Weltweite
Solidaritätsaktionen fordern Gerechtigkeit
für Yousef Ikhlayl -
Ende Januar 2012
organisierte das Bürgerkomitee Beit Ommar
zusammen mit dem Palestine Solidarity
Project [PSP] einen Tag der internationalen
Solidarität für Yousef Ikhlayl. Aktivisten
in den USA, England, Frankreich und Mexiko
folgten dem Aufruf, verteilten Plakate und
Flugblätter und informierten die
Öffentlichkeit über ein Opfer der
israelischen Besatzung, stellvertretend für
alle Opfer der Menschenrechtsverletzungen in
den besetzten palästinensischen Gebieten. In
Beit Ommar versammelten sich zahlreiche
Aktivisten am 31. Januar zu einer
Demonstration und forderten ein Ende der
Straffreiheit für gewalttätige Siedler. Bei
der Demonstration wurden vier Menschen von
israelischen Soldaten mit Holzknüppeln
geschlagen und verletzt. Vor einem Jahr
wurde Yousef Ikhlayl aus Beit Ommar von
israelischen Siedlern erschossen. Bis heute
blockiert Israel die Suche nach den Tätern
und die gerichtliche Verfolgung.1)
Am 28. Januar 2011 ging
Fakhri Ikhlayl zusammen mit seinem Sohn
Yousef um halb sieben zur Feldarbeit auf das
Land der Familie in einem Tal nicht weit von
Beit Ommar. Auf den Hügeln um das
Westbankdorf wurden seit den 70er Jahren
fünf israelische Siedlungskolonien erbaut.
Beit Ommar organisiert wöchentliche
Demonstrationen gegen die israelische
Besetzung und Siedlunspolitik und gegen die
fortgesetzten Angriffe der Siedler auf die
örtliche palästinensische Bevölkerung.
Eine halbe Stunde später
verliessen zwei grosse Gruppen israelischer
Siedler die naheliegenden Kolonien Bat Ayn
und Kiryat Arba, um eine Tour auf
palästinensischem Privatland zu unternehmen.
Für den siebzehnjährigen
Yousef und seinen Vater gab es keine
Vorwarnung, dass die bewaffneten Mitglieder
der Gruppe schiessen würden. Fakhri
berichtete, dass der erste Schuss seinen
Sohn am Kopf traf. Die Siedler feuerten
weitere Runden scharfer Munition in die Luf,
um herbeieilende Dorfbewohner fernzuhalten,
während sein Vater verzweifelt um Hilfe
rief.
Yousef wurde zu einem Wagen
getragen, der ihn aus dem Tal zur
Hauptstrasse transportierte. Ein
Krankenwagen fuhr den Schwerverletzten nach
Hebron, eine Transportroute, auf der
Palästinenser zwei Armeecheckpunkte
passieren müssen . Yousef war bereits
Gehirntod, als er an eine Beatmungsmaschine
angeschlossen wurde. Er starb wenig später.
Sein Begräbnis am nächsten
Tag wurde, wie es routinemässig bei der
Beerdigung von Märtyrern, d.h. Opfern der
militärischen Besatzung geschieht, von der
israelischen Besatzungsarmee angegriffen.
Hunderte von Soldaten drangen in Beit Ommar
ein und griffen die Trauernden mit
Tränengas, gummi-ummantelten Stahlkugeln und
scharfer Munition an. Vierzig Menschen
wurden verletzt.
Die Tötung von Yousef war ein
grosser Schock für die Mitglieder der PSP
und des Widerstandes der Bevölkerung im
Hebrondistrikt. 2006 initiierte das PSP
Programme im Gebiet um Beit Ommar, vor allem
in der Umgebung von Bat Ayn, um Bauern bei
der Feldarbeit vor der extremen Gewalt und
den Aggression von Siedlern zu schützen.
Yousef nahm regelmässig an
den Aktionen des PSP teil, den
Demonstrationen, Sommerkamps, dem
Englischunterricht und einem Fotografiekurs.
Er hatte die Siedlergewalt gegenüber den
örtlichen Bauern oft erlebt und begleitete
die Bauern zusammen mit Aktivisten des PSP
zur Feldarbeit. Das Begleitunsgprogramm des
PSP war sehr erfolgreich, die Anwesenheit
von Aktivisten, Palästinensern, Israelis und
Internationalen hielt die Siedler auf
Distanz, auch wenn es zu zahlreichen
Verhaftungen der Aktivisten führte.
Nach dem tödlischen Schuss
auf Yousef blieben die Siedler zwei Stunden
in der Gegend, beschossen Einwohner und die
Jugendlichen, die sich versmmelten und
Steine warfen. Erst nach zwei Stunden gelang
es der israelischen Besatzungsarmee, die
Siedler zur Rückkehr in die Siedlungen zu
bewegen. 20 Siedler wurden vor Ort
festgenommen, ein sehr ungewöhnliches
Vorgehen der Armee, vielleicht aufgrund der
Anwesenheit von internationalen und
israelischen Aktivisten. Sie wurden am
gleichen Tag wieder freigelassen.
In diesen zwei Stunden kamen
PSP Aktivisten an und fotografierten die
Siedler. Zusammen mit Yousefs Vater gingen
diese Aktivisten zur israelischen
Polizeistation in der israelischen
Siedlungskolonie Kfar Etzion, einer
Nachbarsiedlung von Bat Ayn und erstatteten
Anzeige. Fakhri legte die Fotos vor und
identifizierte einige der Mitglieder der
Gruppe, die ihnen am nächsten standen, als
Yousef erschossen wurde. Familie und Freunde
weisen daraufhin, dass man angesichts der
Schwere des Verbrechens und der Menge des
Beweismaterials eine gründliche Untersuchung
und zügige gerichtliche Verfolgung erwarten
könne. In Fällen von Siedlergewalt gegen
Palästinenser in der Westbank geschieht das
nicht.
Im Dezember 2011 legte Yesh
Din, eine israelische
Menschenrechstorganisation, neue Statistiken
zur gerichtlichen Verfolgung von
Menschenrechtsverletzungen durch israelische
Zivilisten und Soldaten in der Westbank vor.
Yesh Din überprüfte 700 Fälle, in denen
Palästinenser bei der israelischen Polizei
in der Westbank Anzeige erstatteten: In 91%
der Fälle wurde die Untersuchung ohne eine
offizielle Anklageerhebung geschlossen,
obwohl 85% der Fälle Gewalttaten gegen
Palästinenser betrafen. Die meisten Fällen
wurde geschlossen, weil der Täter nicht
ermittelt werden konnte. In 2% der Fälle aus
Mangel an „öffentlichem Interesse“. Nur 7,4
% aller Fälle von Siedlergewalt gegen
Palästinensern zwischen 2005 und 2011
endeten mit einer Verfahrenseröffnung. In
Fällen von Gewalt durch israelische
Armeemitglieder gegen Palästinenser kamen
nur 3,5% vor ein Militärgericht. Yesh Dins
Bericht zeigt das häufige Versagen des
Systems im Verlauf des gesamten Prozesses,
von der anfänglichen Anklage zur
polizeilichen Ermittlung und dem Beginn des
Verfahrens. In Yousef Ikhlays Fall
berichtete Yesh Din, dass es eine
Untersuchung gab (Möglicherweise bestand
diese lediglich aus dem Gespräch mit Yousefs
Vater). Bis heute liegt der Fall bei der
israelischen Staatsanwaltschaft. Eine
entgültige Entscheidung über eine offizielle
Anklageerhebung wird blockiert, weil
immernoch kein Anwalt für den Fall ernannt
wurde.
Beit Ommar und das PSP riefen
zu einem internationalen Tag der Solidarität
auf, um Israels Straffreiheit zu beenden und
um die Welt daran zu erinnern, dass hinter
den Statistiken und Polizeiberichten echte
lebende Menschen sind. Die Aktivisten
fordern, dass Israel für seine kriminellen
Akte zur Verantwortung gezogen wird, nicht
nur durch die BDS-Kampagne und die
Solidaritätsarbeit in Palästina, sondern
auch durch die Offenlegung der
Menschlichkeit der Opfer dieser Verbrechen.
Im Januar 2011 waren
israelische Siedler für weitere Gewalttaten
gegen Palästinenser verantwortlich: Am 27.
Januar 2011 erschossen Siedler im
Nablusdistrikt einen Dorfbewohner aus Iraq
Burin, Uday Maher Qadous. Am nächsten Tag
wurde Murad Halil neben Yousef ein weiteres
Opfer der aggressiven Siedlergruppe aus Bat
Ayn. Siedler beschossen eine Gruppe von
Steine werfenden Jugendlichen mit scharfer
Munition und eine Kugel traf ihn am Arm und
verursachte einen Knochenbruch. Zwei Wochen
später wurde Murad Halil zur Polizeistation
bestellt und wegen Steine werfens verhaftet.
Obwohl sein rechter Arm eingegippst war,
entschied ein Militärrichter, dass er bis
zur Verfahrenseröffnung inhaftiert bleibe,
weil er ein Sicherheitsrisiko darstelle.2)
Demonstranten in Beit Ummat pflanzen 700
Olivenbäume
- Am 4. Januar
2012 pflanzten die Demonstranten in Beit
Ommar 700 Olivenbaumsetzlinge auf den
Feldern in der Nähe der Siedlung Karmei Tsur.
Eine Gruppe von palästinensischen und
internationalen Marathonläufern beteiligte
sich an der wöchentlichen Demonstration
gegen Israels Besatzung und Siedlunspolitik.
Sie nahmen an einem fünftägigen Marathonlauf
von Hebron nach Jenin teil, das von Fair
-Trade Gruppen und der amerikanischen Gruppe
„On the Ground“ geplant wurde. Das Projekt
soll Kleinbauern und Fair- Traid- Praktiken
in der militärisch besetzten Westbank
unterstützen. Die israelische Militärpolizei
verhaftete drei Marathonläufer auf dem Weg
von Hebron nach Beit Ommar; die zwei
Franzosen wurden am gleichen Tag
freigelassen, der palästinensische Läufer
wurde wegen der Organisation einer illegalen
Demonstration angeklagt und muss im Juni vor
Gericht gehen. Die israelische
Besatzungsarmee versuchte die Demonstranten
zu blockieren und mit Tränengas,
Gewehrkolben und Schockgranaten
zurückzutreiben. Die Demonstranten liessen
sich nicht provozieren und pflanzten ihre
700 Setzlinge.
Siedlerwanderungen und Erbschaftstouren
in der Westbank: Mit Maschinengewehr und
zionistischer Gesinnung
-
Touren durch die militärisch
besetzte Westbank, auch in den Zonen unter
palästinensischer Kontrolle, finden
Interessenten in ganz Israel, berichtete
Ynet News in Reaktion auf den Tod von Yousef
Ikhlayl und Uday Qadous im Juni 2011.1) Die
so-genannten Exkursionen werden von den
palästinensischen Dorfbewohnern und Bauern
als Provokationen gesehen und haben zu
zahlreichen Verletzungen und einigen
Todesfällen auf der Seite der Palästinenser
geführt.
An vorderster Front dieses „Wantertrends“
steht die Organisation „ David und Ahikam
Tours“. Die Gruppe wurde nach zwei Soldaten
benannt, die 2007 auf einer „Erbschaftstour“
in der Region getötet wurden und vielen
Teilnehmern ein Vorbild sind. Auf der
Webseite der Firma werden Interessenten
gewarnt, dass die Tourorganisatoren keine
Verantwortung für die Sicherheit der Kunden
übernehmen und nicht garantieren, dass eine
Genehmigung von der israelischen
Besatzungsbehörde vorliegt. Zwischenfälle
und Auseinandersetzungen halten die
Reisenden nicht ab, im Gegenteil, sie sind
mit der Grund für die Teilnahme an den
Exkursionen.
Einige israelische Gruppen unternehmen
sogenannte Protestmärsche zu Städten, aus
denen sich Israel nach der Unterzeichnung
der Osloverträge zurückzog. „Das Ziel ist
die Rückkehr in diese Städte und
darauffolgend zum Rest von Judea und
Samaria“ wird ein Tourteilnehmer zitiert.1)
Die Touren werden meist von fünf oder sechs
Soldaten oder Reservisten geplant, die mit
der Region vertraut sind und mit einer Waffe
oder einem Gewehr ihrer Einheit bewaffnet
sind. Weitere Reisewillige, meist religiöse
Israelis, kommen durch Facebook zur Gruppe.
Zusätzlich begleiten Freiwillige mit Kameras
die Gruppe als Beobachter, um Material zu
sammeln, sollte einer der Teilnehmer vor
Gericht landen.
Sicherheitsoffiziere in Israels illegalen
Siedlungen in der Westbank fordern, dass die
Tourplanern ihre provozierenden Wanderungen
mit der israelischen Armee koordinieren, um
Zusammenstösse mit Palästinensern zu
vermeiden. “Ich bin sehr für diese Reisen
und sie haben einen immensen zionistischen
Wert“, sagte Avigdor Shatz vom Binyamin
Regionalrat für 42 israelische
Siedlungskolonien. „Aber die IDF ist die
Institution, die Terroristen bekämpfen soll,
nicht die Staatsbürger.“
Die Organisatoren dieser Touren haben eine
andere Perspektive: Die Palästinenser sind
die Angreifer und sollen bestraft werden,
nicht die zionistischen Wanderer, die sich
als Opfer sehen.
Nicht weit vom Westbankdorf Ein Yabrud kam
es zu einem Schusswechsel zwischen fünf
israelischen Soldaten auf Urlaub und
Palästinensern auf der Jagd. Ein
Palästinenser starb und die Soldaten wurden
zu 10 Tagen im Militärgefängnis verurteilt.
In einem weiteren Fall wurden zwei IDF
Offiziere der Nahal Infantriebrigade mit
Gefängnis bestraft, nachdem sie einen Jungen
verletzt hatten, als es wärend ihrer Tour zu
Auseinandersetzung mit der örtlichen
Bevölkerung kam. In Reaktion darauf gab die
israelische Armee eine Order heraus, die
Soldaten auf Urlaub die Teilnahme an
nichtgenehmigten Exkursionen verbietet. Die
Order wird meist ignoriert und hat die Zahl
der Touren nicht reduziert.
Anfang März 2011 erhielten die
Tourorganisatoren offizielle Unterstützung:
Der israelische Erziehungsminister Sa’ar
kündigte ein neues Programm an, das Touren
für jüdische Schulen in Jerusalem nach
Hebron in der besetzten Westbank
organisiert. Innerhalb eines Jahres wurden
1000 Schulkinder unter Polizeischutz nach
Hebron eskortiert. Im Januar 2012 kündigte
Sa’ar die Ausweitung des Programmes auf
Schulen in Israel an. Warum Hebron? Die
Touren zum jüdischen Erbe in Hebron–„heritage
tours“- sagte Sa’an in der Knesset, sollen
Palästinensern und der Welt klarmachen, dass
Juden nach ihrem Glauben immer in Hebron
leben werden: „ Wir dürfen nicht zulassen,
dass die Illusion unter Arabern entsteht,
dass es je möglich sein wird, Juden aus
Hebron zu entwurzeln.“3)
Oder wie die Broschüre von David and Ahikam
Touren ausführt: „Wo der jüdische Wanderer
vorbeikommt, da folgt die jüdische
Grenze.“2)
In Reaktion auf Kritik von Eltern am Konzept
der offiziellen Hebrontouren hatte eine
Schule ein alternative Tour für ihre
Achtklässler geplant. Mitglieder der
israelischen Gruppe Breaking the Silence
sollten die Tour mitorganisieren und die
negativen Aspekte der militärischen
Besatzung aufzeigen. Breaking the Silence
sammelt Zeugnisse von israelischen Soldaten,
die von den Menschenrechtsverletzungen in
den besetzten palästinensischen Gebieten
durch die Besatzungsarmee und die Siedler
berichten. Die Teilnahme der Gruppe wurde
nach Beschwerden von Siedlergruppen abgesagt
und fand ohne Breaking the Silence statt.3)
LeserInnen in Ha‘aretz charakterisierten die
Exkursionen als „Apartheidtouren“ und
schlugen ein Parallelprogramm von
palästinensische Touren nach Israel vor.
Friedlicher
Widerstand in der Westbank und Gaza,
24. Januar 2012
Scharfe Munition
gegen friedliche Demonstranten in Gazas
Bufferzone -
Bei der friedlichen Demonstration gegen die
von Israel auferlegte Bufferzone entlang
Gazas Grenze am 24. Januar 2012 feuerten
israelische Soldaten bis zu 50 Runden
scharfer Munition direkt auf die
palästinensischen Demonstranten und
Mitglieder der Internationalen
Solidaritätsbewegung [ISM-International
Solidarity Movement].
Die Demonstration begann gegen halb elf Uhr,
als Teil der seit Januar 2010 regelmässig
stattfindenden gewaltlosen Proteste gegen
die Politik der israelischen Armee, jeden zu
beschiessen, der dem Grenzzaun um Gaza zu
nahe kommt.
Als sich die Demonstranten einem
israelischen Wachturm an der Grenze
näherten, wurden sie aus etwa 25 Meter
Entfernung mit scharfer Munition beschossen;
einige Tränengaskanister wurden ebenfalls
abgefeuert. Nach einer Viertelstunde unter
Feuer beobachteten die Demonstranten, wie
ein Panzer der israelischen Besatzungsarmee
auffuhr und Position einnahm. Der Beschuss
wurde kurze Zeit später fortgesetzt und nach
Berichten der Demonstranten etwa 50 Runden
Munition verschossen. Die wöchentlichen
unbewaffneten Dienstagsproteste gegen die
Bufferzone werden fortgesetzt, versicherten
die Protestteilnehmer.
Schon im Juli 2008 hatten israelische
Apachehubschrauber Flugblätter über Gaza
abgeworfen, in denen das Betreten eines 300
Meter breiten und etwa 55 Kilometer langen
Streifens entlang der Nord- und Ostgrenze
Gazas verboten wurde. Bauern haben
allerdings berichtet, dass sie bei der
Erntearbeit aus bis zu 1000 Meter Entfernung
beschossen wurden. Die No-go Zone erstreckt
sich über 30-40% von Gazas fruchtbarstem
Land.
Gazas Fischer sind bei ihrer Arbeit durch
eine maritime No-go Zone behindert. Am 11.
Januar 2012 forderten sie die internationale
Gemeinschaft auf, Israel zur Beendigung der
Blockade der Küstengewässer Gazas zu
zwingen. Palästinensische Fischer können nur
noch innerhalb von drei Seemeilen, in
verschmutzten und fischarmen Küstengewässern
fischen. In ihrer Erklärung riefen sie auch
zur Unterstützung der internationalen
Beobachtergruppe CPSGAZA [Civil
Peace Service Gaza]
und ähnlicher friedlicher Initiativen auf,
die Israels Angriffe auf Gazas Fischer
dokumentieren und durch ihre Präsenz ein
grösseres Mass an Sicherheit bringen.
Nach dem Gaza-Jericho Abkommen von 1994
haben die Fischer in Gaza das Recht,
innerhalb von 20 Seemeilen zu fischen; seit
der zweiten Intifada wurde diese Zone
schrittweise reduziert, nach dem Angriff
Israels 2008/2009 auf drei Seemeilen.
LIVE AMMUNITION FIRED AT
PEACEFUL DEMONSTRATORS IN GAZA BUFFER ZONE,
24. Januar 2012, International Solidarity
Movement;
http://palsolidarity.org/
Ni’lin: Eine Woche
der Armeeinvasionen im Dorf - Am 18. Januar 2012 kam
die israelische Besatzungsarmee um halb vier
Uhr nachmittags ins Dorf Ni’lin,
terrorisierte die Bevölkerung und nahm einen
jungen Palästinenser mit, Saeed Amireh, der
nach zwei Stunden wieder freigelassen wurde.
Die israelischen Soldaten
hatten das Dorf durch die Felder erreicht
und stellten sich an der Strasse auf; Autos
wurden angehalten und Insassen und Passanten
belästigt. Zusätzlich schossen die Soldaten
mit scharfer Munition in die Luft und
feuerten Tränengas und Schockgranaten auf
die Menschen. Sobald einige Jugendliche
darauf mit Steine werfen reagierten,
feuerten die Soldaten ihre Gewehre in
Richtung der Menschen. Ein Dorfbewohner
wurde von einer Tränengasbombe verletzt und
in der örtlichen Apotheke behandelt.
Zwei Häuser waren das nächste
Ziel des israelischen Kommandos und wurden
zwei Stunden lang besetzt.
Nachdem die Soldaten gegangen
waren, drangen fünf Militärjeeps im Dorf ein
und fuhren zum Haus von Saeed Amireh, der
abgeführt und erst zwei Stunden später
wieder freigelassen wurde.
Donnerstag um zwei Uhr
morgens kamen die Soldaten wieder.Dieses Mal
gingen sie zu Mohammed Amirehs Haus, einem
Mitglied des Bürgerkomitees. Die Familie
Amireh musste zusehen, wie sich die etwa 25
Soldaten ohne Rücksicht und Respekt für die
Hausbewohner im Haus breit machten und ihre
Stiefel den Schmutz der regennassen Felder
im Haus hinterliessen.
Am Freitag, dem Tag der
wöchentlichen Demonstration gegen die
Apartheidmauer in Ni’lin, wurden die
Demonstranten mit scharfer Munition
beschossen; niemand wurde verletzt.
Israel greift zu gewaltsamen
und illegalen Methoden, um die gewaltlose,
von Israel gefürchtete Protestbewegung gegen
die Kolonisierung und Besetzung der
palästinensischen Westbank zu beenden.
Ni’lins Komitee, das die
Proteste im Dorf organisiert, verurteilt die
militärischen Angriffe auf Zivilisten und
erklärt dass die Proteste weitergeführt
werden, bis die Mauer fällt und Palästina
frei ist.
Ein Fussballspiel
gegen Israels Apartheidpolitik -
Am 21. Januar 2012
organisierte das Bürgerkomitee Beit Ummar
ein Fussballspiel am Tunnel-Checkpunkt im
Süden Jerusalems als Protest gegen Israels
Apartheidsystem in der besetzten Westbank.
