allem gegen das US-Veto gegen eine
UN-Resolution im Sicherheitsrat am 18.
Februar, die sich gegen die fortgesetzte
Kolonisierung der Westbank durch Israel
richtete und die Illegalität bereits
bestehender israelischer Siedlungen
bestätigen sollte.4)
Demonstranten werden von
Sicherheitskräften Israels und der PA in die
Zange genommen -
Hebron: Globaler Tag der
Aktion fordert Öffnung der Shuhadastrasse -
Auf der Welle der Proteste in
der arabischen Welt surfend, wo
Demonstranten „Tage des Zornes“ gegen ihre
autokratischen Regierungen organisierten,
hatte die Palästinensische Autorität (PA) zu
einem sorgfältig kontrollierten „Tag des
Zornes“ in der Westbank gegen die USA
ausgerufen, nachdem ein US-Veto am 18.
Februar eine von Libanon eingebrachte und
von über 120 Ländern unterstützte Resolution
im Uno-Sicherheitsrat blockierte, die ein
Ende der israelischen Siedlungsaktivitäten
in den besetzten palästinensischen Gebieten
– einschliesslich Ost-Jerusalems- forderte
und die Illegalität der dort bereits
bestehenden israelischen Siedlungen
bekräftigen sollte. 1)
Während bei der von der PA
unterstützte Demonstration in Ramallah nur
wenige Menschen auftauchten, gingen am 25.
Februar eintausend Menschen in Hebron auf
die Strassen, einschliesslich israelischer
Friedensaktivisten. Am Globalen Tag für die
Öffnung der Shuhadastrasse, von der
palästinensischen NGO „Youth Against
Settlements“ organisiert, gab es weltweite
Proteste in mehr als 13 Städten,
einschliesslich New York City, Cape Town,
London und Rom.
Shuhadastrasse, früher eine
der zentralen Geschäftsstrassen von Hebron,
wurde 1994 für palästinensische Autos
geschlossen, nachdem am 25. Februar der
extremistische Siedler Baruch Goldstein 29
Gläubige in der Ibrahim Moschee erschossen
und weitere 125 Menschen verwundet hatte.
Unter dem Vorwand, die Sicherheit für
jüdische Siedler zu verbessern, wurde Ende
2000 der Zugang der Strasse für
Palästinenser vollständig verboten. Für die
200 000 Palästinenser in Hebron wurde das
Leben zur Hölle und viele verliessen die
Stadt. 2)
Der Globale Aktionstag
forderte am 17. Jahrestag dieses Massakers
die Wiederöffnung der Shuhadastrasse für
Palästinenser und ein Ende der israelischen
Besetzung. Die Weichen für einen schnellen
Wechsel von einer friedlichen Demonstration
in einen Strassenkrawall waren gestellt, als
die erste Runde Tränengas von dem massiven
Soldatenaufgebot auf den Strassen und
Hausdächern wie grosse Kugeln in die Menge
geschossen wurde. Aufgrund der politischen
Situation in Hebron wurden auch
Polizeikräfte der Palästinensischen
Autorität (PA) gegen die Demonstranten
eingesetzt, was zu einer bizarren Szene
führte: Die leere, verlassene Shuhadastrasse
füllte sich mit Palästinensern,
Internationalen und israelischen
Demonstranten, die von der Welle
revolutionärer Proteste in der arabischen
Welt inspiriert waren, während sie von
beiden Seiten von den schwer bewaffneten
Sicherheitskräften Israels und der PA
bedroht wurden.3)
Die Organisatoren berichten,
dass 20 Menschen ins Krankenhaus
transportiert wurden, die Hälfte für
Körperverletzungen, der Rest wegen
Tränengasinhalierung. Ein Israeli, zwei
Palästinenser und drei Internationale wurden
festgenommen. Die Armee berichtet nur von
einer Verhaftung.
Im Zentrum von Hebron leben
etwa 600 jüdische Siedler in Siedlungen, die
nach internationalem Recht illegal sind.
2003 sprach sich das Israelische Oberste
Gericht für die Wiederöffnung der
Shuhadastrasse und die Ausweisung der
Siedler aus, aber bis heute wurde das Urteil
nicht ausgeführt. 4)
Friedlicher
Widerstand in der Westbank,
25. Februar 2011
- Teil 1
Nabi
Saleh: Gegen die Besatzung und das
US-Veto -
Seit Monaten protestiert das
kleine Dorf Nabi Saleh gegen die israelische
Besetzung und Landenteignung; diese Woche
kritisierten die Demonstranten vor allem das
Veto der USA gegen eine Resolution im
Sicherheitsrat der UNO am 18. Februar 2011,
eingebracht von Libanon und unterstützt von
über 120 Ländern, in der die Illegalität der
israelischen Siedlungen in den besetzten
palästinensischen Territorien (OPT-Occupied
Palestinian Territories)wieder bestätigt
werden sollte und ein Ende der fortgesetzten
Siedlungsaktivitäten Israels in den OPT
einschliesslich Ostjerusalems gefordert
wurde. Die anderen 14 Mitglieder des
Sicherheitsrates stimmten für die Resolution
S/2011/24.1)
Wie in den vergangenen
Monaten wurde der Protest am vergangenen
Freitag sofort von israelischen Soldaten
angegriffen, die die Teilnehmer mit
Tränengas beschossen und dann ins
Dorfzentrum eindrangen und das Dorf zur
„geschlossenen militärischen Zone“
erklärten. Ein Teil der Demonstranten
postierte sich am Dorfrand und versuchte,
das Dorf mit Steinewerfen zu verteidigen.
Andere Teilnehmer suchten in den Häusern
Schutz vor dem Tränengas, allerdings
vergeblich, weil israelische Soldaten von
Haus zu Haus gingen, um Menschen von
ausserhalb festzunehmen und Hausbewohner vor
der Beteiligung an den Protesten zu warnen.
Bei einer dieser
Hausinvasionen nahmen die Soldaten einen
israelischen Kameramann mit und detonierten
beim Verlassen des Hauses eine
Tränengasgranate in den Räumen. Als das Haus
sich mit Gas füllte, flohen die Einwohner in
die oberen Stockwerke. Bis zum Abend kam es
zu zahlreichen Zusammenstössen, als die
israelische Armee wiederholt in das Dorf
eindrang und wahllos Tränengas und
gummi-ummantelte Stahlprojektile in den
Strassen einsetzte. Einige Demonstranten
wurden verletzt und mussten von Sanitätern
vor Ort behandelt werden.2)
1)
www.amnesty.org/en/region/usa
2)http://popularstruggle.org/content/nabi-saleh-demonstrates-against-occupation-and-us-veto
Miltärrazzia in Nabi Saleh: 15-jähriger
Jugendlicher verhaftet -
In der Nacht zum 27. Februar
drang die israelische Armee im Dorf Nabi
Saleh ein und nahm einen jungen Mann fest;
er wird am 1. März vor einem Militärrichter
erscheinen.
Nächtliche Razzien der
israelischen Sicherheitskräfte in Nabi Saleh
fanden in den vergangenen Monaten wiederholt
statt, sie richten sich vor allem gegen
junge Männer des Dorfes und Organisatoren
der wöchentlichen Proteste in Nabi Saleh
gegen die illegale israelische Mauer und
Kolonisierung der palästinensischen
Westbank. Die Internationale
Solidaritätsbewegung und das
Koordinierungskomitee der zivilen
Widerstandsbewegung in der Westbank, Popular
Struggle Coordination Committee, beschreiben
die nächtlichen Razzien als Kollektivstrafe
für die Dörfer, die Widerstand leisten, bei
denen wiederholt Jugendliche verhaftet und
langen Verhören unterzogen werden, um sie zu
belastenden Aussagen über
Protestorganisatoren zu zwingen.
http://popularstruggle.org/
Wie in
Bi’lin? Oder Nabi Saleh? -
Was geschieht, wenn israelische
Sicherheitskräfte Westbanksiedler wie Araber
behandeln?
Bradley
Burston berichet am 1. März in Haaretz, dass
die israelische Armee bei der Demolierung
eines jüdischen Aussenposten Waffen zur
Mengenkontrolle gegen die protestierenden
Siedler einstetzte, die in der Westbank
sonst nur gegen Palästinenser bei den
wöchentlichen Protesten abgefeuert werden.
1)
Was wird wohl die Reaktion von Siedlern
sein, wenn israelische Sicherheitskräfte in
der Westbank sie plötzlich wie Palästinenser
behandeln?
Anscheinend ist die Antwort: Zorn.
„Wir sind empört über diesen verrückten,
verrückten Einsatz von Waffen gegen
Zivilisten,“ sagte der Anführer der Siedler,
Gershon Messika, Leiter des Samaria Regional
Council, der Dachorganisation der nördlichen
Siedlungen in der Westbank. „ Wo findet man
auch nur ein demokratisches Land, wo sie auf
Leute feuern, einfach nur, weil sie die
Polizei anschreien?“
Messikas Erstaunen wurde am Montag durch
eine Operation vor Morgengrauen provoziert,
in der Bulldozer der Zivilbehörde, dem
Verwaltungsarm der IDF Besatzung[Israeli
Defence Force-israelische Armee], in den
Aussenposten von Havat Gilad einbrachen und
ein illegales Karavanheim und ein Zelt auf
dem umstrittenen Gelände zerstörten. Zwei
weitere Häuser unter Konstruktion wurden
ebenfalls dem Erdboden gleich gemacht,
sagten die Siedler.
Fünfzehn Menschen wurden hier in
Zusammenstössen verletzt, als die Polizei
Munition zur Krawallbekämpfung verschoss.
Acht Siedler wurden festgenommen, angeblich
wegen des Besitzes von Messern und einer
Säge.
“Ich habe noch nie gesehen, dass die Polizei
auf unschuldige Zuschauer und Frauen
feuert,“ sagte Messika dem Armeeradio. „ Ich
habe so etwas noch nie gesehen – vielleicht
nur mit Gadhafi in Lybien oder in Bi’lin.
Aber auf Kinder, Juden (feuern)...“
Er sagte, dass die Polizei Gummigeschosse
mit Glasspitzen einsetzten. Die Polizei
verlautete, dass Paintball-Kugeln verwendet
wurden. Ein Soldat, ein religiöses Mitglied
der Kfirbrigade der IDF, die einen Grossteil
der militärischen Aktionen der Besatzung
ausführt,trat im Fernsehen auf und teilte
mit, dass er aus Protest abgetaucht sei.
„ Dies war ein nie zuvor gesehener und
unverhältnismässiger Einsatz von Mitteln zur
Auflösung einer Demonstration,“ wurde ein
Sprecher des Aussenposten, Yehuda Simon, in
einem Kommentar zur Polizeiaktion zitiert. „
Gummigeschosse, Lärmgranaten und Tränengas
wurde massiv gefeuert,“ sagte Shimon. „Die
Bewohner hier sind zornig. Wir überlegen,
welche Schritte wir als nächstes
unternehmen.“
Nach Berichten hat der Yesha-Rat der Siedler
eine Klage wegen Polizeibrutalität
eingereicht. Hülsen der Polizeimunition
wurden auf dem Gelände gefunden mit der
Warnung, dass der Einsatz auf kurze Distanz
tödlich sein kann, sagte Messica.[...]
Im Gebiet von Hayat Gilad stehen die Armee
und die Polizei in Bereitschaft wegen
möglicher Racheaktionen gegen Palästinenser
in der Gegend, einer Form von Vergeltungsmaßnahmen, bei
denen eine dritte Gruppe den Preis bezahlt,
durchgeführt von radikalen Siedlern in
Reaktion auf offizielle israelische
Einschränkungsmassnahmen gegen ihre
Aktivitäten.[...]
Für die Siedler kam am Ende
des Tages wahrscheinlich die unfreundlichste
Zurechtweisung, als ein Interviewer
Netanyahu mit den Worten zitierte, dass das
einzige Land, das sich nicht wegen der
Siedlungskonstruktion gegen Israel vereint
„ein Land im Pazifischen Ozean“ sei, ein
offensichtlicher Hinweis auf Mikronesien.
„Verlieren Sie sogar
Netanyahu?“ wure Messika gefragt.
Betroffen antwortete Messika
aufschlussreich, wenn auch nicht sehr
hilfreich für seine Sache: „Viel wichtiger,“
sagte er, „ Netanyahu verliert uns.“
Bleiben Sie am Ball.
1)Bradley
Burston,
A Special Place in Hell,
What if Israeli forces
treated West Bank settlers like Arabs?
Friedlicher Widerstand in der Westbank, 19.
Februar 2011
Bilin: Sechs Jahre
Widerstand gegen die Landenteignung und die
israelische Besatzung
-
Bilins Freitagsprotest am 18.
Februar markierte den Beginn der gewaltlosen
Demonstrationen in dem 1800 Einwoher
zählenden Dorf in der Westbank gegen die
Enteignung von Dorfland für den Bau der
israelischen Mauer und die Erweiterung der
nahegelegenen israelischen Kolonien.
Seit die israelischen
Bulldozer im Februar 2005 auf dem Dorfland
Bilins ankamen und Felder und Olivenhaine im
Weg der geplanten Route der Mauer
zerstörten, versammeln sich die Bewohner von
Bilin, palästinensische Aktivisten aus den
benachbarten Orten, israelische
Friedensaktivisten und Internationale jeden
Freitag nach dem Mittagsgebet im Zentrum des
Dorfes und beginnen ihren Protestmarsch zur
Mauer, die Dorfbewohner von ca.50% ihres
Landes trennt.
Die wöchentlichen Proteste
standen von Anfang an im Zeichen der
Gewaltlosigkeit, der kreativen Gestaltung,
der Einbeziehung aller politischer Gruppen
und der Beteiligung von internationalen und
israelischen Friedensaktivisten. Mit Beginn
der Bauarbeiten wurde in Zusammenarbeit mit
israelischen Rechtsanwälten der Gerichtsweg
beschritten mit einer Klage gegen den
Verlauf der Mauer vor dem Obersten
Israelischen Gerichtshof, das im September
2007 eine Änderung der Mauerroute befahl.
Erst im Februar 2010 begann
die Armee mit dem Verlegen eines Teiles der
1,7 Kilometer langen Mauer bei Bilin. Nach
Angaben von ai plaziert die neue Route
lediglich ein Drittel des Dorflandes auf die
palästinensisch kontrollierte Seite des
Bauwerks. Ein Teil des restlichen Landes war
zuvor als israelisches Staatland ausgewiesen
und der Expansion einer jüdischen Siedlung
zugeteilt worden – die palästinensischen
Eigentumsansprüche an dem weiteren Rest des
Landes sind dagegen unbestritten.
Ein weiterer Bestandteil von
Bilins Widerstand gegen die israelische
Besatzung und die fortschreitende
Kolonisierung der palästinensischen Westbank
ist die Öffentlichkeitsarbeit des Popluar
Commitees Bilin durch Konferenzen im Dorf,
Informationstouren für Besucher aus dem
Ausland und Vortragsreisen, um
internationale Unterstützung für die zivile
Widerstandsbewegung in der Westbank zu
gewinnen.
Die israelische
Besatzungsbehörde reagierte auf Bilins
zunehmende internationale Popularität mit
einer Einschüchterungskampagne, die das Dorf
kollektiv für die Organisation des
Widerstandes gegen die illegale Mauer
(Internationaler Gerichtshof 2004) bestraft.
Tränengas und Schockgranaten werden nicht
nur gegen den Protestzug am Freitag
eingesetzt, sondern auch in die Strassen des
Dorfes geschossen. Nächtliche Razzien gegen
Teilnehmer und Organisatoren des Widerstands
treffen auch Familienmitglieder und
männliche Jugendliche des Dorfes, die danach
oft langen Verhören ohne Rechtsbeistand oder
Beisein von Eltern unterzogen werden, damit
die israelische Armee Informationen und
belastende Aussagen über Mitglieder des
Bürgerkomitees erzwingen kann. Im Sommer
2010 wurden Adeeb und Abdallah Abu Rahmah
vom Bürgerkomitee Bilin wegen der
Organisation und der Teilnahme an den
Protesten schuldig befunden und mit
Gefängnis bestraft. Adeeb Abu Rahma wurde am
12. Dezember 2010 nach 519 Tagen im
israelischen Militärgefängnis Ofer
freigelassen, Abdallah Abu Rahmas
Gefängnisstrafe wurde am 11. Januar 2011 von
12 auf 16 Monate verlängert, er befindet
sich seit 14 Monaten im Gefängnis.
http://www.amnesty-koeln-gruppe2415.de/Main/Mitmachen
http://www.bilin-village.org/english/
http://www.arendt-art.de/deutsch/palestina/Stimmen_deutsch/vorschlag_aachener_friedenspreis_2011_bilin.htm
Zu Beginn des
siebten Jahres im Widerstand rief das Dorf
zur Einheit unter den Palästinensern auf und
forderte das Ende der israelischen
Besatzung, der längsten militärischen
Besatzung in der neueren Geschichte. Die
Demonstranten trugen Fotos der Geschwister
Jawaher und Bassem Abu Rahmah, die bei den
Demonstrationen in Bil’in getötet wurden,
und forderten die Freilassung der
politischen Gefangenen, vor allem von
Abdallah Abu Rahmah aus Bil’in.
In Mauernähe
wartete eine grosse Zahl von israelischen
Soldaten auf den Protestzug und blockierte
das Tor in der Mauer, das Dorfbewohnern nach
Beschluss des Obersten Israelischen
Gerichtes den Zugang zu ihren Feldern
jenseits der Mauer ermöglichen soll. Nach
kurzer Zeit, lange genug für einen
Demonstranten, um das Schild eines Soldaten
mit einem Protestslogan zu besprühen, wurde
die Menge mit Tränengas, Lärmgranaten,
gummi-ummantelten Stahlkugeln und
„Stinkwasser“, einer Mischung von
Chemikalien und Abwasser, angegriffen. Der
18-jährige Hamza Suleiman Bernat, erst vor
ein paar Monaten aus einem israelischen
Militärgefängnis freigelassen, wurde mit
scharfer Munition beschossen und am Rücken
und am Bein verletzt. Teilnehmern wurden
auch Pfefferspray in die Augen gesprüht,
damit die Soldaten sie leichter festnehmen
konnten; dies wurde von entschlossenen
Teilnehmern verhindert.
Das
Bürgerkomitee Bilin lädt zur sechsten
jährlichen Konferenz zum zivilen Widerstand
vom 20.-23. April 2011 ein.
- Am 24. Februar 2011 wurde Jonathan
Pollack, Medienkoordinator des Popular
Struggle Coordination Commitee, nach
Abbüssen einer Gefängnisstrafe für die
Teilnahme an einem Protest in Tel Aviv gegen
den israelischen Angriff auf Gaza 2008/2009
freigelassen.
Deir Al Ghusun: Protest gegen
die illegale israelische Trennmauer -
20. Februar 2011
| International Solidarity Movement
Acht junge
Palästinenser wurden gestern von der
israelischen Armee im Dorf Deir Al Ghusun
nördlich von Tulkarem festgenommen, drei
17-jährige wurden zwei Tage später immer
noch an einem unbekannten Ort festgehalten.
Die Teenager hatten an einem Protest im Dorf
gegen die israelische Annexionsmauer
teilgenommen, als israelische Soldaten zu
Fuss und in Armeejeeps auf die Demonstranten
stürmten.
Beit Ummar: Angriff
von israelischen Siedlern -
Eine Gruppe schwer
bewaffneter israelischer Siedler stürmte
Sonntagabend in das Dorf Beit Ummar im Süden
der Westbank und schikanierte die
Dorfbewohner, verursachte aber keine
Verletzungen, berichtet IMEMC am 14.
Februar.
Der Einfall der Siedler ins
Dorf kam zwei Tage nach Protesten in Hebron
gegen ein geplantes Marathonrennen von
Bewohnern aus den israelischen Kolonien in
der Westbank, das durch palästinensische
Dörfer verlaufen soll. Die Kolonialisten im
Bezirk Hebron sind besonders gewaltbereit
gegenüber Palästinensern: Es gab in den
vergangenen zwei Monaten zahlreiche Berichte
von Einschüchterungskampagnen bewaffneter
Siedlergruppen gegenüber der einheimischen
Bevölkerung bei der Feldarbeit oder in den
Dörfern selbst, was von Palästinensern als
Vorbereitung einer Erweiterung der
israelischen Kolonien angesehen wird.
Mohammed Ayyad Awad aus Beit Ummar
berichtete, dass im Dorf zuerst eine Gruppe
von Siedlern zu Fuss erschien, von denen
mindestens zwei automatische Waffen trugen.
Zu dieser Gruppe gesellte sich ein
Fahrzeugkonvoi von Siedlern, der die
Dorfbewohner zusätzlich einschüchtern
sollte. Ein Sprecher der israelischen Armee
teilte Ma’an News mit, dass die Armee keine
Kenntnis von diesen Vorgängen habe.
Am 27. Januar 2011 wurde der
17-jährigeYousef Fakhri Ikhlayl aus Beit
Ommar bei der Arbeit auf dem Land seiner
Familie von Siedlern mit scharfer Munition
angeschossen und erlag einen Tag später
seiner schweren Kopfverletzung.
Seit mehreren Monaten
organisieren das Nationale Komitee von Beit
Ummar und das Palestine Solidarity Project
wöchentliche Samstagsdemonstrationen gegen
den Bau der Apartheidmauer durch das Land
des Dorfes und die illegale
Landkonfiszierung.
Khirbet Tana: Neue Zerstörung von Heimen und
Ställen -
10. Februar 2011 |
International Solidarity Movement -
Ohne
Vorankündigung kamen gestern zwei Bulldozer
und israelische Soldaten in sechs Jeeps im
Dorf Khirbet Tana bei Nablus an und
zerstörten Häuser und behelfsmässige
Tierställe.
Fozan Mousa
Esai, ein älterer Bauer will die Unterkunft
für seine zweihundert Schafe wiederaufbauen,
ist aber gezwungen, deshalb einige der Tiere
zu verkaufen. Ein grosser Teil der
ursprünglich 60 Familien des Dorfes hat
Khirbet Tana wegen der fortgesetzten
Demolierungen und der israelischen Pläne zur
ethnischen Säuberung der Gegend verlassen.
Das Dorf wurde 2005 zum ersten Mal
demoliert, nachdem es unter den
Osloverträgen in eine Zone C plaziert wurde,
unter voller israelischer Kontrolle. Die
israelische Besatzungsbehörde wollte den
Wiederaufbau des Dorfes durch die
Verweigerung von Baugenehmigungen
verhindern, was die Dorfbewohner
veranlasste, aus Furcht vor weiteren
Demolierungen improvisierte Unterkünfte zu
errichten. Nachdem die israelischen
Bulldozer 2008 zum zweiten Mal ihre
Zerstörungsarbeit verrichtet hatten, gingen
die Dorfbewohner vor das oberste israelische
Gericht, das sich für die entgültige
Verbannung der Bevölkerung von Khirbet Tana
entschied. Am 10. Januar 2011 wurde das
Urteil vollstreckt und 25 verbleibende
Strukturen im Dorf dem Erdboden
gleichgemacht.
