Die
Angst vor der historischen Wahrheit - Wer
Nakba-Ausstellungen verhindern will, hat etwas zu verbergen
Arn Strohmeyer
Kommentar zu: "Wirbel
um Nakba-Ausstellung in Überlingen"
Das
ist er wieder einmal der Vorwurf der Einseitigkeit, wenn
irgendwo eine Ausstellung über die Nakba 1948 (die
Katastrophe der Palästinenser) gezeigt werden soll – diesmal
in Überlingen. Als einseitig muss man es doch wohl
bezeichnen, dass uns seit der Gründung des Staates Israel
1948 nur die israelische Version der Geschichte Palästinas
und speziell der Nakba vorgesetzt worden ist. Erst in den
letzten Jahren ist in Deutschland durch verschiedene
Veröffentlichungen der wirkliche Ablauf der Nakba bekannt
geworden – und das auch noch vor allem durch die Arbeiten
von kritischen israelischen Historikern wie etwa Ilan Pappe
(„Die ethnische Säuberung Palästinas“) und Benny Morris.
Seitdem wissen wir, dass die offizielle israelische
Darstellung schlicht aus Mythen und Unwahrheiten besteht. Es
wird also höchste Zeit, dass die deutsche Öffentlichkeit
auch die sehr dunklen Seiten der israelischen Geschichte
erfährt.
Zur Frage der
Einseitigkeit gab es vor Jahren ein sehr weises Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes. Da hatte eine Partei gegen eine
Rundfunkanstalt geklagt, weil sie dessen Kommentare als zu
einseitig empfand: In Kommentaren müsse immer auch ihre (der
Partei) Position vorkommen, also die Gegendarstellung gleich
mitgeliefert werden. Das Gericht lehnte die Klage ab mit der
Begründung, Kommentare dürften ruhig einseitig seien,
sollten es im demokratischen Meinungsstreit sogar. Nur: Das
Gesamtprogramm müsse ausgewogen sein, d.h. die klagende
Partei müsse in Kommentaren des Senders auch ihre Meinung
darstellen können. Das war bei diesem Sender gegeben und
deswegen scheiterte die Klage.
Dasselbe muss
übertragen auch für die Darstellung der Nakba in Deutschland
gelten. Natürlich haben die Palästinenser und ihre Freunde
das Recht, diesen Abschnitt der zionistischen Geschichte in
einer Ausstellung zu zeigen – vorausgesetzt, die Darstellung
ist historisch seriös und sauber gemacht, d. h. sie enthält
keine strafwürdigen Tatbestände wie Verunglimpfungen und
Hetze. Genauso haben Israel und seine Lobbyisten das Recht,
ihre Sicht der Dinge darzustellen. Durch das Zeigen der
gegenseitigen Positionen kann dann eine fruchtbare
Diskussion entstehen, die der Sache und der Wahrheit nur
dienen kann.
Im Übrigen
weisen gerade Israelis wie etwa Ilan Pappe und Abraham Burg
immer wieder darauf hin, dass der Konflikt zwischen Israelis
und Palästinensern nur wirklich gelöst werden kann, wenn
beide Seiten die Leiden des anderen anerkennen: Die Israelis
die Nakba, für die sie sich bei den Palästinensern
entschuldigen und Wiedergutmachung leisten müssen – dann
werden auch die Araber bzw. die Palästinenser eine andere
Einstellung zum Holocaust finden und die Juden besser
verstehen. Die Kenntnis der Nakba ist also eine
Voraussetzung für den Frieden im Nahen Osten. Mit
Einseitigkeit hat das gar nichts zu tun. Davon reden
ausschließlich Leute, die wirklich nur die „Wahrheit“ der
einen Seite gelten lassen wollen.