Der Tunnelcheckpunkt
kontrolliert die Zufahrt vom südlichen Teil
der Westbank nach Jerusalem. Obwohl er auf
palästinensischem Land steht, dürfen
Palästinenser nicht in Richtung Norden, nach
Jerusalem passieren. Palästinenser aus Beit
Ummar, Yatta und Beit Jala und dem
Palestinian Women's
Struggle Committeebeschlossen deshalb
zusammen mit Israelis und internationalen
Aktivisten, ein Protestfussballspiel auf dem
militärischen Gelände zu veranstalten, um
ihr Recht auf Bewegungsfreiheit auf ihrem
palästinensischen Land einzufordern. Kurz
nach dem Anpfiff kamen dutzende von
israelischen Soldaten und versuchten, die
etwa 50 Protestteilnehmer physisch vom
Geländ des Checkpunkts zu verdrängen. Ein
Mitglied des Bürgerkomitees von Beit Ummar,
Mousa Abu Mariya wurde dabei festgenommen
und erst wieder freigelassen, nachdem sich
die Gruppe der Demonstranten weigerte, den
Checkpunklt ohne ihren Mitstreiter zu
verlassen. Durch den Protest wurde der
Checkpunkt etwa eine halbe Stunde lang
teilweise stillgelegt.
Militärgerichtsverfahren
gegen 17jährige Palästinenserin -
Amal Mamamdeh aus
Mufakarah wurde von der israelischen
Besatzungsbehörde vor ein Militärgericht
gestellt unter der Anklage, den israelischen
Soldaten Assaf Oron mit Wasser begossen zu
haben.
Während die israelische Armee
im vergangenen Jahr im Dorf Mufakarah
Hausdemolierungen vornahm, protestierten u.a.
zwei junge Frauen gewaltlos gegen das
Vorgehen der Besatzugnsarmee. Beide wurden
festgenommen und wegen „Angriffs auf
Soldaten“ vor ein Militärgericht gestellt.
Das Verfahren gegen die ältere der zwei,
Sausan Mamadeh, wurde nach Zahlung einer
Geldstrafe ausgesetzt. Die Famile und
Freunde ihrer Kusine Amal hofften deshalb,
dass die Besatzungsbehörde die
Siebzehnjährige nicht vor Gericht stellen
würde, schliesslich hatte sie Sausan
lediglich eine Wasserflasche zum Spülen
ihrer vom Tränengas brennenden Augen
gereicht. Als Soldaten dazwischenkamen,
wurde etwas von dem Wasser auf sie
verschüttet.
Am 15. Januar 2012 wurde das
Militärverfahren im Westbankgefängnis Ofer
entgegen aller Erwartungen eröffnet und Amal
u.a. wegen Wasserwerfen, Spucken und Fluchen
angeklagt. Am 5. Februar 2012 soll das
Verfahren fortgesetzt werden.
Amal berichtete ihrem Anwalt Neri Ramati von
der Rechtsfirma Gaby Lasky, dass sie auf der
Fahrt im Militärjeep zur nächsten
Polizeistation sexuell belästigt wurde.
Das Militärverfahren gegen die junge
Palästinenserin ist nach Ansicht von
Menschenrechtsgruppen ein Teil der
verstärkten Kampagne der israelischen
Besatzung, Palästinenser aus der Zone C in
der militärische besetzten Westbank zu
vertreiben.
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der EU
verweist auf den Anstieg der Zahl der
israelischen Siedler in der Zone C der
palästinensischen Westbank auf 310 000, die
in 124 jüdischen Siedlungen auf etwa 62% der
Westbank, dem wasserreichsten und
fruchtbarsten Land unter voller israelischer
Kontrolle leben. Das 16-seitige Dokument
warnt, dass Israels Politik der Demolierung
von Häusern, Scheunen und Ställen, der
Ausbau der israelischen Kolonien und der
Mauer, die Behinderungen der
Bewegungsfreiheit und die Verweigerung des
Zugangs zu Wasser und Land im erzwungenen
Transfer der palästinensischen Bevölkerung,
etwa 150 000 in der Zone C, resultierten.
Die Präsenz der Palästinenser im grössten
Teil der Westbank werde von Israel ständig
untergraben und die Zeit für die Schaffung
einer Zweistaatenlösung laufe ab.
Gewaltlose
Proteste in der Westbank (20.Januar 2012) -
Der Freitagsprotest im
Westbankdorf Kufr Qaddoum, nordwestlich von
Qalqilia wurde von israelischen Soldaten mit
Tränengas beschossen und dutzende der
Teilnehmer verletzt. Dan der Demonstration
im Dorf gegen die Annexionsmauer und die
israelischen Siedlungen in der Westbank
nahmen mehrere Vertreter der Fatah und
verschiedener politischer Bewegungen teil.
Seit 2003 blockiert die
israelische Armee eine Hauptstrasse zum Dorf
. Die Bewohner sind zusätzlich häufigen
Angriffen durch die Bewohner der
benachbarten israelischen Siedlungskolonien
ausgesetzt.
Gewaltlose Proteste fanden
ebenfalls in mehreren Dörfern der
palästinensischen Westbank statt. In Nabi
Saleh wurden drei Protestteilnehmer
verletzt; in Bil‘in und Ni’lin erreichten
die Demonstranten die Apartheidmauer und
wurden von der Armee mit Tränengas
angegriffen; in Al Ma’sara wurden die
Demonstranten am Dorfeingang von der
israelischen Besatzungsarmee blockiert und
mit Gewalt zurückgedrängt.
Im Militärverfahren gegen
Bassem Tamimi:
Geständniss eines Minderjährigen zulässig
-
Major Sharon Rivlin,
Militärrichter im Gefängniskomplex Ofer in
der Westbank, entschied diese Woche, dass
die Aussagen eines 14jährigen Palästinensers
vor Gericht verwendet werden, obwohl bei der
Festnahme und dem Verhör des Jungen aus Nabi
Saleh zahlreiche Regeln des israelischen
Jugendrechtes verletzt wurden.
Am 23. Januar 2011 nahmen
bewaffnete israelische Soldaten Islam Dar
Ayyoub in einer nächtlichen Razzie auf das
Haus seiner Familie fest. Er wurde zu einer
Polizeistation gebracht, wo vier
Vernehmungsbeamte ihn mehrere Stunden ohne
rechtlichen oder elterlichen Beistand
verhörten; eine vom Gesetz vorgesehene
Schlafpause wurde ebenfalls verweigert.
Islam ist einer der beiden Hauptzeugen im
Militärtribunal gegen Bassem Tamimi aus Nabi
Saleh, einem bekannten
Menschenrechtsaktivisten, der die
unbewaffneten Proteste des Dorfes gegen die
israelische Besatzung und Kolonisierung der
palästinensischen Westbank organisierte.
Islam selbst wurde vor Gericht gestellt,
angeblich weil er Steine geworfen hat.
Das israelische Jugendrecht
ist nicht Teil der Militärgesetze, denen
Palästinenser in der Westbank unterstehen.
Das Berufungsgericht der israelischen Armee
hat aber wiederholt die Anwendung dieses
Jugendrechts bei Verhören von
palästinensischen Minderjährigen in den
besetzten palästinensischen Gebieten
gefordert.
Richter Rivlin urteilte, dass
in diesem Fall die Rechte das Angeklagten
nicht in solchem Grad verletzt wurden, „um
sein Recht auf ein faires Verfahren
ernstlich zu gefährden“. Ein Psychiater
hatte vor Gericht ausgesagt, dass man die
Aussagen des 14jährigen Islam unter den
gegebenen Umständen nicht als freiwillig
ansehen könne. Islams Verteidigerin Gabi
Lasky wies die Entscheidung von Richter
Rivlin als nicht akzeptabel zurück: „Diese
Entscheidung ist nicht verständlich; sie
legt die Tatsache offen, dass die Gesetze
zum angeblichen Schutz der Rechte von
Minderjährigen bei Palästinensern lediglich
ein Lippenbekenntnis sind.“
Einen Tag zuvor hatte der
israelische Polizeioffizier Jalal Aweida vor
dem Richter ausgesagt, dass seine
Verhörmethoden gegenüber Islam Dar Ayyoub
als „Scherz“ gemeint waren und dem Alter des
Befragten gemäss. Im Gegensatz dazu
beschrieb Islam Dar Ayyoub vor Gericht,
dass er bei dem nächtlichen Verhör durch
vier Vernehmungsbeamte Angst vor Jalal
hatte:“... er schlug die Faust auf den Tisch
und machte Gesten mit der Hand, die mir
Angst einjagten.“
Die Rechtsanwälte der
Demonstranten aus Nabi Saleh, Bil’in und
Ni‘lin verbringen oft Stunden während der
Anhörungen im Militärgericht Ofer, um im
Detail zu beweisen, dass die belastenden
Informationen der Anklage Fabrikationen
sind, die auf erzwungenen und manipulierten
Geständnissen von palästinensischen
Minderjährigen beruhen. Im Fall von Bassem
Tamimi sind die Hauptbelastungszeugen, Islam
Dar Ayyoub, 14, und Mo'atasem Tamimi,15 zwei
Minderjährige aus dem Dorf.
Bassem Tamimi wurde am 24.
März 2011von einem israelischen Armeetrupp
in seinem Haus festgenommen und drei Monate
später vor ein Militärgericht gestellt. Die
Anklage lautet auf Organisation und
Teilnahme an illegalen Protesten,
Aufwiegelung zum Steine werfen, Störung der
öffentlichen Ordnung, eine Liste von
Anklagepunkten, die nach der israelischen
Militärorder 101 mit bis zu 10 Jahren Haft
bestraft werden können. Diese Anklageliste
des Militärstaatsanwaltes ist den
Menschenrechtsaktivisten in den
Nachbardörfern von Nabi Saleh, in Bil’in,
Ni’lin und Beit Ommar wohlbekannt. Bei der
gerichtlichen Verfolgung von
Protestorganisatoren seit 2010 wurde die
Order 101- seit dem Ende der Ersten Intifada
archiviert- wieder hervorgeholt, um die
Teilnahme am unbewaffneten Widerstand gege
die israelische Mauer und Besatzung mit
Gefängnis und grossen Geldstrafen zu
belegen.
Bassem Tamimi ist ein Veteran
des palästinensischen Widerstandes und wurde
von der israelischen Armee elf Mal
festgenommen und ohne gerichtliche
Verurteilung drei Jahre unter der
sogenannten Verwaltungshaft inhaftiert.
Bei der Verfahrenseröffnung am 5. Juni 2010
erklärte Bassem Tamimi seine Unschuld im
Bezug auf die Anklagepunkte, bekannte aber
offen, dass er die friedlichen Proteste im
Dorf organisierte: „ Obwohl Ihr erklärt,
dass Ihr die einzige Demokratie im Nahen
Osten seid, werde ich nach Militärgesetzen
gerichtet, [...] die von Autoritäten
angewandt werden, die ich nicht gewählt habe
und die mich
nicht repräsentieren.“
Nabi Saleh erinnert an die
Opfer der
Proteste gegen die israelische Besatzung
(6.Jan.)
-
Nach dem Mord an Mustafa
Tamimi im Dezember 2011 und angesichts der
fortgesetzten Gefährdung von unbewaffneten
Demonstranten durch das brutale Vorgehen der
israelischen Armee – vergangene Woche
beschossen Scharfschützen die Demonstranten
mit scharfer Munition- marschierten die
Bewohner von Nabi Saleh und
Solidaritätsbesucher aus der Umgebung und
dem Ausland im Gedenken an die Märtyrer des
zivilen Widerstandes. Ausserhalb des Dorfes
wurde eine grosse Gruppe der Demonstranten
von israelischen Soldaten am Weitermarsch
gehindert, mit Tränengas,
Gummimantelgeschossen und einer stinkenden
chemischen Mischung aus einem Wasserwerfer
angegriffen und zur Rückkehr gezwungen. Eine
kleine Gruppe versuchte, das Ziel der
Demonstration, eine von Siedlern annektierte
Quelle des Dorfes, durch einen Gang durch
die Felder zu erreichen, wurde aber
ebenfalls kurz vor dem Ziel zur Rückkehr
gezwungen.
Die Bewohner von Nabi Saleh
beschlossen Ende 2009, regelmässige,
friedliche Proteste gegen die israelische
Besatzung zu organisieren. Auslöser war das
Vorgehen der Bewohner der nahegelegenen
israelischen Kolonie Halamish, die eine
wichtige Wasserquelle auf dem Land des
Dorfratsvorsitzenden Bashir Tamimi
illegalerweise für den exklusiven
Eigenbedarf beanspruchten: Unter dem Schutz
der israelischen Armee bauten sie eine
Kabine über dem Wasser, gaben dem Ort einen
neuen Namen und vertrieben die legitimen
Benutzer mit der Androhung von Gewalt,
Steinen und Gewehrkugeln.
Aktivisten im Dorf bauten
eine gewaltlose Widerstandsbewegung auf, bei
der eine breite Beteiligung der
Dorfbevölkerung, auch von Frauen und Kindern
angestrebt und erreicht wurde.
Seit Beginn der regelmässigen
Proteste belagert die israelische Armee das
kleine Westbankdorf jeden Freitag, errichtet
Strassenblockaden, erklärt das Dorf zur
„geschlossenen militärischen Zone“ und
besetzt den Ort vor und nach den Protesten,
was auf eine inoffizielle Ausgangssperre für
alle Dorfbewohner hinausläuft. Nächtliche
Militärrazien und Verhaftungsoperationen
werden wie in allen Orten des friedlichen
Widerstandes durchgeführt, um Teilnehmer an
den Demonstrationen, und sogar Minderjährige
einzuschüchtern. Zur Zeit steht ein
prominenter Aktivist aus dem Dorf, Bassem
Tamimi wegen der Teilnahme am unbewaffneten
Widerstand vor einem israelischen
Militärgericht.
Bil’in: Gedenken an den Tod von Jawaher
Abu Rahmah am 1.
Januar 2011
-
Hunderte von Palästinensern,
Israelis und internationalen Aktivisten
kamen am 6. Januar 2012 nach Bil’in, um
Jawaher Abu Rahmahs zu gedenken, die nach
der Teilnahme an einem Freitagsprotest im
Dezember 2010 an den Folgen der Inhalierung
von Tränengas starb, das bei den Protesten
gegen die israelische Mauer in der besetzten
Westbank in enormen Mengen gegen
Demonstranten und auf Häuser verschossen
wird. Jawaher Abu Rahmah war 36 Jahre alt.
Zwei Brüder von Jawaher
wurden ebenfalls Opfer der israelische
Armee: Der Bruder Bassam Abu Rahmah wurde im
April 2009 bei einem Freitagsprotest von
einem israelischen Soldaten getōtet, der
einen Hochgeschwindigkeitsgaskanister direkt
auf Bassem zielte und ihn tōdlich
verwundete.
Der zweite Bruder, Ashraf Abu
Rahmah wurde am 21. Oktober 2011 nach einem
Freitagsprotest von israelischen Soldaten
abgeführt und von einem Militärgericht in
der Westbank zu vier Monaten Haft
verurteilt. Die Anklagepunkte sind von
anderen Militärtribunalen gegen
Palästinenser bekannt, die wegen ihrer
Teilnahme an den Protesten gegen die
israelische Besatzung inhaftiert und
bestraft wurden: Organisation und Teilnahme
an illegalen Demonstrationen und Streine
werfen. Ashraf Abu Rahmah wurde im Juli 2008
schon einmal nach einer Demonstration
festgenommen. Video des Vorfalls zeigte,
dass der kommandierende Offizier einem
Soldaten befahl, den gefesselten Ashraf ins
Bein zu schiessen, und verursachte einen
Entrüstungssturm, der beide
Soldaten vor Gericht brachte. Sie wurden
wegen Fehlverhalten verurteilt, erhielten
aber keine Gefängnisstrafen.
Während sich die
Demonstranten im Dorf für die Gedenkreden
versammelten, verschoss die Besatzungsarmee
bereits Tränengas auf eine Gruppe von
Jugendlichen an der Mauer. Als sich die
Protestteilnhemer singend und rufend der
Mauer näherten, intensivierte sich der
Beschuss und mit Soldaten gefüllte Jeeps
kamen von der anderen Seite der Mauer an, um
Tränengas und Gummimantelgeschosse direkt in
die Menge zu feuern, eine eklatante
Verletzung der Armeeregeln zum Einsatz
dieser „Mengenkontrollmittel“. Vergangenen
Monat wurde Mustafa Tamimi im Nachbardorf
Nabi Saleh durch einen direkt auf ihn
gezielten Tränengaskanister getötet. An
diesem Freitag schoss die Armee auch mit
scharfer Munition in die Luft. Drei
Demonstranten wurden verletzt; nach etwa 20
Minuten kehrte die Armee zu ihrer Position
hinter der Mauer zurück und feuerte noch
mehr Tränengassalven ab. Die Demonstration
zerstreute sich langsam und die Teilnehmer
versammelten sich im Dorf zu einer
Erinnerungszeremonie.
Seit 2004 wurden über 20
Palästinenser bei den Protesten gegen die
illegale Mauer in der palästinensischen
Westbank getötet. Viele Teilnehmer erlitten
Verletzungen; im März 2009 wurde der
Amerikaner Tristan Anderson von einem
Tränengaskanister am Kopf schwer verletzt
und erlitt bleibenden Gehirnschaden.
Emily Henochowicz, eine Amerikanerin mit israelischem
Pass, wurde im Juni 2010 bei einem Protest
gegen den israelischen Angriff auf die Mavi
Marmara mit einem Kanister beschossen und
verlor ein Auge. Beide Fälle, wie auch
Bassem Abu Rahmahs Tötung, werden noch vor
Gericht verhandelt.
Majde Mahmoud Za’aqiq: Vier Monate Gefängnis
und 5500 Shekel
Geldstrafe
-
Lehrer und Mitglied des
Bürgerkomitees Beit Ommar Majde Mahmoud
Za’aqiq wurde am 20. August 2011
festgenommen, als er am Ende der
wöchentlichen unbewaffneten Demonstration
nach Haus fahren wollte. Israelische
Soldaten zwangen ihn und einen spanischen
Solidaritätsaktivisten aus dem Auto und
nahmen beide fest. Der Vorwurf des
Steinewerfens ist fabriziert, bei den
gewaltlosen Samstagsdemonstrationen in Beit
Ommar werden keine Steine geworfen.
Gefängnis und Geldstrafen sind ein Teil der
Strategie des israelischen
Apartheidsystems, palästinensische
Aktivisten des gewaltlosen, friedlichen
Widerstandes einzuschüchtern. Am 22.
November 2011 erfuhr das Bürgerkomitee in
Beit Ommar, dass Majde für vier Monate
inhaftiert wird und bei seiner Freilassung
eine Geldstrafe von etwa 1500 US Dollar
bezahlen muss; jede Spende ist willkommen.
Die Geschichte von Majdes
Inhaftierung begann im August, dem heiligen
Fastenmonat Ramadan. Die wöchentliche
Demonstration vor der illegalen israelischen
Kolonie Karmi Tsur, die auf dem Land
palästinensischer Bauern aus Beit Ommar
errichtet wurde, wurde mit Hilfe von
Solidaritätsaktivisten aus der Umgebung, aus
Israel und dem weiteren Ausland
durchgeführt. Vor der Siedlung wurden die
Demonstranten von der israelischen Armee
angegriffen, geschlagen, mit Tränengas,
Plastikmetallkugeln und scharfer Munition
beschossen, was zu einigen Verletzungen
unter den Demonstranten führte. Sieben
Protestteilnehmer wurden damals festgenommen
– fünf wurden am gleichen Tag freigelassen,
Majdes spanischer Kollege nach zwei Tagen,
nur Majde selbst sitzt immer noch im
Gefängnis ein.
Majde ist ein Lehrer,
geschieden und Vater von zwei Söhnen, Qassam,
5 Jahre alt, hat permanenten Gehörschaden
und besucht die Ma’an Schule in Hebron. Sein
Bruder Kotaibah ist drei Jahre alt. Vor
allem Qassam braucht die ständige Nähe
seines Vaters,weil er ein Kind ist und wegen
seiner Behinderung; jeden Tag muss er zur
Schule in Hebron gebracht und abends wieder
abgeholt werden. Majde wurde bestraft, weil
er an seinem Land festhält, an seinen
Rechten und seinem Traum, in Freiheit und
Würde zusammen mit seinen Kindern zu leben,
wie alle Menschen auf dieser Erde.
Younes Arrar, Koordinator des
Komitees in Beit Ommar,The Story of a
Political Prisoner – Majde Mahmoud Za’aqiq,
Palestine Solidarity Project,http://palestinesolidarityproject.org/2011/10/26/the-story-of-a-political-prisoner-majde-mahmoud-za’aqiq/
Bil’in: Drei
Demonstranten direkt mit Tränengaskanistern
beschossen -
Am 6. Januar 2012 berichtete
das Popular Struggle Coordination Commitee,
dass Bil’ins Freitagsdemonstration gegen die
israelische Mauer und Besatzung von
israelischen Soldaten angegriffen wurde. Dem
seit Jahren üblichen Protokoll folgend,
beschossen israelische Soldaten die
unbewaffneten Aktivisten mit
Tränengaskanistern und gummi-ummantelten
Stahlkugeln. Um 1 Uhr nachmittags meldete
das PSCC, dass, eine Stunde nach Beginn des
Protestes, drei Teilnehmer direkt mit
Gaskanistern beschossen und verletzt wurden
und ein Protestteilnehmer von einem
Gummimantelgeschoss im Rücken getroffen
wurde.
Breaking news, 6. Januar
2011,
http://popularstruggle.org/
Beit Ommar: Fordert
Gerechtigkeit für Yousef Ikhlayl -
Wann: 28. Januar
2012 - Was: Internationaler Tag der
Solidarität mit Yousef Ikhlayl -
Hintergrund:
Am 28. Januar 2011 wurde
Yousef Ikhlayl von einem israelischen
Siedler aus der (nach internationalem Recht
illegalen) israelischen Siedlung Bat Ayn
ermordet, als er auf dem Feld seiner Familie
im Saffatal arbeitete. Yousef nahm
regelmässig an den gewaltlosen
Demonstrationen gegen Israels Kolonien in
der besetzten Westbank teil und an den
Gemeinschaftsprojekten des Palestine
Soldarity Project [PSP].
