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Ein Humanist?
Zum Tod von
Elli Wiesel
Arn Strohmeyer
Dass der Holocaust eines der größten
Verbrechen der Menschheitsgeschichte war, ist unumstritten.
Umstritten ist aber, welche Folgerungen man aus diesem
Mega-Mord zieht, der ja nicht nur Juden betraf, sondern auch
die Angehörigen anderer Volksgruppen. Der israelische
Historiker Shlomo Sand beschreibt, wie er in Israel immer
wieder Menschen aus allen Bevölkerungsschichten gefragt
habe, wie viele Menschen die Nazis im Holocaust ermordet
hätten. Die Antwort hätte immer gleich gelautet: „Sechs
Millionen!“ Nur diese Antwort – so Sand – ist falsch. Er
wies seine Gesprächspartner darauf hin, dass er nach
„Menschen“ gefragt habe und nicht allein nach Juden. Seine
Gesprächspartner waren immer sehr erstaunt und ganz selten
habe jemand die Antwort gewusst. Unter Berufung auf den
Holocaust-Forscher Raul Hilberg gibt Sand die Zahl der
ermordeten Juden mit etwa fünf Millionen an. Die Zahl der
zivilen Opfer des Zweiten Weltkrieges beträgt aber – so Sand
weiter – etwa elf Millionen Menschen. Doch diese Zahl sei
völlig aus dem kollektiven Gedächtnis des Westens gelöscht
worden. Sand fragt dann, warum diese „Gesamtzahl“ völlig
verschwunden sei und nur die „jüdische“ Zahl bewahrt wurde.
Er notiert: Im Zuge der Konstruktion der Erinnerung an die
Ermordeten ist eben eine „ethnische“ Selektion durchgeführt
worden.
Sand kritisiert also, dass der Tod der
anderen in der Erinnerung gar nicht mehr stattfinde: „Vom
letzten Viertel des 20. Jahrhunderts an verschwinden beinahe
alle Opfer, die von den Nazis nicht als ‚Semiten‘ bezeichnet
wurden. Der industrielle Mord wurde zur ausschließlichen
jüdischen Tragödie. Die westliche Erinnerung an die
Konzentrations- und Vernichtungslager entledigte sich fast
gänzlich aller anderen Opfer, darunter geistig Behinderte,
Sinti und Roma, Angehörige des kommunistischen und
sozialistischen Untergrunds, Zeugen Jehovas, polnische
Intellektuelle sowie sowjetische Kommissare und Offiziere.
Bis auf die Homosexuellen vielleicht wurden all jene, die
die Nazis parallel zur systematischen Ermordung der Juden
austilgten, durch die hegemonialen Erinnerungsnetzwerke ein
weiteres Mal ausgelöscht. Wie konnte es dazu kommen, und wie
prägt diese neue Erinnerungskonstruktion die heutige
jüdische Identität?“
Sand nennt zwei Gründe für diese
Phänomen: Erstens das Schweigen über den Holocaust nach dem
Krieg. Der Westen einschließlich Israels hätten zunächst die
schmachvolle Erinnerung an die Vernichtung der Juden
kulturell und intellektuell weitgehend verdrängt. Zudem sei
das Image der Überlebenden der Lager äußerst negativ
gewesen. Man unterstellte ihnen, jemand könne nur auf Kosten
anderer, die an seiner Stelle ermordet wurden, dieser Hölle
entkommen sein. Den zweiten Grund für das Schweigen sieht
Sand in der Situation des Kalten Krieges. Der Westen habe
alles getan, um Westdeutschland wieder in die Familie der
Völker zu integrieren. Das sei nur mit einer Strategie des
Vergessens möglich gewesen. Sand wurde zu seiner Kritik auch
durch die Erinnerungspolitik Israels – vor allem durch
seinen Anspruch, „auf ein Monopol am nationalsozialistischen
Morden“ – veranlasst.