Jaloud, Nablus: Siedlerangriff auf
Palästinenser bei der Feldarbeit -
15. Februar 2011 |
International Solidarity Movement -
Um zwei Uhr nachmittags griffen drei
israelische Siedler zwei junge Palästinenser
beim Einpflanzen von Olivenbäumen an. Einer
der Siedler richtete seine Waffe auf den 18-
jährigen Wael Mahmoud Tobase Abdeen und traf
ihn in der rechten Körperhälfte. Er ist in
stabiler Kondition im Krankenhaus und morgen
soll die Kugel operativ entfernt werden.
Waels Vater wurde 2002 in der gleichen
Gegend von Siedlern angegriffen und mit
scharfer Munition am Bein verletzt.
Zwei israelische Kolonien wurden in
Verletzung der Vierten Genfer Konvention in
der Nähe des Dorfes gebaut und durch mehrere
Aussenposten erweitert; die ca. 600
palästinensischen Dorfbewohner sind
kontinuierlichen Schikanen durch die
Bewohner der ausschliesslich für jüdische
Israelis errichteten Niederlassungen
ausgesetzt, die ins Dorf kommen und ihre
Gewehre abschiessen, in Häuser eindringen,
Tiere stehlen und Brände setzen.
Am Samstag waren Dorfbewohner von Jaloud in
Begleitung von internationalen und
israelischen Friedensaktivisten auf ihre
Felder gegangen, um ca. 100 Olivenbäume zu
setzen. Als die Arbeit beinahe beendet war,
kam ein bewaffneter Siedler von einer der
illegalen Kolonien um das Dorf
herbeigefahren und benachrichtigte die
israelische Armee. Kurze Zeit später fuhren
fünf Armeejeeps vor und forderten alle zum
Verlassen des Feldes auf; fünf Leuten wurde
dann erlaubt, die Arbeit zu beenden. Was
wäre ohne die Anwesenheit von israelischen
und internationalen Beobachtern geschehen?
Die Dorfbewohner befürchten, dass die
neugepflanzten Olivenbäume nicht lange
überleben.
http://palsolidarity.org/2011/02/16657/
Bilin: Gedenken an
Jawaher Abu Rahmah -
Am 10. Januar kamen hunderte von Einwohnern
Bil’ins und den Nachbargemeinden in der
Westbank zusammen, um an Jawaher Abu Rahmah
zu erinnern, die am 1. Januar nach der
Inhalierung von Tränengas starb, das jeden
Freitag von der israelischen Armee gegen die
Teilnehmer der Proteste in Bil’in
eingesetzt wird.
Jawaher’s Mutter Soubhiya Abu Rahmah trug
Fotos von ihren Kindern, ihrer Tochter
Jawaher und ihrem Sohn Bassem, der von der
Besatzungsarmee im April 2009 während eines
Protestes gegen die Mauer in Bil’in von
einem Tränengaskanister getötet wurde. Nach
den Ansprachen erhielt sie ein Geschenk in
Erinnerung an ihre Tochter.
http://stopthewall.org/photos/2471.shtml
Proteste am 11. Februar:
Feier der Erfolge in Ägypten -
Ni’lin: Erfolglose Jagd auf Demonstranten -
Beinahe 400 Teilnehmer an
Ni’lins wöchentlichem Protest gegen die
israelische Apartheidmauer nahmen am
Mittagsgebet auf dem Dorfland teil. In der
Predigt wurde der Umsturz in Ägypten
gewürdigt und zur Einheit der Palästinenser
aufgerufen.Palästinenser stehen an der Seite
ihrer ägyptischen Brüder.
An der Mauer hatte sich die
israelische Besatzungsarmee eine neue
Strategie ausgedacht. Während israelische
Soldaten wie gewohnt aus dem Tor der Mauer
stürmten und die Demonstranten mit Tränengas
und Schockgranaten angriffen, rannten
Sicherheitskräfte in Zivil von der anderen
Seite auf die waffenlosen
Demonstrationsteilnehmer zu und begannen die
Jagd. Diese Strategie verfehlte allerdings
an diesem Tag ihr Ziel, alle entkamen,
niemand wurde festgenommen.
Bil’in: Erinnerung
an die Verstorbenen der Protestbewegung
-
Die Einwohner von Bil’in
demonstrierten mit der Unterstützung von
internationalen Aktivisten gegen die Mauer,
die das Dorf von der Hälfte seines Landes
trennt. Sie trugen ägyptische, tunesische
und palästinensische Fahnen als Zeichen der
gegenseitigen Solidarität und Fotos der
Geschwister Bassem und Jawaher Abu Rahmah,
die ihr Leben 2009/2011 im Zuge der
wöchentlichen Proteste verloren.Die
Demonstranten erinnerten auch an Abdallah
Abu Rahmah vom Bürgerkomitee Bil’in und
Marwan Barghouthi, die in
israelischen Gefängnissen sitzen.
Diesen Freitag bildeten die
israelischen Soldaten eine Menschenkette, um
zu verhindern, dass die Protestteilnehmer
die Mauer erreichen konnten. Es dauerte
nicht lange, bis die Soldaten Tränengas,
gummiummantelte Stahlkugeln und scharfe
Munition auf die unbewaffneten Demonstranten
schossen. Mehrere Menschen wurden durch
Tränengaskanister verletzt und vor Ort
behandelt.
Al Ma’sara:
„Aktiviert den zivilen Widerstand in den
ganzen Westbank“ -
Die Demonstranten machten
sich von der Dorfschule aus in Richtung der
Apartheidmauer auf. Plakate und Ansprachen
forderten die Ausweitung des zivilen
Widerstandes in die ganze Westbank und die
Aktivierung der Bevölkerung in allen
Dörfern, die mit israelischen Siedlungen und
der Annexionsmauer konfrontiert sind. Die
Besatzungsarmee blockierte die Demonstration
am Dorfeingan am Weitermarsch und feuerte
Tränengas und Schockgranaten; mehrere
Teilnehmer litten unter akuter Atemnot und
anderen Nebenwirkungen des Gases.
Nabi Saleh:
Demonstranten ignorieren Armeebefehl der
„geschlossenen Militärzone“ -
Bewohner des kleinen Dorfes
An Nabi Saleh erinnerten diese Woche vor
allem an die Kinder aus Nabi Saleh, die in
den vergangenen Wochen von der israelischen
Armee festgenommen und inhaftiert wurden.
Der Demonstrationszug begann wie jeden
Freitag im Dorfzentrum und die Bewohner
machten sich zusammen mit internationalen
Aktivisten, die den Belagerungsring der
israelischen Armee um das Dorf umgangen
hatten, zum konfiszierten Dorfland auf. Die
israelischen Streitkräfte erklärten das Dorf
zum „geschlossenen militärischen Gebiet“ und
griffen den Demonstrationszug am Rand des
Dorfes mit Tränengas und
Gummimantelgeschossen an, was zu zahlreichen
Verletzungen führte.
Es kam zu Zusammenstössen
zwischen Jugendlichen und Soldaten in den
Feldern und Strassen des Dorfes und die
Soldaten feuerten grosse Mengen von
Tränengas zwischen den Häusern und drangen
zusätzlich in zwei Häuser ein.
http://stopthewall.org/latestnews/2476.shtml
Gaza City: Öffnung des Grenzüberganges von
Rafah gefordert -
Zwei Tage nach dem Sturz des ägyptischen
Präsidenten Hosni Mubarak versammelten sich
etwa einhundert jugendliche Demonstranten im
Zentrum von Gaza City und forderten von
Ägytpen die Öffnung der Grenze zu Gaza,
berichtet IMEMC am 14. Februar.
Die General Union of Youth
Organizations feierte den Erfolg der
ägyptischen Protestbewegung und forderte
Ägypten zur Öffnung der Grenze auf und zum
Rückzug aus dem ägyptisch-israelischen
Friedensabkommen.
http://www.imemc.org/article/60642
Betlehem:
Solidarität mit den Revolutionen in Tunesien
und Ägypten -
Am Sonntag versammelten sich
fast einhundert Palästinenser auf dem Manger
Square zu einer Solidaritätsaktion mit
Tunesien und Ägypten, zu der Stop the Wall
und Bürgerkomitees der Westbank aufgerufen
hatten. Vertreter von Bürgerkomitees in der
Umgebung von Betlehem riefen die Sprecher
von arabischen Organisationen auf, ihre
Solidarität mit Tunesien und Ägypten
zusammen mit den Menschen in den Strassen
auszudrücken und die fortgesetzte Demütigung
und Schande nicht mehr zu akzeptieren.
http://stopthewall.org/latestnews/2477.shtml
Israelische Armee
setzt Einschüchterungskampagne fort -
Am Samstag verhafteten
israelische Soldaten zwei 14 -jährige
Jugendliche aus Bil’in unter dem Vorwand,
dass sie zu nahe an der Apartheidmauer
waren, berichtete Stop the Wall am 13.
Februar. Am vergangenen Mittwoch wurden drei
andere Jungen aus Bil‘in unter dem gleichen
Vorwurf festgenommen. Die Zahl der Festnahme
von Jugendlichen in Dörfern, die gegen
Israels Mauer in der Westbank demonstieren
hat sich in den vergangenen Wochen erheblich
vergrössert. In Nabi Saleh wurden am
vergangenen Freitag beim wöchentlichen
Protest gegen die Mauer sieben Menschen
festgenommen. Am 18. Und 20. Januar
verhafteten Soldaten mindestens fünf
Jugendliche in Beit Ummar.
http://stopthewall.org/latestnews/2474.shtml
Bürgerkomitees
im Betlehemdistrikt berichten vom Druck
durch die israelische Besatzungsbehörde und
die Palästinensische Autorität.
Bil’in initiiert einen Gerichtsfonds;
Freunde von Ni’lin sammeln für
Internetanschluss und Computer
Zivile
Widerstandsbewegung in der Westbank
unter mehrfachem Druck
- Während in den
örtlichen Medien über die regelmässigen
Freitagsdemonstrationen in vier, fünf
Dörfern in der Westbank berichtet wird, gibt
es wenig Informationen über die Ursachen für
die Unterbrechung oder den Abbruch von
Protesten anderer Bürgerkomitees. In einem
Interview mit zwei Vertretern der
Bürgerkomitees von Beit Jala und Al Walajah
im Distrikt Betlehem fragt Alessandra Bajec
vom IMEMC nach den Ursachen für den Abbruch
der wöchentlichen Demonstrationen in der
zweiten Jahreshälfte 2010 in beiden Dörfern.
IMEMC, 4. Februar 2011
Die Bürgerkomitees in den besetzten Gebieten
sind eine neue Form des Widerstandes auf der
Basis der Gemeinden. Der Widerstand, der von
den Bevölkerung ausgeht, ist eine wichtige
Alternative zur fortgesetzten Gewalt, und
hat das Potenzial einer bürgerrechtlichen
Transformierung des
israelisch-palästinensischen Konfliktes. In
den Dörfern von Bil’in, Ni’lin bis Al-Ma’asara
und in vielen Dörfern des Jordantales und
anderen Orten leisten Palästinenser
gewaltlosen Widerstand gegen die
verschiedenen Aspekt der Besatzung durch die
Mobilisierung der Bevölkerung. Nach einer
Analyse des Popular Struggle Coordination
Committee vom September 2010 nehmen jede
Woche zwischen eintausend bis zweitausend
Menschen an Aktionen gegen die Erweiterung
von Israels illegalen Siedlungen in der
Westbank und gegen die Mauer teil.
Obwohl ich im grossen und ganzen weiss, wie
Bürgerkomitees funktionieren, was
regelmässige Aktivitäten und wöchentliche
gewaltlose Aktionen betrifft, wusste ich bis
vor kurzem wenig über Faktoren, die die
effektive Arbeit der Komitees behindern oder
sogar vollständig blockieren. Ein damit
verbundenes Problem ist der generelle Mangel
an offenen Diskussionen über die
Hindernisse, denen Bürgerkomitees
gegenüberstehen und die sie überwinden
müssen, ausserhalb von kleinen
Aktivistenzirkeln.
[...]
Ich ging mit diesem Problem zu zwei
Vertretern der Widerstandskomitees von Beit
Jala und Al-Walajah, die im folgenden die
Situation aus ihrer Sichtweise erklären.
Beit Jala
Ein Vertreter des “derzeit nicht
existierenden” Bügerkomitees von Beit Jala
begann mit einem Überblick über die
derzeitige Lage und sprach das defakto
Fiasko infolge der Osloverträge an, dass die
Bildung eines palestinensischen Staat noch
nicht im Gang ist, die Veränderung der
palästinensischen politischen Szene nach der
Ersten Intifada, den Bau der Mauer, die
fortgesetzte Expansion der Siedlungen, die
intensivierte Kolonisierung der Westbank,
besonders in Jerusalem und eine unbewegliche
Regierung der extremen Rechten in Israel,
die nicht an Frieden interessiert ist.
Der Widestand der Bevölkerung in der
Westbank wurde in den vergangenen Jahren zum
grossen Teil von Dr. Mustafas Partei Al
Mubadara unterstützt, aber Fatah hat eine
grosse Rolle bei der Moblisierung der
palästinensischen Bevölkerung gespielt.
Obwohl Fatah einen Grossteil der
strategischen Pläne für den Widerstand
befürwortete und Minister und Offizielle mit
Verbindungen zu Fatah in grosser Zahl [an
Aktionen der Widerstandsbewegung]
teilnahmen, war diese Unterstützung vor Ort
nicht konkret. Zusätzlich war die
Koordinierung zwischen allen politischen
Kräften imBezug auf die Widerstandsbewegung
nie effektiv.
Trotz verschiedener Versuche zur
Zusammenführun der Widerstandsinitiativen,
stellt sich heraus, dass die PA als nicht
ernsthaft interessiert war. Während es klar
ist – seit Abu Mazen an der Macht ist- dass
die PA eine generelle Strategie der
ernsthaften Friedensverhandlungen mit Israel
anstrebte, wurde nichts unternommen, um
diesen „friedlichen Pfad“ vor Ort zu
verfolgen. Zum Beispiel hätte die PA selbst
zu friedlichen Demonstrationen gegen die
Mauer aufrufen können oder sie hätte
Palästinenser bei der Organisation von
[Protest]Märschen nach Jerusalem
unterstützen können, schliesslich ist es
Teil der seit 1967 von Israel besetzten
Gebiete.[...]
Das Bürgerkomitee von Beit Jala hatte
Mitglieder von verschiedenen politischen
Parteien und Unabhängige, wurde aber vor
allem von Al Mubadara und Fatah angeführt.
Die PFLP unterstützte die Aktionen des
Bügerkomitees, war aber nicht regelmässig
genug beteiligt oder stark genug, um Leute
zu mobilisieren. Viele junge Leute
beteiligten sich an Veranstaltungen des
Bürgerkomitees, aber es hatte nie mehr als
10 ständige Mitglieder.[...]
Die Demonstrationen verliefen von der Zone A
zur Zone C, aber dann forderte die PA, dass
wöchentliche Aktionen nur in Zone C
stattfinden sollten, und danach wurde die
Situation schwierig.
Ein Thema war das Werfen von Steinen auf
Soldaten, was ein strategischer Fehler der
Protestorganisatoren war. Das Bürgerkomitee
hatte geplant, dass alle, Frauen, Kinder und
Männer teilnehmen konnten, aber wenn Leute
Steine werfen, dann schiessen die
israelischen Streitkräfte mit Tränengas und
Kugeln zurück. So wird es schwierig, eine
breitgefächerte Teilnahme an den gewaltlosen
Protesten sicherzustellen, vor allem von
älteren Menschen, Frauen und Kindern.
Gleichwohl war das Steinewerfen nicht das
Hauptthema in Beit Jala. Die
Sicherheitsoffiziere der PA übten infolge
der Zusammenarbeit mit den israelischen
Streitkräften Druck aus. Die Leute waren
bereit, gewaltlos Widerstand zu leisten und
die israelischen Besatzungsmassnahmen
aufzudecken, aber als Resultat der nahen
israelisch-palästinensischen
Sicherheitszusammenarbeit wurden Aktionen
der Bevölkerung zu einem grossen Ausmass
eingeschränkt oder behindert.
Fatahmitglieder im Bürgerkomitee von Beit
Jala kamen noch mehr unter Druck, wenn sie
ausserhalb des von der Fatah oder der PA
gegebenen politischen Rahmens
handelten.[...] Obwohl Al Mubadara und Fatah
viele Beschlüsse zur Unterstützung der
zivilen Widerstandsbewegung fassten, machte
das Komitee die Erfahrung des Eingespannt
werdens und weniger der echten Unterstützung
oder Teilnahme. Zum Beispiel nahmen einige
Offizielle der PA an Demonstrationen teil
und finanzierten sie, um sie zu
kontrollieren, weil neue Führer mit anderen
politischen Ansichten hervortraten, die sie
unter Druck setzten wollten.
Im
Juli vergangenen Jahres hörten die
gewaltlosen Demonstrationen hauptsächlich
aus zwei Gründen auf. Zum einen gab es keine
Einheit oder Koordinierung zwischen den
Parteien, um eine solche Bewegung zu
unterstützen.[...] Zum anderen wurde von
Sicherheitsoffizieren der PA aufgrund der
israelisch-palästinensischen
Sicherheitskoordinierung Druck ausgeübt, die
Demonstrationen abzusagen.[...]
Zusätzlich brachten die Aktivitäten des
Komitees viele Stunden der
Vorbereitungsarbeit für Aktionen mit sich,
die Durchführung der wöchentliche Proteste
und die Lösung damit verbundener Probleme:
Manche Aktivisten werden verletzt, andere
werden festgenommen, Bezahlung von
Geldstrafen für verhaftete Israelis. Viele
internationale Friedensaktivisten, meistens
Israelis, wurden bei den Demonstrationen
verhaftet.[...]
Das Bürgerkomitee Beit Jala versuchte oft,
mehr Menschen zur Mitarbeit zu gewinnen im
Gedanken, dass jede effektive
Widerstandsarbeit der Bevölkerung
langfristig sein muss.[...] Palästinenser
haben auch ihre Arbeit, wirtschaftliche
Schwierigkeiten, müssen für Familien
sorgen, deshalb gab es nur wenige, die sich
auf regelmässiger Basis im zivilen
Widerstand engagieren konnten.
Von entscheidender Bedeutung im Bezug auf
den Mangel an Engagement oder Teilnahme für
die Bürgerkomitees in der Gegend ist die
Tatsachen, dass ein grosser Teil der
Bevölkerung im Distrikt von Betlehem in
Israel arbeitet.[...] So hat also ein
grosser Bevölkerungsteil in Betlehem
Passierscheine, um zur Arbeit oder in der
Freizeit nach Israel zu gehen, und sie
wollen dieses Privileg nicht aufs Spiel
setzen.[...]
Al Walajah
- Das Bürgerkomitee
von Al Walajah hat eine sehr pluralistische
Zusammensetzung im Unterschied zu anderen
Komitees. Es ist ein offenes Komitee, nicht
auf eine bestimmte Zahl oder Art von
Menschen beschränkt, dem jeder nach
Fähigkeit und Willen beitreten kann. Die
Mitglieder des Komitees sind Bewohner von Al
Walajah und mit wenigen Ausnahmen nicht mit
einer politischen Partei verbunden. Das
Komitee erhält keine finanzielle
Unterstützung von der PA noch von anderen
Parteien oder Organisationen, es trägt sich
also selbst.
Der hauptsächliche Grund für die Beteiligung
am populären Widerstandskomitee ist der
Mangel an anderen Optionen für die Menschen,
es ist der einzige Weg, gegen die Strategien
und Massnahmen der israelischen
Besatzungspolitik anzukämpfen. Die Leute
agieren nicht, sondern sie reagieren.
Tatsächlich wurden die Widerstandskomitees
der Bevölkerung gebildet als Reaktion auf
Angriffe oder Übergriffe unter der
israelischen Besatzung. Bürgerkomitees sind
also keine geplante Strategie des
palästinensischen Widerstandes, sondern eine
Reaktion auf die Ereignisse vor Ort. Die
Strategie der Bürgerkomitees ist die
Gewaltlosigkeit.[...]
Unser Bürgerkomitee entschloss sich, das
gerichtliche Vorgehen zur vorrangigen
Strategie des gewaltlosen Widerstandes der
Bevölkerung zu machen, also konzentrierte
sich die Arbeit des populären Widerstandes
in Al Walajah auf Gerichtsverfahren. Die
Mitglieder des Bürgerkomitee arbeiten eng
mit den Rechtsanwälten zusammen, verfolgen
die Gerichtsfälle weiter und versuchen, die
Lobby für diese Rechtsfälle zu unterstützen,
im Gericht und ausserhalb. [...]
Regelmässige Aktionen werden als Teil der
Arbeit des Bürgerkomitees geplant. Eine [Art
von Aktion] sind inoffizielle Versammlungen
von Menschen in betroffenen Gegenden, zum
Beispiel wo Land oder Eigentum beschädigt
wurden, um Solidarität mit den Besitzern zu
zeigen und um israelische Siedler oder das
Militär von einer weiteren Beschädigung
abzuhalten, wo immer möglich.
Eine weitere Aktivität ist die
Öffentlichkeitsarbeit, die in Zusammenarbeit
mit anderen Bürgerkomitees in der Westbank
betrieben wird. Sie konzentriert sich auf
die Darstellung der Situation gegenüber
internationalen Aktivisten, Journalisten,
Vertretern von Organisationen und allen, die
ein Interesse haben, Augenzeugenberichte von
Menschen des Dorfes zu hören. Die
Öffentlichkeitsarbeit wird in Form von
Touren vor Ort, Rundgängen u.a. geleistet.
Des weiteren versuchen wir das Interesse
der Medien, sowohl örtliche wie
internationale, zu gewinnen. Es ist
notwendig, die Geschehnisse in den
verschiedenen Teilen der Westbank gegenüber
den örtlichen Medien anzusprechen, und
indirekt gegenüber der PA, die sich [ der
Geschehnisse] nicht unbedingt im klaren ist
und auch nicht immer über das Ausmass der
Schäden in den besetzten Gebieten Bescheid
weiss. Gegenüber den internationalen Medien
versucht Al Walajah seine“Katastrophe“ zum
Ausdruck zu bringen und an die [Menschen]
draussen zu appellieren, um eine
internationale Solidaritätsbewegung in der
Welt zu schaffen.
Zusätzlich wendet sich das Bürgerkomitee an
NGOs für die Durchführung von Projekten, die
notwendige Dienstleistungen für das Dorf
aufbauen. In Al Walajah gibt es ein Problem,
was die Lage des Dorflandes betrifft, das in
zwei Teile geteilt ist, ein Teil ist in
Jerusalem eingegliedert – der nicht als von
Israel illegal annektiertes Land anerkannt
wird; die andere Hälfte liegt in der
Saumzone, zwischen der Mauer und der Grünen
Linie.
Der problematische legale Status der zwei
Dorflandteile erschwert die
Projektimplementierung für NGOs
(international oder nationale), weil Al
Walajah als gebiet mit hohem Risiko
eingeschätzt wird. [...]