Ein Jahr später gibt es bei
der gerichtlichen Verfolgung des Falles
keinen Fortschritt, weil Israels
Generalstaatsanwalt immer noch keinen
Rechtsanwalt für den Fall benannte.
Während die Wiedereröffnung
der Friedensverhandlungen in Jordanien
diskutiert wird -und die weitere Existenz
der Siedlung Bat Ayn gesichert ist - fordert
das Bürgerkomitee Beit Ommar und das PSP
Gerechtigkeit für Palästinenser und ruft zur
internationalen Solidarität mit Yousef und
allen Opfern der israelischen Besatzung auf.
Die Freitagsdemonstration am
28. Januar 2011 wird Yousef und die anderen
Märtyrer von Beit Ommar ehren, die der
israelischen Besatzung zum Opfer fielen, und
fordern, dass israelische Siedler und
Soldaten gerichtlich zur Verantwortung
gezogen werden und nicht länger straffrei
gehen, wenn sie Gewaltakte gegen
palästinensische Bauern und Demonstranten
begehen.
Organisiert Eure Eigenen
Aktionen für Yousef und benachrichtigt uns,
wir wollen alle Veranstaltungen weltweit
auflisten: palestineproject@gmail.com.
Jahresende in Beit
Ommar - Am
25. Dezember demonstrierten die Einwohner
von Beit Ommar gegen die illegale Siedlung
Karmei Tsur in Fortsetzung der regelmässig
organisierten friedlichen Proteste des
Westbankdorfes gegen die Landannexionen
durch israelische Siedlungen auf den
umliegenden Hügeln.
Demonstranten näherten sich
dem Zaun um Karmei Tsur, das auf
palästinensischen Feldern errichtet wurde,
und konnten einige Stücke der
völkerrechtswidrigen Konstruktion abbauen,
bevor die israelische Polizei erschien und
sie zurücktrieb. Die Protestteilnehmer
hielten eine kurze Kundgebung ab, sprachen
vom Landraub durch israelische Siedler und
die Erschwernisse des Lebens für die
eingeborene Bevölkerung; trotz
Polizeiprovokationen blieben die
Demonstranten friedlich, der Protest endete
ohne Verhaftungen.
Die illegale Siedlung Karmei
Tsur wurde 1984 gegründet und auf
konfisziertem Dorfland erbaut und hat sich
durch den Bau von Aussenposten langsam über
den gesamten Hügel ausgeweitet.
Am 29. Dezember erlitt ein
Hirte einige Wunden im Gesicht, als
israelische Soldaten eine Schockgranate auf
ihn abfeuerten. Ayed Mahmud Abu Maryeh, 42
hütete seine Schafe, als die Soldaten ihn
angriffen; er wurde mit leichten
Gesichtsverletzungen in ein Krankenhaus in
Hebron gebracht. Ma’an berichtete, dass die
israelische Armee an diesem Tag eine Razzia
auf Beit Ommar durchführte und mehrere
Ortsbewohner angriff und kurzzeitig
festhielt. Als Verwandte den angegriffenen
Bewohnern zur Hilfe kommen wollten, feuerten
die Soldaten Tränengas und Schockgranaten.
Nabi Saleh und
Chicago erinnern an den dritten Jahrestag
des Gazamassakers -
Aktivisten im Westbankdorf
Nabi Saleh und im amerikanischen Chicago
erinnerten an den Beginn der sogenannten
Operation „Gegossenes Blei“, dem drei Wochen
langen Angriff der israelischen Armee auf
Gaza. Durch die massive Bombardierung des
von Israel blockierten Gazastreifens, bei
dem die israelische Armee auch illegale
Waffen einsetzte, und die Invasion wurden
über 1400 Palästinenser getötet.
Hunderte von schwarzen
Ballons wurden beim Freitagsprotest in Nabi
Saleh am 30. Dezember mitgeführt und
freigelassen. Sie trugen die Namen der vor
drei Jahren getöteten Kinder Gazas. Die
israelischen Sicherheitskräfte schossen
grosse Mengen von Tränengas, teilweise
direkt und in Verletzung der Armeeregeln,
auf die Menschen.
Vor Beginn der Demonstration
drangen Soldaten im Dorf ein und verhafteten
zwei internationale Unterstützer; nach der
Demonstration errichtete die Armee einen „ad
hoc Checkpunkt“ an der Strasse nach Ramallah
und nahm zwei Palästinenser fest.
Am folgenden Tag versammelten
sich zweihundert Aktivisten in Chicago und
liessen 344 Ballons in die Luft steigen,
einen Ballons für jedes 2008/2009 in Gaza
getötete Kind. Die Aktion wurde von der
neugeformten Gruppe „Chicago Movement for
Palestinian Rights“organisiert.
Palästinensisch-amerikanische Demonstranten
verurteilten die fortgesetzte, illegale
Blockade Gazas und die wiederholten
Bombenangriffe auf Gaza.
Am 22. Dezember 2011 wurden
die Demonstranten in Nabi Saleh nicht nur
mit “Mengenkontrollmitteln” beschossen,
Tränengas, Schockgranaten,
Plastikstahlkugeln, „Stinkwasser“ und dem
„Schrei“, sondern auch mit scharfer
Munition, 0.22 Kaliberkugeln aus den
Gewehren der Scharfschützen. Damit setzt die
israelische Armee ihre systematische Politik
der brutalen Niederschlagung der friedlichen
Widerstandsbewegung in den Dörfern der
Westbank fort, bei der auch die Regeln der
Besatzungsarmee ignoriert werden. Vor zwei
Wochen, als das Westbankdorf Nabi Saleh den
zweiten Jahrestag seit Beginn der
regelmässigen Proteste gegen die israelische
Besatzung beging, wurde ein Dorfbewohner
direkt und aus kurzer Distanz von einem
israelischen Soldaten mit einem Gaskanister
beschossen. Mustafa Tamimi, 28, starb einen
Tag später, am 10. Dezember, an den schweren
Gesichtsverletzungen.
Palästinensische
Frauen und Kinder ignorieren israelische
Gesetze und gehen nach Jerusalem -
Mit Unterstützung
durch israelischen Frauen fuhren einige
Dutzend Palästinenserinnen aus mehreren
Dörfern und Städten der besetzten
palästinensischen Westbank nach Jerusalem.
Für eine Mehrheit der Palästinenser in der
Westbank sind Israel und Jerusalem verbotene
Zonen, die ohne schwer zu erhaltende
Sondergenehmigungen nicht zugänglich sind.
Seit eineinhalb Jahren werden diese
Grenzüberschreitungen gegen die
Apartheidpolitik Israels von israelischen
und palästinensischen Frauen organisiert. Am
17. Dezember trafen sich junge Mütter aus
Tel Aviv und Jaffa mit Palästinenserinnen
und Kindern in einem Park in Jerusalem; die
etwa 80 Teilnehmerinnen hatten Spiele,
Aktivitäten und ein leckeres
palästinensisches Picknick organisiert;
Frauen aus Beit Ommar nehmen an dieser
Herausforderung der Besatzung aktiv teil;
eine der Organisatorinnen erklärt: „Unser
Leben ist schwer. Wir und unsere Kinder
brauchen eine Pause; es ist eine Chance,
sich frei und glücklich zu fühlen. Wie die
israelischen Frauen wollen wir eine
politische Stellungnahme gegen die Besetzung
von Palästina geben.“
Die Gruppe beschrieb die
politischen Implikationen der Aktionen:
“Wir bekennen hiermit öfentlich, dass wir
die Gesetze und Befehle zur Begrenzung der
Bewegungsfreiheit der Zivilbevölkerung in
der Westbank jetzt und in der Zukunft
brechen werden. Wir stellen die Weisheit,
Moralität und Legalität dieser Verordnungen
in Frage. Wir gehen den Pfad des zivilen
Ungehorsams gegen ein willkürliches System,
das in den vergangenen 44 Jahren Millionen
Menschen ihrer Menschen- und Bürgerrechte
beraubt und sie unter ein militärisches
Regime gestellt hat, und hinter Wände,
Barrieren und Checkpunkte.“
Den Preis bezahlen:
Märtyrer in Ni’lin -
Das Westbankdorf Ni’lin setzt
seine wöchentlichen Proteste fort, auch wenn
seine Bewohner einen hohen Preis dafür
bezahlen. Am 30. Dezember erinnerten die
Demonstranten an zwei Mitbewohner: Mohammed
Khawaje und Arafat Khawaje.
Eine Hagel von Tränengas,
gummi-ummantelten Stahlkugeln und scharfer
Munition der israelischen Soldaten hinter
der Apartheidmauer in Ni’lin war Israels
Reaktion auf eine kleine Demonstration im
Gedenken an zwei junge Mitbewohner, die am
28. Dezember 2008 erschossen wurden.
Mohammed fiel durch eine Kugel in die Stirn,
Arafat wurde in den Rücken geschossen, als
er einem verwundeten Mann helfen wollte.
Ein Demonstrant mit der
palästinensischen Fahne und einem Megaphon
in der Hand forderte die Soldaten auf,
menschlich zu bleiben, in den Worten von
Vittorio Arrigoni, einem in Gaza ermordeten
Mitglied der Internationalen
Solidaritätsbewegung. Die israelische Armee
schoss mit scharfer Munition zurück. Gegen
Ende der Demonstration fuhr ein mit Soldaten
voll gepackter bepanzerter Humvee der Armee
vor und beendete den Protest mit weiteren
Salven.
2008 begannen die Proteste in
Ni’lin mit dem Erscheinen der israelischen
CAT Bulldozer. Die Apartheidmauer hat Ni’lin
etwa 30 Prozent des Dorflandes gestohlen.
Fünf Menschen bezahlten mit ihrem Leben. Die
Proteste werden jeden Freitag fortgesetzt.
Friedlicher Widerstand. Texte zum
israelischen Apartheidsystem,
31. Dezember
2011
Reverend
Allan Boesak: Israelisches Apartheidsystem
ist schrecklicher, als Südafrika je war.
Pastor Allan Aubrey Boesak
ist ein Veteran des Kampfes gegen das
Apartheidsystem in Südafrika. Er war der
Präsident des Reformierten Weltbundes [World
Alliance of Reformed Churches] und ist ein
Unterzeichner der Antwort der
südafrikanischen Christen auf das
Kairosdokument aus Palästina [Kairos
Palestine Document]. 2011 hat er vor dem
Russell Tribunal zu Palästina in Cape Town
ausgesagt, wo er mit Hanan Chahata von MEMO
sprach.
Hanan
Chahata:
Sie haben die Antwort der südafrikanischen
Christen auf das palästinensische
Kairosdokument unterzeichnet. Darin sagten
Sie, dass die palästinensische Erfahrung der
Apartheid “ in der Umsetzung vor Ort sogar
schlimmer ist als das Apartheidsystem in
Südafrika.” Was meinen Sie damit?
Allan
Boesak:
Es ist schlimmer, nicht im Sinn, dass die
Apartheid in Süd Afrika nicht ein absolut
furchtbares System war, sondern in der Art,
wie die Israelis das Apartheidsystem
genommen, perfektioniert und sozusagen
zugespitzt haben. Zum Beispiel hatten wir
Bantustans und wir hatten den Group Areas
Act und wir hatten getrennte Schulen und all
das; aber ich glaube nicht, dass es selbst
den Apartheidplanern je in den Sinn kam,
eine Stadt so zu planen, dass eine pysische
Mauer die Menschen trennt und dass diese
Mauer die Grenzen deiner Bewegungsfreiheit
aufzeigt, der kommerziellen Tätigkeit, der
Arbeit, und gleichzeitig ein Mittel zur
Einschüchterung und Entmenschlichung ist.
Wir trugen Pässe, so wie die Palästinenser
ihre Ausweise haben, aber das bedeutete
nicht, dass wir nicht von einem Ort in der
Stadt zu einem anderen gehen konnten. Das
Gerichtswesen war natürlich absolut
einseitig, alle Richter zielten in ihren
Urteilen darauf ab, das weisse Privileg und
die weisse Macht zu schützen und so weiter,
und wir hatten in diesen Tagen eine Reihe
von sogenannten Blutrichtern [hanging judges];
aber sie gingen nicht soweit, zwei getrennte
Justizsysteme für Palästinenser [die vor
israelische Militärgerichte gehen] und
Israelis [die vor zivile Gerichte, nicht
Militärgerichte gehen] offen einzurichten.
Deshalb ist das israelische System in vieler
Hinsicht schlimmer.
Unter einem
weiteren Gesichtspunkt ist [die Situation]
noch schlimmer: Wenn wir unsere Schlachten
ausfochten, konnten wir doch letztendlich
die international Solidarität so weit
mobilisieren und aufbauen - selbst wenn wir
lange dazu brauchten- dass wir schliesslich
in unserem Kampf erfolgreiche waren. Die
Palästinenser können das nicht. Die ganze
internationale Gemeinschaft hat sich
geradezu gegen sie verschworen. Die Uno, die
im Kampf gegen das Apartheidsystem in
Südafrika eine ziemlich positive Rolle
spielte, hat diese katastrophale Position
eingenommen, dass sie ihre stärksten
Mitglieder nicht verärgern möchte, wie die
USA, die Israel schützen. Selbst in der Uno,
wo internationales Recht den Rahmen vorgeben
sollte, in dem all diese Dinge beurteilt
werden, wo international Solidarität keine
Spekulation ist, sondern vielmehr die
Grundlage, auf der die Uno ihre Ansichten
und Urteile für die Zukunft aufbaut, selbst
dort haben die Palästineser [diese
Unterstützung] nicht.
Palästinenser werden auf eine Weise
lächerlich gemacht, wie das bei
Südafrikanern nicht war. In vieler Hinsicht
hat die UN versucht, ihre Resolutionen zur
Isolierung des Apartheidregimes
durchzusetzen. Hier verabschieden sie eine
Resolution nach der anderen gegen Israel und
ich entdecke keinerlei Schamgefühl, obwohl
man weiss, dass niemand ihre Umsetzung
fordern wird. Unter Reagan zeigten die USA
ihr so genanntes konstruktives Enagement [engagement
programme] und ihre Unterstützung für das
weisse Regime in Südafrika ziemlich offen .
Aber was die USA in der Woche nach der
Entscheidung der UNESCO unternahm, als
UNESCO beschloss, den palästinensischen
Antrag auf einen Sitz bei den Vereinten
Nationen zu unterstützen, ist skandalös -
der Entzug der ganzen finanziellen
Unterstützung der USA, die sofortigen
wirtschaftlichen Erpressungsmassnahmen. In
all diesen Aspekten denke ich hat Israel
dieser Tage ein Apartheidsystem, das in
seiner Perfektion in mehrfacher Hinsicht
viel furchterregender ist, als das
Apartheidsystem in Südafrika je war.
HC:
Während einer Veranstaltung zum Black
History Month zu Beginn des Jahres haben Sie
die amerikanische Bürgerrechtsbewegung mit
dem südafrikanischen Kampf gegen das
Apartheidsystem verglichen. Sehen Sie
Ähnlichkeiten zwischen den beiden Bewegungen
und dem heutigen palästinensischen Kampf?
AB:
[AB hat gerade einen Artikel zu diesen
Bewegungen verfasst, der nächstes Jahr in
einem Buch veröffentlicht werden soll. Er
spricht den Demonstranten in Nordafrika und
dem Nahen Osten seine Bewunderung aus, vor
allem, dass sie an ihrem grundlegenden Ziel
festhalten, die Diktaturen durch gewaltlose
Proteste loszuwerden.]
Ich bin
davon überzeugt, dass es historische Momente
gibt, die nie verschwinden und von denen man
lernen kann. Südafrika hat so viel von
Ghandi in Indien gelernt; Martin Luther King
hat von Ghandi gelernt; wir lernten von
Martin Luther King und wir hatten unsere
eigenen Traditionen, und ich bin sicher,
dass die jungen arabischen Menschen davon
gelernt haben, als sie einige dieser
Ereignisse beobachteten. 1994 (als die erste
demokratische Regierung in Südafrika
gebildet wurde) und die 80er Jahre des
zwanzigsten Jahrhunderts liegen nicht so
weit hinter uns. Viele der Menschen, die
heute teilnehmen, sassen vor dem Fernseher,
als wir Tag um Tag in den Strassen waren,
und uns mutig den Hund stellten, den
Gewehren und dem Tränengas, als wir unsere
Leute begruben, ein Begräbnis nach dem
anderen. Wenn ich die Beerdigungen in der
arabischen Welt sehe, denke ich an die Zeit,
als Erzbischof Tutu und ich 27 Menschen
beerdigten ( es wurden in Wirklichkeit 42
getötet, aber die Polizei gab die restlichen
Leichen nicht frei); daran denke ich, wenn
ich sehe, wie jeden Freitag die Toten in der
arabischen Welt beerdigt werden.
In unserem
Kampf waren die verschiedensten politischen
Ideologien vertreten, aber er war nie ganz
säkularisiert. Der Glaube, wie Erzbischof
Tutu heute morgen sagte, dass es einen Gott
der Gerechtigkeit gibt, der uns helfen
wird,den Kampf durchzuhalten, ist
erstaunlich. Als ich zum ersten Mal tausende
von Moslems sah, die sich vor Allah
verbeugten, drehte ich mich zu meiner Frau
um und sagte, wenn die Leute das
durchhalten, dann wird bei all diese
Tyrannen das grosse Zittern beginnen und sie
wissen, dass sie sich gegen diese Macht
nicht durchsetzen können.
Erst vor ein
paar Jahren setzten die Bürgerrechtsbewegung
in den Vereinten Staaten und noch mehr der
Kampf gegen das Apartheidsystem den
moralischen Standard, nach dem die Welt
hinsichtlich ihrer Entscheidungen beurteilt
wurde, ob sie richtig waren oder falsch, ob
sie auf der rechten Seite der menschlichen
Revolution für Menschlichkeit und für
Gerechtigkeit standen, für die
Wiederherstellung der Würde und für die
Zukunft der Kinder. Dieser besondere
Augenblick in der Geschichte, wenn die Welt
zur Teilnahme an dieser Revolution für das
Gute, für die Zukunft und für Gerechtigkeit
eingeladen ist, und wo die Entscheidung
gefällt werden muss zwischen Übel und Bösem
auf der einen Seite und Gerechtigkeit und
Recht auf der anderen, der die Welt prägende
Prüfstein für internationale Solidarität,
für internationales Recht und Gerechtigkeit
ist heute der Arabische Frühling.
HC:
Der Arabische Frühling oder Palästina?
AB:
Der Arabische Frühling findet zur Zeit
statt, aber Palästina ist im Zentrum des
Ganzen. Was zur Zeit geschieht, hätte ohne
den fortgesetzten Kampf der Palästinenser
nicht geschehen können. Sie werden nicht
immer erwähnt, aber ich sage Ihnen, dass
ohne [die Palästinenser] im Nahen Osten
nichts dem Arabischen Frühling Ähnliches
geschehen wäre.
Als wir
Martin Luther King zusahen, als wir unseren
eigenen Kampf durchliefen, dachten wir, dass
sich das Gesicht und die Richtung der
Geschichte und der Welt [änderten], ob der
Westen das unterstützt oder nicht, ob sie
dahinter Pläne im Dienste der Habgier
verbergen oder was auch immer, ist nicht
wirklich wichtig. Es ist eine unumstössliche
Tatsache, dass sich etwas Wesentliches im
Nahen Osten geändert hat und damit in der
Weltgeschichte. Die Menschen, die diese
Revolution durchmachen, werden z. B. nie
wieder die gleichen Fehler machen, wie ihre
Eltern und Grosseltern; sie werden nicht
annehmen, dass der Westen immer gut ist und
dass die Abkommen, die wir mit dem Westen
schliessen, immer gut für die Menschen sind.
Ein neues kritisches Element ist
dazugekommen. Nie wieder werden die Menschen
auf die gleiche Weise denken; ich hoffe,
dass die arabischen Revolutionen tragfähig
und so erfolgreich sein werden und moralisch
so stark, dass der Westen gezwungen wird,
sein Denken im Bezug auf die Ansichten und
Positionen zu den Ereignissen zu ändern.
HC:
Das Christentum ist im Heiligen Land
bedroht. Viele Menschen vergessen, dass dies
nicht eine Streitfrage zwischen Juden und
Arabern ist; es gibt auch palästinensische
Christen. Über die Jahre hat sich ein
alarmierender Trend gezeigt,
palästinensische Christen verlassen das
Heilige Land, weil Israel ihr Leben
ausserordentlich erschwert. Welche Folgen
hat die Besatzung für Christen?
AB:
Die christliche Gemeinde in Palästina wurde
in mehrfacher Weise dezimiert. Dadurch
erreichen die Israelis zwei Dinge: die
Darstellung des Kampfes wird vereinfacht,
als fände er nur zwischen Juden und Arabern
statt, mit dem Resultat, dass Christen
draussen denken, dass sie nichts und
niemandem ihre Solidarität erweisen müssen.
Folglich können die zionistischen Christen,
diese ultrakonservativen Fundamentalisten in
den USA, die so lange geholfen haben, die
Aussenpolitik unter den Regierungen von Bush
und Reagan zu diktieren, sagen „ Es handelt
sich nicht um uns; es geht nicht um Christen
und chrstliches Zeugnis, es geht um diese
Moslems“; und das ist die Absicht. Ich
hoffe, dass die Christen unter uns,
ausserhalb des Nahen Ostens, diese Tatsache
lebendig halten und Mittel und Wege finden,
dieses Argument in jede politische Situation
einzubringen, so dass die Diskussion, die
weiterführt und zu Aktionen führt, die
Realität der Christen im Nahen Osten,
besonders im Heiligen Land, nicht verdrängt.
Zweitens
zerstören sie die Wurzeln des christlichen
Glaubens im Nahe Osten, wo alles begann.
[...]
HC:
Die Zahl der zionistischen Christen wird
weltweit auf 50 Millionen geschätzt. Was
würden Sie ihnen raten im Bezug auf ihre
Unterstützung für den Staat Israel, die, wie
sie sagen, auf Begründungen aus der Bibel
basiert?