Die Wende sei dann Ende der sechziger
Jahre eingetreten. Deutschland sei nun durch die
Wiedergutmachungsleistungen gut in den Westen eingebunden
gewesen. Dazu sei der israelische Sieg im Krieg von 1967
gekommen. Israel sei zum kleinen, aber mächtigen Staat
geworden, der ein anderes Volk [die Palästinenser]
unterworfen habe und nun beherrsche. Anstatt die Schwäche
der der jüdischen Opfer des Holocaust zu kaschieren, hab man
nun begonnen, sie zu verherrlichen und zu Märtyrern zu
stilisieren. Die Aufmerksamkeit habe von nun an den
ermordeten Juden gegolten, die keinesfalls mit den Opfern
anderer Verbrechen zu vergleichen seien.
Die anderen Opfer – so Sand weiter –
wurden aus der Erinnerung ausgeblendet, und alle anderen
Massenmorde in der Vergangenheit und Gegenwart schrumpften
auf Zwergengröße. Die Gewichte in der Bewertung des
Holocaust hatten sich dadurch auch vollständig verschoben:
„Hitlers Streben, die Juden aus der ‚normalen‘ Menschheit
auszusondern, verwirklichte sich auf pervertierte Weise in
der Erinnerungspolitik Israels und seiner Anhänger in der
westlichen Welt. In der zionistischen Rhetorik wurde mehr
und mehr die ewige Einzigartigkeit des Opfers statt des
Henkers, des Juden statt der Nazis betont. Demnach gibt es
reichlich Henker wie Hitler, doch solche Opfer wie die Juden
gab es nie zuvor und wird es auch nie wieder geben. (...) In
den Augen der Welt sind gemäß dieser Erinnerungskonstruktion
nicht die Organisatoren der nationalsozialistischen
Mordindustrie das Außergewöhnliche in der Geschichte Europas
nach der Aufklärung, sondern einzig und allein die
Ermordeten und Verfolgten jüdischer Herkunft.“
Was Sand hier kritisch anspricht, ist die
von vielen Juden vertretene These, dass der Holocaust
„einzigartig“ sei. Das offizielle Israel und auch ein großer
Teil der Juden in der Diaspora sieht den Holocaust nicht
einfach als monströses historisches Verbrechen, sondern
diese Untat wird erhöht und in eine andere Dimension
versetzt. Aus dem historischen Faktum der Ermordung der
europäischen Juden durch die Nationalsozialisten wurde eben
der Holocaust. Zwei zentrale zionistische Dogmen
bilden das Fundament für das Herausheben dieses
Mega-Verbrechens als ein außergewöhnliches und ganz
besonderes Ereignis: „Der Holocaust stellt erstens ein
absolut einzigartiges Ereignis der Geschichte dar; der
Holocaust steht zweitens für den Höhepunkt eines
irrationalen, ewigen Hasses der Nicht-Juden gegenüber den
Juden.“ Der Holocaust ist dann so gesehen etwas
Besonderes, das in der Geschichte ohne Beispiel ist, weil
Juden etwas Besonderes sind und dort eben Juden
gelitten hätten. Die Einzigartigkeit der Juden wäre dann
eine spezielle Version des jüdischen
Auserwähltheits-Glaubens: die Juden sind Gottes eigenes Volk
– der Auserwähltheitsgedanke ist auch unter säkular
eingestellten Juden bzw. Israelis durchaus populär.
Der Holocaust wurde aber nicht nur zu
einer Ideologie, er wurde von einem Teil der Juden
(besonders den amerikanischen) in den Rang einer
„Holocaust-Theologie“ oder „Holocaust-Religion“ erhoben. Der
herausragende Vertreter dieser Richtung ist der
Holocaust-Überlebende Elli Wiesel, der im KZ
Auschwitz
und in Buchenwald
einsaß. Wiesel hat den Holocaust als etwas „Heiliges“
sakralisiert, er spricht von einer „Offenbarung, die der auf
dem Sinai [durch Moses] ebenbürtig ist.“ Der Holocaust ist
für ihn ein Mysterium, er liegt außerhalb, wenn nicht
jenseits der Geschichte und deshalb verweigert dieses
Verbrechen alle Antworten, widersetzt sich der Beschreibung
und dem Wissen. Als „Zerstörung der Geschichte“ kann man ihn
nicht erfassen oder vermitteln, man kann nicht einmal über
ihn sprechen. Er ist eine Veränderung im kosmischen Maßstab.