Die wöchentlichen Proteste wurden Ende
September ausgesetzt, weil es nichts zu
demonstrieren gab. [...] Als die Bulldozer
Anfang Dezember ein Stück Land auf der
anderen Seite des Dorfes klärten, brachten
die Dorfbewohner sie durch das Gericht zum
Stehen, weil sie sich in ihrem populären
Widerstand meist auf Gerichtsverfahren
verlassen.[...] Die gewaltlosen Proteste
hängen mit Israels Aktionen vor Ort
zusammen. Wenn zum Beispiel israelische
Bulldozer da sind, werden die Dorfbewohner
kommen und dagegen angehen…
Im
Fall von Beit Jala haben hauptsächlich die
israelisch-palästinensischen
Sicherheitsabkommen die wöchentlichen
Proteste gestoppt und das Bürgerkomitee
paralysiert. Auf der Grundlage dieser
Abkommen kann keine Seite einseitig handeln.
Trotzdem baut Israel die Mauer, eine
einseitige Massnahme, und schafft Realitäten
vor Ort. Der Versuch der Bewohner von Beit
Jala, gegen die Mauer zu protestieren, wurde
nicht nur vom israelischen Militär
blockiert, sondern auch durch die
palästinensischen Sicherheitskräfte, weil
das Dorf in der Zone A liegt, die unter der
Sicherheitskontrolle der PA steht.[...] Die
PA kann das Gleiche nicht in Al Walajah
machen, weil [das Dorf] in der Zone C
liegt(unter israelischer Kontrolle), was in
diesem Fall „von Vorteil“ sein kann.
Die Leute hier sehen sich im allgemeinen mit
dem Problem konfrontiert, dass sie wegen der
Teilnahme an Demonstrationen meist ihre
Arbeitserlaubnis verlieren, also ihre
wichtige Einnahmequelle, die Arbeit in
Israel.[...]
Unter der Besetzung wird auch dadurch in
hohem Mass Druck auf Al Walajah ausgeübt,
weil beinahe alle Häuser einen
Demolierungsbefehl anstehen haben, weil sie
aus israelischer Sicht “illelagerweise“
gebaut wurden. Ganz zu schweigen vom
Problem, dass Menschen an verschiedenen
Checkpunkten in der Westbank verhaftet
werden können, wenn sie als Bewohner von Al
Walajah identifiziert werden.
Seit 2003 begann die palästinensische
Zivilgesellschaft, sich in Bürgerkomitees zu
organisieren, um gegen verschiedenenFormen
der israelischen Besatzung Widerstand zu
leistem, vor allem der Konstruktion der
Mauer und Siedlungen.
Örtliche Bürgerkomitees wurden in
verschiedenen Orten in der Westbank und
Ostjerusalem gegründet. Der Widerstand der
Bevölkerung entwickelte sich in den
betroffenen Dörfern, um ihre Rechte und ihr
Land zu schützen und um die Zerstörung ihres
Lebensunterhaltes und ihrer Gemeinden zu
verhindern.
Bürgerkomitees leiten den Widerstand der
Gemeinden in verschiedenen Formen, von
Märschen, Streiks, Demonstrationen zu
direkten Aktionen, Einschlagung des
Rechtsweges und der Unterstützung von
Boykott und Sanktionen (BDS).
Neuer Fonds für die Opfer des zivilen
Widerstandes -
IMEMC, 10. Februar 2011 - Das Popular
Struggle Coordination Committee im
Westbankdorf Bil‘in hat einen neuen Fonds
geschaffen, der Palästinensern helfen soll,
die Gerichtskosten für Verfahren gegen die
israelische Armee zu bezahlen, wenn ein
Teilnehmer an Aktionen des friedlichen
Widerstandes schwer verletzt oder getötet
wird. Der “Dismantling Impunity Fund” soll
die Kultur der Straflosigkeit für Mitglieder
der israelischen Armee beenden, die nach der
schweren Verletzung oder Tötung eines
Palästinensers oft nicht zur Rechenschaft
gezogen werden. Vertreter von Bürgerkomitees
und palästinensischen
Menschenrechtsorganisationen werden den
Fonds verwalten.
Die Familie Abu Rahmah wird als erste Gelder
aus dem Fonds für ein Gerichtsverfahren in
Israel erhalten, in dem eine Entschädigung
für den Tod des Sohnes Bassem Abu Rahmah
gefordert wird, der im April 2009 von einem
Hochgeschwindigkeitstränengaskanister in der
Brust getroffen wurde, den ein israelischer
Soldat bei einer Demonstration in Bil’in aus
40 Meter Entfernung direkt auf ihn gezielt
hatte. Israelische Gesetze erlauben dem
Gericht, Palästinenser als „Ausländer“ zu
behandeln und die Zahlung einer Kaution in
Höhe der erwarteten Verteidigungskosten zu
verlangen, sollte die Staatsanwalt den Fall
verlieren. Ohne diese Zahlung wird der Fall
ohne Gerichtsverhandlung geschlossen. Die
israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem
hatte nach einer umfassenden Untersuchung
des Todesfalls von Bassem Abu Rahmah mit
Hilfe von Videos und Expertenbefragungen
eine kriminelle Untersuchung gefordert;
bisher wurde niemand bestraft oder
angeklagt. Die Familie Abu Rahmah verlor
dieses Jahr ein zweites Familienmitglied im
Zusammenhang mit den Demonstrationen in Bil’in.
Die Tochter Jawaher Abu Rahmah starb am 1.
Januar im Krankenhaus in Ramallah, nachdem
sie Tränengas während der
Freitagsdemonstration inhaliert hatte.1)
Mohammed Khatib, Koordinator des Popular
Struggle Coordination Committee
kommentierte:” Nach unseren Erfahrungen mit
dem israelischen Rechtssystem erwarten wir
von den Gerichten der Besatzer keine
Gerechtigkeit. Wir wissen aber, dass ein
Gerichtsverfahren die Dinge ans Licht
bringt, die die Besatzung lieber im dunkeln
lassen will.“2)
Schecks an
die “Alliance for Global Justice” schicken
für den “CfJS-Dismantling Impunity Fund”.3)
Alliance for Global Justice,1247 “E”
Street,SE, Washington, DC 20003
1)
Less Lethal? Ask
the Abu Rahmah Family, http://www.bilin-village.org/english/articles/press-and-independent-media/Less-Lethal-Ask-the-Abu-Rahmah-Family
Ni’lin
braucht einen Computer und eine neue
Internetverbindung -
Das Dorf Ni’lin in der
besetzten Westbank kämpft seit Jahren gegen
die Apartheidmauer. Vor einigen Tagen wurde
die einzige Internetverbindung ihres
Medienzentrums geschlossen; sie haben keinen
funktionierenden Computer. Freunde von Ni’lin
sammeln Geld für einen neuen Computer und
für eine neue Internetverbindung.
Spendenwillige können sich an „Ride to Gaza“
wenden:
ridetogaza.fr@gmail.com
(Spenden über PayPal unter
dem Stichwort „ Ni’lin“ sind durch diese
Organisation möglich)
Übersetzt und bearbeitet v.
M. Lauer
Friedlicher
Widerstand in der Westbank,
4. Februar 2011
Übersetzt und bearbeitet von
Martina Lauer
Dutzende von
palästinensischen, internationalen und
israelischen Aktivisten marschierten im
strömenden Regen unter dem Banner der
Solidarität mit dem ägyptischen Volk. Die
Protestierer wurden sehr schnell von dem
gleichen, in den USA produzierten Tränengas
beschossen, das in den letzten Tagen gegen
die Demonstranten inÄgypten eingesetzt
wurde.(Joseph Dana)
Bil’in: “Von Bil’in bis zum
Tahrir Square werden die Menschen ihr
eigenes Schicksal bestimmen!“
(Protestplakat)
Die Teilnehmer am Protestzug
trugen tunesische und ägyptische Fahnen,
Fotos der Geschwister Bassem und Jawaher Abu
Rahmah aus Bil’in, die durch die Teilnahme
an Bil’ins Demonstrationen ums Leben kamen,
und gelbe Banner mit den Bildern von zwei
politischen Gefangenen in Israels
Besatzungsgefängnissen, Abdallah Abu Rahmah
aus Bil‘in, der wegen der Organisation von
Protesten zu eineinhalb Jahren
Gefängnisstrafe verurteilt wurde, und Marwan
Barghouthi, einem gewählten Mitglied des
palästinensischen Parlamentes und Mitglied
des Revolutionären Rates der Fatah. Einige
Demonstranten trugen Plakate in
Unterstützung der ägyptischen Proteste:
“Lange lebe das Ägypten der arabischen
Freiheit, der Zivilisation, der Geschichte,
der unabhängigen arabischen Nation.“1)
Auf dem Weg durch die
Strassen von Bil’in zur israelischen Mauer,
die das Dorf von fast 50% seines Landes
trennt, riefen die Teilnehmer auch zur
nationalen Einheit der Palästinenser auf,
gegen die derzeitigen Spaltungen und
forderten den entschiedenen Widerstand gegen
die Besatzung und die illegalen
israelischgen Siedlungen.
Als sich der Marsch endlich
der Mauer näherte, sahen sich die
Demonstranten mit einer grossen Zahl von
israelischen Soldaten konfrontiert, die den
Zugang zur Mauer blockierten und Tränengas,
gummiummantelte Stahlkugeln und scharfe
Munition auf die Menschen feuerten. Sie
verfolgten die Demonstranten auch durch die
Olivenhaine und verletzten den Journalisten
Haitham al Khatib. Viele Teilnehmer mussten
wegen Atemnot und anderer Wirkungen des
Tränengases von Sanitätern behandelt werden.
In einem Solidaritätsbrief an
das „Egyptian People's Committee“ betonte
das Bürgerkomitee Bil’in seine Unterstützung
für die unbewaffnete zivile
Widerstandsbewegung in Ägypten und Tunesien
und die Forderungen nach Veränderung. Bil’in
ruft zu einem Tag des Zornes am 11. Februar
auf, an dem zu weltweiten Protesten vor
israelischen Botschaften gegen die
israelische Besetzung von arabischen Land
aufgerufen wird.2)
Al
Ma’sara: Palästinensische Solidarität mit
Ägypten -
Freiheit für Palästina und
Unterstützung für die Jugend, die die
weitverbreitete ägyptische Revolution in
Gang setzten, waren die Forderungen von
Demonstranten in Al Ma’sara, als sie sich
von der Dorfschule aus durch die Strassen in
Richtung Mauer aufmachten. Am Ausgang des
Dorfes waren israelische Soldaten
aufmarschiert und blockierten den Protest
vom freien Weitermarsch zur Annexionsmauer.
Mohammed Brajiya vom Bürgerkomitee Betlehem
beschrieb die ägyptische Revolution als
Revolution aller Araber gegen Unterdrückung
und Tyrannei.
Wad
Rahal: Freitagsprotest nach einigen Monaten
Demonstrationspause -
Nach mehreren Monaten, an
denen keine wöchentlichen Demonstrationen
stattfanden, organisierte Stop the Wall
einen Protest im Dorf Wad Rahal, südlich von
Betlehem, in Solidarität mit den
Demonstranten in Ägypten und dem Aufruf zur
Standhaftigkeit sowohl der ägytpischen wie
auch der palästinensischen
Widerstandsbewegung.
Den Demonstranten gelang es,
ihr isoliertes Land und das Tor zur Siedlung
Efrata zu erreichen, bevor sie von der
Besatzungsarmee angegriffen wurden. Ein
grosse Zahl von Soldaten feuerten Tränengas
in die Menge, was bei 15 Demonstranten zu
schweren Reaktionen auf die Inhalierung
führte; ein internationaler
Solidaritätsaktivist wurde verhaftet und zu
einem unbekannten Aufenthaltsort
verschleppt.
Ni’lin:
Tränengas gegen Demonstranten und im Dorf
eingesetzt -
Trotz strömenden Regens
protestierten die Bewohner des Dorfes Ni’lin,
israelische und internationale Aktivisten in
Solidarität mit dem ägytischen Volk und
forderten, dass ihr Ruf nach freier
Selbstbestimmung, die den Palästinensern
durch die israelische Besatzung verweigert
wird, gehört wird. Als die Demonstranten die
Mauer erreichten, feuerten israelische
Soldaten enorme Mengen von Tränengas in die
Menge, dann öffneten sich die Tore der
Annexionsmauer und die Soldaten verfolgten
die Protestteilnehmer zurück ins Dorf, wo
sie Tränengas in die Häuser feuerten, was
bei vielen Bewohnern, vor allem bei älteren
Menschen und Kindern zu Atemnot und anderen
schmerzhaften Nachwirkungen führte.
Nabi Saleh
marschiert mit den Menschen in Ägypten
- Noch bevor die
Demonstration in Nabi Saleh überhaupt
begonnen hatte, nahmen israelische Soldaten
ihre Stellungen in den Strassen des Dorfes
westlich von Ramallah ein und verliesen den
Ort erst gegen fünf Uhr abends. Drei
israelische Demonstranten wurden bereits vor
Demonstrationsbeginn festgenommen und von
den Soldaten aus dem Dorf verbannt,
allerdings vergeblich, weil die drei auf
anderem Wege wieder ins Dorf zurückkamen und
am Protest teilnahmen.
Viele Teilnehmer hielten
Fotos von Islam Tamimi, einem 14-jährigen
Dorfbewohner, der seit fast drei Wochen in
einem israelischen Militärgefängnis
festgehalten wird und langen Verhören über
die örtlichen Aktivisten in der
unbewaffneten Widerstandsbewegung
unterworfen wurde. Wie an vielen Orten in
der Westbank fand die Demonstration in Nabi
Saleh in Solidarität mit den Menschen in
Tunesien und Ägypten statt.
Die Demonstranten wurden mit
Tränengas angegriffen, bevor sie die
zentrale Strassenkreuzung im Dorf
erreichten, und wurden von der Armee von
dort in die Olivenhaine um Nabi Saleh
vertrieben.
Seit die Proteste vor einem
Jahr gegen die Landannexionen und die
illegale Siedlung Halamish begannen, hat die
israelische Armee zahlreiche Strafaktionen
gegen die Dorfbewohner unternommen. Im
letzten Monat hat sich die Zahl der
nächtlichen Razzien dramatisch erhöht, bei
denen die Soldaten Informationen über die
männliche Bevölkerung vor allem im Alter
zwischen 14 und 30 Jahren sammeln und bei
denen Kinder verhaftet und zu langen
Verhören mitgenommen wurden.
Mazin Qumsiyeh: Palästinenser
demonstrieren in Solidarität mit Ägypten,
Tunesien, Jemen, Jordanien -
Am 7. Feburar beschrieb Mazin
Qumsiyeh in seinem Blog die Taktiken der PA,
Proteste des friedlichen Widerstandes in der
Westbank und Demonstrationen in Ramallah in
Solidarität mit Ägypten zu manipulieren und
zu verhindern. -
Ich blogge regelmässig über die Ereignisse
hier, vor allem darüber, was nicht in den
etablierten Medien zu sehen ist. Ich will
durch diese Nachricht einige Dinge
herausstellen, die ich bisher nur am Rande
angesprochen habe und werde dann einen
Aufruf an Palästinenser (einschliesslich der
„Palästinensischen Autorität“ oder PA)
herausgeben.1)
Zuerst eine Beschreibung der
Ereignisse, die mich zu dieser emotionalen
E-mail bewegt haben.
Niemand hat die Geschehnisse
in Ägypten, Tunesien, Jemen und Jordanien
erwartet. Letzte Woche wurden
Demonstrationen in Unterstützung des
ägyptischen Volkes unterdrückt, von der
Hamas-kontrollierten Autorität in Gaza und
von der Fatah-kontrollierten Autorität in
der Westbank (beides in Verletzung von
palästinensischen Gesetzen, die die
Meinungs- und Versammlungsfreiheit
garantieren). Am Donnerstag unterbrach
Sicherheitspersonal in Zivil eine friedliche
Versammlung in Ramallah, verhaftete
Teilnehmer und nahm ihr Videomaterial mit.
Trotz illegaler Anweisungen
von der PA betonten die
Freitagsdemonstrationen in Bil’in, Wad Rahal
und anderswo die ägyptische-palästinensische
Einheit angesichts der Unterdrückung und
Samstagsdemonstrationen wurden in Gaza,
Jerusalem, Beit Ommar, Ramallah und Betlehem
abgehalten. Über 1000 Menschen versammelten
sich in Ramallah. Dutzende von Personal der
PA in Zivil versuchten diese Demonstration
zu unterbrechen und Leute zu verhaften.
Einige Menschen wurden in
Ramallah schon vor Beginn der Demonstration
schikaniert (im Gedanken, dass man die
Veranstaltungen beenden kann, wenn man
denjenigen Angst macht, die man für die
Anführer hält). Ähnliche Versuche wurden in
Betlehem gemacht. Mir und mindestens vier
weiteren Aktivisten in Betlehem wurde durch
Verwandte, Freunde und sogar direkt durch
Sicherheitsagenten mitgeteilt, dass wir
„aufpassen“ sollten. Ich habe die Details
für mögliche spätere gerichtliche Schritte
aufgehoben. Bei der Veranstaltung, die auf
dem „Manger Square“ stattfand (50
Teilnehmer), versuchten Sicherheitsagenten
viele Taktiken, um zu diskreditieren, zu
unterbrechen und einzuschüchtern. Einige
präsentierten sich als Demonstranten, andere
versuchten, die Reden direkt zu
unterbrechen.
[...]
Bei einer weiteren
Gelegenheit sagte er [ein Sicherheitsagent]
und ein anderes Individuum, dass die
Demonstranten „um Bezahlung bitten sollten
wie einige andere, die für die Demonstration
bezahlt wurden“! Die PA – Stellen wissen
sehr wohl, dass keiner der
Hauptorganisatoren von irgend jemand bezahlt
wird und viele aus eigener Tasche beitragen.
Später hinderte uns die uniformierte Polizei
am Marschieren.
Wir bitten die Eliten, die an
der Macht sind, um ihrer selbst willen und
für die Zukunft Palästinas, dass sie ihr
Volk nicht unterschätzen und stattdessen auf
sie hören, selbst wenn sie [das Volk] sie
fürchten (weil auch dies zu Ende gehen kann
wie es in Ägypten geschah).
Die Leute bitten die
anständigen Menschen der Fatah, die Dinge
selbst in die Hand zu nehemen, indem sie zu
ihren Wurzeln als eine
Volksbefreiungsbewegung zurückkehren und
nicht eine „Autorität“ über ein Bantustan.
Sie sagen den anständigen Menschen in
anderen (meist linken) Faktionen: Bitte
brecht das Schweigen und werdet aktiv, um
die Kairoabmachungen zur Wiederbelebung der
PLO anzuwenden. Sie sagen Hamas und Fatah,
dass sie aus der Oslo-Falle herausmüssen (
eine „Autorität“ sein ohne Autorität unter
der Besatzung).
Sie sagen uns allen, dass
Palästina frei sein wird und dass es immer
multi-ethnisch und multi-religiös sein wird;
es ist unvermeidlich dass es ein Land sein
wird (Keine Bantustans oder ein Staat und
zwei Kleinstaaten). Diese Menschen machen
uns Hoffnung. Das Kind, das mich heute
fragte, ob es die palästinensische Fahne
tragen könnte, brachte Freudentränen in
meine Augen, und ist mir wichtiger als alle
politischen Spiele und Angriffe gegen uns.
Er kennt und viele von uns
kennen die Bedeutung des alten arabischen
Sprichwortes, dass „die Sonne nicht mit
einem Sieb (ghorbal) verdeckt werden kann.“
Leider versuchen Israel, die USA und andere
Individuen in der arabischen Welt (einschliesslich
der PA) die Sonne zu verdecken und das
Unvermeidliche zu verhindern.
Friedlicher Widerstand in der Westbank,
28. Januar 2011
Übersetzt und bearbeitet von
Martina Lauer
Protest in Bil’in:
Stoppt Israels andauernde Verletzung von
internationalem Recht -
“Unser Kampf ist mit den Siedlern, die Uday
in Iraq Burin ermordet haben.Unser Kampf
richtet sich gegen die Besatzung und die
Siedler. Wir werden unseren Kurs nicht
ändern und unseren Widerstand fortsetzen.”
So formulierten Demonstranten in Bil’in
einige ihrer Forderungen beim wöchentlichen
Demonstrationszug zur israelischen Mauer.
Der palästinensische Botschafter in Chile,
Dr. Mai Al Kaila hatte den Vizepräsidenten
des chilenischen Parlamentes Eban Moreira
und eine Delegation chilenischer
Parlamentsabgeordneter für den
Freitagsprotest gegen Israels
völkerrechtswidrige Mauer und Siedlungen in
der Westbank nach Bil’in gebracht. Eine
Delegation der palästinensischen “Arab
Liberation Front” beteiligte sich ebenfalls.
Die israelische Armee hielt sich in grossen
Gruppen am Weg zur Mauer und auf der anderen
Seite des Tores bereit und setzten ihr
Waffenarsenal, offiziell “Mengenkontroll-Mittel”,
gegen die Menschen ein. Als die
Demonstranten und die Besitzer des Landes
versuchten, durch das Tor auf die andere
Seite der Mauer und zu ihren Feldern zu
gelangen, feuerten die Soldaten
Tränengaskanister, Schockgranaten,
gummiummantelte Stahlkugeln und scharfe
Munition in die Menge. Später wurde auch ein
Wasserwerfer gegen die Demonstranten
eingesetzt, der eine Mischung aus Abwasser
und Chemikalien versprüht, die zu Erbrechen
führen kann und tagelang an der Haut oder
der Kleidung haftet. Ein Demonstrant wurde
von einem Gaskanister an der Hand verletzt,
andere Teilnehmer litten an Erbrechen und
akuter Atemnot.
Am Donnerstag machte Edgar Motsisi aus
Südafrika einen Solidaritäts- und
Kondolenzbesuch bei der Familie von Bassem
und Jawaher Abu Rahmah. Bassem Abu Rahmah
starb im April 2009, nachdem ein
israelischer Soldat einen
Hochgeschwindigkeitstränengaskanister auf
seinen Oberkörper gefeuert hatte.Seine
Schwester Jawaher Abu Rahmah verschied am 1.
Januar 2011, nachdem sie beim
Freitagsprotest in Bil’in grossen Mengen von
Tränengas eingeatmet hatte. Edgar Motsisi
informierte sich beim Bürgerkomitee über die
Protestbewegung, die sich seit 2002 in der
Westbank gegen den Bau der israelischen
Mauer und die fortgesetzte Kolonisierung
bildete und die militärische Untedrückung
der Proteste und besuchte das Dorf am
nächsten Tag zusammen mit Eban Moreira und
der chilenischen Delegation.
Iraq Burin: Siedler
töten einen unbewaffneten jungen Mann
- Am 27.
Januar wurde ein 19-jähriger Palästinenser
aus Iraq Burin von israelischen Siedlern
beim Holzsammeln tödlich verletzt. Uday
Maher Hamza Qadous wurde von einer Kugel in
der Brust getroffen und starb auf dem Weg
ins Krankenhaus. Familienmitglieder
berichten, dass sein Körper Zeichen von
Schlägen trug, sein Gesicht war blutig und
er hatte eine gebrochene Rippe.
Die israelische Armee
besetzte daraufhin das Dorf, es wurden aber
keine Zusammenstösse berichtet.
Für seine Familie ist dies
die zweite Tragödie in kurzer Zeit. Im März
des vergangenen Jahres wurde sein jüngerer
Bruder, der 16-jährige Mohammed Ibrahim
Qadous von Soldaten erschossen.