AB:
Wie so oft, kommt es darauf an, wie man die
Bibel liest und interpretiert; und so müssen
wir sicher stellen, dass wir unsere
Interpretation der Bibel genauso klar, so
enthusiastisch und so offen präsentieren
[wie sie] und genauso bereit sind, unsere
Interpretation der Bibel zu verwirklichen
wie sie. Wir müssen einen Weg finden; wir
waren bisher nicht einfallsreich genug.
Wahrscheilich, weil wir erst vor kurzem die
sehr gefährliche Natur ihrer Ansichten
erkannt haben, nicht nur für Palästinenser
und Moslems im allgemeinen, sondern auch für
die christliche Kirche selbst. Wir können
keine Ausreden mehr machen, wenn wir
zunehmend sehen, wie tödlich ihre Denkart
ist, wie vollkommen antichristlich und
inhuman diese Logik ist.
HC:
Israel fordert, dass die Palästinenser einen
ausschliesslich „Jüdischen Staat“
anerkennen. Was ist Ihre Reaktion zu dieser
Forderung?
AB:
Es kann keinen spezifisch jüdischen Staat
geben.Man kann keinen jüdischen Staat über
die Köpfe, die Körper und die Erinnerungen
der Menschen erklären, die das uralte, dort
lebende Volk sind. Wir sprechen hier von
palästinensischem Land. Die meisten Juden
dort kommen aus Europa und sonstwo und haben
kein Recht auf das Land; wir dürfen nicht
zulassen, dass mit den Palästinensern
geschieht, was meinen Vorfahren angetan
wurde, die die ursprünglichen Menschen in
diesem Land (Südafrika) waren, von denen
aber heute kaum genug da sind, um im Zensus
gezählt zu werden. Das ist palästinensisches
Land und das muss der Ausgangspunkt jeder
politischen Diskussion sein.
HC:
In der Vergangenheit haben Sie westliche
Länder dringend dazu aufgerufen,
wirtschaftliche Sanktionen gegen das
südafrikanische Apartheidregime zu
verhängen. Unterstützen Sie einen ähnlichen
Aufruf zu Sanktionen gegen den Staat Israel?
AB:
Auf jeden Fall! Druck, Druck, von allen
Seiten und auf möglichst viele Weise:
Handelssanktionen, wirtschaftliche
Sanktionen, finanzielle Sanktionen, im
Bankwesen, Sport, Kultur; ich spreche aus
unserer eigenen Erfahrung. Am Anfang hatten
wir sehr weit gefasste Sanktionen und erst
gegen Ende der 80er Jahre haben wir gelernt,
dass man gezielte Sanktionen verhängen muss.
Also muss man sehen, wo die Israelis
besonders verletzlich sind; wo ist die
stärkste Verbindung zur Aussenwelt? Und man
braucht eine starke internationale
Solidarität; nur so wird es funktionieren.
Und Sie müssen bedenken, dass wir über viele
Jahre hinweg unsere Sanktionskampagne
aufgebaut haben, aber nicht zusammen mit den
westlichen Regierungen. Sie haben sich erst
sehr, sehr spät daran beteiligt.
Die
Regierung in Indien war von Anfang an dabei,
und in Europa nur Schweden und Dänemark, und
das war’s. Später, von 1985-1986 an, hatten
wir amerikanische Unterstützung. Wir konnten
Margaret Thatcher nie zur Teilnahme bewegen,
Grossbritannien nicht, Deutschlang nicht;
aber in Deutschland haben die Menschen einen
Unterschied gemacht, es waren die Frauen,
die südafrikanische Waren in ihren
Supermärkten boykottierten. So haben wir es
aufgebaut. Verachte niemals die Tage der
kleinen Anfänge. Es hing von der
Zivilgesellschaft ab. Aber die
Zivilgesellschaft in der internationalen
Gemeinschaft konnte einen Aufbau nur
fertigbringen, weil eine starke Stimme von
innen kam; das ist jetzt die Verantwortung
der Palästinenser, diese Stimme weiterhin
hörbar zu machen, so stark und deutlich wie
möglich. Durchdenkt die Argumente,
analysiert die Logik, aber vor allem
vergesst die Leidenschaft nicht, ihr macht
das für euer Land.
Dr.
Hanan Chehata, Reverend Allan Boesak calls
Israeli apartheid "more terrifying" than
South Africa ever was, 17. November
2011, Middle East Monitor;
http://www.middleeastmonitor.org.uk/resources/interviews/3079-reverend-allan-boesak-calls-israeli-apartheid-qmore-terrifyingq-than-south-africa-ever-was
Offener Brief aus
dem besetzten Gaza: Drei Jahre nach dem
Massaker - „Wir,
Palästinenser aus Gaza, rufen drei Jahre
nach dem 22 Tage langen Massaker während
Israels Operation ‚Gegossenes Blei‘ die
internationale Zivilgesellschaft dazu auf,
2012 zu einem Jahr zu machen, in dem die
Solidarität mit uns Palästinensern den
Funken der Revolutionen in der arabischen
Welt auffängt und etwas Neues aufbaut....“
„Wir werden
niemals den Schmerz vor drei Jahren
vergessen, den kriminellen Angriff, den wir
durchlebt haben, das Blut von über 1400
ermordeten Männern, Frauen und hunderten von
Kindern, das in den Strassen von Gaza
zwischen den Trümmern floss, unsere Betten
durchtränkte und in unser Gedächtnis
gemeiselt ist. Wir werden nie vergessen. Sie
sind immer noch tot, und weitere tausende
sind immer noch verstümmelt.“
„Wir werden
die vergangenen 63 Jahre nicht vergessen, in
denen unser Land, unsere Häuser,
Olivenhaine, Zitronenbäume und die uns
kostbare Lebensweise von uns genommen
wurden. Während israelische Soldaten die
Gesichter unserer Väter in den Sand
drückten, sie einsperrten und vor uns
erschossen. Wir werden die skandalöse
Feigheit der internationalen Gemeinschaft
nicht vergessen, die die ethnische Säuberung
unseres Volkes erlaubt und ermöglicht hat,
uns Israels rassistischer, zionistischer
Vision unterworfen hat, die uns, die
eingeborene Bevölkerung von Palästina, als
die in dieser Region unerwünschte ‚ethnische
Gruppe‘ definiert.“
„Die USA
‚belohnen‘ Israel weiterhin mit sechs
Milliarden Dollars der Steuerzahler, während
die EU ihre Handels- und diplomatischen
Beziehungen erweitert. Dem israelische
Apartheidregime wird so ein grünes Licht
gegeben, die viertstärkste Armee auf uns
loszulassen, um ‚ihr Schlimmstes‘ gegen
unsere Zivilbevölkerung anzurichten, von der
die Hälfte Kinder sind und über zwei Drittel
bei der UN registrierte Flüchtlinge.“
Bis 1. Juni 2012 ruft
Itisapartheid.org zu einem Posterwettbewerb
zum Thema „Israelische Apartheid‘ auf. Für
weitere Informationen gehen Sie bitte zur
Webseite:
info@itisapartheid.org
Übersetzt
und zusammengefasst von Martina Lauer
Friedlicher Widerstand in der Westbank, 16.
Dezember 2011
Bil’in erinnert an
Mustafa Tamimi
-
Bil’ins Einwoher, israelische
und international Aktivisten trugen heute
Fotos von Mustafa Tamimi mit sich, einem
jungen Mann aus dem Nachbardorf Nabi Saleh,
der vor einer Woche, am 9. Dezember 2011,
bei einem der wöchentlichen Proteste seines
Dorfes getötet wurde.
Der Protestmarsch in Bil’in
gegen die israelische Mauer in der
palästinensischen besetzten Westbank und die
andauernde Besatzung und Kolonisiserung
machte sich zur neu verlegten Mauer auf. An
diesem Tag waren die Winde den Demonstranten
günstig und wehten die Tränengaswolken
zurück auf die Absender hinter der
Betonmauer. Die Demonstranten konnten eine
kurze Atempause einlegen. Trotz der
teilweisen Rückgabe von Bil’ins Dorfland im
Juli diesen Jahres begrenzt und kontrolliert
die israelische Armee die Nutzung des
Gebietes, dem Abu Lemon Park, und errichtet
mit Hilfe mehrere Rollen Bandstacheldraht
eine „Pufferzone“, um die rechtmässigen
Besitzer aus Bil’in daran zu hindern, sich
der Apartheidmauer zu nähern. Nur wenigen
Teilnehmern gelang es, in diese „Pufferzone“
vorzudringen.
Viele der Jugendlichen, die
eine Konfrontation mit den Soldaten in einem
anderen Teil des Parkes begonnen hatten,
näherten sich den Demonstranten und es kam
zu kleineren Scharmützeln. Nach dem
erfolglosen Versuch, die Demonstranten mit
Tränengas zu vertreiben, kamen die
israelischen Soldaten schliesslich zu Fuss
und mit Jeeps auf die andere Seite der
Mauer, und die Demonstranten wichen auf die
Hügel der Umgebung aus und kehrten ins Dorf
zurück. Es wurden keine Verletzungen
gemeldet. Ein ähnlicher Protest wurde im
Nachbardorf Ni’lin abgehalten.
http://www.popularstruggle.org/content/bilin-commemorates-mustafa-tamimi
Beharrlicher Widerstand in Kufr Qaddum
-
Die Einwohner von Kufr Qaddum
in der nördlichen Westbank protestieren seit
Juli gegen den Landraub durch die Einwohner
der nahegelegenen, nach internationalem
Recht illegalen Kolonie Kedumim. Das
Vorgehen der Siedler wurde selbst von der
israelischen Zivilbehörde in der Westbank
als „Diebstahl“ bezeichnet. Die Teilnehmer
des wöchentlichen friedlichen Protestes
fordern zusätzlich die Wiedereröffnung einer
zentralen Verbindungsstrasse zum Dorf, die
seit der zweiten Intifada von der
israelischen Armee blockiert wird. Nachdem
der Gang vor israelische Gerichte erfolglos
war, beschlossen die Dorfbewohner, ihre
Rechte durch Proteste nach dem Modell des
friedlichen. zivilen Widerstandes in der
Westbank gegen die Mauer zu erkämpfen.
Die Demonstranten wurden von
Soldaten blockiert, als sie ihren
Demonstrationszug in Richtung der von
Siedler konfiszierten Feldern begannen. Die
Protestteilnehmer hörten einige Reden und
verbrannten Reifen auf der blockierten
Strasse. Die israelische Armee setzte
massive Mengen an Tränengas gegen die
Demonstranten ein; zusätzlich schossen sie
Kanister direkt auf Menschen, in Verletzung
der Regeln der Armee. Letzte Woche wurde
Mustafa Tamimi aus Nabi Saleh getötet, als
ein Soldate einen Gaskanister direkt aus
kurzer Distanz auf ihn abfeuerte. Nachdem
die Soldaten die Menge eine Stunde lang
unerbittlich beschossen hatten, drangen sie
mit Jeeps im Dorf ein.
23 Menschen in Nabi Saleh bei der
Demonstration im Gedenken an den Tod von
Mustafa Tamimi festgenommen
-
Eine besonders grosse Zahl
von Demonstranten und Journalisten
versammelte sich am 16. Dezember in Nabi
Saleh, eine Woche nachdem Mustafa Tamimi,
ein 28jähriger Bewohner von Nabi Saleh,
während des wöchentlichen Freitagsprotestes
getötet wurde, als ein Soldaten einen
Tränengaskanister aus weniger als 10 Metern
Entfernung vom Rücksitz eines Jeeps auf ihn
schoss.
Die Demonstranten hatten sich
in mehrere Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe
von palästinensischen, israelischen und
internationalen Aktivisten blockierte den
Zugang zur benachbarten Siedlungskolonie
Halamish, die auf dem Privatbesitz von
Palästinensern errichtet wurde. Zehn
Teilnehmer wurden dabei festgenommen. Eine
kleine Gruppe hatte die von Siedlern illegal
in Besitz genommene Dorfquelle von Nabi
Saleh beinahe erreicht, als sie von Soldaten
festgenommen wurde.
Die Hauptdemonstration wurde
ausserhalb des Dorfes, an der Stelle, wo
Mustafa Tamimi vergangenen Freitag tödlich
getroffen wurde, von Batallions der
israelischen Grenzpolizei angegriffen und
mit Tränengas und „Stinkwasser“ eingenebelt,
obwohl keine Steine geworfen wurden; das
israelische Militär schoss Gaskanister
wiederholt direkt auf die Menschen. Einige
Demonstranten und Journalisten wurden leicht
verletzt. Als die Streitkräfte ins Dorf
eindrangen, kam es zu Zusammenstössen mit
Jugendlichen. Eine weitere Gruppe von
Protestteilnehmern wurde angehalten,
festgenommen und zur Polizeistation Benyamin
gebracht, als sie in einem Taxi in Richtung
Ramallah fuhren. Ihnen wird vorgeworfen,
dass sie Strassen blockiert und
geschlossenen militärische Zonen betreten
haben.
Mohammed Khatib
aus Bil’in nach Teilnahme am Protest in Nabi
Saleh festgenommen
-
Mohammed Khatib, ein
prominenter Mitorganisator der gewaltlosen
Proteste in Bilin, wurde drei Tage von der
israelischen Armee inhaftiert, nachdem er an
einer Demonstration in Nabi Saleh im
Gedenken an Mustafa Tamimi teilgenommen
hatte. Mustafa Tamimi aus Nabi Saleh wurde
am 9. Dezember bei einem der gewaltlosen
Freitagsproteste (gewaltlos,was die
Demonstranten angeht) von einem israelischen
Soldaten mit einem Gaskanister aus kurzer
Entfernung direkt beschossen und starb an
seinen schweren Kopfverletzungen.
Mohammed Khatib hatte mit
einer kleinen Gruppe von Aktivisten vor der
Zufahrt zur illegalen israelischen Siedlung
Halamish protestiert. Mitglieder der
israelischen Grenzpolizei nahmen die
Aktivisten fest und brachten sie zur
Militärstation in der Siedlungskolonie. Dort
wurde der an den Händen gefesselte Khatib
von einem Siedler angegriffen und seine Nase
blutig geschlagen.
Eine israelische Aktivistin
wurde von diesem Siedler ebenfalls
geschlagen. Weder Grenzpolizisten noch
Soldaten verteidigten die wehrlosen
Demonstrationsteilnehmer. Mohammed Khatibs
blutig geschlagene Nase war dann der Anlass,
ihn wegen Angriffs auf einen Soldaten zu
zwei weiteren Nächten im Gefängnis zu
verurteilen.
Einem Mitdemonstranten aus
Nabi Saleh, Mohammed Tamimi, erging es
schlechter: Ein Foto wurde als Beweis
vorgelegt, Mohammed Tamimi wegen Steine
werfen im Gefängnis zu behalten.
Zum einen werden sämtliche
Demonstrationen von israelischen
Sicherheitskräften mit Kameras überwacht und
Fotos werden später oft vor Gericht als
Beweis für angebliche Vergehen vorgelegt.
Dass der Mann im Foto nicht Mohammed Tamimi
war, ist für die israelische
Militärgerichtsbarkeit unwesentlich. Zum
anderen werden angeklagte Palästinenser
meist für die maximal gestattete
Untersuchunsghaft von acht Tagen
festgehalten, bevor sie einen Richter sehen.
Während Mohammed Khatib das Gefängnis am
dritten Tag verlassen konnte, verblieb
Mohammed Tamimi hinter Gittern.
Sein Team von Verteidigern
arbeitet an einem Antrag für seine
Freilassung; das Popular Struggle
Coordination Committee [PSCC] bittet, wenn
möglich, um finanzielle Unterstützung für
den legalen Fonds des PSCC!
[In seinem Brief an die
Freunde Bil’ins bedankt sich Mohammed Khatib
bei einer israelischen Kollegin, Ayala Shani.
Sie wurde zusammen mit
Mohammed Khatib und Mohammed Tamimi
festgenommen und hat sich bisher – trotz
zweimaliger Angebote zur Freilassung -
geweigert, das Gefängnis ohne ihre beiden
Mitstreiter zu verlassen.]
Hintergrund: Nabi
Saleh – Eine
Illustration der Besatzung
- Nabi
Saleh ist ein kleines Westbankdorf mit etwa
550 Einwohnern. Jeden Freitag seit Dezember
2009 ist das Dorf der Schauplatz einer
harschen militärischen Reaktion auf
gewaltlose Demonstranten.
Ein chaotischen Schauer von
Tränengaskanistern, oft direkt in die Menge
gezielt, füllt die Luft, und die Kanister
werden zu Waffen, ganz abgesehen von den
giftigen Gasen, die sie abgeben.
Inmitten dieser Schlacht
ringen die Dorfbewohner – zusammen mit
Israelis und internationalen Unterstützern-
um Atem, werden mit gummi-ummantelten
Stahlkugeln beschossen und fallen manchmal
unter der Schlägen der israelischen
Soldaten,die dieses gewaltsame Schauspiel
inszenieren.
Diese sorgfältig
orchestrierte und brutale Vorstellung der
israelischen Armee wurde durch eine
Entscheidung der Einwohner von Nabi Saleh
ausgelöst, friedliche Demonstrationen gegen
die Enteignung der al-Qaws Quelle durch ihre
Nachbarn, die Siedler von Halamish, zu
organisieren.
Halamish, auf der Nabi Saleh
gegenüberliegenden Seite des Tales, behaust
eine Gemeinschaft von messianischen,
religiösen Zionisten, die jeder Autorität,
die ihre Kontrolle über das umliegende Land
beschränken will, die Anerkennung
verweigern, einschliesslich Israel, weil sie
glauben, das ihnen [dieses Land] von Gott
gegeben wurde.
Seit 1977 ist Halamish
kontinuierlich gewachsen und nimmt jetzt
ungefähr die Hälfte von Nabi Salehs
ursprünglichem Landbesitz ein.
Die Brutalität des Vorgehens
der israelischen Armee gegen die
wöchentlichen Demonstrationen in Nabi Saleh
alarmierte verschiedene
Menschenrechtsgruppen, darunter die
angesehene israelische
Menschenrechtsorganisation B’Tselem, die im
September einen warnenden Bericht über die
Gewalt der Soldaten gegenüber den
Demonstranten in Nabi Saleh herausgab, nach
Ansicht der Organisation eine Verletzung
grundlegender Rechte.
Der Bericht stellt das von
der Armee proklamierte Gewaltmonopol im Dorf
in Frage – was [die Armee] als
„Mengenkontrolle“ beschreibt. Die
Demonstrationen sind klein und werden mit
Schockgranaten, Pfefferspray,
Gummimantelgeschossen und übelriechendem
Wasser behandelt.
Die Dorfbewohner haben in der
Vergangenheit unter den Schikanen der
Siedler gelitten, die z. B. 2009 150
Olivenbäume verbrannten. Als die Siedler
aber die al-Qwas Quelle besetzten, die von
Palästinensern nicht nur für die
Landwirtschaft, sondern auch als Ort für
Picknicks benutzt wurde, begannen die
organisierten Proteste.
Im Frühling 2008 begannen die
Siedler mit der Nutzung der Quelle, und im
nächsten Jahr bauten sie für den eigegen
Bedarf an. Weil die Quelle auf Privatland
von Palästinensern liegt, wandten sich die
Dorfbewohner an die Polizei, um die Arbeiten
zu stoppen. Ihre Anfragen wurden ständig
abgewiesen. Im Januar 2010 wurde Nabi Saleh
informiert, dass sie nicht länger Zugang zu
ihrer Quelle hatten, weil sie ein wichtiger
archäologischer Ort sei, was weitere
Bauarbeiten unterband.
Die Siedler setzten ihre
Arbeit trotzdem fort, bauten Strassen,
kleinere Gebäude und Bewässerungssysteme.
Vergangenen Juli ging der Besitzer des
Landes zum Obersten Gerichtshof und
beantragte die Räumung der illegal
errichteten Infrastruktur.
Bis zur Entscheidung des
Falles darf jeweils nur ein Bewohner aus
Nabi Saleh zur Quelle gehen, während die
Siedler aus Halamish unbegrenzten Zugang
haben.
Die Demonstrationen
beschränken sich auf das Dorfinnere, der
Ausgang wird von Soldaten blockiert.
Meistens versammeln sich die Demonstranten,
um zur Quelle zu laufen, werden aber jedes
Mal von den Soldaten daran gehindert.
Der Widerstand im Dorf hat
dazugeführt, dass sich die
Vergeltungsmassnahmen der Armee auf Nabi
Saleh konzentrieren. Nach Angaben von
B’Tselem wurden 78 Palästinenser wegen ihrer
Beteiligung an den Demonstrationen
festgenommen oder verhört.
Die Organisation berichtet,
dass militärische Staatsanwälte nach zehn
Jahren Pause wieder die Order 101 einsetzen,
die seit 1967 dazu eingesetzt wird, Proteste
in der Westbank für illegal zu erklären und
Demonstranten zu bestrafen.
Bassem und Naji Tamimi, zwei
Palästinenser in der vordersten Front im
Kampf um die Wiedererlangung von Nabi Salehs
gestohlenem Land, wurden im Frühjahr
festgenommen und mehrere Anklagen gegen sie
erhoben, darunter illegales Demonstrieren,
Aufwiegelung, Steine werfen und Störung der
öffentlichen Ordnung.
Kinder werden ebenfalls als
eine Bedrohung angesehen, und von
Armeeangehörigen, die freitags das Dorfland
durchkämmen, beschuldigt, dass sie Steine
werfen. Regelmässige Nachtrazzien auf ihre
Häuser dokumentieren ihre persönlichen Daten
und ihre Aufenthaltsorte; allerdings glauben
die Einwohner, dass dieses Ritual Furcht
einflössen soll.
Das gewaltsame Vorgehen der
Soldaten, dokumentiert von Januar bis August
diesen Jahres, brachte 35 Palästinenser ins
Krankenhaus, einige für leichte
Verletzungen, vier mussten im Krankenhaus
bleiben.Bei einigen schweren Verletzungen
hielt die Armee die Ambulanz durch
Strassenblockaden auf und verdoppelte damit
die Dauer des Transports.