Das Geheimnis der Wahrheit von Auschwitz liegt für Wiesel im
Schweigen, ein rationales Verständnis des Holocaust ist
nicht möglich, der Versuch kommt eine Leugnung gleich.
Wiesel nimmt in seine religiöse
Argumentation auch christliche Elemente auf, wenn er von
Leiden und Erlösung spricht. Das Leiden wäre dann die
Judenvernichtung durch den Holocaust, die Erlösung der Staat
Israel. So gesehen erfüllt die Holocaust-Theologie für den
Zionismus auch den Zweck, eine Legitimation für den Staat
Israel zu liefern. Wie sehr die Holocaust-Theologie die
Merkmale einer Religion und Kirche aufweist, sieht der
amerikanisch-jüdische Historiker Arno Mayer so: „Die
Erinnerungen der Überlebenden sind mittlerweile zu
Versatzstücken einer Liturgie für einen sich entwickelnden
Kult des Gedenkens gemacht worden, der seine eigenen
Zeremonien, Feiertage, Schreine, Monumente und
Wallfahrtsorte hat.“
Nun ist die Erinnerung an den Holocaust
natürlich nötig, damit weder Juden noch Nicht-Juden dieses
furchtbare Verbrechen vergessen. Dabei bestand aber auch von
Anfang an die Gefahr, dass dieses Gedenken durch seine
Ideologisierung und Mystifizierung seinen wahren
Erinnerungs- und Gedenkgedanken verlor und die eigennützige
Instrumentalisierung in den Vordergrund trat. Der Holocaust
wurde für Israel und große Teile des Diaspora-Judentums aber
so zu einer „versteinerten Ideologie“, die für Israel
insofern äußerst wichtig war und ist, weil sich aus der
„Einzigartigkeit“ des Holocaust auch ein einzigartiger
Anspruch ableiten lässt. Das unvergleichlich Böse des
Holocaust sondert die Juden nicht nur von den „anderen“ ab,
sondern verleiht ihnen auch einen Anspruch gegenüber den
„anderen“, den Nicht-Juden – ein „wertvolles moralisches
Kapital“, Juden müssten die „Herrschaft“ über diesen
wertvollen Besitz beanspruchen, wird argumentiert.
Die These, dass der Holocaust ein
einzigartiges Ereignis in der Geschichte darstellt, wird
heute auch von jüdischen Intellektuellen einer scharfen
Kritik unterzogen. So weist der amerikanisch-jüdische
Historiker Peter Novick darauf hin, dass das Beharren auf
der Einzigartigkeit ein intellektuell unfruchtbares
Unterfangen sei. Denn der Begriff Einzigartigkeit sei ein
leerer Begriff. Jedes historische Ereignis einschließlich
des Holocaust ähnele in verschiedener Hinsicht anderen
Ereignissen, mit denen es verglichen werden könne, und
unterscheide sich in mehrerlei Hinsicht von ihnen. Novick
hält aber die ausschließliche Berücksichtigung der Aspekte
des Holocaust, die einzigartig waren, bei gleichzeitiger
Ignorierung der Aspekte, die er mit anderen Gräueltaten
gemeinsam hatte und ihn auf der Grundlage dieser
Manipulation für unvergleichbar zu erklären, für einen
„intellektuellen Taschenspielertrick“. Er bilanziert: „Die
Behauptung, der Holocaust sei einzigartig – wie die von Elie
Wiesel, er sei unfassbar oder nicht darstellbar – ist
tatsächlich zutiefst beleidigend. Was könnte sie anders
bedeuten als: ‚Eure Katastrophe ist im Gegensatz zu unserer
gewöhnlich, fassbar und darstellbar.“
Der amerikanisch-jüdische Politologe
Norman G. Finkelstein führt diesen Gedanken weiter und merkt
an, dass das Dogma von der Einzigartigkeit des Holocaust
zwar die unterscheidenden Merkmale des Holocaust
herausgreift, um das Geschehen in ein vollkommen eigene
Kategorie einzuordnen, dabei werde aber nie klar, weshalb
die vielen gemeinsamen Merkmale als vergleichsweise
belanglos erachtet werden sollen. Die Autoren, die die
Einzigartigkeit des Holocaust behaupteten, könnten kaum
Einigkeit darüber erzielen, weshalb. Jedes Mal wenn man ein
Argument für die Einzigartigkeit des Holocaust widerlege,
brächten diese Autoren ein neues vor. Dies führe aber zu
vielfältigen, einander widersprechenden Argumenten, die sich
gegenseitig aufhöben. Der Wissensstand über den Holocaust
werde so nicht erweitert. Die Einzigartigkeit des Holocaust
werde eben als gegeben propagiert, dies zu beweisen sei
erlaubt, es aber zu widerlegen komme einer Leugnung des
Holocaust gleich.