Ein weiterer Siedlerangriff
wurde aus dem Dorf Ein Abbus berichtet:
Siedler kamen ins Dorf, setzten einen Wagen
in Brand und spühten Parolen auf mehrere
Häuser. Erst als die Siedler von ihrer
Kampagne des Vandalismus und Terrorisierens
ermüdet waren, wurden sie von den Soldaten
und Polizisten, die bis dahin die Rolle der
Zuschauer übernomment hatten, nach Hause
gebracht.
Freitagsprotest in Al Ma’sara: Erinnerung an
Uday Qadous -
Sechzig Palästinenser,
Israelis und Internationale demonstrierten
am Freitag im Dorf Al Ma’sara in der
südlichen Westbank in Solidarität mit der
Familie von Uday Qadous, einem jungen Mann
aus Iraq Burin, der am 27. Januar von
Siedlern getötet wurde. Sie protestierten
auch gegen den Freispruch für einen
israelischen Armeeoffizier, der einem
Soldaten nach einem Protest in Ni’lin 2009
den Befehl gegeben hatte, auf den
gefesselten Ashraf Abu Rahmah aus Bil’in zu
schiessen.
Die friedliche Demonstration
wurde von Soldaten blockiert, die die
Strassen ins Dorf kontrollierten und die
Demonstranten mit Tränengas und
Schockgranaten bedrohten. Gegen Ende des
Protestes beobachteten die Protestteilnehmer
einen Zusammenstoss zwischen zwei Autos und
kamen den verletzten Siedlern zur Hilfe,
wurden aber von israelischen Soldaten
weggedrängt.
IDF Offizier vermeidet Gefängnisstrafe in
Verbindung mit dem
Schussbefehl gegen
gefesselten Palästinenser -
Ein Militärgericht in Tel
Aviv entschied am 27. Januar gegen eine
Dienstgradherabsetzungvon
Oberstleutnant Omri Borberg, berichtet
Ynet-News.1)
Omri Borberg wurde zuvor von
dem Gericht schuldig gesprochen, dass er vor
zwei Jahren einem Soldaten unter seinem
Kommando den Befehl gegeben hatte, sein
Gewehr auf einen gefesselten
palästinensischen Demonstranten zu richten,
berichtete Ha’aretz am 5. Januar 2011. 2)
Ashraf Abu Rahmah hatte vor
zwei Jahren an einer Demonstration in Ni’lin
teilgenommen und wurde danach von der
israelischen Armee festgenommen. Er stand
gefesselt und mit verbundenen Augen neben
einigen Soldaten, als Borberg einem seiner
Soldaten den Befehl gab, Ashraf mit einer
gummiummantelten Stahlkugel in den Fuss zu
schiessen. Der Vorgang wurde von einer
Bewohnerin Ni’lins gefilmt.
Nach dem Vorfall wurde Borberg seiner
Stellung als Bataillonskommandeur enthoben
und der Einschüchterung schuldig befunden.
In den Gerichtsverhandlungen
seit dem Schuldspruch sagten eine Reihe von
Generalmajoren der IDF für Borberg aus, der
zur Zeit als Ausbilder in der Trainingsbasis
Tze’elim arbeitet. Die Generäle sagten, dass
Borberg ausreichend damit bestraft wurde,
dass er von seinem Kommano entfernt wurde
und dass er seinen Fehler eingesehen habe.
Sie haben auch seinen weiteren Dienst in der
IDF und seine Beförderung empfohlen.
„Man erwartet, dass die Staatsanwaltschaft
eine Rückstufung seines Ranges fordern wird,
was Borbergs militärische Karriere beenden
wird,“ kommentierte Anshel Pfeffer von Ha’aretz
am 5. Januar .
Ashraf Abu Rahmah war empört,
als er das Urteil der Richter hörte. „Der
Offizier hat ein Verbrechen begangen, die
Gerichtsentscheidung ist unverständlich,“
teilte er Ynet mit.“Ich kann nicht
verstehen, wie er in der Armee bleiben kann,
nachdem man auf dem Film sehen kann, wie er
den Befehl gab, auf mich zu schiessen.“
Mohammed Khatib vom
Bürgerkomitee Bil’in gab zu, dass er im
Bezug auf das Gerichtsurteil keine grossen
Hoffungen hatte. „Wir sind über die
Entscheidung vor allem deshalb enttäuscht,
weil es andere nicht davon abhalten wird,
das gleiche zu tun. Das israelische
Rechtssystem hat eine unterschiedliche
Verfahrensweise für Fälle, die Palästinenser
betreffen,“ sagte er. „Unsere derzeitige
Alternative ist eine internationale
Kampagne. Vielleicht können wir vor den
Internationalen Gerichtshof gehen.“
Beit Ommar: Siedlerangriff endet mit dem Tod
eines jungen Palästinensers -
29. Januar 2011 |
Palestine Solidarity Project - Der
17-jährigeYousef Fakhri Ikhlayl aus Beit
Ommar wurde am 27. Januar 2011 bei der
Arbeit auf dem Land seiner Familie von
Siedlern mit scharfer Munition angeschossen.
Einen Tag später erlag er im Krankenhaus
seiner schweren Kopfverletzung. Yousef war
das Opfer eines Angriffs von ca. hundert
bewaffneten Siedlern, die am Freitagmorgen
von der Siedlungskolonie Bat Ayn kommend
Häuser in den palästinensischen Dörfer Saffa
und Beit Ommar in der südlichen Westbank mit
scharfer Munition beschossen und hunderte
von Olivenbäumen zerstörten. Eine grosse
Gruppe erreichte Saffa und verletzte einen
16-jährigen Jungen am Arm. Die zweite Gruppe
machte sich in Richtung Beit Ommar auf und
traf auf Yousef, der auf dem Land seiner
Familie arbeitete. Siedler schossen auf den
jungen Mann und er wurde durch eine Kugel am
Kopf getroffen.
Zahlreiche Bewohner aus Beit
Ommar und dem Dorf Surif eilten herbei, um
ihre Häuser und Familien zu beschützen. Erst
nach zwei Stunden kamen Soldaten in mehreren
Jeeps an und eskortierten die Siedler nach
Bat Ayn zurück. Die Dorfbewohner wiesen
daraufhin, dass kein Versuch von seiten der
israelischen Armee unternommen wurde, die
Täter zu ermitteln, die den jungen Mann
erschossen hatten.
Yousef hatte sich fast jeden
Samstag an den unbewaffneten Demonstrationen
beteiligt und darüber hinaus an mehreren
Projekten, die vom Nationalen Komitee gegen
die Mauer und Siedlungen in Beit Ommar und
dem Palestine Solidarity Project (PSP),
einer örtlichen Organisation gegen die
Besatzung, organisiert werden.
„Yousef war ein junger Mann,
der auf eine bessere Zukunft für Palästina
hoffte. Sein Leben wurde von
Rechtsextremisten vorzeitig beendet. Überall
in der Welt sollten Menschen über seine
Erschiessung empört sein und fordern, dass
seine Angreifer vor Gericht gestellt
werden,“ sagte Bekah Wolf, ein
amerikanischer Staatsbürger, der mit Yousef
im Zentrum für Freiheit und Gerechtigkeit
gearbeitet hatte.
Dies war der zweite Angriff
von Siedlern auf Palästinenser in zwei
Tagen. Am 27. Januar wurde Uday Maher Qadous
aus Iraq Burin im Nablusdistrikt bei der
Feldarbeit von bewaffneten Siedlern tödlich
verletzt.
Die Sielder aus Bat Ayn,
einer von fünf Kolonien für jüdische
Israelis auf dem Land von Beit Ommar,
greifen regelmässig Palästinenser in der
Gegend von Beit Ommar an und schikanieren
sie.
Am darauffolgenden Tag kamen
tausende von Menschen aus Beit Ommar und den
Nachbardörfern zu seiner Beerdigung. Noch
vor Ende der Beerdigung wurden die
Trauernden von israelischen Soldaten mit
Schockgranaten, Tränengas und
gummiummantelten Stahlkugeln angegriffen.
Mehr als vierzig Menschen wurden verletzt.
Als einige Bewohner die
Besatzungsarmee mit Steinen abwehren wollte,
schlossen die Soldaten den Eingang des
Dorfes vier Stunden lang und besetzten
einige Gebäude. Eine palästinensische
Ambulanz wurde bei den Rettungsarbeiten
behindert und mit Tränengas beschossen.
Nabi
Saleh: 14 – Jähriger von Zuhause verbannt –
Massive Verhaftungswelle trifft Dorfbewohner
-
Stop the Wall, 1. Februar
2011 - Die
Besatzungsbehörden im Militärgericht Ofer
haben den 14-jährigen Islam Tamimi zu
Hausarrest in Ramallah verurteilt und damit
von seinem Zuhause in Nabi Saleh verbannt.
Islams Festnahme ist Teil einer
Verhaftungswelle, die sich vor allem auf die
jungen Männer des Dorfes konzentriert.1)
Islam wurde am 23. Januar in
einer nächtlichen Razzia des Hauses seiner
Familie verhaftet, Familienmitglieder und
Nachbarn, die ihm zur Hilfe kommen wollten,
wurden von den israelischen Soldaten
geschlagen, konnten aber die Festnahme
seines älteren Bruders verhindern.
Drei Wochen zuvor war Islam
während der Freitagsdemonstration verhaftet
und zur nahegelegenen illegalen Siedlung
Halamish gebracht worden, wo er mit hinter
dem Rücken gebundendenen Händen mehrere
Stunden im Regen sass, bevor er zu einem
Verhör gebracht wurde, bei dem er vor allem
über die Organisatoren der Proteste
ausgefragt wurde.2)
Nach seiner zweiten
Verhaftung wurde er direkt zum Gefängnis
Ofer gebracht und einem achtstündigen Verhör
unterworfen, bei dem weder Eltern noch ein
Rechtsbeistand anwesend waren.
Einen Tag später wurde sein
jüngerer Bruder von Soldaten festgenommen
und kurzzeitig festgehalten. Bis Mitte der
Woche wurden drei 15-jährige Jugendliche
festgenommen und am Mittwoch wurde Bassem
Tamimi, Leiter des Bürgerkomitees von Nabi
Saleh bei Ramallah nicht weit von einem
Checkpunkt festgenommen. Die Soldaten
misshandelten ihn und brachten ihn mit der
Warnung nach Nabi Saleh zurück, dass sie
seine Aktivitäten bei den friedlichen
Demonstrationen beobachten wurden. Am
Donnerstag wurden zwei ältere Brüder von
Islam Tamimi in einer Razzia festgenommen.
Nach Berichten von Adameer,
einer Menschenrechtsorganisation in
Unterstützung politischer Gefangener, wurde
Islams Eltern befohlen, eine Strafe von 10
000 Schekel vor der nächsten
Gerichtsverhandlung zu bezahlen, andernfalls
würde Islam im Gefängnis bleiben und könne
seinen Hausarrest in Ramallah nicht
antreten.
Stop the Wall kommentiert,
dass die Besatzung in der Regel Jugendliche
und Mitglieder der Bürgerkomitees im Visier
hat, um die Proteste zu untergraben. Dies
wurde zuvor in al Ma’sara, Bil’in und Ni’lin
beobachtet, und ist jetzt in Al Nabi Saleh
zu sehen.3)
Protest in Ni’lin
-
Nach dem Mittagsgebet auf dem Land des
Dorfes Ni’lin in der Nähe der Mauer liefen
die Dorfbewohner zusammen mit israelischen
und internationalen Aktivisten zur Mauer, um
gegen die Besatzung und die Kolonisierung
ihres Landes durch israelische Siedlungen zu
protestieren. Sobald die Protestteilnehmer
die Mauer erreichten, wurden sie von
israelischen Soldaten mit Tränengas und
gummiummantelten geschossen angegriffen. Es
wurden keine Verletzungen berichtet.
Saeed Amireeh bedankt sich
für die fortgesetzte Solidarität mit den
Palästinensern, vor allem bei Mr. Pity und
seinem Lied „Freedom“, das Saeed und seinem
Vater Ibrahim Amireeh gewidmet ist.
Erster
Internationaler Kurzfilmwettbewerb über das
israelischen Apartheidsystem -
31.
Januar 2011/Stop the Wall/itisapartheid.org
- “Roadmap to
Apartheid” gewann den Experten- und den
Gesamtpreis des Wettbewerbs, in einer
Auswahl von zehn Videos über das israelische
Apartheidsystem.
Der “Palestinian Popular Jury Prize” wurde
nach Vorführungen in der Westbank und Gaza
an „Confronting the Wall“ vergeben. „Ali
Wall“ gewann den „Global Jury Prize“ mit den
meisten Internetstimmen.. Link zu den
Filmen: www.itisapartheid.info
Vier Razzien
innerhalb von zwei Wochen im Dorf Nabi Saleh
– zwei Kinder festgenommen -
Am Dienstagmorgen wurde der
11-jährige Bruder von Islam Tamimi, einem
14-jährigen Jungen aus Nabi Saleh, der
bereits zweimal festgenommen wurde, von
Soldaten aus dem Haus geholt und
abtransportiert, berichtete das Popular
Struggle Komitee am 25. Januar.1)
Stop the Wall hatte am 23.
Januar berichtet, dass israelische Soldaten
Sonntagnacht im Dorf Nabi Saleh eindrangen,
das Haus der Familie Tamimi stürmten und den
14-jährigen Islam Tamimi verhafteten. Bei
der nächtlichen Razzia wurden sowohl Islam
als auch seine Familie geschlagen.Ein
Palästinenser,ein Mitarbeiter für die
israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem,
wurde am Fotografieren gehindert. Nur das
Eingreifen der Nachbarn und
Familienmitglieder konnte die Verhaftung des
älteren Bruders von Islam Tamimi verhindern.
Vor drei Wochen war Islam
während der Freitagsdemonstration verhaftet
und zur nahegelegenen illegalen Siedlung
Halamish gebracht worden, wo er mit hinter
dem Rücken gebundendenen Händen mehrere
Stunden im Regen sass, bevor er zu einem
Verhör gebracht wurde, bei dem er vor allem
über die Organisatoren der Proteste
ausgefragt wurde.2)
Diesen Sonntag wurde Islam
Tamimi direkt ins Westbankgefängnis Ofer
gebracht und einem achtstündigen Verhör
unterzogen, das mit seinem Geständnis
endete, Steine bei den Demonstrationen in
Nabi Saleh geworfen zu haben. Obwohl Tamimis
Anwälte sich sofort zur Polizeistation
aufmachten, erhielten sie erst nach fünf
Stunden Zutritt zu dem eingeschüchterten 14-
jährigen, der nach Durchlaufen der
Standardprozedur der israelischen Armee, die
den nächtlichen Arrest und unmittelbares,
stundenlanges Verhör von Minderjährigen in
Abwesenheit der Eltern oder Anwälte
vorsieht, zu jedem Geständnis bereit war.
Die Militärstaatsanwaltschaft beantragte,
Tamimi bis zur Gerichtsverhandlung am
Donnerstag in Untersuchungshaft zu behalten,
Islams Anwälte forderten in Anbetracht
seiner Jugend ein füheres Datum, was
möglicherweise zur Verhaftung seines
jüngeren Bruders führte, der zur Zeit den
gleichen Verhörprozess durchläuft.
Die israelische Armee hat ihre
Einschüchterungskampagne gegen die Bewohner
in Nabi Saleh verschärft. In der vergangenen
Woche sammelte die Armee Informationen zur
Identifizierung von jungen Männern des
Dorfes in zwei nächtlichen Razzien; dabei
notierten die Soldaten die Nummern der
Ausweise der Männer im Alter zwischen 12 und
22 und fotografierten sie, was von allen
Beteiligten als Warnung vor einer baldigen
Festnahme verstanden wird. Im Dorf haben
alle Fenster Metall- oder Holzgitter, weil
die israelische Armee regelmässig
Tränengaskanister in die Häuser wirft oder
schiesst, was in einigen Fällen zu
Verletzungen und Hausbränden führte.
Hochgeschwindigkeits-Tränengaskanister
werden auch gegen die Demonstranten
eingesetzt und verursachen immer wieder
Knochenbrüche.3)
Proteste
gegen die Mauer in vier Westbankdörfern
von der israelischen Armee angegriffen
- Bei den gewaltlosen Protesten am
Freitagnachmittag in der Westbank, feuerten
die israelischen Truppen CS Gas und andere
“nicht-tödliche“ Waffen auf Demonstranten in
Bil’in, Ni’ilin, Nabi Saleh und Al Ma’sara.
Die Demonstranten marschierten diese Woche
in Solidarität mit Jonathan Pollack, dem
Medienkoordinator für das Popular Struggle
Komitee, der sich seit 2002 zusammen mit
einer kleinen Gruppe von Israelis an den
Protesten gegen die Mauer in der Westbank
beteiligte, die von Palästinensern und der
Internationalen Solidaritätsbewegung (
gegründet im Frühling 2001) organisiert
wurden. Tanja Reinhardt, Journalistin und
Autorin, zitiert Pollaks Resumee nach den
ersten gemeinsamen Protesten 2002, die zum
Schritt vom Protest zum Widerstand führte:
„Anstatt ein Plakat vor dem israelischen
Verteidigungsministerium zu halten, waren
die israelischen Aktivisten mit
Palästinensern zusammen in der Westbank, um
palästinensisches Land vor der Zerstörung
und Konfiszierung zu retten. Es war für uns
israelische Aktivisten die erste
Möglichkeit, Beziehungen mit Palästinensern
zu schaffen…auf der Basis der Solidarität,
nicht der Normalisierung von Beziehungen
unter der Besatzung.”1)
1)Tanja Reinhardt, The Road
Map to Nowhere, S. 177-178
Diese Woche trugen die Demonstranten in
Bil’in, etwa 100 an der Zahl, Bilder von
Jonathan Pollack, einem israelischen
Aktivisten, der zur Zeit eine dreimonatige
Gefängnisstrafe für seine Beteiligung an
einem friedlichen Protest in Tel Aviv gegen
die israelische Blockade von Gaza absitzt.
Vor der Mauer stellten sich eine Gruppe von
Protestern in einem grossen Friedenszeichen
auf, die Poster von Jonathan Pollack in der
Hand, um der Welt zu demonstrieren, dass die
Menschen in Bil’in in Frieden gegen die
Besatzung stehen.Überraschend für viele
erfahrene Aktivisten war die Selektion der
Waffen gegen die Demonstranten diese Woche,
als die israelische Armee nach Mohammed
Kathibs Lesung einer Rede von Ghandi
lediglich „Skunkwasser“, einer penetrant
riechende Mischung aus Abwasser und
Chemikalien, einsetzte und nicht die
üblichen Mengen an Tränengas, selbst als
einige Jugendliche am Rand der Demonstration
Steine warfen. Die Erklärung war
offensichtlich: ein Team von Israels Channel
2 war anwesend und filmte den Protest für
eine Sendung. Die Atempause dauerte nicht
sehr lange: Als sich die Demonstranten auf
den Rückweg ins Dorf machten, stürmten 30
Soldaten durch das Tor und hüllten die
gesamte Umgebung in dichte Tränengaswolken.
Bil’in
forderte diese Woche eine unabhängige
professionelle Untersuchung des Todes von
Jawaher Abu Rahmha, die am 1. Januar 2011 in
einem Krankenhaus in Ramallah gestorben war,
nachdem sie bei der wöchentlichen
Demonstration in Bil’in am Tag zuvor eine
grosse Menge Tränengas eingeatmet hatte und
zusammengebrochen war. Die israelische Armee
bestätigte in ihren letzten Stellungnahmen
am 19. Januar 2011 einige Fakten, die zuvor
von Armeequellen in Frage gestellt wurden,
vor allem Jawaher Abu Rahmas Anwesenheit
bei der Demonstration, und die Einlieferung
ins Krankenhaus nach der Inhalation von
Tränengas.1) Die Halbwahrheiten und Dementi,
die von der israelischen Armee von Anfang an
verbreitet wurden, machen nach Ansicht der
Aktivisten in Bil’in eine unabhängige
Untersuchung durch Experten notwendig.2)
Im Dorf
Nabi Saleh
wurde ein 12-jähriges Kind durch
Pfefferspray an den Augen verletzt und
andere Protestteilnehmer mussten behandelt
werden, nachdem sie Tränengas inhaliert
hatten. Weil die israelische Armee jede
Woche israelische und internationale
Solidaritätsaktivisten am Betreten von Nabi
Saleh behindert, versammelten sich die
Teilnehmer des Protestes im Nachbardorf Beit
Rima, und nicht wie bisher im Zentrum von
Nabi Saleh. Von Beit Rima führte der
Protestmarsch direkt durch den Armeeposten
nahe der umkämpften Quelle, die im Dezember
2009 von Siedlern und der Armee “erorbert”
wurde.Am
Ende des Protestes warfen örtliche
Jugendliche Steine in Richtung der
israelischen Soldaten in Reaktion auf die
Angriffe der Armee.
Ein internationaler
Solidaritätsaktivist wurde während des
wöchentlichen Protestes gegen die Mauer in
Al Ma’sara festgenommen, als die
Demonstranten aus dem Dorf und in Richtung
Dorfland marschieren wollten. Israelische
Soldaten benutzten Schlagstöcke und
Gewehrkolben, um den Protestzug zu
blockieren. Dann packten sie den
Internationalen und nahmen ihn
fest.Internationale Aktivisten, die bei
gewaltlosen Demonstrationen festgenommen
werden, erhalten ein Einreiseverbot von 10
Jahren und werden von den israelischen
Behörden deportiert.
Anlässlich der
Demonstration in
Ni’lin in Solidarität mit
Jonathan Pollak veröffentlichte das
Bürgerkomitee Ni’lin folgende Botschaft an
die internationale Gemeinschaft: „ In dieser
Demonstration zeigen wir der Welt, dass wir
nicht gegen die Juden sind, wie viele Leute
das missverstehen, weil Israel zu sagen
versucht, dass wir Palästinenser Juden
hassen. In Wirklichkeit sind wir nur gegen
die Kolonisierung unseres Landes, wir
verteidigen unsere Würde und heute
protestieren wir in Solidarität mit einem
israelischen Friedensaktivisten, der in
Israel lebt und sich gegen die israelische
Besetzung von palästinensischem Land wehrt.“
Die
palästinensische gewaltlose Bewegung wird trotz
Repressalien fortgesetzt -
21. Januar 2011,
Huffington Post
-
Mohammed Khatib und Jonathan Pollack
sprechen über den Stand der populären
Widerstandsbewegung in Bil’in und der
Westbank.
Der Tod der palästinensischen
Demonstrantin Jawaher Abu Rahmah am ersten
Januar durch Tränengas, und die Versuche,
Menschen wie uns ins Gefängnis zu schicken,
illustrieren das verschärfte Durchgreifen
der israelischen Regierung gegen die
waffenlose palästinensische Protestbewegung.
Diese Bewegung von palästinensischen
Männern, Frauen und Kindern, die von
Israelis und Internationalen unterstützt
wird, hat sich trotz vieler
Einschüchterungsmassnahmen zu sehr
ausgeweitet, als dass man sie einfach
aufhalten könnte.