Der unverhältnismässige
Einsatz von Tränengas in Nabi Saleh, so der
Bericht [von B’Tselem], ist nicht mit dem
Protokoll für die Zerstreuung einer Menge in
bevölkerten Orten zu vereinbaren. Wenn
Metallkanister in Kopfhöhe und aus kurzer
Distanz abgefeuert werden, ist das kein
Zerstreuen der Menge. Es ist ein Angriff,
sagen die Teilnehmer.
Die „Association for Civil
Rights in Israel“ hat im September mit einem
eigenen Bericht zur Diskussion beigetragen
und verweist darauf, dass vor allem
Palästinensern in den besetzten Gebieten das
Recht auf Proteste nicht verweigert werden
darf, weil ihnen alle anderen Wege der
Beeinflussung von politischen Entscheidungen
in Israel verweigert wurden. Die
[Organisation] betont, dass das
Demonstrationsrecht einer Bevölkerung unter
Besatzung- und das Recht auf
Meinungsfreiheit- in internationalen
Menschenrechtsnormern verankert ist.
Die Versuche von Opfern,
Soldaten zur Verantwortung zu ziehen für
ihre Aggressionen, stossen meist nur auf
Schweigen.
Die Machtzentrale in Israel
kümmert sich nicht um das Verhalten ihrer
Repräsentanten in der Westbank und begrenzt
die Freiheiten der Armee kaum.
Gili Cohen, Protesters in
Israel and West Bank face increasing
restrictions, report finds.Annual assessment
released by Association for Civil Rights in
Israel cites various means employed to
silence participants in social protests, as
well as in anti-occupation demonstrations.
http://www.haaretz.com/print-edition/news/protesters-in-israel-and-west-bank-face-increasing-restrictions-report-finds-1.399374
Nabi
Saleh: Mustafa Tamimi von Tränengaskanister
getötet - Mustafa
Tamimi aus Nabi Saleh wurde während des
wöchentlichen Protestes im Westbankdorf
tödlich verletzt, als ein israelischer
Soldat einen Tränengaskanister aus nächster
Nähe direkt auf ihn abfeuerte. Der Soldat
sass im Heck eines Armeejeeps und schoss aus
der geöffneten Tür des Fahrzeugs auf
Mustafa, der den abziehenden Armeejeeps
gegen Ende der Demonstration gefolgt war, um
durch zornige Worte und einige Steine zu
zeigen, dass die Dorfbewohner die
wöchentlichen militärischen Angriffe auf
ihre antikolonialen Proteste nicht passiv
hinnehmen werden. Augenzeugen berichten,
dass der Soldat das Gewehr aus weniger als
zehn Metern Entfernung auf Mustafa Tamimi
richtete und abschoss; der Kanister
zerstörte eine Hälfte von Mustafas Gesicht;
er starb am nächsten Tag an seinen
Verletzungen.
An diesem
Freitag hatte sich eine besonders grosse
Gruppe von Demonstranten in Nabi Saleh
versammelt, weil das Dorf den zweiten
Jahrestag seit Beginn der wöchentlichen
Demonstrationen beging. Eine UN Delegation
war ebenfalls gekommen, um das Vorgehen der
israelischen Armee gegen die Demonstranten
zu beobachten.
Nachdem
die Hauptgruppe von Demonstranten etwa eine
Stunde lang vergeblich und unter permanentem
Tränengasbeschuss versucht hatte, die
Demonstration ausserhalb des Dorfes und in
Richtung der von Siedlern konfiszierten
Dorfquelle fortzuführen, baute eine kleine
Gruppe von Jugendlichen eine improvisierte
Strassenblockade aus Steinen auf der
Hauptstrasse und begann, Steine zu werfen.
Ein
israelischer gepanzerter Bulldozer wurde
losgeschickt, um die Steine zu entfernen;
einige Armeejeeps fuhren ebenfalls vor und
Soldaten stiegen aus und begannen mit dem
Beschuss der Jugendlichen. Mustafa Tamimis
erlitt die tödliche Verletzung während des
Abzugs dieser Jeeps. Mitdemonstranten
rannten sofort zu dem verwundeten Mann und
hoben ihn in ein Taxi. Wenig später wurde
das Taxi an einem Checkpunkt von
israelischen Soldaten angehalten und Mustafa
Tamimi aus dem Taxi geholt. Während einige
Soldaten die Ausweispapiere von Mustafa
Tamimi und von Familienmitgliedern
untersuchten, die ihn ins Krankenhaus
begleiten wollten, behandelten andere den
Schwerverletzten. Mustafa Tamimi wurde in
ein Krankenhaus in Petah Tikva bei Tel Aviv
geflogen, wo er am Samstag morgen starb.
Nabi Saleh
ist ein kleines palästinensisches Dorf nicht
weit von Ramallah. Seit den 70er Jahren
verlor es Dorfland durch den Bau einer sich
stetig vergrössernden Kolonialsiedlung in
der Nachbarschaft, die ausschliesslich von
jüdischen Israelis bewohnt werden darf.
Nachdem eine wichtige Wasserquelle des
Dorfes von den Siedlern von Halamish in
Beschlag genommen wurde, reagierten die
Dorfbewohner aus Nabi Saleh mit
wöchentlichen Protesten jeden Freitag.
**Eine
persönliche Bemerkung
Jeder, der
einige Zeit an einem Freitag in Nabi Saleh
verbracht hat, versteht, wie persönlich dort
alles verläuft. Die Familie Tamimi und die
Aktivisten, die dorthin gehen, um sie in
ihrem Kampf um ihr Land unterstützen, bilden
die zentrale Gruppe[der Proteste] und sind
meist die gleichen Leute, und die Soldaten
aus der benachbarten Baracke sind
normalerweise auch immer die gleichen. Jeder
kennt jeden aufgrund der wöchentlichen
Interaktionen. Jedes Mitglied der Familie
Tamimi ist den in der Gegend stationierten
israelischen Armeeeinheiten wohl bekannt,
wie auch den Soldaten, die sie quälen und
schikanieren. Handlungen, wie die böswillige
Tötung von Mustafa Tamimi kann man als
absichtlich verstehen, wenigstens von dem
Soldaten, der am Drücker war. Entweder wurde
[Mustafa] als Individuum ins Visier genommen
oder um einer Familie das Rückgrat zu
brechen, die jedes Hinterniss auf sich
genommen hat, um ihr Land und ihre Rechte zu
bewahren; Leute von aussen müssen den
persönlichen Aspekt im Tod von Mustafa
Tamimi sehen, in der Festnahme von Bassem
Tamimi, in den ständigen Nachtrazzien, der
Festnahme und brutalen Vernehmung von
Kindern und dem ganzen Arsenal an Schikanen
gegen diese Menschen.
Reaktionen auf den Tod von Mustafa Tamimi:
Der britische Generalkonsul in Jerusalem
bedauerte am 10. Dezember im Namen der
britischen Regierung den tragischen Tod von
Mustafa Tamimi aus Nabi Saleh „während einer
wöchentlichen Demonstration gegen die
systematischen Versuche der Siedler aus der
illegalen Siedlung Halamish, die
Wasserquelle zu enteignen, die den
Dorfbewohnern von Nabi Saleh gehört.“ Er
erinnerte an den Besuch des britischen
Aussenministers Alistair Burt im Juli 2011
in Nabi Saleh, bei dem Burt das Recht auf
friedliche Demonstrationen unterstützt habe.
Die israelische
Menschenrechtsorganisation B’Tselem
forderte am 11. Dezember nicht nur eine
Untersuchung des Verhaltens des israelischen
Soldaten, der einen
Hochgeschwindigkeits-Tränengaskanister auf
Mustafa Tamimi abfeuerte, sonder auch der
kommandierenden Offiziere und der dem
Soldaten gegebenen Befehle.
B’Tselem forderte eine
Klarstellung von der israelischen Armee,
dass eine Untersuchung durch die
Militärpolizei stattfindet in
Übereinstimmung mit einer dieses Jahr
abgegebenen Erklärung der israelischen Armee
vor dem Obersten Gericht, nach der alle
Todesfälle von Zivilisten in der Westbank
von der Militärpolizei untersucht werden
sollen.
Seit mehreren Jahren hat
B’Tselem Vertreter der israelischen
Streitkräfte gewarnt, dass Soldaten
Tränengaskanister direkt auf Demonstranten
in der Westbank abschiessen. Die
Organisation forderte die Kommandeure dazu
auf, von den Soldaten im Einsatz ein
striktes Befolgen der Regeln der
israelischen Armee zu verlangen. Nach den
offiziellen Regeln der Armee darf ein
Tränengaskanister nicht direkt aus einem
Gewehr auf einen Demonstranten oder aus
weniger als 40 Meter Distanz abgefeuert
werden.(Haaretz)
Mehrere Demonstranten wurden
durch Tränengaskanister zum Teil schwer
verletzt oder getötet. 2009 wurde Bassem Abu
Rahmah aus Bil’in durch einen
Tränengaskanister tödlich verletzt, der
Amerikaner Tristan Anderson erlitt im
gleichen Jahr einen Gehirnschaden nach einer
Kopfverletzung durch einen Gaskanister. Nach
Informationen von B’Tselem wurde bisher kein
einziger Soldat wegen des regelwidrigen
Einsatzes von Tränengas vor Gericht
gestellt. Im Todesfall von Bassem Abu Rahmah
begann die Militärpolizei eine Untersuchung
erst im Juli 2010, nachdem B’Tselem und der
israelische Anwalt Michael Sfard mit einem
Gang zum Obersten israelischen Gericht
drohten.
Die Chefin der Europäischen
Aussenpolitik Catherine Ashton
gab am 13. Dezember eine Stellungnahme zum
Tod von Mustafa Tamimi heraus, in der sie
seinen ‚tragischen Tod‘ zutiefst bedauerte
und eine gründliche Untersuchung des
Vorfalls forderte.
British Government Regrets
Tragic Death of Palestinian in Nabi Saleh,
WAFA, 10.Dezember 2011;
Beit Ummar:
Protest gegen die Tötung von Mustafa Tamimi
-
Bei der wöchentlichen
Samstagsdemonstration in Beit Ummar
protestierten die etwa 40 Demonstranten,
verstärkt durch eine Gruppe von Studentinnen
aus Hebron, gegen den Mord von Mustafa
Tamimi, der am Vortag bei der Demonstration
in seinem Heimatdorf Nabi Saleh von einem
Tränengaskanister tödlich getroffen wurde.
Seine Beerdigung am Samstag wurde von
israelischen Soldaten angegriffen und die
Trauergäste verprügelt und mit Tränengas
beschossen.
Einige israelische Soldaten
blockierten die Demonstranten, die
palästinensische Fahnen trugen und gegen das
Besatzungsregime protestierten. Die
Demonstration endete ohne Verletzungen und
Festnahmen.
Bis Ende November wurden etwa
15 Männer aus Beit Ummar von der
israelischen Armee festgenommen, meist
während nächtlicher Razzien in der Stadt.
Auf der Suche nach
Weihnachtsgeschenken?Das Palestine
Solidarity Project bietet in seinem
Internetladen örtliche hergestellte
Keffiyehs, Schmuck und Textilprodukte an;
der Erlös unterstützt die Arbeit des PSP und
die Bewohner der Region. (Bestellen bei:
pspembroidery@gmail.com)
Beit Jala: Hilferuf
an die Welt zu Weihnachten -
Als Teil der wöchentlichen
gewaltlosen Demonstrationen gegen die
Besatzung, die Siedlungen und die
israelische Mauer in der Westbank hielten
palästinensische Christen in Beit Jala
Gebete auf dem Land des örtlichen Klosters
ab, um gegen israelische Annexionsversuche
zu protestieren. Das Palestine News Network
(PNN) berichtete, dass die orthodoxe Kirche
im Beit Jala diese Proteste auf dem Land
zusammen mit mehreren
Nicht-Regiderungsorganisationen seit einigen
Wochen durchführt.
Vater Ibrahim Ash-Shomaly beschrieb die
Gebete als Botschaft an die Welt, die sich
auf Weihnachten vorbereitet. Die Christen
und Moslems in Bethlehem, Beit Jala und Beit
Sahour, und die gesamte palästinensische
Bevölkerung bitten die internationale
Gemeinschaft um ihren Beistand und Einsatz
für die Beendigung des Unrechts. Israels
Aktionen verletzten internationale Verträge
und die Prinzipien aller Religionen. Mehrere
Einwohner trugen Plakate mit der Aufschrift:
„Kein Friede ohne Gerechtigkeit“; „Unrecht
kann nicht ewig dauern“; sie bestätigten
ihren Entschluss, die wöchentlichen Proteste
fortzusetzen, um der ganzen Welt zu zeigen,
dass Israel Unrecht im Heiligen Land
praktiziere.
Saeed Bannoura, Latin Church
In Beit Jala Holds Prayers On Lands
Threatened By Wall, Settlements, IMEMC, 2.
Dezember 2011;
http://www.imemc.org/article/62603
Jerusalem: Palästinenser
protestieren gegen geplante Zerstörung von
Beduinendörfern in der Negev -
Tausende von Palästinensern
protestierten am 11. Dezember vor dem Büro
des israelischen Ministerpräsidenten
Benjamin Netanyahu in Jerusalem, um gegen
die geplante Demolierung von mindestens 30
„nicht anerkannten“ Beduinendörfern in der
Negev mit einer Einwohnerschaft von mehr als
100 000 Menschen zu demonstrieren.
Nach dem „Braver Plan“ sollen etwa eine
Million Dunam Land im Besitz von
Arabern/Beduinen in der Negev konfisziert
und die Beduinen (insgesamt etwa 200 000
Menschen) in einem Teil des Negevgebietes
auf weniger als 100 000 Dunam konzentriert
werden. Mit der Konstruktion von Siedlungen
und Einkaufszentren nur für jüdische
Israelis würde Israel eine Politik der
ethnischen Säuberung durchführen, sagte
Mohammad Zeitan gegenüber Al Jazeera.Das
israelische Kabinett behandle die Araber im
Land mit einer kolonialen Mentalität als
Sicherheitsrisiko.
Sheikh Siyah At-Toury vom Beduinendorf Al
Araqeeb sagte, dass die Dorfbewohner auch
nach der 32sten Zerstörung ihres Dorfes in
diesem Jahr an ihrem historischen Land
festhalten werden.At-Toury erklärte, dass
die israelischen Pläne zur Vertreibung der
Beduinen aus der Negev von israelischen
Militärs entworfen werden, die die Araber
und Beduinen als Feinde ansehen und nicht
als Einheimische des Landes.
Saed Bannoura,
Protests Held In Jerusalem
Against Plans Targeting Bedouin Villages,
IMEMC, 12.
Dezember 2011;
Bil’in: Fortsetzung der Demonstrationen
trotz Tränengasbeschuss -
Dutzende litten unter
schweren Atembeschwerden und anderen Folgen
der Tränengasinhalierung, als israelische
Soldaten den wöchentlichen Protest gegen die
israelische Mauer in Bil’in mit Tränengas,
Schockgranaten, gummiummantelten
Stahlgeschossen und einer übelriechenden
chemischen Flüssigkeit, dem sogenannten
Skunk, angriffen. Eine Delegation aus
Belgien beteiligte sich am Protestmarsch an
diesem Freitag, zusammen mit Palästinensern
, Israelis und internationalen
Friedensaktivisten. Seit Anfang Juli diesen
Jahres marschiert der Demonstrationszug in
Bilin nach dem Freitagsgebiet zum Abu Lemon
Park, einem Teil von Bilins Land, das dem
Dorf nach sechs Jahren Widerstand und vier
Jahre nach einer Entscheidung des Obersten
israelischen Gerichtes zugunsten des Dorfes
zurückgegeben wurde. Wie so oft in den
vergangenen Jahren trugen die Teilnehmer
palästinensische Fahnen und Banner mit dem
Foto von Marwan Barghouti, sie forderten das
Ende der Besetzung und Freiheit für alle
palästinensischen politischen Gefangenen.
Die neu errichtete Betonwand wird von der
israelischen Armee zusätzlich durch eine
Rolle Stacheldraht verstärkt, die einen Teil
des wiedergewonnenen Landes blockiert und
deshalb jeden Freitag von den Demonstranten
teilweise entfernt und zerschnitten wird.
Nach wenigen Minuten begannen die hinter der
Mauer wartenden israelische Soldaten mit dem
Einsatz ihrer „Mengenkontrollmittel“, was zu
schwerwiegernder Atemnot bei einigen
Demonstranten führte. Sie wurden von
Sanitätern der bereitstehenden Ambulanzen
behandelt, während eine kleine Gruppe von
Jugendlichen mit dem Steine werfen begann.
Am 2. Dezember hatte eine
Gruppe von 30 Kommunisten aus Frankreich die
wöchentliche Demonstration unterstützt und
gemeinsam mit den Dorfbewohnern gegen die
Demolierung des Aussenpostens von Bilin
protestiert. Diese Struktur wurde 2005
einige Meter von der illegalen israelischen
Kolonie Modi’in Illit errichtet und diente
den palästinensischen Dorfbewohnern als
Beobachtungsstation, um die Aktivitäten der
Sielder zu verfolgen und um Siedlerangriffe
auf das Dorf zu verhindern. Mohammed Khatib
vom Bürgerkomitee Bil’in kommentierte: “ Es
ist eine Schande, wenn die Häuser der
Siedler, auf unserem gestohlenen Land
erbaut, im Nachhinein genehmigt werden,
während unsere Gebäude zerstört werden, als
wären wir die Gesetzesbrecher. Wenn das
nicht Apartheid ist, dann weiss ich nicht,
was sonst.”
Kufr Qaddoum: Armee greift Dorf mit
Tränengas an -
Am Freitag wurden die
Teilnehmer am Protest gegen die Schliessung
einer zentralen Verkehrsader beim Dorf Kufr
Qaddoum von der israelischen Armee aggressiv
vertrieben. Etwa 200 Menschen waren nach dem
Freitagsgebet zum Eingang des Westbankdorfes
marschiert, um die Wiedereröffnung einer
Verbindungsstrasse zwischen Kufr Qaddoum und
Nablus zu fordern. Eine Gruppe von
israelischen Soldaten blockierte den
Weiterzug der Demonstranten und die Mehrheit
der Protestteilnehmer kehrte nach einer
kurzen Kundgebung ins Dorf zurück. Als eine
kleine Gruppe von Jugendlichen mit Steine
werfen begann, drangen die Soldaten ins Dorf
ein und beschossen Menschen, Häuser und
Gärten mit Tränengas. Augenzeugen berichten,
dass die Soldaten in Verletzung der
Armeeregeln die Tränengaskanister direkt auf
Menschen abschossen, obwohl dies in der
Vergangenheit zu zahllosen Knochenbrüchen,
schwersten Kopfverletzungen und Toten
führte.[Die Internationale
Solidaritätsbewegung, ISM, hat die Namen der
bei Protesten getöteten Demonstranten von
2004-2011 aufgelistet.]
2003 wurde die
Hauptverbindungsstrasse des Dorfes nach
Nablus geschlossen, weil sie an einer der
illegalen israelischen Siedlungskolonien in
der Westbank vorbeiführt. Damit hat sich die
Fahrtzeit nach Nablus verdoppelt. Ein
Bericht der Palästinensischen Autorität vom
September schätzt, dass sich die Kosten der
Verkehrsbehinderungen durch die israelische
Armee, durch Checkpunkte etc. auf 184
Millionen Dollar pro Jahr belaufen.
Am 1. Juli 2011 begannen die
wöchentlichen Proteste gegen die
Strassensperrung in Kufr Qaddoum, nachdem
andere Lösungsversuche gescheitert waren.
Abu Musub, Vorsitzender des
Gemeinschaftszentrum von Kufr Qaddoum
berichtet, dass die Tränengasmenge bei jeder
Demonstration zunahm: „Sie wollen die
Demonstrationen stoppen, aber wir werden
weitermachen, bis sie die Strasse öffnen.“
Er sagte, dass die israelische Armee jede
Nacht ins Dorf kommt, oft um das Dorf mit
lauten Schockgranaten zu terrorisieren. Am
29. November wurden vier junge Männer aus
dem Dorf von Soldaten verschleppt; sie
wurden bisher incommunicado festgehalten,
niemand hat Informationen über ihren
Aufenthalsort oder die Gründe der
Inhaftierung. 20 oder 21 Dorfbewohner sind
in israelischen Militärgefängnissen, acht
wurden im Zusammenhang mit den Protesten
festgenommen.
Ni’lin: Nachtrazzia der israelischen Armee -
Mitglieder der Familie Amireh terrorisiert
-
In der Nacht vom 11. zum 12.
Dezember führte die israelische Armee eine
nächtliche Razzia im Dorf Ni’lin durch; ihr
Ziel waren Familienmitglieder von Ibrahim
und Saeed Amireh, die im friedlichen
Widerstand gegen die Besatzung aktiv sind.
Ibrahim Amireh wurde bereits mit einem Jahr
Gefängnis für die Organisation und Teilnahme
an den gewaltlosen Protesten bestraft.
Nachdem die Soldaten rücksichtslos zwei
Häuser druchkämmt hatten, schleppten sie
einen Onkel der Familie zu Saeed Amirehs
Haus, wo sie mit viel Lärm und Gewalt
eindrangen. Die Familie wurde in einen Raum
zusammengepfercht und ein 18jähriger Sohn
der Familie in das Wohnzimmer gebracht und
fotografiert. Anschliessend übergaben die
Soldaten ihm eine Vorladung zum Verhör im
Gefängniskomplex Ofer am 15. Dezember. Für
palästinensische Familien geschehen die
Razzien, die nächtliche Identifizierung von
Familienmitgliedern und die Vorladung zum
Verhör im Kontext der kontinuierlichen
Menschenrechtsverletzungen durch die
Besatzungsarmee: Im Dezember 2009 wurde z.
B. der 18jährige Ibrahim Srour aus Ni’lin
festgenommen und zu 22 Monaten Gefängnis
verurteilt, als er zum Verhör erschien.
Nachdem er zusätzlich eine Geldstrafe
abgezahlt hatte, wurde er vor zwei Monaten
freigelassen.