Finkelstein sieht deshalb keinen großen
Unterschied zwischen der Behauptung, der Holocaust sei
einzigartig, und der These, der Holocaust sei rational nicht
zu begreifen. Wenn man den Holocaust aber mit anderen
historischen Ereignissen nicht vergleichen könne, dann stehe
er über der Geschichte und könne von der historischen
Wissenschaft nicht rational erfasst werden. Das liefe aber
auf die Gleichung hinaus: Der Holocaust sei einzigartig,
weil er unerklärlich sei, und er sei unerklärlich, weil er
einzigartig sei. Das sei aber die Mystifizierung und
Heiligsprechung des Holocaust, wie Elie Wiesel sie betreibe.
Und das gehe so weit zu sagen, das der Versuch, den
Holocaust rational zu verstehen, auf seine Leugnung
hinauslaufe, weil sie die Einzigartigkeit und das Mysterium
nicht akzeptiere.
Finkelstein findet die ganze Debatte
unfruchtbar und moralisch verwerflich. Warum wird die
Diskussion dennoch fortgesetzt? Er nennt zwei Gründe: 1. Die
Behauptung der Einzigartigkeit des Holocaust solle auch die
jüdische Einzigartigkeit belegen. Der Holocaust sei etwas
Besonderes , weil Juden etwas Besonderes seien. Der
Holocaust sei eben einzigartig, weil Juden in ihm
gelitten hätten. Finkelstein zitiert den jüdischen Theologen
Imar Schorsch, der sich heftig gegen die
Einzigartigkeits-These wehrt und sie für eine
„geschmacklose, säkularisierte Version der [jüdischen]
Auserwähltheit“ hält. Finkelstein nennt als zweiten Grund
für die Beibehaltung der These von der Einzigartigkeit den
Vorteil, den man daraus ziehen kann. Denn das einzigartige
Leid verleihe auch einen einzigartigen Anspruch und sei
deshalb ein großes moralische Kapital. Israel verfüge hier
über ein vorzügliches Alibi. Es kann so Ansprüche an andere
Länder stellen. Mit Berufung auf die Einzigartigkeit des
Holocaust könne es seine angeblich bedrohte Situation
belegen und sogar seine Aufrüstung mit Atomwaffen
rechtfertigen.
In einem Interview hat Finkelstein sein
Position noch einmal noch einmal kurz umrissen: „Der
Gedanke, der Nazi-Holocaust sei beispiellos, nicht
übertragbar, unverbunden mit dem Rest der Geschichte, ist
keine wissenschaftliche These. Das ist purer Chauvinismus.
Wenn man von Anfang an sage, ganz von Beginn, man könne
nicht vergleichen oder Vergleiche seien eine Form von
Holocaust-Leugnung, gut, dann sprechen wir nicht mehr über
Geschichte. Wir sprechen dann über Religion oder
Chauvinismus oder ethnischen Chauvinismus.“
1980 hatte ein anderer renommierte
israelischer Intellektuelle, Boas Evron. einen Aufsatz
veröffentlicht, der die provokative Überschrift trug: „Der
Holocaust – eine Gefahr für die Nation“. Darin griff er die
These von der Einzigartigkeit des Holocaust massiv an. Wie
Sand wie er auch auf die Ermordung vieler Deutscher hin:
Behinderte, unheilbar Kranke und Zigeuner. Zudem hätten die
Deutschen die Massenvernichtung auf andere Völker ausdehnen
wollen. Die These von der Einzigartigkeit des Holocaust
entlaste alle Beteiligten, besonders die Deutschen, weil sie
den Nationalsozialismus als einmaligen Ausbruch des
Wahnsinns hinstellen könnten und ihnen die Rückkehr in die
Gemeinschaft der Völker erleichtere. Dass die Ermordung der
Juden als einzigartiges Phänomen dargestellt würde, dem die
Welt schweigend zugesehen habe, habe den Interessen des
Zionismus und später denen des Staates Israel gedient.