In den letzten acht Jahren
entstand eine von Palästinensern geführte
Bewegung, die die Strategien der
Gewaltlosigkeit einsetzt und die ein
Resultat der Protestmärsche unbewaffneter
Zivilisten in einer Reihe von
Westbankdörfern ist, um Land
zurückzugewinnen, das Israel für seine Mauer
und die Siedlungen beschlagnahmt. Ein
Beispiel ist das Dorf Bil’in, das vor sechs
Jahren die wöchentlichen Proteste gegen
Israels Beschlagnahmung von 60 % des
Dorflandes begann. Selbst nach dem Urteil
des Obersten Israelischen Gerichtes 2007
muss der Verlauf der Mauer geändert und ein
Teil von Bilins Land zurückgegeben werden.
Bis heute wurde dieses Urteil nicht
umgesetzt.
Die Protestmärsche von
waffenlosen Zivilisten sehen sich meist
schwerbewaffneten israelischen Soldaten
gegenüber, die mit Verhaftungen und Gewalt
gegen sie vorgehen – mit Tränengas,
gummiummantelten Stahlkugeln und scharfer
Munition. Seit 2004 hat die israelische
Armee 21 unbewaffnete Palästinenser in
diesen Protesten getötet, in der Mehrzahl
durch scharfe Munition – ganz zu schweigen
von den hunderten von unschuldig [Getöteten]
in Gaza und der Westbank.
Augenzeugen und ärztliche
Berichte zeigen, dass Jawaher Abu Rahmah bei
einem Protest in Bil’in durch Tränengas
verletzt wurde, was zu ihrem Tod führte.
Jawahers Bruder Bassem wurde im April 2009
bei einem friedlichen Protest durch einen
direkten Schuss mit einem Tränengaskanister
auf den Oberkörper getötet. 1988, während
der ersten palästinensischen Intifada,
dokumentierte Amnesty International
innerhalb von sieben Monaten 40 Todesfälle
in Verbindung mit dem Einsatz von Tränengas.
Wenn man aber die Berichterstattung in den
etablierten Medien verfolgt und die
Reaktion der israelischen Militärjustiz,
dann bekommt man den Eindruck, dass die
Steine, die manchmal am Rand der
Demonstrationen geworfen werden, eine
tödliche Waffe sind und die Soldaten die
Opfer der Menschen, deren Land sie besetzen.
Als Jonathan und seine
Freunde erstmals nach Bil’in kamen, waren
wir Palästinenser zuerst überrascht,
Israelis zu treffen, die unsere Rechte
anerkannten. Aber als wir sahen, wie diese
Israelis verletzt und verhaftet wurden,
öffneten ihnen die Bewohner von Bil’in die
Häuser und Herzen. Wir wurden Partner in
einem vereinten Kampf gegen Israels
Besatzung.
Obwohl Palästinenser das
erste Ziel sind, hat Israels hartes
Durchgreifen sogar jüdische Israelis
erfasst, die sehr viel mehr Rechte haben.
Ich, Jonathan, habe am 11.
Januar diesen Jahres eine dreimonatige
Gefängnisstrafe angetreten, weil ich 2008
zusammen mit vielen anderen auf meinem
Fahrrad in Tel Aviv gegen Israelis Blockade
von Gaza protestiert habe.
Ich, Mohammed, habe eine
Gefängnisstrafe um Haaresbreite vermieden.
Diesen Monat wurde ich freigesprochen, nach
meiner Festnahme vor einem Jahr, der
Freilassung auf Kaution und anschliessenden
Gerichtsverhandlungen. Der Fall war
fadenscheinig. Nach der Festnahme wurde mir
das Werfen von Steinen vorgeworfen, aber ich
konnte beweisen, dass ich mich an diesem Tag
auf einem anderen Kontinent befand.
Allerdings wurden viele
andere Palästinenser inhaftiert, darunter
mein Freund Abdallah Abu Rahmah, ein Lehrer
aus Bil’in. Abdallah wurde zu einem Jahr
Gefängnis verurteilt wegen „Aufwiegelung“
und dem Organisieren von „illegalen
Protesten“, Anklagepunkte, die von Jimmy
Carter, europäischen Regierungen und
Menschenrechstorganisationen verurteilt
wurden. Nachdem Abdallah 13 Monate im
Gefängnis verbracht hatte, verlängerte ein
israelischer Militärrichter seine Strafe um
weitere drei Monate.
Hunderte von Demonstranten in
der Westbank wurden in den vergangenen
Jahren inhaftiert. Diesen Monat wurde der
pominente Aktivist Adnan Gheith aus seinem
Haus in Silwan, Ostjerusalem, verwiesen und
in die Westbank verbannt. Ein israelischer
Militärrichter gab den Befehl ohne
Anklageerhebung und ausschliesslich auf der
Basis von geheimen Beweisen, die weder Adnan
noch seine Anwälte einsehen konnten. Dieses
fundamental undemokratische Vorgehen ist
meistens ein Zeichen von Polizeistaaten.
Tortzdem wächst unsere
Bewegung und verkörpert in vieler Hinsicht
die Prinzipien der Gleichheit und der
Freiheit, die in der Geschichte weltweit zu
Aktionen aufgegrüttelt haben. Palästinenser
von allen Parteien und aus allen Teilen der
Westbank nehmen jetzt an unseren Protesten
teil. Und Israelis und Menschen aus der
ganzen Welt beteiligen sich.
Wenn Israel aber weiterhin
erlaubt wird, mit Verhaftungen und Gewalt
gegen die unbewaffneten Protester
vorzugehen, ohne scharfe Kritik und
Sanktionen von der internationalen
Gemeinschaft, könnten manche Palästinenser
zu dem Schluss kommen, dass die
Gewaltlosigkeit kein effektiver Weg zur
Freiheit ist.
Europäische Regierungen haben
die Verhaftungen von Protestorganisatoren
verurteilt. Die amerikanische Regierung,
Israels engster Verbündeter, aber bleibt
äusserst zurückhaltend und hat das Problem
nur nach wiederholtem Nachfragen vorsichtig
anerkannt. Präsident Obama hat die
Palästinenser 2009 in seiner Rede in Kairo
zur Gewaltlosigkeit aufgerufen, aber seitdem
setzen wir und unsere Kollegen uns dem Tod
aus, schweren Verletzungen und Gefängnis,
ohne ein öffentliches Wort der Teilnahme von
ihm.
Trotz allem bauen wir eine
Bewegung für palästinensische Rechte als
Teil einer globalen Bewegung für
Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen
ungeachtet der Religion. Um erfolgreich zu
sein, benötigen wir die Unterstützung der
Zivilgesellschaften und Regierungen
weltweit.
Mohammed Khatibvom
Westbankdorf Bil’in ist der Koordinator desPopular Struggle
Coordination Committee,
einer palästinensischen Basisinitiative von
verschiedenen Bürgerkomitees in den
besetzten palästinensischenTerritorien.
Jonathan Pollak,
Medienkoordinator für das Popular Struggle
Coordination Committee, ist ein israelischer
Aktivist, der sich seit 2002 am
palästinensischen zivilen Widerstand
beteiligt.Er hat vor einer Woche eine
dreimonatige Gefängnisstrafe angetreten.
Palästinensische und internationale
Solidaritätsarbeit zum Schutz örtlicher
Bauern -
Stop the Wall/Wad Abu Bakir -
Die
Unterstützung der Feldarbeit in Gebieten in
der Nähe der israelischen Mauer und der
illegalen Kolonialsiedlungen im Gebiet von
Wad Abu Bakir bei dem Dorf Al Khadr im
Distrikt von Betlehem wird seit zwei Jahren
fortgesetzt, berichtet Stop the Wall am 19.
Januar. Freiwillige von mehreren
palästinensischen Organisationen und
internationale Solidaritätsaktivisten
begleiteten am vergangenen Donnerstag Bauern
zur Arbeit auf Feldern, in denen sie durch
Angriffe von Siedler und Soldaten gefährdet
sind. Eine schleichende Annexion des Landes
soll so vermieden werden; gleichzeitig wird
das Einkommen der Bauern aufgebessert.
Imemc/South
Hebron Hills -
Israelischer Siedler griffen eine Gruppe von
Internationalen mit Steinen an, die am
Sonntag palästinensische Hirten beim Weiden
ihrer Herden als Schutzeskorte begleiteten,
und nahmen einem der internationalen
Aktivisten die Kamera ab, berichtete imemc
am 24. Januar. Der Aktivist konnte seine
Videokamera festhalten und den Vorgang
filmen; auf der Polizeistation wurde ihm die
Rückerstattung der gestohlenen Kamera im
Austausch für das Löschen des Videofilmes
angeboten. Später kamen israelische Soldaten
und bewachten die Hirten für den Rest des
Tages.
Um Al
Hir ist ein Beduinendorf bei Susya, das
durch den Ausbau der israelischen Kolonie
Carmel seit Anfang der 80er Jahre um seine
Landrechte kämpfen muss. Das Dorf war
kürzlich in den israelischen Nachrichten,
weil die Armee eine Order zur Demolierung
eines Backhauses gab, dem „Taboon“ des
Dorfes, das ohne Genehmigung gebaut wurde.
Am
vergangenen Freitag pflanzten Siedler im
Schutz einer großen Truppe israelischer
Soldaten Bäume auf dem Land des Dorfes
anlässlich des Tu Bishvat Feiertages.
Razzien der israelischen Armee in Nabi Saleh
– „Datenerfassung“
für den Shin Bet - 13. January 2011 |
Popular Struggle Coordination Committee
-
Zwischen zwölf und drei Uhr
nachts durchsuchten israelische Soldaten 18
Häuser im Dorf Nabi Saleh in der Westbank.
In voller Kampfausrüstung drangen die
Soldaten in die Häuser ein, um die Identität
vor allem der männlichen Familienmitglieder
aufzunehmen. Das Ziel dieser Razzien ist
nicht die Festnahme eines Verdächtigen,
sondern die Erfassung der Identität der
männlichen Bevölkerung durch die Kontrolle
der Ausweise und das Fotografieren der
Anwesenden – unter Umständen, die auf eine
kollektive Bestrafung des Dorfes und der
Familien hinauslaufen. Am Tag der
wöchentlichen Demonstration im Rahmen der
gewaltlosen Widerstandskampagne gegen die
Mauer gehen die Soldaten dann mit einem
kleinen Buch von Haus zu Haus und verhaften
Menschen, die auf der Liste stehen, egal, ob
sie zur Demonstration gingen oder vor dem
Fernseher sassen.
Einmal festgenommen werden
die Opfer einer oder mehrerer
Standardvergehen angeklagt, die von der
palästinensischen Bevölkerung als
„Einkaufsliste des Shin Bet“ beschrieben
werden 1), meist Steinewerfen und Störung
der öffentlichen Ordnung. Beweise,
Augenzeugen,Videos oder Fotos, sind vor den
israelischen Militärgerichten nicht
notwendig, solange ein israelischer Soldat
aussagt, den Angeklagten gesehen zu haben.
Die Razzia in der Nacht vom
Donnerstag zum Freitag war die zweite in der
vergangenen Woche in Nabi Saleh. Bassam
Tamimi vom Bürgerkomitee berichtete, dass
die Armee diese Woche fast alle Häuser in
Nabi Saleh durchsucht hatte. Die männlichen
Bewohner im Alter zwischen 12 und 22 wurden
von den Soldaten fotografiert und die
Nummern ihrer Ausweise notiert. Nach den
Regeln der israelischen Besatzung gilt ein
palästinensischer Jugendlicher ab 16 Jahren
als Erwachsener, anders als die Jugendlichen
in der Nachbarschaft, die in den
israelischen Siedlungen in der Westbank
leben und nach israelischem Zivilrecht erst
mit 18 Jahren als Erwachsene behandelt
werden.2)
Seit einem Jahr protestiert
das kleine Dorf westlich von Ramallah gegen
die fortgesetzte Konfiszierung seines Landes
durch die nahegelegene Siedlungskolonie
Halamish mit wöchentlichen
Demonstrationsmärschen zu einer Quelle, die
dem Dorf gehört, aber von den Siedlern
beansprucht wird. Obwohl die waffenlosen
Demonstranten sich einer voll bewaffneten
Armee gegenübersehen, die sie meist am
Verlassen des Dorfes hindert und mit
Tränengas und anderen Mengenkontrollmitteln
beschiesst, wollen sie das Besitzrecht des
Dorfes durch ihre Präsenz verteidigen und
mit ihrer Demonstrationsbereitschaft jede
Woche gegen die Entrechtung durch die
Siedlungsausdehnung kämpfen.
3)
An Nabi Saleh:
Scharfe Munition gegen unbewaffnete
Demonstranten -
Am Freitag, den 14. Januar
war die israelische Armee lange vor dem
Beginn der wöchentlichen Demonstration auf
den Strassen von Nabi Saleh; Soldaten in
Armeejeeps informierten die Bewohner über
die Ausgangssperre für den Nachmittag und
drohten mit Verhaftungen, sollten sich
Menschen zu diesem Zeitpunkt auf den
Strassen zeigen. Um neun Uhr versiegelte die
Armee alle Eingänge zum Dorf und als sich um
die Mittagszeit sechzig Palästinenser
zusammen mit internationalen und
israelischen Demonstranten auf den
Protestzug zum konfiszierten Dorfland
aufmachten, eröffnete die Armee das Feuer
mit Tränengas und scharfer Munition. Ein
Augenzeuge berichtet, dass „von diesem
Augenblick an 50 bis 60 Soldaten das Dorf
ständig patroullierten und Häuser
besetzten.“ Diese Taktik ermöglicht es der
Armee, Beobachter und Scharfschützen an den
Fenstern und auf den Dächern aufzustellen,
nachdem die Bewohner gezwungen wurden, ihr
eigenes Haus zu verlassen. Als weitere
kollektive Bestrafung setzten die
israelischen Sicherheitskräfte den „Ringo“
ein, eine Tränengaskanone, die 64
Tränengasprojektile in 8 Sekunden abfeuern
kann und die vor allem 2008/2009 während der
Konstruktion der Mauer in Ni’lin gegen
Demonstranten eingesetzt wurde.
Die Demonstranten
berichteteten von drei leichten Verletzungen
auf ihrer Seite. Die Armee behauptete, dass
auf ihrer Seite ein Soldat von einem Stein
getroffen wurde; allerdings zeigt ein Video
der Demonstration, dass der Soldat stolperte
und hinfiel, als er mit scharfer Munition
auf die Demonstranten schoss. Das Video
zeigt auch, wie ein israelischer Aktivist
Soldaten auf einem Hausdach Vorhaltungen
macht und einen Tränengaskanister als
Antwort erhält. Weder ausländische noch
örtliche Journalisten waren anwesend, und
viele Demonstranten nehmen an, dass dies zu
einer Verstärkung der Vergeltungsmassnahmen
der israelischen Armee führte. Beim
Abschluss der Demonstration war das gesamte
Dorf in giftige Tränengaswolken gehüllt,
scharfe Munition zischte durch die Luft und
die Bewohner von Nabi Saleh hatten einen
weiteren schweren Preis für ihren Widerstand
bezahlt.
Vier
Demonstranten verletzt bei
Freitagsdemonstrationen in Bil’in und Ni’lin
- Im
palästinensischen Dorf Bil’in in der
zentralen Westbank wurden ein 13jähriges
Kind und zwei Aktivisten aus Israel und den
Niederlanden bei der wöchentlicchen
Demonstration gegen die Mauer verletzt.1)
Die israelische Armee setzt weiterhin grosse
Mengen von Tränengas ein, obwohl eine Frau
aus Bil’in, Jawaher Abu Rahmha, am 1. Januar
dieses Jahres nach der Inhalation von
Tränengas gestorben war.
Nach dem Mittagsgebet zogen
die Dorfbewohner zusammen mit Palästinensern
aus der Umgebung, israelischen und
internationalen Aktivisten und einigen
Journalisten in Richtung der Mauer, während
die israelische Armee sie mit fortgesetzten
Wellen von Tränengas und „Stinkwasser“
angriff, einer Mischung von Chemikalien, die
an den Betroffenen einen penetranten Geruch
hinterlässt, der wochenlang nicht richtig
entfernt werden kann. Einige Jugendliche
versuchten mehrere Stunden lang die
Soldaten mit Steinen vom Dorf fernzuhalten,
konnten aber ein Eindringen der Soldaten
nicht ganz verhindern.2)
Im
Nachbardorf Ni’lin marschierten über hundert
Menschen zur Betonwand, die Felder und
Olivenhaine des Dorfes umschliesst und die
Nutzung des Landes blockiert. Nach etwa
einer Stunde, in der einige Demonstranten
mitgebrachte Reifen in Brand setzten, um den
Siedlern jenseits der hohen Mauer eine
deutliche Botschaft des Protestes gegn die
Landkonfiszierungen zu senden, überraschten
israelischen Soldaten die Demonstranten vor
der Mauer mit einem Angriff von der Seite.
Sie feuerten Tränengas direkt in die Menge,
in üblicher Missachtung der Regeln der
israelischen Armee, wurden aber mit Steinen
zurückgetrieben und konnten keine
Verhaftungen vornehmen.
Ein 20jähriger Protestteilnehmer wurde von
einem Tränengaskanister am Kopf verletzt,
als er an der Mauer stand, wurde aber am
gleichen Tag aus dem Krankenhaus entlassen.
3)
Beit
Ummar unad Al Ma’ssara: Fortsetzung der
wöchentlichen Proteste am
14. und 15.
Januar -
Am Samstag morgen
demonstrierten ungefähr zwanzig
Palästinenser in Beit Ummar, unterstützt von
israelischen und internationalen Aktivisten,
gegen die fortgesetzten Versuche der Siedler
von Karmei Tsur, den Zugang zu Feldern des
Dorfes zu verweigern, als israelische
Soldaten in vier Armeejeeps vorfuhren, die
Strasse blockierten und das Gebiet zur
militärischen Sperrzone erklärten. Ein
Stunde lang versuchten die Demonstranten,
die Soldaten von ihrer Blockade abzubringen
und angedrohte Verhaftungen zu verhindern,
einige Protester hielten sogar die Arme in
die Luft, um ihre friedlichen Absichten zu
betonen. Eine Wende zur Eskalation kam, als
einige israelische Armeejeeps in das Dorf
einfuhren und an verschiedenen Punkten
Aufstellung bezogen. Innerhalb von Minuten
feuerten die Soldaten gummiummantelte
Stahlkugeln auf örtliche Jugendliche, die
Steine zurückwarfen. Daraufhin wurde die
Demonstration abgebrochen und viele der
Demonstranten kehrten ins Dorf zurück und
plazierten sich auf den Hausdächern, um das
Vorgehen der Soldaten zu beobachten. Die
Soldaten feuerten weiterhin gummiummantelte
Stahlkugeln in den Strassen und Tränengas in
die Häuser und die Zusammenstösse mit
Jugendlichen endeten erst am frühen Abend.
Nach internationalem Recht
ist Karmei Tsur eine illegale Siedlung auf
palästinensischem Land, eine von fünf
Kolonien auf Land im Besitz von Bewohners
des Dorfes. Demonstrationen finden jeden
Samstag statt und werden vom Nationalen
Komitee gegen die Mauer und Siedlungen in
Beit Ummar und vom palästinensischen
Solidaritätsprojekt organisiert.1)
Al-Ma’ssara protestiert seit vier Jahren
gegen die Mauer und auch diesen Freitag
machten sich Dorfbewohner zusammen mit
israelischen und internationalen Aktivisten
nach dem Mittagsgebet vom Zentrum des Dorfes
in Richtung ihres konfiszierten Landes auf.
Israelische Soldaten warteten am Dorfeingang
auf sie und blockierten den Weiterzug der
Demonstranten durch den Einsatz von
Schlagstöcken und Gewehrkolben gegen die
waffenlosen Menschen. Ein Mitglied des
örtlichen Bürgerkomitees gegen die Mauer
wurde besonders heftig angegriffen und
musste in der Klinik vor Ort behandelt
werden.2)
Öffnet
die Shuhadastrasse
in Hebron – Tag der Solidarität am 25.
Februar 2011
Open Shuhada Street, eine
Organisation für Menschenrechte in Israel
und Palästina, ruft zu Protestaktionen gegen
die Schliessung der Strasse im historischen
Stadtkern von Hebron/ Al Khaleel am 25.
Februar 2011 auf.
Die Shuhadastrasse war die zentrale
Verkehrs- und Geschäftsader für die
palästinensischen Bewohner von Hebron/ Al
Khaleel und ein wichtiger Marktplatz. 1994
wurden die Geschäfte der Strasse nach dem
Massaker an 29 Palästinensern in der
Abraham-Moschee durch den extremistischen
Siedler Baruch Goldstein geschlossen und der
Durchgangsverkehr verboten. 16 Jahre später
dürfen Israelis und Touristen die Strasse
benutzen, Palästinenser werden an den
Kontrollpunkten vor den Zugängen zur
Shuhadastrasse zurückgewiesen und müssen,
wenn sie in dieser Strasse wohnen, Umwege
benutzen und manchmal über Hausdächer
klettern, um durch Hintertüren und Fenster
in ihre Wohnungen zu gelangen.
Der Protesttag konzentriert
sich auf die Situation in Hebron/ Al Khaleel,
weil die Shuhadastrasse ein Symbol für die
Politik der Trennung in der gesamten
Westbank ist und für das System der
israelischen Besatzung.1)
Open Shuhada Street hat auch
eine Petition für Bischof Desmond Tutu
organisiert, der in Südafrika wegen seines
Engagements für die Rechte der Palästinenser
und seine Unterstützung für die
internationale Boykottbewegung gegen Israels
Politik in der Westbank und Gaza ins
Kreuzfeuer geriet. 2)
Palästinensische Aktivisten in Silwan
-
Adnan Ghaith aus Silwan,
Ostjerusalem zog am 12. Januar 2011 nach
Ramallah in der besetzten Westbank um,
berichtet IMEMC, nachdem er einen
Deportationsbefehl von den israelischen
Behörden erhielt, der den Aktivisten für die
nächsten vier Monate aus Jerusalem verbannt.
Nach Aussagen von Ghaith ist die Verbannung
eine Strafe für seine aktive Teilnahme im
Bürgerkomitee Al-Bustan gegen
Hausdemolierungen und Zwangsräumungen; nach
seinen Informationen plant die israelische
Staatsanwaltschaft die Deportation von fünf
jungen Männern aus Silwan.
Friedlicher Widerstand in der Westbank, 7.
bis 12. Januar 2011
Ni’lin: Erinnerung an Ni’lins
Solidaritätsdemonstration am
27. Dezember
2008 - Saeed Amireh
schrieb am 8. Januar 2011:
Ohne
Vorwarnung begann Israel den brutalsten
Angriff auf die Palästinenser; am 27.
Dezember 2008 fielen Israels Bomben auf die
Menschen in Gaza. Das Massaker dauerte 22
Tage und am zweiten Tag des Angriffs hielten
die Einwohner von Ni’lin eine Demonstration
am Checkpoint vor dem Dorf ab, die vom
Bürgerkomitee Nil’in gegen die
Annexionsmauer organisiert wurde.
Solidarität mit Gaza ist nicht akzeptabel
und so
setzten die israelischen Streitkräfte
scharfe Munition ein und feuerten mehrere
Runden auf die jungen Männer. Arafat Ratib
Khawaja, 22, erhielt eine Kugel in den
Rücken. Mohammad Khawaja, 18, wurde in den
Kopf geschossen, über dem rechten Auge, und
Mohammed Srour wurde am Bein getroffen.