Die Teilnehmer an den
Freitagsprotesten in Ni’lin wurden Anfang
Dezember ebenfalls verstärkt unter Druck
gesetzt: Am 2. Dezember 2011 drang die
israelische Armee erstmals nach der
Freitagsdemonstration in das Dorf ein und
beschoss unbeteiligte Dorfbewohner mit
Gummimantelgeschossen; Soldaten feuerten
auch mit scharfer Munition in die Luft.
Saeed
Amireh, Another attempt to silence us, 12.
Dezember 2011;
supportibrahim.org
Friedlicher
Widerstand in der Westbank, 28. Oktober 2011
Nilin: Palästina wiederbepflanzen! -
Saeed Amireh aus
Nil’in berichtet über die Aktion für neue
Olivenbäume in Ni‘lin: „In Palästina sagen
wir: ‚Wenn die israelische Besetzung einen
Olivenbaum entwurzelt, dann pflanzen wir
zehn Bäume ein‘, um zu zeigen dass wir an
unserem Land unbeirrt festhalten und nicht
aufgeben. [Spenden für neue Olivenbäume]
unterstützen den gewaltfreien Widerstand
politisch und menschenrechtlich, und auch
die Bauern, die sehr viel durchstehen
müssen. ...Jeder Olivenbaum bringt etwa 100
Dollar pro Jahr. Wir sind Bauern. Unser
Überleben hängt von der Landwirtschaft ab.“
70% der zerstörten
Olivenbäume kann das Westbankdorf Ni’lin
bereits durch die bis November 2011
erhaltenen Spenden ersetzen. Bitte helfen
Sie mit, dass die Aktion „Replant Palestine“
bis Jahresende alle 1100 durch den illegalen
Mauerbau verlorene Olivenbäume ersetzen
kann.
Während Ni’lins wöchentlicher
Demonstration gegen die illegale israelische
Apartheidmauer in der Westbank am 28.
Oktober wurden sieben Teilnehmer verletzt;
israelische Soldaten feuerten wieder
massiven Tränengasmengen auf die friedlichen
Demonstranten.
Bil’in: Freiheit für Ashraf Abu Rahmah!
- Am 21.
Oktober 2011 wurde Ashraf Abu Rahmah nach
der wöchentlichen Demonstration in Bil’in
von israelischen Soldaten festgenommen, und
nicht zum ersten Mal, berichtete das
Koordinierungskomitee des friedlichen
Widerstandes [Popular Struggle Coordination
Committee-PSCC] aus Bil’in.
„An einem durchschnittlichen
Freitag begann keine Demonstration ohne
Ashraf Abu Rahmah. Er lief immer vorraus,
die palästinensische Fahne in der Hand.
Üblicherweise war Ashraf immer der Letzte
auf dem Heimweg, d.h. wenn er nicht verletzt
oder festgenommen wurde.
Diese Woche marschierten die
Demonstranten [am 28. Oktober]wie immer und
forderten den Abbau der Mauer; aber Ashraf
war nicht unter uns. Einen Tag zuvor, am 27.
Oktober, hatte ein Militärrichter
entschieden, Ashrafs Inhaftierung für die
Dauer des Gerichtsprozesses gegen ihn auf
unbestimmte Zeit zu verlängern, obwohl alle
Indizien auf seine Unschuld weisen.
Seine Rechtsanwälte haben
bereits Einspruch eingelegt. Jetzt brauchen
wir Eure Hilfe, um Israels Verfolgung von
Ashraf zu beenden.
Der Richter befahl die
Verlängerung von Ashrafs Inhaftierung,
obwohl die Verteidigung zahlreiche Beweise
vorlegte, die die Anklagepunkte in Frage
stellten. Dem Gericht wurden zwei
eidesstattliche Versicherungen vorgelegt,
von einem Mitarbeiter von B’Tselem und einem
Rechtsanwalt, die Augenzeugen der Vorgänge
waren. Die Erklärungen stellten fest, dass
sich Ashraf zu keinem Zeitpunkt am Steine
werfen beteiligte. Video von der Festnahme
Ashrafs wurde in Unterstützung der
Affidavits ebenfalls vorgelegt. Das Video
zeigt, wie er mit einer Fahne in der Hand
friedlich auf die Jeeps zugeht, und wie die
Soldaten ihn anfangs ignorieren.“ Mohammed
Khatib, Bil’in.
Brief zur Freilassung von Ashraf Abu Rahmah:
http://www.popularstruggle.org/content/take-action-demand-israel-release-ashraf-abu-rahmah&ref=1
- Ahshraf Abu Rahmah
ist der Bruder von zwei Bewohnern Bil’ins,
die bei der Teilnahme an den Demonstrationen
des Dorfes getötet wurden. Sein Bruder
Bassem wurde am 17. April 2009 während einer
friedlichen Demonstration tödlich getroffen,
als Soldaten
Hochgeschwindigkeits-Tränengasprojektile aus
40 Meter Nähe direkt auf ihn abfeuerten.
Ashrafs Schwester Jawaher starb am 1. Januar
2011an einem Herzinfarkt in Folge der
Inhalierung von grossen Tränengasmengen.
Ashraf selbst war das Opfer
einer schwerwiegenden Dienstverletzung
israelischer Soldaten. Am 7. Juli 2008 wurde
Ashraf nach einer Demonstration in Ni’lin
festgenommen. Er stand gefesselt und mit
verbundenen Augen wehrlos neben einem
Armeejeep, als ein Soldat aus nächster Nähe
das Gewehr auf Ashrafs Fuss richtete,
feuerte und ihn am Fuss traf. Der Vorfall
wurde von einer jungen Bewohnerin aus Ni’lin
gefilmt und verursachte internationale
Empörung. Proteste von Menschen aus aller
Welt zwangen die israelischen Behörden
schliesslich zum gerichtlichen Vorgehen
gegen den Soldaten und den verantwortlichen
Offizier, Lt. Col. Omri Borberg, der den
Schussbefehl gegeben hatte. Beide wurden
wegen regelwidrigen Verhaltens schuldig
gesprochen.
Die Festnahme von Ashraf und
die fortgesetzte Inhaftierung zeigen nach
Meinung des PSCC, dass ihn die israelischen
Behörden ungerechterweise für diese
Vergangenheit bestrafen. Das Militärgericht
wirft Ashraf Abu Rahmah die Teilnahme an
einer nicht genehmigten Demonstration und
Steinewerfen auf Soldaten vor und beruft
sich auf die Aussagen von einem Soldaten und
dem Battalionskommandeur, die ihn angeblich
aus 150 Meter Entfernung identifiziert
haben.
Friedlicher
Widerstand in der Westbank, 21. 10.2011
Bilin: Oliven
brennen, Ashraf festgenommen
(21.10.2011)
-
Sobald die Demonstranten die
israelische Mauer erreichten, wurden sie von
der israelischen Besatzungsarmee angegriffen
und mit einer unverhältnismässig grossen
Menge Tränengas beschossen. Etwa zwanzig
Bäume und Büsche auf dem trockenen,
sonnenverbrannten Gelände fingen Feuer.
Wenig später drangen einige Armeejeeps in
das Dorfland ein und Soldaten nahmen Ashraf
Abu Rahmah fest, einfach weil er mit ihnen
diskutierte, und brachten ihn zu Israels
Ofer Gefängnis bei Ramallah, zweifellos auf
der Basis von haltlosen Beschuldigungen.
Freiwillige von der
Internationalen Solidaritätsbewegung
[International Solidarity Movement=ISM]
können bezeugen, dass Ashraf keine Steine
bei der Demonstration warf und sich auf dem
Heimweg befand. Aber es scheint, dass die
Teilnahme an einer friedlichen Demonstration
und das Tragen einer Fahne für israelische
Besatzungssoldaten Grund genug ist, um einen
Palästinenser festzunehmen.
Die Demonstration am
vergangenen Freitag war eine der
gewaltsamsten in der letzten Zeit, berichtet
die ISM. Als Palästinenser, Israelis und
ausländische Aktivisten in die Nähe der
Mauer kamen, begannen die israelischen
Soldaten mit dem pausenlosen
Tränengasbeschuss.
Die Demonstranten befanden
sich im Abu Laymon Park auf kürzlich
zurückerstattetem Dorfland, das durch den
Bau der israelischen Mauer von Israel
annektiert wurde. 2007 entschied das Oberste
Israelische Gericht, dass die Route der
Mauer nicht aus Sicherheitsgründen, sondern
im Interesse eines zukünftigen Ausbaus der
nahegelegenen illegalen Siedlung gewählt
wurde. Die Präsidentin des Gerichtes
forderte eine Verlegung der Mauer und nach
vier Jahren Verzögerungen und der Verlegung
der Mauer wurde dieser Teil des Dorflandes
im Sommer 2011 an Bil‘in zurückgegeben.
Ashraf hat bei den
friedlichen Protesten im Dorf zwei
Geschwister verloren: Sein Bruder Bassem
starb 2009 an seinen Verletzungen, als ein
israelischer Soldat einen Tränengaskanister
direkt auf seinen Oberkörper geschossen
hatte. 2011 starb seine Schwester Jawaher an
den Folgen der Tränengasinhalierung, nachdem
die israelische Armee grosse Mengen von
Tränengas auf den Demonstrationszug und in
die weitere Umgebung abgeschossen hatte.
Ashraf selbst wurde 2008 nach der Teilnahme
an einem Protest im Nachbardorf Ni‘lin von
einem Soldaten-auf Befehl des
kommandierenden Offiziers- auf sein Bein
geschossen, obwohl er bereits an den Händen
gefesselt war und mit verbundenen Augen
wehrlos vor den Soldaten stand. Eine
Videodukumentation des Vorfalls verursachte
einen Skandal in der Presse und führte zu
einer gerichtlichen Verfolgung der beiden
Soldaten, die allerdings mit milden Strafen
davonkamen.
Palästina in Oakland
-
Mondoweiss veröffentlichte am
26. Oktober einen Bericht von Max
Blumenthal, der die Polizeireaktion auf die
Protestaktion in Oakland, Kalifornien, „Occupy
Oakland“ mit Reaktionen der israelischen
Armee auf friedliche Proteste in der
Westbank vergleicht:
„Die Repression der Polizei,
wie man sie in Oakland beobachten konnte,
erinnerte mich an die Taktiken, die ich bei
der israelischen Armee in ihrem Vorgehen
gegen Demonstrationen des palästiensischen
populären Widerstandes in Dörfern der
besetzten Westbank wie in Nabi Saleh, Ni’lin
und Bilin beobachtet habe. Ich war deshalb
nicht überrascht, als ich erfuhr, dass die
gleiche Firma, die die israelische Armee mit
Tränengasmunition und anderen Waffen der
Massenunterdrückug beliefert, ihre
gefährlichen Waren auch an die Polizei in
Oakland verkauft. Die Firma Defense
Technology mit Sitz in Casper, Wyoming,
erklärt, dass sie sich auf „weniger tödliche
Technologie“ und andere „Mengenmanagement
Produkte“ spezialisiert hat. Defense Tech
verkauft alles, von gummi-ummantelten
Tränengaskugeln, die zur Maximierung der
Gasverbreitung mehrfach vom Boden abprellen,
über 40 Millimeter Kugeln mit
Schaumstoffspitze bis zu 12 Kaliber
Gummimantelgeschossen.“
„Mother Jones“ berichtet,
dass die Sicherheitskräfte
Gummimantelgeschosse, Tränengas und
Blendschockgranaten einsetzten.
Die Besetzungsbewegung war am Mittwoch wieder
in den Strassen von Oakland, California,
nachdem ein Protestteilnehmer von einem
Tränengaskanister aus kurzer Distanz am Kopf
getroffen und schwer verletzt wurde.
Demonstranten, die ihm zur Hilfe kamen,
wurden nach ihren Aussagen mit einer
Blendschockgranate beschossen.
Die Protestteilnehmer
forderten eine Untersuchung des Vorgehens
der Polizei und den Rücktritt der
Bürgermeisterin. Eine Demonstrantin schrieb
auf ihr Plakat: „Wenn die Reichen von den
Armen stehlen, spricht man von Geschäften.
Wenn die Armen sich dagegen wehren, spricht
man von Gewalt.“
Andrew
Gumbel, Oakland Police and Mayor Face
Fresh Protest Over Critical Wounding
Veteran, 27.
Oktober 2011, The Guardian,
UK
Besitzer: Israel will Land in Beit Jala für
die Mauer
konfiszieren
-
Am Sonntag gab die
israelische Armee eine Militärorder an
Landbesitzer im Dorf Beit Jala aus, um 37
Dunum Land in diesem Westbankdorf
bei Bethlehem zu konfiszieren. Nach Aussagen
eines Besitzers soll die israelische
Trennmauer auf den landwirtschaftlich
genutzten Feldern errichtet werden. Die
Besitzer haben bei der Zivilbehörde in Etzion Klage eingelegt, wurden aber
abgewiesen.
2002 begann Israel mit dem
Bau der Trennmauer, offiziell aus
Sicherheitsgründen in Reaktion auf die
palästinensischen Selbstmordanschläge in
Israel während der zweiten Intifada. Nach
Fertigstellung wird die über 700 Kilometer
langen Barriere zu 85% im Territorium der
besetzten Westbank stehen. Der
Internationale Gerichtshof urteilte 2004,
dass die Trennmauer illgal sei und einer
Annexion gleichkomme.
Einige der vom Mauerbau und
den Landkonfiszierungen betroffenen Dörfer
haben regelmässige Demonstrationen als Teil
einer Kampagne der breiten Bevölkerung
organisiert, um Widerstand gegen den Verlust
von Land und die Fragmentierung des
Dorflebens zu leisten.
Die Westbankdörfer Walajah,
Ni’lin und Bilin sind die bekanntesten
Beispiele für die gewaltlosen Proteste gegen
die Trennmauer, obwohl auch andere Dörfer in
der ganzen Westbank durch zivile Proteste
gegen die Annexion von Land demonstrieren.
Oxfam: Siedlerangriffe
und Bau der Apartheidmauer bringen
Einkommensverluste für palästinensische
Bauern
-
Israelische Siedler werden
dieses Jahr Verluste im Wert von 500 000
Dollar durch die Zerstörung von Olivenbäumen
in der Westbank verursachen, warnten Oxfam
und örtliche Komitees nach einem Bericht der
Nachrichtenorganisation Ma’an.
Nach Einschätzung von Oxfam
werden Bauern dieses Jahr 50 Prozent weniger
Olivenöl produzieren als im Vorjahr. „Wenn
ein Olivenbaum abgebrannt wird, ist das so,
als würde man das Bankkonto eines Bauern
verbrennen,“ sagte der Direktor von Oxfam,
Jeremy Hobbs. „Über 100 000 palästinensische
Familien sind von dem Einkommen der
Erntesaison abhängig. Vor allen Dingen weil
es [dieses Jahr]eine schlechte Ernte ist,
zählt jeder Olivenbaum.“ Nach Berichten von
Oxfam wurden etwa 2500 Olivenbäume im
September zerstört, 7500 im ganzen Jahr.
Seit 1967 wurden 800 000 Olivenbäume
zerstört, ein Verlust für die
palästinensische Wirtschaft, der auf 55
Millionen Dollar geschätzt wird.
Die israelische NGO Yesh Din
weist daraufhin, dass in 97 dokumentierten
Fällen von Baumzerstörungen zwichen 2005 und
2020 noch niemand for Gericht gestellt
wurde.
Munjed Abu Jaish vom
Palestinian Agricultural Relief Committee
rief die israelischen Behörden dazu auf, die
Siedler nicht auf Kosten der Palästinenser
zu unterstützen.“Israelische Siedler müssen
wissen, dass sie nicht über dem Gesetz
stehen.“
Olivenbäume von palästinensischen Bauern
wurden nicht nur durch Siedlerangriffe
zerstört. Zehntausende von Bäumen wurden
entwurzelt, um Platz für die israelische
Mauer in der Westbank zu machen. Beinah eine
Million Bäume stehen in der „Saumzone
zwischen der Grünen Linie und der illegalen
Mauer. Tausende von Bäumen sind den Bauern
nicht zugänglich, weil sie in der Nähe der
illegalen israelischen Siedlungen stehen,
berichtet Oxfam.
Omar Tabakhna, ein Vertreter der Union of
Agricultural Work Committees betont, dass
die Bauern nicht von Spenden leben wollen:
”Sie wollen auf ihrem Land arbeiten und Geld
vom Verkauf eines Produktes verdienen, auf
das sie stolz sind. Um das zu ermöglichen,
müssen wir sicherstellen, dass ihre Rechte
verteidigt werden.“
Olivenernte in Bil‘in und in Gaza - einige
Fakten
-
Während vieler Jahrhunderte
haben palästinensische Bauern von der
Kultivierung der Oliven und der Produktion
von Olivenöl gelebt; 80% des kultivierten
Landes in der Westbank und Gaza sind mit
Olivenbäumen bepflanzt. In der Westbank
allein leben etwa 100 000 Familien vom
Verkauf der Oliven und des Öls. Die Bauern
verdienen etwa 25 bis 50 % ihres jährlichen
Einkommens durch die Olivenernte. Mit der
Intensivierung der Wirtschaftskrise ist die
Ernte eine Basis für das Überleben für
viele. Trotz aller Schwierigkeiten halten
die Festivitäten und Traditionen während der
wochenlangen Ernte die palästinensischen
Gemeinden zusammen und sind eine
Demonstration ihrer Besitzrechte auf das
Land, das keine Besatzung auslöschen kann,
nur die Vernichtung der palästinensischen
Gesellschaft...Angesichts dieser
erschütternden Realität sagte der
palästinensische Dichter Mahmoud Darwish:
„Wenn die Olivenbäume wüssten, wessen Hände
sie gepflanzt haben, wäre ihr Öl zu Tränen
geworden...“(Sonja Karkar)
In Gaza patrouillieren
israelische Panzer Gazas Bauern bei der
Olivenernte
Olivenanbauer und Helfer
wurden am 23. Oktober bei der Olivenernte in
Gaza von der israelischen Armee beschattet.
Im Laufe des Tages kreisten zwei
Apachehubschrauber über ihren Köpfen und
wiederholt fuhren Panzer in der Nähe der
Feldarbeiter auf.
“Wir
wollen schlafen”: Der 10-jährige Abed
Khaled berichtet aus Bil’in
- Von
Hamdi Abu Rahma -
Abed Khaled ist Iyad Burnats
zweiter Sohn. Er erzählt von seinem Leben im
Westbankdorf Bil’in, vor allem von den
Nächten, in denen die israelische Armee
Razzien auf das Haus seiner Familie
ausführt. Sein Vater ist ein führendes
Mitglied des örtlichen Bürgerkomitees, das
den friedlichen Widerstand des kleinen
Dorfes gegen die israelische Besatzung
organisiert.
“Mein Haus ist der Ort, wo
ich mich am sichersten fühle, bei meinen
Eltern, zusammen mit meinen Brüdern und
Schwestern. Das hat sich allerdings seit den
nächtlichen Razzien geändert. Bisher ist die
Armee fünf Mal in unserem Haus eingedrungen,
immer in der Nacht. Einmal schliefen meine
Brüder und ich schon, während meine Mutter
und Schwester ausgegangen waren. Wir wurden
von der lauten Explosion einer Lärmbombe
aufgeweckt. Soldaten wollten in unser Haus
eindringen. Ich ging aus meinem
Schlafzimmer, um zu sehen, was los war,
obwohl mein Vater mir gesagt hatte, dass ich
ins Bett gehen sollte. Kurz bevor die
Soldaten ins Haus kamen, sammelte ich alle
Pässe ein und steckte sie in meine Tasche.
Wir hatten Besucher im Haus, sie durften
aber nicht filmen oder fotografieren.
Soldaten versuchten sogar, ihre Kameras zu
zerstören. Aber ich habe eine Kamera in
meinem Telefon und deshalb fing ich an, all
diese bedrohlichen, schreienden Gesichter zu
filmen, das Durcheinander und die
Zerstörung. Der Offizier war schnell über
mir und schlug mich, um an mein Telefon zu
kommen. […] Ich war zornig und rief
wiederholt: “Was macht ihr hier? Ich kann in
meinem Haus filmen!” Eine international
Aktivistin stellte sich zu meinem Schutz
zwischen uns und fragte, warum sie ein Kind
so rau behandelten. Sie liessen mich in
Ruhe. Mein sechsjähriger Bruder hatte grosse
Angst und versteckte sich unter der
Bettdecke. Ich ging zu ihm, um ihn zu
trösten. Nach einer halben Stunde gingen die
Soldaten, aber keiner von uns konnte in
dieser Nacht schlafen. Kurze Zeit später
hielten alle Kinder in Bil’in eine
Demonstration vor der Armee ab, gegen die
häufigen Nachtrazzien. Wir riefen: “Wir
wollen schlafen!”
Friedlicher
Widerstand in der Westbank, 30.September
2011
Nabi Saleh:
Nächtliche “ Datenerfassung“ der
israelischen Armee -
Harriet Sharwood berichtet im
Guardian
über die Repression des palästinensischen
Widerstandes im Dorf Nabi Saleh und die
Taktiken der israelischen Armee. Nächtliche
Razzien der Armee in den Dörfern der
Westbank sind ein Element der
Einschüchterungskampagne. Mitte Januar 2011
zielte eine Nachtrazzia im Dorf speziell auf
eine Bevölkerungsgruppe in Nabi Saleh:
Jungen und junge Männer im Alter von zehn
bis etwa zwanzig Jahren wurden fotografiert
und identifiziert, um nach Ansicht der
Familien ein zukünftiges Vorgehen gegen den
friedlichen Widerstand zu ermöglichen. Ende
Januar verhaftete die israelische Armee
einen Vierzehnjährigen, dessen Aussagen als
Beweise für die gerichtliche Verfolgung von
zwei prominenten Aktivisetn aus dem Dorf
benutzt wurden. Das Verfahren gegen Bassem
Tamimi begann Ende September.
Anfang der Woche ging ich
nach Nabi Saleh, einem Dorf in der Westbank,
das seit beinahe zwei Jahren der Schauplatz
von wöchentlichen Protesten um eine
nahegelegene Wasserquelle ist.
Das kleine Dorf hat etwa 550
Einwohnern und die Quelle befindet sich auf
einem Landstück, das nach Angaben der
Palästinenser im Privatbesitz ist. Die
Siedler von Halamish auf der anderen Seite
des Tales begannen 2008 trotzdem mit den
Bauarbeiten, um die Quelle zu einem
Ausflugsziel ausschliesslich für Menschen
jüdischer Nationalität zu machen.