Evron warnt, dass die These der
Einzigartigkeit des Holocaust sehr negative Folgen für
Israel selbst haben könnte. Denn diese These habe den
unerwünschten Nebeneffekt, dass sie das jüdische Volk von
der menschlichen Rasse trenne, als sei es separat geschaffen
worden. Diese Tendenz sei in der jüdischen Tradition tief
verwurzelt, und zwar in der Vorstellung von den Juden als
einem auserwählten, vom Rest der Menschheit getrennten Volk.
Doch die These stünde nicht nur dem zionistischen Traum von
einer ganz normalen jüdischen Existenz im Wege, sondern
könnte sogar zu moralischer Blindheit führen. Wörtlich
schreibt Evron: „Da wir immer hören, dass die Welt uns hasst
und verfolgt, sehen wir uns von der Notwendigkeit befreit,
ihr gegenüber irgendwelche moralischen Erwägungen
anzustellen. Die paranoide Trennung von der Menschheit und
ihren Gesetzen, warnt Evron, könne manche Juden an einen
Punkt bringen, an dem sie, wenn es in ihrer Macht stünde,
Nichtjuden als Untermenschen behandeln und praktisch die
rassistische Denkweise der Nazis übernehmen würden.
Ellie Wiesel war für solche Kritik an
der Einzigartigkeit des Holocaust nicht zugänglich. Er wurde
zum „Hohepriester“ in der religiös-metaphysischen
Darstellung dieses Megaverbrechens, das er aber nur aus
jüdisch-partikularistischer Sicht beurteilte und das für ihn
seine Erlösung im Staat Israel fand. Dass dieser Staat durch
seine grausame Eroberungs- und Okkupationspolitik gegenüber
den Palästinensern selbst längst zum Täter geworden ist,
konnte und wollte er nicht sehen. Er hat Israels politisches
und militärisches Vorgehen immer gerechtfertigt. Deshalb war
er nicht der große Humanist, als der er im Westen immer
gefeiert wurde, dazu hätten seine Schlussfolgerungen aus dem
Mega-Verbrechen Holocaust universalistisch sein müssen: So
etwas darf nicht nur Juden nie mehr passieren, sondern
keinem Menschen auf der Welt.
Universalistisch heißt auch: Die
Erinnerung und das Gedenken an die Ermordeten des Holocaust
muss um ihrer selbst willen erfolgen und darf nicht – in
welcher Absicht auch immer – instrumentalisiert sein. Ein
anderer Jude, der italienische Schriftsteller Primo Levi,
der zwei Jahre im Vernichtungslager Auschwitz einsaß, hat
dies deutlich gesagt, schließt aber auch eine Warnung an:
„Ich glaube, in den Schrecken des Dritten Reiches ein
einzigartiges, exemplarisches, symbolisches Geschehen zu
erkennen, dessen Bedeutung allerdings noch nicht erhellt
wurde: die Vorankündigung einer noch größeren Katastrophe,
die über der ganzen Menschheit schwebt und nur dann
abgewendet werden kann, wenn wir alle es wirklich
fertigbringen, Vergangenes zu begreifen, Drohendes zu
bannen.“ Mit seiner Mystifizierung des Holocaust hat Ellie
Wiesel weder zum Verständnis des Holocaust noch zur
Abwendung künftiger Katastrophen einen Beitrag geleistet.
Arn Strohmeyer hat zu diesem Thema ein
Buch geschrieben: Erinnern – aber wie? Israel zwischen
Holocaust-Gedenken und Besatzungsunrecht, Gabriele Schäfer
Verlag, Herne, 17,90 Euro, ISBN 978-3-944487-38-0
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