Arafat starb am gleichen Tag und Mohammed
lag drei Tage im Koma, bis er in den ersten
Stunden des neuen Jahres verstarb.
Die israelischen Besatzungskräfte weigerten
sich, die Ambulanz ins Dorf zu lassen. Wir
trugen Mohammed und Arafat zu einem
Lastwagen, inmitten der Tränengassalven der
Soldaten und es kam uns wie eine Ewigkeit
vor, bis die Soldaten endlich dem Roten
Halbmond die Erlaubnis gaben, Mohammed und
Arafat wegzutransportieren.
Wir hatten zwei weitere Söhne von Ni’lin in
den Protesten gegen die Untaten, die in Gaza
begonnen hatten, verloren.
Zwei hatten wir schon zu Beginn des Sommers
verloren: Ahmed Mousa, zehn Jahre alt, wurde
am 29. Juli 2008 mit scharfer Munition
erschossen. Er hatte mit seinen Freunden auf
dem zum Dorf gehörenden Land gespielt und
ein Soldat erschoss ihn direkt aus nächster
Nähe. Bei seiner Beerdigung am nächsten Tag
wurde Yousef Amira, der 17 Jahre war, eine
gummiummantelten Stahlkugel an den Kopf
geschossen und er starb drei Tage später in
einem Krankenhaus in Ramallah.
Die israelische Armee versuchte unsere
unbewaffneten Demonstrationen mit extremer
Gewalt zu beenden. Ni’lin verbleiben noch
7000 Dunam (2800 Hektar) [Land], 30% der
ursprünglichen Grösse. Illegale israelische
Siedlungen wurden gebaut, wo seit
Menschengedenken unsere Olivenhaine standen.
Wir wurden unserer Existenzgrundlage
beraubt, während Israel mehr und mehr Land
unter dem Vorwand der Sicherheit
konfiszierte. Eine Strasse wurde mitten
durch das Dorf gebaut, um die Siedlungen mit
Israel selbst zu verbinden. Ich erinnere
mich an eine Demonstration gegen den Bau der
Siedlung Kiryat Sefer. Die Armee erschoss
1997 einen Mann aus Ni’lin namens Attallah
Amirah mit einer Kugel in den Kopf. Er war
38 Jahre alt und hatte vier Töchter und vier
Söhne. Sein ältester Sohn war 18 Jahre alt
und seine Frau war mit dem jüngsten, der
auch Attallah heisst, schwanger. Aber wir
machen weiter, auch nach dem Tod von Arafat
und Mohammed. Weil wir nicht passiv bleiben
könne, wenn unser Land weggenommen wird.
Im Frühling des Jahres 2009 wurde Aqil Srour
von einer 0.22 Kaliberkugel im Brustkorb
getroffen, als er einem Jungen aus dem Dorf
helfen wollte, der von einer Kugel verwundet
wurde. Seine Frau erwartete damals gerade
ein weiteres Kind. Der Tod von Aqil
schockierte mich mehr als die anderen. Ich
begegnete ihm, als ich für die Teilnahme an
einer Demonstration festgenommen wurde.Er
gab Acht auf mich und half mir durch meine
Zeit im Gefängnis. Wir wurden gute Freunde.
Heute, am 7. 1. 2011, fand die Demonstration
in Ni’lin zum Gedenken an Mohammed und
Arafat Khawaja statt, die von der
zionistischen Besatzungsarmee am 27. 12.
2008 brutal getötet wurden. Die massive
Demonstration [...] begann nach dem
Freitagsgebet auf dem Dorfland; die Bewohner
aus Ni’lin und einige israelische
Friedensaktivisten protestierten gegen die
Massaker, die Israel in Gaza und auch in Ni’lin
beging. Als die Demonstranten die Betonwand
erreichten, begannen die israelische
Besatzungsarmee mit dem massiven
Tränengasbeschuss, so dass dutzende an den
Folgen der Inhalation von Tränengas litten;
ein Demonstrant wurde von einer
Tränengasbombe am Bein getroffen. Dann
öffneten sich die Tore und die Soldaten
stürmten auf die Demonstranten zu, um sie zu
verhaften und verfolgten sie mit einem Hagel
von Tränengas- und Schockgranaten,
gummiummantelten Stahlgeschossen und
scharfer Munition bis zum Dorfeingang, von
dem aus die Soldaten die Häuser unschuldiger
Menschen mit Tränengas einnebelten. Die
Demonstration endete um drei Uhr.
Palästina ist besetzt und wir werden nicht
aufhören, bis es frei ist.
Videowettbewerb von Itisapartheid und Stop
the Wall - Nur noch
wenige Tage bleiben für die Bewertung der
zehn Videos zur Apartheidmauer. Auf der
Webseite www.itisapartheid.tv kann man die
Videos ansehen und bewerten.
www.itisapartheid.org
Al
Ma’sara:
Demonstranten pflanzen Olivenbäume auf
gefährdetem Land - Aufgebrachte
Demonstranten in Al Ma’sara konfrontierten
israelische Soldaten in einem Protest aus
Anlass des Todes von Jawaher Abu Rahmah aus
Bili’in, die am 1. Januar an den Folgen der
Inhalation von Tränengas starb, das bei der
Demonstration an Silvester 2010 in Bil‘in in
grossen Mengen von der israelischen Armee
gegen die unbewaffneten Demonstranten
eingesetzt worden war. Einer Gruppe von
Demonstranten in Al Ma‘sara gelang es, einen
Hügel in der Nähe der Siedlung Efrat zu
erreichen, wo sie die palästinensische Fahne
aufbauten und Bäume setzten, um ihr
Besitzrecht für dieses Land zu bestätigen
und um Pläne der Besatzung für die
Konfiszierung des Hügels und die Umwandlung
in einen Friedhof zu blockieren.
Die Demonstration begann vor
der Zawarahschule; Teilnehmer trugen Plakate
mit Fotos von Jawaher Abu Rahmah und wurden
wie üblich am Dorfeingang von der
Besatzungsarmee mit Tritten und Gewehrkolben
angegriffen und am Weitergang gehindert.
Mahmoud Ala’din vom
Bürgerkomitee verurteilte die Tötung von
Jawaher Abu Rahmah und rief zur
internationalen Unterstützung der zivilen
Protestbewegung in der Westbank auf, die
regelmässig von israelischen Soldaten unter
Beschuss genommen wird.
An
Nabi Saleh: Knochen
werden gebrochen, aber nicht der Widerstand
- Verhaftungen und gebrochene Knochen
konnten den Protest diese Woche in
Nabi-Saleh nicht verhindern. Trotz
Belagerung, Verletzungen und massiven
Tränengaseinsatzes protestierten die
Demonstranten entschlossen gegen die
illegale israelische Siedlungskolonie
Hallamish.
Wie seit Wochen üblich hatten
die Besatzungssoldaten die Strassen nach An
Nabi Saleh vor dem wöchentlichen Protest am
Freitag abgeriegelt. Nach
Augenzeugenberichten waren selbst erfahrene
Demonstranten über die massive Präsenz der
Soldaten um das Dorf schockiert, die auf
beinah zweihundert geschätzt wurde.
Zwei junge Männer erlitten
einen Knochenbruch am Fuss durch den
Beschuss mit gummiummantelten Stahlkugeln
und mussten im Krankenhaus in Salfit
behandelt werden. Ein dritter Demonstrant
wurde von einem Tränengaskanister getroffen,
aber vor Ort behandelt. Ein weiterer junger
Mann wurde geschlagen und dann von Soldaten
weggezerrt und festgenommen.
Die Besatzungsarmee beschoss
die Häuser im Dorf mit Tränengas, was in
Nabi Salek regelmässig geschieht. Diese
Woche füllte sich das Haus von Mahmoud Samir
Shehada mit dichten Tränengaswolken, was
bei den Hausbewohnern zu Atemnnot und
anderen Beschwerden führte. Mahmouds Frau
allerdings war von dem Gas besonders
betroffen, sie verlor das Bewusstsein und
wurde sofort in ein Krankenhaus in der
nahegelegenen Stadt Ramallah gebracht.
Ähnliche Umstände hatten am 1. Januar zum
Tod von Jawaher Abu Rahmah aus Bil’in
geführt, die nach der Inhalation von
Tränengas das Bewusstsein verlor und wenige
Stunden später starb.
Aufruf zu
weltweiten Aktionen am 10. Februar 2011 in
Erinnerung an Jawaher Abu Rahmah
- Stop the Wall ruft zu weltweiten
Gedenkaktionen für Jawaher Abu Rahmah am 12.
Februar 2011 auf, in Erinnerung an ihren Tod
nach massivem Tränengaseinsatz in ihrem Dorf
Bil’in und im Protest gegen das israelische
Apartheidsystem, das die zivilen Proteste
gegen die israelische Besatzung militärisch
bekämpft und von palästinensischer Frauen
einen besonders schweren Preis fordert, der
aber in der Öffentlichkeit oft
nicht
anerkannt wird.
Aktivisten des gewaltlosen Widerstandes vor
Israels Känguruh(Militär)gerichten - Freispruch für
Mohammed Khatib - Am
3. Januar 2011 wurde Mohammed Khatib, ein
Mitbegründer des Bürgerkomitees Bil’in von
einem Militärgericht von allen
Anklagepunkten freigesprochen, nachdem die
Militärstaatsanwaltschaft dem Gericht keine
glaubwürdigen Beweise vorlegen konnte.
Khatib war Aufwiegelung, Tätigkeit für eine
illegale Vereinigung und die Behinderung
eines Soldaten vorgeworfen worden. Richter
Sharon Rivlin betonte in seiner
Entscheidung, dass die Beweise der Anklage
unzureichend waren.
Mohammed Khatib war an der
Gründung des Bürgerkomitees Bilin gegen die
Mauer und Siedlungen 2004 beteiligt. Als die
Konstruktion der Trennmauer auf Bilins
Dorfland im Februar 2005 begann, wurden
regelmässige Proteste gegen die Landannexion
organisiert und das
unbekannte Dorf in der Westbank entwickelte
sich langsam in ein international bekanntes
Symbol fűr den gewaltfreien Widerstand.
Bil’in Kampagne führte 2007
zu einem Urteil des Obersten Israelischen
Gerichtshofes gegen den Verlauf der Mauer
bei Bil’in und die Aufforderung an die
israelische Armee, eine neue Route zu
finden, die Bil‘in einen Teil des
konfiszierten Landes zurückgeben würde. Mehr
als drei Jahre später steht die Mauer immer
noch auf der urspünglichen und illegalen
Route und die Demonstrationen werden jede
Woche fortgesetzt.
Khatib ist auch ein
Gründungsmitglied des Koordinierungskomitees
für den zivilen Widerstand (Popular
Struggle Coordination Committee (PSCC)), das
die Aktionen der verschiedenen Komitees in
der Westbank koordiniert und unterstützt. Im
Juni 2009 reiste Mohammed Khatib nach
Kanada, um das Dorf Bil’in bei den
Verhandlungen für ein gerichtliches Vorgehen
gegen zwei Konstruktionsfirmen, Green Park
International und Green Mount International
mit Sitz in Quebec zu vertreten.
Er wurde am 3. August 2009
während einer Razzia der israelischen Armee
auf sein Haus in Bil’in verhaftet und der
Aufwiegelung, Behinderung eines Soldaten und
Tätigkeit für eine illegale Organisation
angeklagt. Die Anklage beruht auf den
Geständnissen von drei minderjährigen
Jugendlichen aus Bil’in, die in nächtlichen
Razzien der Besatungssoldaten verhaftet und
in Abwesenheit der Eltern oder eines
Rechtsbeistandes verhört wurden, in
Verletzung der Regeln der IDF. Khatib wurde
unter strengen Bedingungen auf freien Fuss
gesetzt, u. a. durfte er nicht an den
Demonstrationen teilnehmen und musste sich
zur Zeit der Freitagsproteste bei einer
Polizeistation melden.
Israelisches
Militärgericht verlängert Gefängnisstrafe
für palästinensischen Aktivisten
gegen die Mauer
- Amnesty International, 12.1. 2011 -
Amnesty International hat die Entscheidung
eines israelischen Militärberufungsgerichtes
für eine Verlängerung der Gefängnisstrafe
für Abdallah Abu Rahmah verurteilt, der
wegen seiner Beteiligung an der Organisation
von Protesten in der besetzten Westbank
bestraft wurde.
Die Strafe für Abdallah Abu Rahmah, Leiter
des Bürgerkomitees gegen die Mauer im
Westbankdorf Bil’in, wurde am 11. Januar
2011 von 12 auf 16 Monate verlängert,
nachdem die Anklage gegen die ihrer Ansicht
nach zu milde Strafe Berufung eingelegt
hatte.
Der Lehrer Abdallah Abu Rahmah wurde im
Dezember 2009 verhaftet und sollte am 18.
November 2010 freigelassen werden, verblieb
aber auf Antrag der Militärankläger hinter
Gittern. Er ist jetzt seit 13 Monaten im
Gefängnis.
“Die Verlängerung von Abdallah Abu Rahmah’s
Strafe zeigt, dass die israelischen Behörden
nicht nur ihn selbst weiter bestrafen wollen
in einem Fall, bei dem das Beweismaterial
der Anklage von Anfang an fragwürdig war,
sondern dass auch andere von der Teilnahme
an legitimen Protesten abgehalten werden
sollen,“ sagte Philip Luther, der
stellvertretende Direktor für den Nahen
Osten und Nordafrika für Amnesty
International.
„Amnesty International sieht Abdallah Abu
Rahma als politischen Gefangenen an, der
allein für die friedliche Ausübung seines
Rechtes auf Meinungs- und
Versammlungsfreiheit mit Gefängnis bestraft
wurde. Unter diesen Umständen fordern wir
seine sofortige und bedingungslose
Freilassung.“
Abdallah Abu Rahmas Schuldspruch durch ein
israelisches Militärgericht am 24. August
2009 lautete auf “Organisation und Teilnahme
an einer illegalen Demonstration” und
„Aufwiegelung“. Er wurde am 11. Oktober 2010
zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt.
Nach der Entscheidung auf Verlängerung
seiner Strafe wird er drei weitere Monate im
Gefängnis sitzen, mit der Chance einer
administrativen Entlassung nach zwei
Monaten, die seine Teilnahme an
Demonstrationen verbieten würde.
Bei der Verurteilung von Abdallah Abu Rahma
akzeptierte der Militärrichter die Argumente
der Anklage, dass er Demonstranten in Bil’in
ermutigt habe, Steine auf israelische
Soldaten zu werfen. Die Vorwürfe beruhten
auf den Aussagen von drei Kindern, die ihre
Aussagen vor Gericht mit der Begründung
zurückzogen, dass sie unter Druck zustande
gekommen seien.
Abdallah Abu Rahma ist Amnesty International
als politischer Aktivist bekannt, der ein
langfristiges, öffentliches Bekenntnis zum
Einsatz friedliche Mittel gemacht hat, um
internationale Aufmerksamkeit auf die
Menschenrechtsverletzungen zu richten, unter
denen Palästinenser aufgrund des zum
grössten Teil in der besetzten Westbank
gebauten israelischen Zaunes/der Mauer
leiden.
Seit 2005 halten die Bewohner von Bil’in
zusammen mit palästinensischen, israelischen
und internationalen Unterstützern
wöchentliche Proteste gegen den Zaun/die
Mauer und die Konfiszierung ihres Lands
durch die israelischen Behörden für den Bau
ab.
In einem Urteil des Israelischen Obersten
Gerichtes im September 2007 wurde die
israelische Militärbehörde angewiesen, den
Verlauf des Zaunes/der Mauer in Bil’in zu
ändern, um den Dorfbewohnern Zugang zu einer
grösseren Portion ihres Landes zu geben,
aber dieses Urteil muss noch verwirklicht
werden.
Die Verhaftungen von Abdallah Abu Rahma und
anderer prominente Aktivisten […] im Jahr
2010 sind Teil der Verfolgung von Opponenten
der Zaun/Mauer-Konstruktion.
[…]
Palästinenser in der Westbank sind der
israelischen Militärgerichtsbarkeit
unterstellt, darunter Order Nr. 101, “Order
Regarding Prohibition of Incitement and
Hostile Propaganda Actions”, die 1967 bald
nach dem Beginn der israelischen Besetzung
herausgegeben wurde und Gefängnisstrafen bis
zu 10 Jahren ermöglicht.
Diese Militärregel erlaubt weitreichende
Einschränkungen der Meinungsfreiheit.
Versammlungen von 10 und mehr Menschen “für
politische Anliegen oder eine Sache, die als
politisch interpretiert werden könnte” oder
sogar “um ein solches Thema zu diskutieren”
benötigen eine Erlaubnis im Voraus vom
örtlichen Kommandeur der israelischen
Streitkräfte.1)
Seit 2010 wurden zunehmend Anklagen aufgrund
der Order Nr. 101 von der israelischen
Behörde gegen Palästinenser erhoben, die
Demonstrationen gegen Israels Zaun/Mauer
organisieren.2)
2)Am 12. Dezember 2010 feierte Bil’in die
Freilassung von Adeeb Abu Rahmah, der für
die Organisation und Teilnahme an den
Protesten in Bilin 18 Monate im
Militärgefängnis einsass.
Mit dem Beginn eines neuen Jahres braucht
die ISM Deine Hilfe
für die
fortgesetzte
Unterstützung des zivilen Widerstandes in
Palästina
Spendenaufruf der Internationalen
Solidaritätsbewegung, 30. Dezember
2010 - Als ich
Schulter an Schulter vor dem wartenden
Bulldozer stand, wollte ich zu allerletzt an
Finanzielles denken. Als mit M16 und
Tränengas bewaffnete Soldaten sich uns
näherten und die Palästinenserin an meiner
rechten Seite mich fester hielt und meine
Kollegin von der Internationalen
Solidaritätsbewegung (ISM/International
Solidarity Movement) zu meiner linken nach
ihrem Verbandszeug griff, wollte ich nicht
an Geld denken.
An diesem Tag hielten wir die
Konstruktion der Apartheidmauer und die
ethnische Säuberung des Dorfes Al-Walaja bei
Betlehem auf. Als die Bauarbeiten abgesagt
und die Soldaten nach Hause gegangen waren,
setzten die Freiwilligen der ISM ihre Arbeit
im Dorf fort und planten den nächsten Tag.
Obwohl wir uns ganz auf die Planung
konzentrieren wollen, sind unsere
finanziellen Sorgen angesichts steigender
medizinischer und gerichtlicher Kosten, die
unser Budget bis an die Grenzen belasten,
eine Realität, die wir nicht länger
ignorieren können
Die Stärke, die Freiwillige
täglich benötigen, um die anspruchsvollen
und Kräfte zehrenden Aktionen im Widerstand
gegen die Besatzung auszuführen, kommt von
Dir. Unsere Arbeit stützt sich auf ein Netz
von Mitmenschen, die davon überzeugt sind,
dass Gerechtigkeit eine Notwendigkeit und
ein Recht ist.
Das Jahr 2010 geht zu Ende
und der Kampf für die Befreiung des
palästinensischen Volkes geht weiter. Dein
Beitrag ist unverzichtbar für die
Unterstützung der Freiwilligen der
Internationalen Solidaritätsbewegung in der
Westbank und in Gaza. Mach Deine Spende
heute und Du wirst sofort und unmittelbar
die Bedingungen für palästinensische
Solidaritätsaktivisten aus der ganzen Welt
verbessern, die in Palästina leben und gegen
die Besatzung Widerstand leisten.
Obwohl Mitglieder der ISM
unter der konkreten Androhung von
Verletzungen, Deportationen, nächtliche
Razzien und Festnahmen stehen, sind
Aktivisten immer neu bereit, zur
Internationalen Solidaritätsbewegung zu
kommen, um sich an den gewaltlosen Aktionen
im Kampf für Gerechtigkeit zu beteiligen.
Die ISM ist eine der wenigen Organisationen,
die in unmittelbarer Zusammenarbeit mit
Palästinensern am weitverbreiteten
friedlichen Widerstand gegen die Besatzung
teilnehmen. Je mehr sich die
Widerstandsbewegung verbreitet, desto mehr
ISM - Freiwillige benötigen wir. Unsere
Beteiligung ist ohne Dich nicht möglich.
zu Beginn
des Neuen Jahres, schreibe ich, um Euch ein
neues Jahr der Freiheit und der Befreiung zu
wünschen. Dies (das vergangene Jahr) ist ein
ein unglaubliches Jahr für mich gewesen,
sowohl in Höhen wie in Tiefen. Während
dieses Jahres bin ich Zeuge geworden, wie
gewöhnliche Leute überall in Palästina -
ungeachtet der Repressionen - für die
Freiheit auf die Straße gegangen sind.
In meinem
Dorf Bil'in sind heute (31. Dez.) Tausende
von Menschen an der Mauer entlang
marschiert, um sie niederzureißen. Während
der Demonstration wurde eine Teilnehmerin,
eine 36-jährige Bewohnerin des Dorfes,
Jawaher Abu-Rahmah, schwer verletzt durch
das intensive Einatmen von Tränengas. (s.u.Kommentar).
Sie ist jetzt im Krankenhaus in Ramallah,
reagiert aber nicht auf medizinische
Behandlung, während die Ärzte um ihr Leben
kämpfen.
Bil'in
kämpft nun schon seit fast 6 Jahren gegen
die Mauer, die auf unseren Ländereien
errichtet wurde. Die Ungesetzlichkeit und
Absurdität dieser Mauer ist weltweit
anerkannt worden, sogar vom Obersten
Israelischen Gerichtshof, der bereits vor
über drei Jahren ihren Abbau angeordnet hat.
Aber bis jetzt steht die Mauer noch. Wir,
die Leute von Bil'in, das Volk von
Palästina, haben lange genug gewartet. Der
heutige Tag war deshalb vom Bil'in
Bürgerkomitee gegen die Mauer und Siedlungen
zum letzten Tag der Mauer erklärt worden.
Zusammen mit unseren Unterstützern schafften
wir es, einen beachtlichen Teil der Mauer
abzubauen, aber es liegt noch ein weiter Weg
vor uns.
Als eine
persönliche Anmerkung, der Beginn des Jahres
2011 bringt auch Gefühle der Angst mit sich.
In gerade ein paar Tagen, am 3. Januar 2011
wird mein Prozess vor einem israelischen
Militärgericht seinen Abschluss finden.
Captain Sharon Rivlin, der Militärrichter,
der den Vorsitz in meinem Fall inne hat,
wird mein Urteil verkünden. Falls ich der
"Aufhetzung" für schuldig befunden werde,
wird mein nächster Brief wohl von einer
Gefängniszelle aus geschrieben werden. Falls
für schuldig befunden, obwohl sich die
Beweise gegen mich als Fälschung
herausgestellt haben, werde ich mich stolz
meinem Freund und Mitstreiter Abdallah Abu
Rahmah beigesellen, der nun schon seinen
zweiten Neujahrsabend hinter Gittern
verbringt. Mein Freund und Bruder im Kampf,
der israelische Aktivist und
Medien-Koordinator von PSCC Jonathan Pollak
wird auch wieder für drei Monate ins
Gefängnis gehen, am 11. Januar, für seinen
Protest gegen die israelische Blockade gegen
Gaza.