Die Dorfbewohner reagierten
mit wöchentlichen Demonstrationen, die ein
fester Bestandteil der weitverbreiteten
Protestbewegung in der Westbank wurden, zum
grössten Teil gewaltlos – zumindest am
Beginn.
Die israelische Armee
schreitet bei diesen Protesten beinahe immer
ein, meist durch den Einsatz von Waffen und
Ausrüstung zur Zerstreuung der Menge,
einschliesslich Tränengas, Schockgranaten,
Wasserwerfer mit übelriechender Flüssigkeit,
Gummimantelgeschossen und manchmal scharfer
Munition.
(Ich war vergangenen Freitag
in Qusra, einem anderen Dorf, kurz bevor ein
Palästinenser von einem israelischen
Soldaten erschossen wurde. Eine kleine
Gruppe von Siedlern, vielleicht 15, waren
mit israelischen Fahnen den Hügel
hinuntergekommen, und eine grosse Zahl von
Männern und Jugendlichen aus Qusra strömten
herbei, um sie am Betreten des Dorfes zu
hindern, in Reaktion auf Angriffe in der
Vergangenheit, darunter die Zerstörung einer
Moschee. Innerhalb von Minuten kam die
israelische Armee an und begann in kürzester
Zeit mit dem Tränengasbeschuss, bevor der
erste Stein flog. Wenig später ging ich,
nachdem ich kurzzeitig wegen des Tränengases
nichts mehr sehen konnte, und erlebte die
folgenden Ereignisse nicht mit. Eine
Stellungnahme der israelischen Armee sprach
später von ‚einem gewaltsamen Tumult, bei
dem Palästinenser Steine auf das
Sicherheitspersonal schleuderten. Während
des Aufruhrs setzten die Sicherheitskräfte
Mittel zur Zerstreuung der Menge ein und
zuletzt scharfe Munition .‘ Als Augenzeugin
sah ich aber, dass die ‚Zerstreung des
Aufruhrs‘vor dem ‚Aufruhr‘ selbst begann.)1)
Über die Proteste in Nabi
Sale wurde ausführlich berichtet. In einem
Gespräch mit einem Dofbewohner erfuhr ich
von einer Taktik, die mir bisher nicht
bekannt war.2)
Bilal Tamimi (viele
Dorfbewohner sind Teil der Grossfamilie
Tamimi), berichtet, dass Soldaten oft in der
Nacht kommen, um Dorfbewohner festzunehmen,
auch Kinder, eine Praxis, die von B’Tselem,
Defence for Children International –
Palestine [DCI] und anderen
Hilfsorganisationen dokumentiert wurde. Er
sagte auch, dass die Armee Anfang des Jahres
in der Nacht ankam, um Kinder zu
fotografieren und ihre persönlichen Daten zu
erfassen. Er beschrieb, was in seiner
Familie geschah:
„Sie kamen zehn Minuten nach
Mitternacht an und weckten mich auf. Sie
fragten mich, wieviele Kinder ich habe. Sie
kontrollierten meine Ausweispapiere [wo die
Kinder aufgeführt sind] und sagten mir, dass
ich die zwei ältesten aufwecken sollte; sie
sind über 10 Jahre alt. Ich sagte, dass sie
schlafen würden. Die Soldaten sagten, weck
sie trotzdem auf.
Sie schrieben die Daten auf
und fotografierten die Jungen. Dann sagten
sie, dass sie wieder ins Bett gehen
könnten.“
B’Tselem berichtete im Juli
[No Minor Matter]:
„Die Fotos wurden zum Zweck
der ‚Sondierung‘ gemacht: Die Armee hat
keine Beweise für einen Verdacht gegen
bestimmte Kinder, die sie zum Fotografieren
aufweckten, sondern sie wollten ein
Reservoir von Fotos sammeln, das sie später
zur Identifizierung einsetzen können, sollte
ein Minderjähriger sich am Steine werfen
oder anderen gewaltsamen Handlungen
beteiligt haben. In Reaktion auf einen
Bericht zu diesem Thema in den Nachrichten
von Channel 10 sagte die Armee, dass ‚sie
verschiedene Methoden einsetze, um Ordnung
und Sicherheit aufrechtzuerhalten‘.“[...]
Nach einem Bericht von DCI
für die UN vom 1. August wurden 52% der im
vergangenen Jahr von der israelischen Armee
festgenommenen palästinensischen Kinder
zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens
weggeholt.[...]
Bilal Tamimi nimmt die
Proteste in Nabi Saleh seit Januar 2010 auf,
mit Hilfe einer Kamera von der israelischen
Menschenrechtsorganisation B’Tselem. „Unsere
Demonstrationen sind gewaltlos“, sagte er
mir. „Die Kamera ist unsere Waffe zur
Dokumentation der Ereignisse.“
Er bestätigt, dass die Kinder
aus dem Dorf „manchmal Steine werfen – aber
meistens, nachdem die Soldaten Tränengas
abgrfeuert haben.“ Die Dorfbewohner „leben
mit dieser Situation“, sagt er, aber mit dem
Ansteigen der Spannungen in der Westbank
“befürchten wir, dass es schlimmer wird.“
Hunderte demonstrieren in Palästina in
Solidarität mit den streikenden Gefangenen
- Proteste in
Palästina werden fortgesetzt – Hungerstreik
der politischen Gefangenen in der zweiten
Woche
Etwa 100 Menschen beteiligten
sich an einer Demonstration am Checkpunkt
Betunya gegenüber dem Westbankgefänis Ofer
bei Ramallah. Die Demonstranten forderten
die Freilassung von politischen Gefangenen
und zeigten ihre Solidarität mit den
Gefangenen im Hungerstreik: „ Freiheit kann
nur erreicht werden, wenn die Heimat befreit
ist und die Gefangenen freigelassen werden.“
Nach dem Protest kam es zu Zusammenstössen
zwischen mehreren jungen Aktivisten und der
Armee, die Tränengas und gummi-ummantelte
Metallgeschosse einsetzte, um die Menge zu
zerstreuen.
Zusätzliche Demonstrationen
wurden in Haifa und vor dem Shikma-Gefängnis
in Ashkelon abgehalten, wo palästinensische
Gefangene in Verletzung der Vierten Genfer
Konvention festgehalten werden. Artikel 77
verbietet den Transfer von Gefangenen aus
einem besetzten Territorium in das Land der
Besetzer. Anfang der Woche fanden grosse
Proteste in Nablus, Ramallah und Gaza statt.
Hunderte von Palästinensern
in israelischen Gefängnissen haben sich
einem Hungerstreik angeschlossen, um gegen
die sich verschlechternden Bedingungen in
Gefängnissen zu protestieren. Die Gefangenen
begannen ihren Streik am 27. September,
nachdem der israelische Premierminister
Benjamin Netanyahu die Bedingungen für
palästinensische Gefangenen erschwert hatte
als Teil einer Kampagne, durch Druck auf
Hamas eine Freilassung des israelischen
Soldaten Gilad Shalit zu erreichen. Durch
die Strafmassnahmen wird der Zugang zu
Büchern, Kursen und neuen Kleidern
beschränkt, Einzelhaft verstärkt eingesetzt,
Familienbesuche reduziert und Gefangene
werden gezwungen, sich mit ihren
Rechtsanwälten in Handschellen zu treffen.
Zusätzlich zu ihrem vollständigen und
unbefristeten Hungerstreik weigern sich die
Gefangenen, bestimmten Regeln des
israelischen Haftsystems zu gehorchen, wie
dem Tragen von Gefängnisuniformen und der
Teilnahme an Zählappellen.
Nabi Saleh: Loyalität mit unseren Gefangenen
- In Solidarität
mit dem fortgesetzten Streik von
palästinensischen Gefangenen in der Westbank
und Israel marschierte das Dorf Nabi Saleh
unter dem Motto „Loyalität für unsere
Gefangenen“. Viele der inhaftierten
Palästinenser wurden willkürlich wegen ihrer
politischen Aktionen gegen die Besatzung
hinter Gittern gebracht. Die Dorfbewohner
und Aktivisten aus Israel und dem Ausland
liefen in Richtung des annektierten
Dorflandes, allerdings nur für kurze Zeit.
Israelische Streitkräfte blockierten die
Demonstranten und beschossen die Teilnehmer
und die Häuser im Dorf mit Tränengas und
gummi-ummantelten Stahlkugeln. Soldaten
zeigten eine Order vor, die das Dorf und die
Umgebung zur „geschlossenen militärischen
Zone“ erklärte, wodurch die Anreise zum Dorf
für Internationale, Palästinenser, den
Notdienst und Journalisten zum illegalen Akt
wird. (30.9.2011)
Vertreter der israelischen
Menschenrechtsorganisation B’Tselem und der
Association for Civil Richts in Israel [ACRI]
kamen Anfang Oktober zu einer
Pressekonferenz nach Nabi Saleh und
erläuterten die Resultate einer kürzlich
erstellten Dokumentation zu den Protesten im
Dorf. Der Bericht „Show of Force“ hatte am
Beispiel mehrerer Freitagsproteste im Sommer
2011 die Methoden der israelischen Armee
dargelegt, um den Einwohnern das
Demonstrationsrecht zu verweigern. Abu
Hossam Tamimi und Bashir Tamimi aus Nabi
Saleh sprachen über den Widerstand von unten
in Nabi Saleh und der Westbank gegen die
israelische Besatzung.
Bil’in: Wir werden unsere Gefangenen nicht
vergessen -
Inhaftierte Palästinenser in
israelischen Gefängnissen befinden sich seit
mehreren Tagen im Hungerstreik, um gegen die
verschärften Haftbedingungen – u.a.
Isolationshaft, Streichung von
Familienbesuchen – zu protestieren.
Teilnehmer am Freitagsprotest in Bil’in,
Dorfbewohner, Israelis und Internationale,
hatten deshalb ihren Marsch zur Mauer unter
das Thema der Solidarität mit den über 6000
Gefangenen gestellt. Viele Demonstranten
litten unter dem massiven Einsatz von
Tränengas an Atemnot und anderen erheblichen
Folgen der Gasinhalation. Tränengasbomben
verursachten auch ein Feuer auf einem Feld
mit Olivenbäumen. (30.9.2011)
Yatta: Wöchentliche Proteste gegen den
Landraub beginnen -
Aktivisten des PSP[Palestine
Solidarity Project] aus Beit Ommar
beteiligten sich an einer Demonstration
gegen die Landannexionen durch israelische
Siedler in Yatta und den umliegenden kleinen
Dörfern, wo etwa 120 000 Palästinenser
leben. Das Ziel der Demonstration war ein
Landstück, das von zwei Siedlerfamilien
besetzt wird, unter dem Schutz von nicht
weniger als 30 Soldaten.
Die Demonstranten liefen auf
der geschlossenen Strasse zu einem Hügel, wo
fünf Häuser wiederholt demoliert und die
Brunnen zerstört wurden. Überreste der Habe
von vertriebenen Hausbewohnern liegen
überall verstreut. Militärjeeps,
Polizeiwagen und Soldaten blockierten die
Demonstranten und blockierten sie am
Weiterzug. Das Nationale Komitee von Yatta
hat beschlossen, wöchentliche
Demonstrationen gegen die Mauer, den
Diebstahl von Land und die Hausdemolierungen
zu organisieren; Khawlan Abu Marir ist die
Leiterin des Komitees und die einzige Frau
in einer leitenden Position [des friedlichen
Widerstandes]in der Region.
Beit Ommar: Ausbau
des Widerstands gegen neue
Landkonfiszierungen - Die wöchentliche
Samstagsdemonstration in Beit Ommar am 1.
Oktober 2011 verlief friedlich; die
Dorfbewohner und Solidaritätsaktivisten aus
Israel und dem Ausland liefen in Richtung
des Dorflandes in der illegalen Siedlung
Karmei Tsur, wurden aber von 20 Soldaten mit
mehreren Armeejeeps gestoppt. Die
Demonstranten trugen Fahnen, forderten die
Freilassung der Gefangenen und riefen die
Mitgliedsstaaten der UN dazu auf, für
Gerechtigkeit, Freiheit und für einen
palästinensischen Staat als 194. Mitglied
der UN zu stimmen.
Eine Gruppe von Besuchern aus Frankreich,
Mitglieder einer katholischen Organisation,
besuchte Beit Ommar und das Zentrum für
Freiheit und Gerechtigkeit. PSP arrangierte
eine Tour und zeigte ihnen die illegalen
Siedlungen um die schöne Stadt Beit Ommar.
“Palästinenser weren täglich gedemütigt und
müssen um Rechte bitten, die in meinem Land
von allen als sebstverständlich angesehen
werden und um die man nie bitten muss,”
sagte ein Besucher.“Die Einwohner von Beit
Ommar haben so viel Geduld und Optimismus,
es ist unglaublich.”
Die ganze Gruppe war mit der
Tour sehr zufrieden und der Tag endete mit
einer angenehme Mahlzeit in den Feldern. Sie
versprachen, die gewonnenen Einsichten zu
Hause weiterzuverbreiten und ihren Bekannten
einen Besuch der Westbank zu empfehlen.
PSP hat ein Program für
Solidaritätsbesuche [Solidarity Tour Program]
und lädt Interessierte herzilich zu einem
Besuch von Beit Ommar und der Westbank ein.
Das Zentrum für Freiheit und Gerechtigkeit [Center
for Freedom and Justice]
in Beit Ommar bietet seit neuem kostenlose
Englischkurse für alle Altersgruppen an.
Internationale Freiwillige unterrichten am
Zentrum; die Kurse sind sehr gut besucht und
Klassen werden bald auch im Al Arub
Flüchtlingslager angeboten.
Am Wochenende dokumentierte das PSP die
Anfänge einer Landannexion auf dem Dorfland
von Beit Ommar und Schoukh: Die Israelis
haben eine acht Kilometer lange
Umgehungsstrasse von Gush Etzion über das
Dorfland zu einem neuen Aussenposten
geplant. Siedler haben bereits einen
Wachturm auf der Anhöhe eines Hügels gebaut
– der erste Schritt zur Einrichtung einer
neuen Siedlungskolonie auf dem Land von
Halhoul.
Order zur Landkonfiszierung
wurden bereits ausgesandt. Für die Bauern
bedeutet das der Verlust von Feldern und
wertvollen Traubenstöcken;
Häuserdemolierungen folgen oft. Die Bewohner
von Beit Ommar haben bereits gegen die neue
Strasse demonstriert.
Das Dorf Battir bei Betlehem steht vor neuen
Landkonfiszierungen und dem Verlust von
Feldern, Brunnen, Olivenhainen und Häusern.
Die israelische Armee hat bereits
Ankündigungen der Landkonfiszierungen an die
Besitzer ausgegeben. Das israelische
Finanzministerium will das Land angeblich
aus militärischen und sicherheitstechnischen
Gründen kaufen.
Das anvisierte Gelände
befindet sich neben der Bahnlinie zwischen
Jerusalem und der Kolonie Gilo in
Ostjerusalem, wo Israel den Bau von 1100
neuen Wohnungen angekündigt hat. Diese
Ankündigung führte zu heftigen
internationalen Protesten [sogar von der
deutschen Kanzlerin].
Ni’lin: Replant Palestine
- Das Westbankdorf
Ni’lin hat eine Aktion zur Wiederbepflanzung
von Dorfland initiiert, nachdem das Dorf
durch die Besatzung etwa 1100 Olivenbäume
verlor. Es wird um Spenden gebeten, um im
nächsten Frühjahr die zerstörten Olivenbäume
zu ersetzen. Bitte helfen Sie mit, dass
Ni’lin sein Ziel erreicht. Über 700
Setzlinge kann das Dorf bereits pflanzen.
Saeed Amireh aus Ni’lin und Niklas Berg aus
Schweden haben auf der Webseite eine Liste
der Spenden aufgestellt, um die
Spendenaktion transparent durchzuführen!
http://www.replantpalestine.org/en
Dorf Burin wird erst von
Siedlern angegriffen, dann von Militär
besetzt - Dutzende
von bewaffneten Siedlern griffen das
Westbankdorf Burin bei Nablus an und
schossen mit scharfer Munition auf die
Häuser. Danach besetzten israelische
Soldaten das Dorf.
Am Freitagabend gegen halb
sechs Uhr, während eines Fussballspieles der
Jugendlichen in Burin, kam eine Gruppe von
etwa 30 bis 40 Siedlern von der
nahegelegenen jüdischen Siedlung Bracha den
Hügel nach Burin hinunter. Die Siedler waren
mit M16 Gewehren bewaffnet und zeigten ihre
Absicht, zu verletzten oder zu töten, als
sie spontan und wahllos das Dorf mit einem
Kugelhagel überzogen.
Die Wasserspeicher, die man
auf allen Gebäuden in Burin finden kann,
waren dann die ersten Ziele der Siedler an
diesem Abend. Aus Furcht vor einer
Eskalation der Gewalt, sollten die Siedler
weiter ins Dorf vordringen, sammelte sich
eine Gruppe von Dorfbewohnern und warf
Steine in Richtung der Siedler. Als die
Siedler sahen, dass sie bei weitem in der
Minderheit waren, zogen sie sich zurück, und
die Armee nahm ihren Platz ein und besetzte
das Dorf. Die Soldaten stationierten sich in
einem Haus des Dorfes, das im vergangenen
Jahr zwangsgeräumt und zur „permanenten
geschlossenen militärischen Zone“ erklärt
wurde.
Solche Angriffe sind in Burin
und in den Nachbardörfern Madama und Assira
al-Qibliyah so sehr an der Tagesordnung,
dass ein Dorfbewohner [in einem Anflug von
Galgenhumor]darüber schimpfte, dass das
Fussballspiel unterbrochen wurde, als sein
Team 5-3 führte.
Wenige Stunden vor diesem
Überfall war eine grosse Gruppe von Siedlern
in das Nachbardorf Huwarra gezogen und hatte
Olivenbäume in Brand gesteckt. Mehr als 250
Bäume verbrannten bei diesem Anschlag. Als
der Besitzer des Landstückes auf die
Soldaten zuging, um sie zur Rede zu stellen,
warum sie den Siedlern erlaubt hatten, seine
Bäume niederzubrennen, warfen sie eine
Schallbombe und riefen, er solle nach Hause
gehen.
Wem gehört das Wasser? Vortragsreihe des
Hydrogeologen Clemens Messerschmid aus
Ramallah -
Auf Einladung von Amnesty
International und Peacewatch ist Anfang
November der in Ramallah wohnhafte
Hydrogeologe Clemens Messerschmid für eine
Vortrags- und Diskussionsreihe in der
Schweiz zu Gast.
Der Zugang zu den
Wasserressourcen und deren Verteilung ist
ein zentrales Thema im Nahostkonflikt und
spielt auch in den „Friedensverhandlungen“
eine wichtige Rolle.
Über die Aufteilung der
Wasserressourcen in Israel/Palästina
bestimmt allein Israel. So ist es zum
Beispiel den Palästinenserinnen und
Palästinensern per Militärdekret verboten,
ohne Bewilligung Einrichtungen für die
Wasserversorgung zu bauen oder zu
reparieren. Etwa 40% der Dörfer in der
Westbank sind nicht an die Wasserversorgung
angeschlossen. Sie müssen die fehlende
Wassermenge von Tankwagen kaufen.
Andererseits pumpt Israel für seinen Bedarf
jährlich enorme Wassermengen aus der
Westbank ab, einen grossen Teil davon aus
dem Jordantal, zu dem Israel der
palästinensischen Bevölkerung den Zugang
verwehrt. Mit diesem eigentlichen Wasserraub
verletzt Israel nicht nur humanitäres
Völkerrecht, sondern auch das Recht auf
Wasser für alle. Amnesty
International hat 2010 eine Kampagne zum
Thema geführt.
Bern:
Sonntag, 6. November 2011, 17h Amnesty
International, Speichergasse 33
Fribourg:
Montag, 7. November 2011, 19.15h,
Université, Miséricorde, salle 3113,
Vortrag auf englisch!
Zürich:
Dienstag, 8. November, 18.15h
Universität Hauptgebäude (HG), Raum
KO2-F-152
Basel:
Mittwoch, 9. November 2011, 19.30h,
Mission 21, Missionsstrasse 21
Friedlicher
Widerstand in der Westbank und Gaza, 23./24.
September 2011
Qusra: Soldaten
töten einen 34-jährigen Bewohner; Siedler
steinigen zwei Jugendliche - Bei einem unbewaffneten
Protest von Dorfbewohnern gegen die
provozierende Besetzung von Dorfland durch
die Bewohner eines nahegelegenen (illegalen)
Siedlungsaussenposten wurde Essam Kamal
Oudah von einem israelischen Soldaten
erschossen. Am gleichen Tag wurden zwei
Jugendliche nach der Festnahme durch
Soldaten von Siedlern schwer misshandelt und
mit Steinen beworfen.
Essam Oudah, Vater von acht
Kindern, hatte sich am Freitag, den 23.
September 2011 mit anderen Dorfbewohnern in
Richtung Dorfland aufgemacht, um gegen die
versuchte Landnahme durch eine grosse Gruppe
von israelischen Siedler zu protestieren,
die vom Aussenposten Esh Kodesh (Heiliges
Feuer) kommend eine israelische Fahne auf
einigen Feldern von Qusra aufgestellt
hatten, unter dem Schutz der israelischen
Armee. Die Dorfbewohner wollten die erneute
Annexion von Dorfland verhindern, nachdem
sie seit 1999 Land durch die illegale
Errichtung von Esh Kodesh verloren hatten.
Die Soldaten stellten sich
sofort vor die Siedler und begannen mit dem
Beschuss der unbewaffneten palästinensischen
Demonstranten, der mit Tränengas begann und
schnell über Gummimantelgeschosse zum
Einsatz von scharfer Munition eskalierte.
Drei Dorfbewohner wurden verletzt; Essam
Oudah wurde von einer Kugel aus kurzer
Distanz getroffen und starb an seinen
Verletzungen.