Wir stehen
alle großen Herausforderungen gegenüber, als
Individuen und als Bewegung. Es ist unser
Stolz und unsere Stärke, die uns
weitermachen lassen. Es ist Eure
Unterstützung und Engagement, die mehr denn
je an Bedeutung gewinnen. Schließt Euch uns
an - lasst uns den Kampf vorantreiben, so
dass das Jahr 2011 zu einem historischen
Jahr für die Befreiung Palästinas und einen
sofortigen Frieden wird.
Mit
solidarischen Grüßen
Mohammad
Khatib
Anmerkung
der Übersetzerin:
Inzwischen
hat mich durch das Rundschreiben von Prof.
Mazin Qumsiyeh die traurige Nachricht
erreicht, dass Jawaheer Abu-Rahmah, die
Schwester des vor einem Jahr getöteten
Bassem Abu-Rahmah leider am Neujahrstag
verstorben ist.
Sie ist
offensichtlich durch das Einatmen von
toxischem Tränengas ums Leben gekommen, eine
viel stärkere Mischung mit unbekannten
Chemikalien, als sie im Westen verwendet
wird.
Jawaher Abu-Rahmah
ist somit die erste Märtyrerin des
palästinensischen Befreiungskampfes im Jahre
2011. Kondolenzschreiben (arabisch oder
englisch) können an die Email-Adresse
von Dr. Rateb Abu Rahmah verschickt werden:
saborahmeh42@yahoo.com
Hier der
Link zum Video über die Demonstration, bei
der Jawaher verletzt wurde:
http://www.youtube.com/watch?v=FErDPdMzWjY
Hier das
Video vom Mord an ihrem Bruder Bassem vor
mehr als einem Jahr: http://www.youtube.com/watch?v=5yM9U2y-op4
Um über die
Entwicklungen in Bil'in auf dem laufenden zu
bleiben, besucht :
Lina überlebt -
trotz
Checkpoints und Ausgangssperren -
Fareed Taamallah ist ein Projektmanager für
die palästinensische Wahlkomission und lebt
in Ramallah in der Westbank. Er beschreibt
den Überlebenskampf seiner kleinen Tochter
Lina, als er und seine Familie 2006 im
kleinen Westbank Dorf Qira lebten.
6. Mai 2006 -
Fareed Taamallah: Täglich denken sich die
führenden Politiker der Welt neue Wege aus,
wie sie die Palästinenser für den Wahlsieg
von Hamas bestrafen könnten. Die Menschen
aber, die darunter am meisen leiden, sind
Kinder wie meine Tochter Lina.
Lina war noch
kein Jahr alt, als sie sich einen Virus
zuzog, der hohes Fieber, Durchfall und
Erbrechen verursachte. Wir leben in einem
kleinen Dorf in der Westbank in den
besetzten Gebieten. Lisa erkrankte im Winter
des Jahres 2003, zu einer Zeit, als eine
Ausgangssperre über Qira verhängt war, und
so konnten wir keinen Arzt erreichen. Wir
versuchten, sie in das Krankenhaus in der
naheliegenden Stadt Nablus zu bringen. Aber
Nablus stand ebenfalls unter einem
Ausgangsverbot. Die israelischen Soldaten,
die an den Checkpoints um Nablus stationiert
waren, wiesen uns zurück.
Schliesslich
machte sich meine Frau Amina zu Fuss auf den
Weg und trug Lina an einem regnerischen,
kalten Tag fünf Kilometer über eine
Bergstrasse nach Nablus, um endlich einen
Arzt zu erreichen. Ein Jahr später erfuhren
wir, dass die Infektion zu einem
Nierenversagen geführt hatte und dass Lina
bald eine neue Niere benötigen würde, um zu
überleben.
Lina musste
sich die folgenden 16 Monate alle vier
Stunden einer Dialyse unterziehen. Sie lag
viele Tage wegen der Nebenwirkungen des
Nierenversagens, einschliesslich
Bluthochdruck und Hernien, im Krankenhaus.
Ihre Arme und Beine wurden so dünn wie
Bleistifte.
Tests zeigten,
dass weder ihre Mutter noch ich geeignete
Spender für Lina waren. Im Frühjahr 2005
bot Anna, eine Freundin aus Südafrika, eine
Nierenspende an, um Linas Leben zu retten.
Ich hatte Anna 2003 getroffen, als wir uns
beide an einer friedlichen Protestkampagne
gegen den Bau der israelischen Mauer in der
Westbank beteiligten.
Anna war für
die Nierenspende geeignet. Wir brachten
40.000 Dollar für die Operation auf und das
Hadassah Krankenhaus in Westjerusalem bot
uns an, die Operation verbilligt
duchzuführen.
Die nächste
Hürde war das Visa für Anna, die als
Aktivistin gegen die Besetzung in der
Westbank und Gaza auf Israels schwarzer
Liste stand und ein Einreiseverbot erhalten
hatte - obwohl sie sich ohne Ausnahme nur
an gewaltlosen Aktionen beteiligt hatte.
Anna bemühte sich beharrlich um ein Visa –
und erhielt es erst, nachdem der
Verwaltungschef des israelischen
Krankenhauses das israelische
Innenministerium anrief.
Für die
Operation erhielten wir, meine Frau und ich,
aufgrund der Fürsprache des Krankenhauses
eine Aufenthaltsgenehmigung für Israel für
einen ganzen Monat – ein aussergewöhnliches
Kunststück. Wir schätzten uns beide
glücklich. Aber kann man wirklich von Glück
reden, wenn man eine Sondergenehmigung
benötigt, um seinem Kind im Krankenhaus
beizustehen? Stellen Sie sich vor, Sie
wollten dringend bei Ihrem Kind im
Krankenhaus sein und müssten deshalb
stunden- oder sogar tagelang in einer
Militärstation Schlange stehen und um eine
Einreiseerlaubnis betteln.
Trotz aller
Schwierigkeiten wurde die Transplantation im
Oktober 2005 erfolreich in Jerusalem
durchgeführt. Leider war Linas Hürdenlauf
damit nicht beendet. Nach dem Wahlsieg der
Hama in Palästina verschärfte die
israelische Regierung die
Einreisebestimmungen für Palästinenser. Eine
Weile sah es so aus, als würden wir keine
Einreiseerlaubnis für die Weiterbehandlung
erhalten, aber unter grossen Schwierigkeiten
haben wir endlich eine Genehmigung für Linas
Termin in der nächsten Woche bekommen. Wir
machen uns grosse Sorgen, ob wir zukünftig
eine Einreiseerlaubnis erhalten werden.
Darüber hinaus
haben die USA und Europa sich gegen eine
Fortsetzung der Hilfeleistungen für die
palästinensische Regierung entschieden, die
Palästinensern ein kostenloses
Gesundheitssystem
zur Verfügung stellte. Wenn die
palästinensische Autorität immer mehr
verarmt, werden die Beihilfen an uns mit
grosser Wahrscheinlichkeit verschwinden und
Lina könnte dann nicht mehr ihre sehr teuren
Medikamente bekommen. Das könnte ihr Leben
aufs Spiel setzen.
Israel
behauptet, dass es die Bewegungsfreiheit der
Palästinenser in Reaktion auf die neue
Regierung unter Führung der Hamas
einschränken muss. In Wirklichkeit hat
Israel dieses System der Schliessungen und
Durchlassscheine 1991 eingeführt und seitdem
haben wir unter diesen schwierigen
Bedingungen gelebt.
Meine Frau,
meine Tochter und ich sind in der
gewaltlosen Bewegung aktiv, die viele
Israelis, Palästinenser und Internationale
mit einschliesst. Obwohl wir dieses Mal
unsere Genehmigung erhielten, wurde sie
anderen in einer ähnlichen Situation
verweigert. Die Verweigerung von
Genehmigungen für unschuldige Männer, Frauen
und Kinder macht Israelis nicht sicherer. Es
zerstört die Hoffnungen der Palästinenser.
Human Rights
Watch, 19. Dezember 2010
- Israel/Westbank: Getrennt und Ungleich Unter einer
Politik der Diskriminierung profitieren die
Siedler, leiden die Palästinenser
Jerusalem
– Israels Politik in der Westbank
diskriminiert in drastischer Weise gegen die
palästinensischen Bewohner und verweigert
ihnen das zum Leben Notwendige, während
jüdische Siedlungen grosszügig unterstützt
werden, sagte Human Rights Watch in einem
heute veröffentlichten Bericht. Der Bericht
identifiziert Praktiken der Diskriminierung,
die nicht durch legitime
Sicherheitsbedürfnisse oder andere
Bedürfnisse begründet werden können und ruft
Israel dazu auf, seiner Verpflichtung nach
internationalem Recht nachzukommen und die
Siedlungen abzubauen, sondern auch diese
Verletzungen der Rechte der Palästinenser zu
beenden.
Der 166 Seiten
umfassende Bericht „Separate
and Unequal: Israel's Discriminatory
Treatment of Palestinians in the Occupied
Palestinian Territories”
zeigt, dass Israel ein Zwei-Klassen-System
für die zwei Bevölkerungen der Westbank in
den grossen Gebieten errichtet hat, wo es
volle Kontrolle ausübt. Der Bericht beruht
auf Fallstudien, die Israels vollkommen
unterschiedliche Behandlung von Siedlungen
und palästinensischen Nachbargemeinden in
diesen Gebieten vergleicht. Es ruft die USA,
die Mitgliedsstaaten der EU und Firmen mit
Geschäftsverbindungen zu den Siedlungen auf,
eine Unterstützung der israelischen
Siedlunspolitik zu vermeiden, die
systematisch diskriminiert und
internationales Recht verletzt.
„Gegen
Palästinenser wird systematisch
diskriminiert - lediglich aufgrund ihrer
Rasse, Ethnizität und nationalen Herkunft
und deshalb wird ihnen der Zugang zu
Elekrizität, Wasser, Schulen und Strassen
vorenthalten, während nahegelegene jüdische
Siedlungen diese vom Staat bereitgestellten
Leistungen geniessen,“ sagte Carroll Bogert,
die stellvertretende Direktorin für
Aussenbeziehungen von Human Rights Watch.
„Während israelische Siedlungen florieren,
leben Palästinenser unter israelischer
Kontrolle in einer anderen Welt – nicht
einfach nur getrennt, nicht nur ungleich,
sie werden manchmal sogar von ihrem Land und
aus ihren Heimen verdrängt.“
Indem ihre
Gemeinden so gut wie unbewohnbar gemacht
werden, resultiert die israelische Politik
der Diskriminierung darin, dass die Bewohner
gezwungen werden, ihre Gemeinden zu
verlassen, sagte Human Rights Watch. Nach
einer Untersuchung im Juni 2oo9 von
Haushalten im „Gebiet C“, das 60% der
Westbank umfasst und unter ausschliesslich
israelischer Kontrolle steht, wurden rund
31% der palästinensischen Bewohner seit 2000
verdrängt. [...]
In der demokratischen Welt ist Israels
bewaffnete Herrschaft der Palästinenser
einmalig. Früher war dies nicht der Fall,
aber jetzt ist es die einzig verbliebene.
Diese Woche
erklärte Premierminister Binyamin Netanyahu:
“ Wir müssen die Heuchelei der
Menschenrechtsorganisationen offenlegen, die
sich den autokratischsten Regimen der Welt
gegenüber blind stellen, Regimen, die Frauen
steinigen und Homosexuelle hängen, und
stattdessen die einzige liberale Demokratie
im Nahen Osten im Visier haben.
Er reagierte
damit auf die Veröffentlichung von zwei
langen und umfassenden Berichten uber die
Besetzung, einer von der Organisation von
IDF Reservisten Breaking the Silence, der
andere von Human Rights Watch.
Aber Netanyahus
Stellungnahme enthielt zwei Lügen. Zum einen
drücken Organisationen wie Human Rights
Watch, Amnesty International und Oxfam
gegenüber den repressivsten Regimen der Welt
kein Auge zu, im Gegenteil. Sie berichten
ständig über Diktaturen in Asien und Afrika
und dokumentieren die Verfolgung von Frauen,
Homosexuellen, Dissidenten, Minderheiten und
anderen Opfern. In der Tat haben Netanyahu
und wir anderen vor allem aufgrund dieser
Menschenrechtsberichte Kenntnis davon.
Zweitens ist
Israel zuhause sicherlich eine Demokratie (
allerdings keine liberale, sicherlich nicht
mit der politischen Atmosphäre des
vergangenen Jahrzehnts), aber in der
Westbank und im arabischen Ostjerusalem (
und an der Grenze, Küste und dem Luftraum
von Gaza) wird Israel von niemand als
Demokratie angesehen.
In der
demokratischen Welt ist Israels bewaffnete
Kontrolle der Palästinenser einzigartig.
Früher war es nicht so, aber jetzt ist es
ein Sonderfall. Die Besetzung von
palästinensischem Territorium durch dieses
Land ist die letzte Bastion des
Kolonialismus in der freien Welt.
Die Leute
vergessen das. Weshalb wir
Menschenrechtsberichte wie “Zeunisse
israelischer Soldaten 2000-2010” von
Breaking the Silence und “Separate and
Unequal” von Human Rights Watch brauchen –
damit Menschen sich an die einfache,
schreckliche Wahrheit erinnern müssen.[…]
Das Buch von Breaking the Silence hat
Zeugnisse von 101 Soldaten. Alle bleiben
anonym, weil man sie als Informanten und
Verrater abgestempeln würde, wenn ihre Namen
veröffentlichte. Ihre Anonymität ist eine
Ausrede für die IDF, ihre Zeugnisse
abzuschreiben.
“Ich sehe meine
Offizier, sie haben mir den Rücken zugewandt
und schütteln sich vor Lachen, und unterhalb
von mir beobachte ich, wie die
Grenzpolizisten Leute zusammenschlagen,
Männer können kaum Atem holen, einer
blutet…,” sagte ein anderer Soldat, der 2007
eine Demonstration “gegen den Zaun” in
Bil’in beschrieb. “ Sie lachen, knacken
Sonnenblumen auf, und ich sage,’Was für
schlechte Menschen ihr seid.’ Ich sah zu
ihnen hin und sie sagten,’Schau mal, was für
ein Schlag dieser Mensch erhalten hat!’”
Das Buch
handelt nicht davon, dass IDF Soldaten
Terroristen bekämpfen, sondern davon, wie
IDF Soldaten unbewaffnete Zivilisten
demütigen, schlagen, beschiessen und
manchmal töten, oder höchstens, dass
minderjährige Jungen Steine werfen, die
selten jemanden treffen. Es ist die
Geschichte von David und Goliath, allerdings
sind wir heute Goliath.
[…]
Das ist nicht eine liberale Demokratie. Es
ist Kolonialismus. Es sind die letzten
Überreste des Kolonialismus in der freien
Welt.
Was-zusammen mit der aussergewöhnlichen
Unterstützung, die Israel von den USA
bekommt - die Besetzung zu einem
natürlichen, notwendigen, kontinuierlichen
Ziel für die Menschenrechtsorganisationen
der freien Welt macht.
Bil’ins
Weihnachtsmann bei der IDF nicht
willkommen
-
Am 24. Dezember begleiteten einige
Aktivisten aus Anlass der Weihnachtsfeier
für Christen in Palästina und weltweit im
Weihnachtsmannkostüm und mit Glockenschellen
die wöchentliche Demonstration gegen die
Mauer und Siedlungen und verteilten
Süssigkeiten an die Teilnehmer, eine wie
immer bunt gemischte Gruppe aus Bil’in und
den Nachbardörfern, aus Israel und vielen
Ländern der Welt. Leider sah die israelische
Besatzungsarmee keinen Grund, den festlich
gekleideten Demonstranten im roten Kostüm
besonderen Respekt zu zollen und hielt an
einer Tradition fest, die seit Beginn der
Proteste gegen den Bau der israelischen
Mauer 2005 in Bil’in etabliert wurde: Die
unbewaffnete Demonstranten wurden mit
Tränengaskanistern, gummiummantelten
Stahlkugeln und Schmettergranaten aus dem
unerschöpflichen Waffendepot der IDF
bekämpft, zuerst vor der Mauer und später am
Dorfeingang, wo ein Teil der Demonstranten
eingekesselt und von allen Seiten mit
Tränengas eingenebelt wurde. Mehrere
Dorfbewohner und ein örtlicher Journalist
wurden verwundet, zahlreiche Teilnehmer
litten nach dem Einatmen der giftigen
Gaswolken unter Atemnot, Brechreiz und
Erstickungsanfällen. Das Bürgerkomitee
Bil’in hatte die Demonstration an diesem
Freitag aus Anlass der Internationalen Woche
der Solidarität mit den Palästinensern
organisiert und erinnerte an die im
Widerstand getöteten Menschen, die
politischen Gefangenen und das Ziel, durch
nationale Einheit einen unabhängigen Staat
mit der Hauptstadt Jerusalem zu erkämpfen.
http://www.bilin-ffj.org/index.php?option=com_content&task=view&id=336&Itemid=1
- Seit dem Morgen
des 26. Dezember hat die israelische Armee
das Dorf Silwan in Ostjerusalem umstellt und
bei den Bewohnern die Besorgnis verstärkt,
dass die Zwangsräumung eines
palästinensischen Hauses unmittelbar
bevorsteht. Am Weihnachtstag wurden zwei
Häuser demoliert und am Freitag kam es zu
Zusammenstössen in Silwan, nachdem ein
junger Palästinenser von einer
gummiummantelten Stahlkugel getroffen wurde.
Diese Woche hat das
Popular Struggle Coordination Committee zur
Unterstützung von Adnan Gheith, einem
Bewohner von Silwan und Mitglied des
al-Bustan Nachbarschaftskomitees gegen die
Hausdemolierungen, aufgerufen. Adnan Gheith
erhielt Ende November eine schriftliche
Benachrichtigung, dass Israel ihn mit Hilfe
einer Order aus der Zeit des Britischen
Mandates für vier Monate aus Ostjerusalem
ausweisen will. Der Rückgriff auf eine Regel
aus der Mandatszeit umgeht den
Gerichtsprozess und damit die gerichtliche
Anfechtung dieser Massnahme gegen einen
Organisator von gewaltlosen Protesten gegen
die israelische Besatzung.
Das Widerstandskomitee
ruft zu einer Briefaktion an die
Aussenminster verschiedener westlicher
Länder auf, um die Deportation des
Menschenrechtsaktivisten Adnan Gheith zu
verhindern.
Am Samstagabend griffen israelische Soldaten
einen friedlichen Protest in Hebron gegen
die Schliessung der Shuhadastrasse an, der
wöchentlich von der Jugendorganisation gegen
Siedlungen (Youth Coalition Against
Settlements) organisiert wird.
Die Organisatoren berichteten, dass die
israelischen Soldaten vor allem örtliche
Organisationsmitglieder, internationale
Aktivisten und Journalisten, die über die
Demonstration berichten wollten, mit
Schlagstöcken und Gewehrkolben angriffen und
mindestens vier Palästinenser und drei
Internationale verletzten; drei
Internationale wurden festgenommen.
Diese Woche begann der Protest am Osteingang
der Shuhada Strasse im historischen
Stadtkern von Hebron. Dutzende von
Polizisten und Soldaten besetzten die Dächer
von mehreren Häusern und benutzten sie als
Beobachtungsstationen, während andere
Soldaten die Demonstranten brutal angriffen
und sie vertrieben, nachdem sie den Ort der
Demonstration zur “geschlossenen
militärischen Zone“ erklärt hatten.
Badee’ Dweik, ein örtlicher Aktivist, sagte,
dass dieser gewaltfreie Portest die
legitimen Rechte der Palästinenser
einfordere, vor allem das Recht auf
Bewegunsgfreiheit, das in Hebron nicht
gewährleistet ist. Seit 1994 dürfen nur
jüdische Siedler und Soldaten die
Shuhadastrasse, früher eine lebendige
Geschäfsstrasse, benutzen.Durch die
Schliessung wurden mehrere Nachbarschaften
voneinander getrennt, weil die
Shuhadastrasse die Verbindung zwischen den
Stadtteilen auf der Nord-Süd Achse war.
Palästinenser weisen eine Fortsetzung der
Friedensgespräche mit Israel zurück, solange
Israel den Siedlungsbau und Landraub
fortsetzt und internationales Recht
verletzt.
2000 beschloss Israel die Schliessung von
über 500 palästinensischen Geschäften in
Hebron und die kontinuierlichen Angriffe
durch israelische Soldaten und Siedler
führten zur Schliessung von mehr als 1000
weiteren Geschäften. Die Stadt Hebron wird
von mehr als 100 Strassenblockaden und von
Soldaten kontrollierten Toren in kleine
Lebenszonen aufgeteilt.
http://www.imemc.org/article/60263
An Heilig Abend
protestierten mehrere hundert Menschen gegen
die Mauer in Al Walaja. Das kleine, neben
Betlehem gelegene Dorf setzt alles daran,
den kürzlich wiederaufgenommenen Mauerbau um
den Ort aufzuhalten. Wird die Mauer nach
Plan fertiggestellt, dann ist das ganze Dorf
von allen Seiten eingeschlossen.
Ortsbewohner, die an der Mauertrasse leben,
werden von den Besatzungssoldaten
schickaniert und örtliche Aktivisten, die
die Bulldozer aufhalten wollten, wurden
mehrfach geschlagen und verhaftet.
Gleich zu
Beginn versuchten Polizisten, den Marsch zu
blockieren, wurden aber zurückgedrängt.
Protester trugen Plakate, die zum Boykott
von Mekorot aufriefen, einem israelischen
Unternehmen, das Siedlungen in der Westbank
mit Wasser versorgt und deshalb in
Argentinien Ziel einer Boykottkampagne ist.
Örtliche
Organisatoren und Palästinenser marschierten
zusammen auf die neue Mauertrasse zu. Sie
wurden von einem grossen Kontingent von
Aktivisten und Unterstützern begleitet. Die
israelische Armee hatte versucht, die
Strasse nach Al Walaja vor der Demonstration
zu blockieren, um die Unterstützung durch
Solidaritätsaktivisten aus der Umgebung und
Israel zu verhindern.
Ein örtlicher
Aktivist in der friedlichen
Widerstandsbewegung erläuterte die Situation
des Dorfes: Nach Abschluss der Konstruktion
wird die Mauer 97% des Dorflandes isolieren.
Den
Demonstranten gelang es, an der Route der
Mauer entlang zu laufen, die den Häusern des
Dorfes oft auf wenige Meter naherückt.
Die Aktivisten
protestierten vor allem gegen den Bau
illegaler israelischer Siedlungen in der
Westbank. Zwei grosse Siedlungskolonien,
Gilo und Har Gilo wurden teilweise auf
Dorfland errichtet.
Gegen Ende der
Demonstration wollten die Soldaten eine
Auflösung des Protestmarsches erzwingen. Die
Teilnehmer beharrten auf ihrem Recht und
blockierten ein Polizeifahrzeug. Angesichts
der grossen Menge zogen sich die
Streitkräfte der Besatzung zurück und die
Demonstration wurde von den Teilnehmern
beendet. Einen Tag zuvor hatten Soldaten
allerdings eine kleine Gruppe von Aktivisten
angegriffen, die israelische Bulldozer
blockiert hatten, und acht Teilnehmer
verhaftet.
Widerstand durch freiwillige Arbeit:
Erneuerung der Quelle in
Qarawat Bani
Hassan
-
Im vergangenen Jahr hat Stop the Wall in
Zusammenarbeit mit örtlichen Jugendlichen
neue Wege des Widerstandes gegen die Mauer
und Siedlungen aufgebaut. Diese Projekte
haben vor allem Aktivitäten in Betlehem und
Umgebung unterstützt.
Das Dorf Qarawat Bani Hassan liegt im
Salfitdistrikt, in nächster Nachbarschaft
der Siedlungsblöcke Barqan, Qiryat Netafim
and Revava, einem der israelischen
Besiedlungsfinger, die durch Ariel Sharons
expansive Siedlungspolitik tief in die
Westbank eindrangen. Mahmoud Baker beschrieb
die freiwillige Aufbauarbeit im Dorf Qarawat
und ihre Anfänge bei einer Jugendkonferenz
in Jenin. Die bei der Konferenz
geschlossenen Kontakte ermöglichten zuerst
ein Bepflanzungsprojekt im Dorf Um Salamona
bei Betlehem, wo ein von der Konfiszierung
bedrohter Berg zuerst gesäubert und
anschliessend bepflanzt wurde.
Als die Freiwilligen aus der ganzen Westbank
dann nach Qarawa kamen, waren vor allem die
jugendlichen Dorfbewohner begeistert, dass
Hilfe von aussen angeboten wurde und
beteiligten sich mit zunehmendem
Enthusiasmus an der Aktion, die Quelle ‚Ayn
al Muwafth“ wieder zugänglich zu machen.
Vier Tage pro Monat, jeden Freitag,
gingen die Aktivisten zu dieser seit
langem genutzten Quelle und arbeiteten
an der Säuberung, Reparatur und
Bepflanzung des Ortes. Gleichzeitig
versuchten israelische Siedler durch die
Androhung von Gewalt, örtliche
Schafhirten und die Dorfbewohner von der
Quelle fernzuhalten, und machten
ihrerseits Pläne publik, die Quelle in
einen Park für die Siedler umzuwandeln.
Weil eine Mehrheit der Dorfbewohner
grosse Angst vor den Drohungen der
Siedler hatte, war es den Aktivisten von
Stop the Wall ein wichtiges Anliegen,
diese Angst durch die Miteinbeziehung
der Dorfgemeinschaft abzubauen. Nach
zwei Monaten war die Quelle in Stand
gesetzt und damit das Anrecht des Dorfes
auf die Nutzung des Ortes wieder
etabliert. Vor einem Monat aber kamen
die Bulldozer der israelischen Armee und
zerstörten die Strasse zur Quelle und
die Aufbauarbeit des
Freiwilligenprojektes.
Für Heilig Abend wurde eine neue Aktion an
der Quelle geplant.
Weihnachten
in An Nabi Saleh bringt
Gummimantelgeschosse, Tränengas und
Verhaftungen
-
Während die Medien fast ausschliesslich über
die Weihnachtsfeier in Betlehem berichteten,
erlebten die Bewohner von An Nabi Saleh bei
Ramallah eine Demonstration an Heilig Abend,
die von der israelischen Armee mit brutaler
Gewalt bekämpft wurde. Mehrere Menschen
wurden verletzt und drei israelische
Aktivisten und ein palästinensisches
Mitglied des örtlichen Bürgerkomitees wurden
verhaftet.
Am Morgen, noch
Stunden vor Beginn der Demonstration,
drangen mehrere Armeejeeps im Dorf ein. Als
die Soldaten von den Jeeps aus einen 16-
jährigen Palästinenser am Strassenrand
sahen, beschossen sie ihn aus nächster Nähe
mit gummiummantelten Stahlkugeln und trafen
ihn zwölf Mal in den Oberkörper. Der junge
Mann wurde ins Krankenhaus in Ramallah
gebracht, erlitt aber keine
lebensbedrohenden Verletzungen.
Um ein Uhr
begann die wöchentliche Demonstration gegen
die Besatzung und die illegalen Siedlungen.
Die Dorfbewohner und eine Gruppe von
israelischen und internationalen Aktivisten
wurden vom Weihnachtsmann begleitet, als sie
sich auf der Hauptstrasse in Richtung
Dorfausgang aufmachten. Aber israelische
Soldaten und die Grenzpolizei setzten ihrem
Marsch durch eine Strassenblockade ein
forzeitiges Ende. Während die Demonstranten
sich ins Dorf zurückzogen, begannen die
Auseinandersetzungen zwischen örtlichen
Jugendlichen und der israelsichen Armee und
endeten nicht vor Abend. Im Dorf wurde ein
älteres Ehepaar von Gummimantelgeschossen am
Kopf getroffen, die durch ein Fenster ins
Haus geschossen wurden. Beide mussten zur
Behandlung ins Krankenhaus transportiert
werden. Tränengas und Schockgranaten
verursachten zahlreiche Verletzungen. Frohe
Weihnachten!
Berichte von den Demonstrationen in Bil’in,
An Nabi Saleh und Beit Ommar:
Fortgesetztes brutales Vorgehen der
israelischen Armee mit Hausbesetzung,
Verhaftungen und Beschuss der Demonstranten
mit Hochgeschwindigkeits-Tränengaskanister.
Botschaft von Abdallah Abu Rahma zum
Internationalen Tage der Menschenrechte:
Die israelische Besatzungsbehörde geht gegen
legitime Demonstrationen der Dörfer in der
Westbank vor und kriminalisiert den
friedlichen Protest gegen den nach
internantionalem Recht illegalen Mauer- und
Siedlungsbau. Er beschreibt ein unverhofftes
Wiedersehen zwischen Vater und Sohn in
seiner Gefängniszelle: Nach 16 Monaten
Trennung sieht sein (inzwischen
freigelassener) Freund Adeeb Abu Rahma
seinen Sohn Mohammed erstmals wieder im
Gefängnis, nachdem Mohammed in einer
nächtlichen Razzia festgenommen wurde.
An Nabi Saleh: Junger Mann von
Tränengaskanister am Kopf verletzt -
Bei der wöchentlichen Demonstration am
Freitag in An Nabi Saleh wurde ein junger
Demonstrant von einem Tränengaskanister am
Hinterkopf getroffen und beim Hinfallen im
Gesicht verletzt.
Die Armee setzte den Beschuss mit Tränengas
fort, obwohl sie damit die Menschen
gefährdeten, die dem bewusstlosen jungen
Mann zur Hilfe kamen. Die Ambulanz brauchte
45 Minuten bis zur Ankunft, weil Soldaten
den Wagen aufhielten und nicht sofort ins
Dorf liessen. Bis die Ambulanz ankam, war
der Verletzte zur Erleichterung der
Umstehenden wieder zu sich gekommen. Auf der
Fahrt ins Krankenhaus in Ramallah wurde die
Ambulanz zweimal angehalten.
Seit einem Jahr protestieren die Einwohner
von Nabi Saleh gegen die Besatzung, die
illegalen Siedlungen und die massiven
Konfiszierungen des Dorflandes. In Reaktion
auf die Konfrontationen durch Jugendliche
des Dorfes gegenüber den Soldaten, feuert
die israelische Armee jede Woche Tränengas
in die Häuser und Gärten des Dorfes und
schliesst den Checkpoint vor dem Dorf
mehrere Stunden lang.
Diesen Freitag fuhren um elf Uhr morgens
sechs Armeejeeps mit zahlreichen Soldaten in
das Dorf ein. Nach dem Mittagsgebet begann
der Protest und die Demonstranten liefen auf
der Hauptstrasse des Dorfes in Richtung
einer Wasserquelle, die dem Dorf gehört,
aber seit einiger Zeit von Siedlern der
israelischen Siedlungskolonie Halamish
beansprucht wird, obwohl die Quelle als
Wasserreservoir für zwei palästinensische
Dörfer diente.
Als die Soldaten Schockgranaten in die Menge
warfen, teilte sich der Demonstrationszug
auf: Israelische und internationale
Aktivisten blieben in der Nähe der Armee und
Jugendliche konfrontierten Soldaten im Dorf.
Ein Team von Reportern sprachen mit dem
Kommandeur der israelischen Truppen, war
aber nicht bereit, jemanden von der
palästinensischen Seite zu interviewen.Der
Beschuss mit Tränengas wurde bis zum
Sonnenuntergang fortgesetzt.
Ein Jahr nach dem Beginn der
Demonstrationen in Nabi Saleh reagiert die
israelische Armee weiterhin mit übermässiger
Gewalt auf die unbewaffneten Proteste, die
deshalb als die gefählichsten
Demonstrationen in der Westbank angesehen
werden, bei denen die Teilnehmer extremen
Repressionen durch die Armee ausgesetzt
sind.
http://palsolidarity.org/2010/12/16097/
Beit Ommar: Hausbesetzung,
Freiheitsberaubung und Verhaftungen -
Am Samstag, den 18. Dezember beteiligten
sich eine besonders grosse Zahl von
israelischen und internationalen Aktivisten
an der Demonstration der Dorfbewohner von
Beit Ommar gegen die fortgesetzten Versuche
der Siedler von Karmei Tsur, den
Dorfbewohnern den Zugang zu ihren Feldern zu
verweigern. Ungefähr 80 Menschen nahmen an
der lebhaften Demonstration teil, die von
einer Gruppe von Trommlern aus Israel
begleitet wurde. Die Teilnehmer trugen auch
Fahnen der Länder, die in den vergangenen
Wochen Palästinas Selbstbestimmungsrecht
anerkannt haben.
Als sich die Demonstranten in Bewegung
setzten, erschienen 10 israelische Soldaten
vor dem Haus einer Familie am südlichen Ende
des Dorfes. Sie sperrten die fünf
Familienmitglieder drei Stunden lang in
eines der Zimmer und stationierten sich im
Haus, um von dort die Demonstration zu
beobachten und zu filmen.
Vor der Siedlung Karmei Tsur sahen sich die
Teilnehmer einer zusätzlichen Gruppe von
israelischen Soldaten und Grenzpolizisten
gegenüber, die sie mit Tränengas und
Schockgranaten beschossen. Ein Soldat wurde
beim Versuch, eine Schockgranate zu werfen,
selbst verletzt. Mehrere
Hochgeschwindigkeits-Tränengaskanister
wurden in Kopfhöhe in die Menge gefeuert, in
Verletzung der Regeln der israelischen
Armee. Ein italienischer und ein
israelischer Solidaritätsaktivist wurden
festgenommen.
http://palsolidarity.org/2010/12/16101/
Bil’in: Tränengas
en masse
-
Wolken von Tränengas hüllten die
Demonstranten, Dorfbewohner, israelische und
internationale Teilnehmer bei ihrem
wöchentlichen Marsch zur Apartheidmauer ein
und verursachten akute Atemnot und
Erstickungsanfälle bei zahlreichen
Teilnehmern, die palästinensische Fahnen,
Fotos von Abdallah Abu Rahma, einem
inhaftierten Mitglied des Bürgerkomitees
Bil’in gegen die Mauer und Siedlungen,
trugen und auch Fahnen der Länder
schwenkten, die in den vergangenen Wochen
Palästinas Selbstbestimmungsrecht offiziell
anerkannt hatten. Sie forderten ein Ende des
illegalen Siedlungsbaus, der täglichen
Angiffe auf Häuser von Palästinensern in
Ostjerusalem und der Deportationen von
Bewohnern Ostjerusalems in die Westbank, wie
zum Beispiel kürzlich die Abschiebung des
palästinensischen Abgeordneten Abu Tir. Die
Demonstranten erinnerten auch an die
Situation in Gaza und forderten ein Ende der
Belagerung.
An der Mauer und am Wegrand warteten die
israelischen Soldaten schon auf den
Demonstrationszug und setzten ihr
Waffenarsenal- Tränengaskanister,
Schockgranaten und gummiummantelte
Stahlkugeln- gegen die unbewaffneten
Demonstranten ein.
Abdallah Abu Rahma: Eine Botschaft zum
Internationalen Tag der Menschenrechte aus
einem israelischen Militärgefängnis -
Vor einem Jahr, am Internationalen Tag der
Menschenrechte, brach die israelischen Armee
mitten in der Nacht in unsere Wohnung ein,
und ich wurde von meiner Frau Majida
weggerissen, von meinen Töchtern Luma und
Layan und von meinem Sohn Laith, der damals
erst neun Monate alt war.
Als Koordinator des Bürgerkomitees Bil’in
gegen die Mauer und Siedlungen wurde ich
wegen „ Aufwiegelung“ und der “Organisation
von illegalen Demonstrationen” verurteilt.
Die “illegalen Demonstrationen” sind Teil
der gewaltlose Widerstandskampagne der
vergangenen Jahre in meinem Dorf gegen
Israels Apartheidmauer, die auf unserem Land
gebaut wurde.
Ich finde es seltsam, dass die Richter der
Armee unsere Demonstrationen als illegal
bezeichnen und mich wegen der Teilnahme und
Organisation schuldig sprechen, nachdem das
Weltgericht, der Internationale Gerichtshof
in Den Haag urteilte, dass Israels Mauer in
den besetzten Gebieten abgebaut werden muss.
Selbst Israels Oberstes Gericht hat die
Route der Mauer in Bil’in für illegal
erklärt.
Ich wurde auch der Anstiftung zur Gewalt
angeklagt: Dieser Anklagepunkt ist ebenfalls
seltsam. Wenn Checkpoints,
Sperrungen,fortgesetzter Landraub, Mauer und
Siedlungen, nächtliche Razzien von unseren
Häusern und die brutalen Massnahmen gegen
unsere Proteste nicht zur Gewalt anstiften,
was dann?
Trotz der ständigen und intensive
Provokation zur Gewalt durch die Besatzung
in Bil’in, haben wir einen anderen Weg
gewählt. Wir haben entschieden, gewaltlos
zusammen mit israelischen und
internationalen Unterstützern zu
protestieren. Wir haben entschieden, trotz
der Unterdrückung und des Unrechtes eine
Botschaft der Hoffnung und der echten
Partnerschaft zwischen Palästinensern und
Israelis zu senden.Die Besatzung versucht
mit Hilfe ihrer verschiedenen Institutionen
einschliesslich der Militärgerichte, diese
Botschaft zu unterdrücken.Ein Mitarbeiter
der israelischen Militäranklage sagte meiner
Verteidigerin zynisch, dass die Armee durch
das Verfahren gegen mich diesen
Demonstrationen „ein Ende setzen wollte.“
Man hat mich der Aufwiegelung schuldig
gesprochen. Das Verbrechen der Aufwiegelung
wird in der israelischen Militärregel 101 im
Bezug auf feindliche Propaganda, als
“Versuch, verbal oder anders, die
öffentliche Meinung in der Zone so zu
beeinflussen, dass der öffentliche Frieden
oder die öffentliche Ordnung gestört
werden“und kann mit maximal bis zu 10 Jahren
Gefängnis bestraft werden. Diese Definition
ist so weitgefasst und vage, dass sie auf
beinahe jede Aktion oder Äusserung angewandt
werden kann. Selbst meine Worte hier, in den
besetzten Gebieten geäussert, könnten als
Aufwiegelung gewertet werden.
Am 11. Oktober diesen Jahres wurde ich zu 12
Monaten im Gefängnis verurteilt, zusätzlich
6 Monate Bewährung für drei Jahre und eine
Geldstrafe. Meine Familie und ich, vor allem
meine Töchter, hatten die Tage bis zu meiner
Freilassung gezählt. Die Militärankläger
erhoben erst Einspruch gegen meine
Freilassung, als mich nur wenige Tage von
der Freilassung trennten, und
argumentierten, dass ich weiterhin hinter
Gittern bleiben müsse. Ich habe meine Strafe
abgedient, werde aber immer noch
festgehalten. Obwohl wir Aktivisten nach
internationalem Recht Verteidiger der
Menschenrechte sind, sieht die
Besatzungsbehörde uns als Kriminelle, denen
das Recht auf Freiheit und andere Rechte
verweigert werden müsse.
In dem Jahr, das ich im Gefängnis verbracht
habe, wurden die Demonstrationen in Bil’in,
Ni’lin, Al Ma‘asara und Beit Omar
fortgesetzt. Nabi Saleh und andere Dörfer
begannen ihren Widerstand. Innerhalb dieses
Jahres wurde die internationale Kampagne,
die zu Boykott und Sanktionen (Boycott,
Divestment, Sanctions/BDS)von Israel
aufrief, bis es internationales Recht
respektiert, erheblich ausgeweitet und
gerichtliche Schritte gegen israelische
Kriegsverbrechen eingeleitet. Ich hoffe,
dass Israel nicht länger die deutliche,
weltweite Verurteilung seiner Politik
ignorieren kann.
In dem Jahr, das ich im Gefängnis verbracht
habe, machte mein Sohn Laith die ersten
Schritte und sagte seine ersten Worte. Luma
und Layan sind zu wunderschönen jungen
Mädchen herangewachsen. Ich konnte nicht bei
ihnen sein,Hand in Hand mit ihnen
spazierengehen, sie in die Schule mitnehmen
wie wir es gewohnt waren. Laith kennt mich
nicht mehr. Und meine Frau Majida musste
alleine für unsere Familie sorgen.
Wir schreiben das Jahr 2010 und immer noch
wachen die Kinder in Bil’in und in der
Westbank mitten in der Nacht auf und sehen,
dass ein Gewehr auf sie gerichtet ist.
In dem Jahr, das ich im Gefängnis verbracht
habe, hat die Armee dutzende von nächtlichen
Razzien in Bil’in durchgeführt mit dem Ziel,
die am populären Widerstand gegen die
Besetzung beteiligten Menschen zu entfernen.
Stellen Sie sich vor, dass schwer bewaffnete
Männer mitten in der Nacht in Ihr Haus
einbrechen. Dass Ihre Kinder zusehen
müssten, wie dem Vater oder Bruder die Augen
verbunden und die Hände gefesselt werden und
sie so weggeführt werden. Oder wenn Sie als
Vater oder Mutter zusehen müssten, wie Ihrem
Kind so etwas angetan wird.
Diese Woche öffnete sich die Zellentür und
ein sechzehnjähriger Junge wurde
hineingestossen*. Mein Freund Adeeb Abu
Rahmah war bestürzt, als er seinen Sohn
Mohammed erkannte, den Adeeb seit seiner
Verhaftung bei einer gewaltlosen
Demonstration vor 16 Monaten nicht gesehen
hatte. Mohammed lächelte, als er seinen
Vater sah, aber sein Gesicht war rot und
geschwollen und es war klar, dass er
Schmerzen hatte.Er erzählte uns, dass er
zwei Tage zuvor von zuhause verschleppt
worden war. Er hatte die erste Nacht mit
verbundenen Augen und in Fesseln zugebracht
und wurde ständig von einem zum anderen Ort
transportiert. Am nächsten Tag, nach einer
schrecklichen,chaotischen Nacht wurde er in
den Verhörraum gebracht, seine Augenbinde
abgenommen und dann zeigte der Verhörende
ihm Bilder von Dorfbewohnern. Als er zum
ersten Foto befragt wurde, sagte er dem
Vernehmungsbeamten, dass er niemanden
erkenne.Der Vernehmer gab ihm eine
schallende Ohrfeige. Und so ging das bei
jeder Frage, die Mohammed gestellt wurde:
Wenn er nicht die gewünschte Antwort gab,
wurde er geschlagen, getreten und bedroht.
Mohammeds Behandlung ist nicht
aussergewöhnlich.
Männliche Jugendliche aus unserem Dorf
wurden wiederholt mit Gewalt aus ihren
Häusern geholt und berichten, dass man ihnen
Schlaf, Nahrung und Wasser verweigerte,dass
man sie in Isolationshaft hielt und sie
während der Verhöre oft bedrohte und schlug.
Ungewöhnlich an Mohammed war, dass er seinen
Verhörenden nicht zufrieden stellte und mit
kompetentem Rechtsbeistand in wenigen Tagen
freigelassen wurde. Oft sagen Kinder, weil
sie eben Kinder sind, was immer der
Verhörende hören will, damit die
Misshandlung aufhört. Adeeb, ich selbst und
tausende von Gefangenen werden im Gefängnis
festgehalten aufgrund von Geständnissen,die
man unter Einsatz von erheblichem Druck aus
diesen Kindern herausgeholt hat. Kein Kind
sollte je so behandelt werden.
Als die Kinder, die gegen mich ausgesagt
hatten, ihre Geständnisse widerriefen und
dem Militärrichter sagten, dass sie ihre
Aussagen unter grossem Druck gemacht hatten,
erklärte der Richter sie zu feindlichen,
kooperationsunwilligen Zeugen.
Seit der ersten Intifada sind Adeeb Abu
Rahma und ich die ersten Aktivisten, die
wegen Aufwiegelung und Teilnahme an
illegalen Demonstrationen verurteilt wurden,
aber leider scheint es, dass wir nicht die
letzten sein werden.
Ich frage mich oft, was israelische
Politiker mit der Unterdrückung des zivilen
Widerstandes erreichen wollen? Glauben sie
wirklich, dass wir stillsitzen und zusehen
können, wie unser Land weggenommen wird.
Denken sie, dass wir unseren Kindern in die
Augen sehen können und ihnen sagen, dass
sie- wie wir- nie in Freiheit leben werden?
Oder ist ihnen Gewalt und Blutvergiessen
lieber als unsere gewaltlosen Aktionen, weil
sie unter dem Deckmantel der Verteidigung
gegen Gewalt den fortgesetzten Diebstahl
[von Land] verschleiern können und weiterhin
einen Vorwand haben,uns als Versuchsobjekte
zu benutzen, um ihre Waffen zu testen.
Meine älteste Tochter Luma war neun Jahr
alt, als ich verhaftet wurde. Nach meiner
Festnahme fing sie an, zu den
Freitagsdemonstrationen in unserem Dorf zu
gehen. Sie trägt immer ein Bild von mir in
ihren Armen. Die Erwachsenen versuchen, auf
sie aufzupassen, aber ich mache mir trotzdem
Sorgen um meine kleine Tochter. Ich
wünschte, dass sie ihre Kindheit wie andere
Kinder geniessen könnte. Aber durch die
Mauern und das Stacheldraht höre ich die
Botschaft meiner Tochter an mich:“ Papa, sie
können uns nicht aufhalten. Wenn sie dich
wegführen, werden wir deinen Platz einnehmen
und den Kampf für Gerechtigkeit fortsetzen.“
Diese Botschaft möchte ich Ihnen heute
mitteilen. Von der anderen Seite der Mauer,
des Stacheldrahtes und der Gefängnisgitter
die Palästinenser und Israelis trennen.
http://palsolidarity.org/2010/12/16008
*Mohammed Abu Rahma, der 16-jährige Sohn des
inhaftierten Aktivisten Adeeb Abu Rahma,
wurde nach Zahlung einer Kaution von 8000
Schekel nach einer Woche im israelischer
Haft wieder freigelassen.
Am 23. November hatte die israelische Armee
ihn während einer nächtlichen Razzia im Haus
der Familie festgenommen.
Die Soldaten verprügelten Mohammed, als er
sich friedlich gegen die Verhaftung
verteidigte, und zwei örtliche Journalisten,
die den Überfall filmen wollten.
http://www.imemc.org/article/60082