Am Abend wurde deutlich, dass
der friedliche Widerstand des Dorfes zu zwei
weiteren Opfern geführt hatte. Bei
Sonnenuntergang kehrten zwei Teenager schwer
misshandelt ins Dorf zurück: Amar
Masammer,19, und Fathi Hassan, 16, hatten
sich früher am Tag zu einem Olivenhain von
Qusra aufgemacht, wo einige Olivenbäume
Feuer gefangen hatten, und waren von
israelischen Soldaten festgenommen worden.
Fathi erzählte weiter, dass einige Siedler
von Esh Kodesh zu den Soldaten traten und
anfragten, ob sie die beiden Festgenommenen
verprügeln könnten. Unter den Augen der
Soldaten steinigten die Siedler die zwei
Jungen, die sich mit hinter dem Rücken
verbundenen Händen in keiner Weise schützen
konnten. Amar wurde von einem Stein am Auge
getroffen und musste in ein Krankenhaus
eingeliefert werden.
Mohammed Khatib vom Popular
Struggle Coordination Committee sagte, dass
die Ereignisse in der Vergangenheit zeigten,
dass Palästinenser zur Verhinderun von
Siedlergewalt selbst die Initiative
ergreifen müssten.
Militärtribunal
gegen Bassem Tamimi: Erster Zeuge der
Anklage spricht -
Major Michelle Dahan war
stellvertretender Bataillonskommandant in
Nabi Saleh von Januar bis Mai 2011 und wurde
am Sonntag, den 25. September, als erster
Zeuge der Militärstaatsanwaltschaft im
Verfahren gegen Bassem Tamimi vernommen.
Bassem Tamimi ist ein führender Aktivist aus
dem Westbankdorf Nabi Saleh, der Ende März
diesen Jahres wegen der Organisation von
friedlichen Protesten gegen die israelische
Besatzung festgenommen und unter Anklage
gestellt wurde.
Seit Ende 2009 organisieren
die Dorfbewohner von Nabi Saleh wöchentliche
Proteste gegen die Landannexionen durch die
Siedler der nahegelegenen illegalen Kolonie
Halamish. Die Militästaatsanwaltschaft hat
Tamimi angeklagt, Jugendliche bei der
Durchführung von illegalen Protesten zur
Gewaltanwendung angestiftet zu haben.
Dahan, der für die Proteste
in Nabi Saleh verantwortliche Kommandeur,
machte deutlich, dass die Demonstrationen
des Dorfes regelmässig durch
„Mengenkontrollmittel“ zerstreut wurden,
bevor es zu Zusammenstössen kam: „Sobald der
Protestzug die Hauptstrasse des Dorfes
erreichte, erklärten wir [den Protest] für
illegal und befahlen den Leuten, sich zu
zerstreuen [...]. Wenn der Marsch sich nicht
auflöste, begannen wir mit dem Einsatz von
Mengenkontrollmitteln.[...].“
Während seiner Aussage
beschrieb Dahan die Kinder, die bei den
Protesten mit Steinen werfen, wiederholt im
militärischen Sinn als „Kräfte/forces“.
Im Bezug auf die
Anschuldigung gegen Tamimi, er habe ein
ausgeklügeltes System der Gewalt gegen
Soldaten in Nabi Saleh orchestriert,
berichtete Dahan, dass Tamimi bei den ersten
Anzeichen von Gewaltanwendung aus der
Strasse verschwand und auf den Hausdächern
auftauchte. Dahan konnte nur von einem
konkreten Beispiel an einem nicht
spezifischen Tag im Januar erzählen, als er
beobachtete, wie Tamimi von einem Haus im
Dorf aus zu den Protestteilnehmern
gestikulierte und rief. Dahan gab zu, dass
er kein Arabisch kann.
Ein Soldat und
Whistleblower berichtet von “wahllosen”
israelischen Angriffen in Nabi Saleh
- Im Gespräch
mit Donald Macintyre von der englischen
Zeitung The Independent erzählt ein
israelischer Soldat vom rücksichtslosen
Tränengaseinsatz der israelischen Armee im
Westbankdorf Nabi Saleh, um die friedlichen
Demonstrationen der Palästinenser zu stoppen
und eine Ausgangssperre an den Protesttagen
durchzusetzen.
Sein Augenzeugenbericht
bestätigt eine Studie der israelischen
Menschenrechtsorganisation B’Tselem “Show of
Force”, die zur Schlussfolgerung kam, dass
Israels Vorgehen bei den Protesten im
kleinen Dorf Nabi Saleh einer Verweigerung
des ‘grundlegenden Rechtes’, in der Westbank
zu demonstrieren, gleichkomme. Das Recht zu
demonstrieren wird in internationalen
Konventionen bestätigt, die Israel
ratifiziert hat.
Der israelische Whistleblower
gibt einige Beispiele zum wahllosen und
regelwidrigen Einsatz von Tränengas bei den
Demonstrationen. Nach seinen Beobachtungen
geben die Vorgesetzten der israelischen
Armee ihren Untergebenen widersprüchliche
Signale hinsichtlich der Einsatzregeln
gegenüber der palästinensischen Bevölkerung:
Offizielle Armeeregeln und
Grundsatzstellungnahmen des Kommandeurs der
Binyamin Brigade werden vor Ort ignoriert
und die kriminelle Missachtung der Regeln
nicht bestraft.
Der Reservist berichtete
zuerst der Organisation von israelischen
Veteranen “Breaking the Silence” von seinen
Erfahrungen in Nabi Saleh.
Gegenüber dem Independent
erzählte er, dass er in einer Gruppe von 20
Soldaten etwa zwei Stunden vor Beginn eines
Freitagsprotestes im Juli diesen Jahres ins
Dorf gesandt wurde, um den Protest schon vor
Beginn zu unterbinden. An diesem Tag
verschossen die Soldaten 150 Tränengas-
oder Schockgranaten. Die Soldaten gingen in
ein Haus und besetzten das Dach:
”Die Sonne war sehr heiss,
aber wir mussten unsere Helme aufbehalten,”
sagte er. Dann wurde es einigen Soldaten
langweilig, und sie fingen an, Leute mit
Tränengas zu beschiessen. Jeder, der nicht
in seinem Haus oder in der Moschee war,
wurde ein Ziel.”
Es verstösst gegen die
offiziellen Regeln der israelsichen Armee,
Tränengaskanister direkt auf Menschen zu
feuern. Ein Kamerad des Whistleblowers hatte
am Ende des Einsatzes einen
Tränengaskanister übrig;
“Er hätte ihn ins offene Feld
feuern sollen, aber wir liefen an einem
Lebensmittelgeschäft vorbei, vor dem einige
Menschen mit Kindern standen. Nachdem wir
vorbeigelaufen waren, drehte er sich einfach
um und feuerte ihn direkt auf sie.”
Der Soldat berichtete
gegenüber dem Independent, dass er in einem
einwöchigen Kurs im Einsatz von
Schockgranaten, Gummimantelgeschossen und
Tränengas unterrichtet wurde. Er war
beeindruckt vom Kommandeur der Binyamin
Brigade, Sa’ar Tzur, der bei einem
mehrstündigen Besuch vor den Kursteilnehmern
von Aspekten der Ethik und des menschlichen
Lebens sprach, “nicht nur auf unserer Seite,
sondern auch auf der anderen Seite”. Oberst
Tzur betonte, dass jeder, der gegen die
Regeln verstosse “dafür bezahlen werde.”
Der Offizier des Bataillons,
ein religiöser Siedler aus der Westbank, war
das genaue Gegenteil:
„Auf der Militärstation hing
ein Kampfauftrag, der vom Kommandeur der
Brigade unterschrieben war und der besagte,
dass wir ‘das Lebensgefüge der
Zivilbevölkerung‘ erhalten müssen, von
Israelis und Palästinensern. Der Offizier
der Abteilung strich das Wort Palästinenser
durch und alle Soldaten um ihn herum fingen
an zu lachen.”
Er sagte: “Es war sehr schwer
für mich. Ich wollte in der Armee sein, um
mein Land zu verteidigen. Auf der anderen
Seite sah ich, dass mein Auftrag überhaupt
nichts mit der Verteidigung von Israel zu
tun hatte.” […]
Zum Abschluss des Interviews
fügte er hinzu:”Die Schlagzeile für den
ganzen Freitag müsste meiner Meinung nach
lauten: Wenn die Armee nicht im Dorf wäre,
würde nichts passieren, weil die
Demonstration nicht gewaltsam sein wird.“
Bil’in bittet
dringend um international Hilfe, um
Geldstrafe für Aktivisten im Gefängnis zu
bezahlen -
Bis zweiten Oktober 2011 müssen Familie und
Freunde von Ibrahim Srour aus Ni’lin die
immense Summe von 3250 US Dollar (12 ooo
Shekel) für die Zahlung einer Geldstrafe
aufbringen, die ein Militärrichter
zusätzlich zu 20 Monaten Haft auferlegte.
Ibrahim Srours Vergehen: die Teilnahme an
den friedlichen Protesten gegen Israels
Mauer in der palästinensischen Westbank und
den fortgesetzten Landraub im Westbankdorf
Ni’lin, einem Nachbardorf von Bil’in und
wichtigen Zentrum des populären Widerstandes
gegen die israelische Militärbesetzung.
In der Nacht des 7. Januar
2010 wurde der 20-jährige Ibrahim Srour
während einer Razzia im Dorf von
israelischen Soldaten mit gezückten Waffen
aus dem Haus verschleppt. Auf der Basis von
zweifelhaftem Beweismaterial wurde er vor
Gericht gestellt und zu 20 Monaten Gefängnis
und einer Geldstrafe von 3250 Dollar
verurteilt. Vor seiner Verhaftung war
Ibrahim Srour der Hauptverdiener für eine
grosse und arme Familie, einschliesslich
eines kranken Vaters. Ibrahims Familie kann
für diese Summe nicht alleine aufkommen.
Das Popular Struggle
Coordination Committee bittet um Ihre
Mithilfe und Solidarität.
Durch den Bau der
israelischen Annexionsmauer in der besetzten
Westbank verlor das Dorf Ni’lin etwa 30%
seines Lands.In den drei Jahren des vom Dorf
organisierten unbewaffneten Widerstandes
wurden fünf Dorfbewohner von der
israelischen Armee getötet, darunter ein
zehnjähriger Junge.
Ibrahim wurde aufgrund von
erzwungenen Aussagen eines Jugendlichen mit
geistigen Behinderungen verurteilt. Das
Belastungsmaterial wurde von der
Militärstaatsanwaltschaft in einem anderen
Militärtribunal vorgelegt und daraufhin vom
Militärrichter selbst als unverlässlich
zurückgewiesen; in diesem Fall wurde der
Angeklagte aus Ni’lin freigesprochen.
Seit Beginn der Proteste
führte die israelische Armee drei
Verhaftungswellen in Ni’lin durch: Von
August 2008 bis Anfang Dezember 2008 wurden
mehr als 157 Menschen in Ni’lin in
nächtlichen Armeerazzien festgenommen;
zwischen Mai 2009 und August 2009 wurden 123
Menschen festgenommen; zwischen Januar 2010
und Juli 2010 wurden 45 Menschen verhaftet.
Während dieser Kampagne nahmen israelische
Besatzungssoldaten drei Mitglieder des
örtlichen Bügerkomitees fest: Ibrahim
Amireh, Zaydoon Srour und Hassan Mousa
wurden wegen der Organisation von
friedlichen Protesten gegen die Besatzung zu
einem Jahr Gefängnis und 9000 Schekel
Geldstrafe verurteilt.
In den Nachbardörfern Bil’in
und Nabi Saleh setzte die Armee ähnliche
Taktiken zur Einschüchterung des zivilen
Widerstandes ein: Ende September 2011 hat
ein israelisches Militärgericht den Prozess
gegen den Aktivisten Bassem Tamimi aus Nabi
Saleh eröffnet, ebenfalls auf der Basis von
zweifelhaften Geständnissen eines
Jugendlichen aus dem Dorf; nach dem
nächtlichen Verhör des Vierzehnjährigen
wurden mehr als 20 Dorfbewohner in Nabi
Saleh festgenommen.
Bitte klicken Sie hier für
eine Spende, damit Ibrahim endlich
freigelassen wird.
Wöchentliche
friedliche Proteste gegen die Besatzung in
der Westbank und Gaza -
Beim wöchentlichen
Freitagsprotest in Nabi Saleh setzte
die israelische Armee neben Tränengas und
Schockgranaten den „Schrei“ ein, eine Waffe,
die einen konstanten hohen Ton von sich
gibt, der zu Schmerzen und
Orientierungslosigkeit führt. Mehrere
Demonstranten wurden bei der militärischen
Unterdrückung der Demonstration verletzt:
Nariman Tamimi, die Frau des inhaftierten
Aktivisten Bassem Tamimi, wurde von einem
Gummimantelgeschoss am Oberkörper getroffen
und musste eine Pause einlegen; ein
französischer Fotograf war gleich zweimal im
Visier der israelischen Soldaten und wurde
am Bein verletzt.
Injuries
Reported in an-Nabi Saleh During
Demonstration, 23. September 23, 2011,
Circarre Parrhesia – IMEMC;
http://www.imemc.org/article/62098
In Ni’lin
marschierten dutzende von Demonstranten in
Unterstützung des palästinensischen Ganges
zur UN und kritisierten die Rede
des amerikanischen Präsidenten Barack Obama
vor der UN am Mittwoch als einseitig, weil
er das über 60 Jahre dauernde Leiden der
Palästinenser nicht ansprach. An der Mauer,
die Israel 2008 auf dem Dorfland errichtete,
warteten israelische Soldaten auf die
Demonstranten und feuerten Tränengas und
Schockgranaten auf die unbewaffneten
Menschen.
Israeli
Forces Use Gas To Stop Nonviolent Protest In
N'ilin, 23.
September 23, 2011, George Rishmawi – IMEMC;
http://www.imemc.org/article/62095
Im Nachbardorf
Bil’in trugen die Teilnehmer verschiedene
Fahnen als Kommentar zu den Ereignissen der
Woche in New York . Einige
Protestteilnehmer marschierten zur kürzlich
versetzten israelischen Mauer mit
palästinensischen Fahnen, die die Zahl 194
trugen: Ein von der UN anerkannter Staat
Palästina wäre das 194. Mitglied der
Organisation. Andere Demonstranten trugen
eine amerikanische Flagge mit dem Wort
“Veto” darauf und verbrannten sie auf der
israelischen Mauer. Tränengas,
Schockgranaten und Gummimantelgeschosse
führten zu zahlreichen Verletzungen, einige
Olivenbäume fingen Feuer, das von den
Dorfbewohner gelöscht wurde.
Beit Ummar
erlebte eine zweite Woche kontinuierlicher
Repressionen und reagierte mit verstärktem
Widerstand. Am 17. September
demonstrierte Beit Ommar in Unterstützung
des palästinensischen Antrages vor der UN
auf volle staatliche Anerkennung Palästinas.
Die Samstagsdemonstration schloss eine Woche
der Gewalt für das Dorf ab: Am Montag
entdeckten Bauern, dass zwei grosse Felder
mit Traubenstöcken (etwa zwei
Quadratkilometer) von Siedlern vollkommen
zerstört wurden. Am Dienstag demolierten
Bulldozer zwei Gebäude und zwei Bauern aus
Bei Ommar wurden am Freitag von Soldaten
schikaniert, als sie ihre Schafe versorgten.
Am 23. September stationierten sich Soldaten
abends im Dorf, um passierende Autos
anzuhalten und sporadisch Tränengas in die
Strassen und Gärten zu feuern.
Gaza: Projekt zum
Schutz der Fischer in Gaza wird fortgesetzt
- Internationale
und palästinensische Aktivisten werden vom
24. September an wieder ein Projekt zur
Dokumentation von israelischen Angriffen auf
Fischerboote von Gaza fortsetzen. Die Arbeit
des
Civil Peace Service Gaza
wurde seit dem 20. Juli ausgesetzt, weil das
Boot des CPSG, die Olivia, von der
israelischen Marine gerammt und der Motor
schwer beschädigt wurde.
Gaza: Proteste
gegen die No-go Zone in Beit Hanoun -
Seit drei Jahren
organisieren die örtliche Initiative von
Beit Hanoun und die internationale
Solidaritätsbewegung wöchentliche Proteste
gegen die Bufferzone an der Grenze von Gaza.
Am 20. September marschierten etwa 30
Menschen unter der heissen Sonne in das
Niemandsland, ein zwischen 300 und 800 Meter
breiter Streifen Land entlang des von Israel
errichteten Grenzzaunes, in dem die
israelische Armee nach Belieben Bauern und
Altmetallsammler mit scharfer Munition oder
mit Panzerkanonen beschiesst.
Die Demonstranten
marschierten in Erinnerung an die
Vergangenheit, das Massaker von
palästinensischen Flüchtlingen in den Lagern
Sabra und Shatilla im Libanon, und voller
Hoffnung auf die Zukunft, mit Blick auf die
Ereignisse der Woche in New York und den
Gang der Palästinenser vor die UN. Sabur
Zaaneen von der
Beit Hanoun Local Initiative
sprach von den palästinensischen Hoffnungen
und dem nicht zerstörbaren Kampf für
Gerechtigkeit. Die Demonstranten kamen bis
auf etwa 50 Meter an die Mauer und einen
Wachturm heran; kehrten im Interesse ihrer
Unversehrtheit zurück, als das Öffnen eines
Fensters im Turm zu hören war.
Qalandiya Checkpunkt: 15-Jähriger während
Protest ins Gesicht geschossen
-
Drei Protestteilnehmer wurden verletzt und
zwei von Polizisten in Zivil festgenommen;
von Zusammenstössen beim Qalandiya
Flüchtlingslager, nachdem Israel den
Checkpunkt vor Jerusalem schliesst,
berichtete das Popular Struggle Coordination
Comitee am 23. September 2011.
Freitagmorgen wurde der
Qalandia Checkpunkt, der wichtigste Zugang
nach Ostjerusalem für Palästinenser aus
Ramallah und der Westbank, von israelischen
Soldaten mit NATO-Draht geschlossen. An
diesem historischen Tag warteten viele
Palästinenser auf die Diskussion des
palästinensischen Antrages auf Anerkennung
des palästinensischen Staates vor der UN
Generalversammlung in New York. Die
Abriegelung des zentralen Checkpunktes wurde
von örtlichen Jugendlichen als Provokation
verstanden und es kam zu Zusammenstössen,
als bewaffneten Soldaten, die Tränengas,
gummi-ummantelte Metallkugelns und scharfe
Munition auf die Jugendlichen feuerten;
einige Steine wurden in Richtung der
Soldaten geworfen. Etwa zwanzig
Demonstranten wurden von Sanitätern
behandelt; zwei Demonstranten wurden schwer
verletzt: Ein 15 jähriger Junge verlor ein
Auge, als ein Gummimantelgeschoss aus kurzer
Distanz, und damit in Verletzung von
Armeeregeln, auf ihn gefeuert wurde. Ein 20-
jähriger Protestteilnehmer wurde durch
scharfe Munition am Unterkörper getroffen.
Zwei Teilnehmer wurden von
Spezialkommandos abgeführt, die sich in
Zivilkleidung unter die Menge gemischt
hatten.
“Ich bin Nabi
Saleh" – Fotoausstellung zeigt Dorfleben
ausserhalb der Proteste -
Die Amerikanerin Alison Ramer
kam 2006 als Mitglied der zionistischen
Jugendbewegung [Zionist Youth Movement] nach
Israel, beschloss aber nach kurzer Zeit,
dass sie beide Seiten des Konfliktes
kennenlernen wollte. Ihr erster Kontakt mit
Palästinensern kam in Nabi Saleh zustande.
Der örtliche Aktivist Bassem Tamimi, der
wegen seiner Organisaition von Protesten im
Dorf vor ein Militärgericht gestellt wurde,
sagte Ramer einmal: „Du bist gekommen, um
die Besatzung aus deinem Kopf zu entfernen.“
Ramer stimmt zu. Ihre Erfahrungen im Dorf
haben sie dazu motiviert, eine Ausstellung
mit Fotos über das Leben des Dorfes zwischen
den Freitagsportesten zu organisieren.
Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17
Jahren erhielten digitale Kameras und wurden
von dem international bekannten
palätinensischen Fotografen und
Videoproduzenten Issa Freij darin geschult,
verschiedene Aspekte des täglichen Lebens im
Dorf festzuhalten. Das Leben unter
militärischer Besatzung bedeutete, dass das
Projekt auf mehreren Ebenen ablief, sowohl
als Kunstunterricht und Traumabehandlung, um
den Kindern Wege zu zeigen, wie sie eine
gewisse Kontrolle über ihre Welt
wiedergewinnen können.[...]
Als professioneller
Fotojournalist hatte Freij zuerst gewisse
Zweifel, in wieweit die Kinder lernfähig
sein würden, bemerkte dann aber, dass das
Lernen auf Gegenseitigkeit beruhte: „Zuerst
wählten wir ein Thema für die ganze Gruppe
aus, aber dann gingen die Kinder zur
gleichen Zeit an den gleichen Ort. Und das
Dorf hat nur eine Strasse. Sie kamen alle
mit den gleichen Fotos zurück.“
Also wurden Themen
ausgegeben, was von den Kindern forderte,
dass sie das innere Leben Nabi Salehs
genauer ansahen und weniger das Äussere. Die
Fotos gehen über die üblichen Aufnahen von
Soldaten hinaus und analysieren, welche
Konsequenzen die Besatzung für das tägliche
Leben hat.
Einige Arbeiten zeigen den
Mangel an Spielplätzen für Kinder durch
Fotos, auf denen kleine Kinder mit von der
Armee hinterlassenen Waffenteilen spielen.
Eine andere Gruppe von Fotos behandelt das
Thema des Wassermangels oder die Probleme
mit der Abfallbeseitigung. Diese Themen sind
den Kindern von klein auf vertraut.
Die Kinder können ihre
Kameras behalten in der Hoffung, dass sie
weiterhin in ihren Fotos eine alternative
Erzählung über das Leben im Dorf unter der
Besatzung dokumentieren.
Zur Zeit wird die
Fotoausstellung in Ramallah gezeigt, wird
aber später auf Tour in Europa, den USA und
weltweit gehen.