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Sollen die Patriot-Raketen in der Türkei Israel schützen?
Die NATO bereitet sich offenbar auf den Krieg gegen
Irans Atomanlagen vor
Arn Strohmeyer
In der Türkei sind die ersten deutschen,
niederländischen und amerikanischen Soldaten eingetroffen,
die die Patriot-Raketenabwehrsysteme bedienen sollen. Sie
werden an der türkisch-syrischen Grenze stationiert. Der
NATO-Einsatz, um den die türkische Regierung selbst gebeten
hat, findet im Land selbst wenig Zustimmung. In der
vergangenen Woche gab es in verschiedenen Städten
Protestdemonstrationen gegen den „Beginn der Besatzung durch
die Mörder-NATO“. Wie die Türkei-Korrespondentin
verschiedener deutscher Tageszeitungen, Susanne Güsten,
berichtete, reicht der Widerstand gegen die Patriot-Raketen
bis ins türkische Parlament. Der parteilose Abgeordnete
Levent Tüzel sagte wörtlich: „Wir wollen keine deutschen,
niederländischen und andere NATO-Soldaten. Die wollen uns
doch bloß als Flugzeugträger im Nahen Osten benutzen.“ Tüzel
ist wie viele Gegner der Installierung von Patriot-Systemen
in ihrem Land davon überzeugt, dass es bei dem NATO-Einsatz
in Wirklichkeit nicht um Syrien geht, sondern um den Schutz
für den amerikanischen Verbündeten Israel.
Die Vermutung lautet, dass Israel früher oder
später die iranischen Atomanlagen angreifen wird, um den Bau
einer Atombombe zu verhindern. Teheran werde das natürlich
nicht hinnehmen – und deshalb wolle die NATO iranische
Gegenschläge auf Israel mit Hilfe ihrer Patriots auf
türkischem Boden abwehren. Wenn diese Vermutung richtig ist,
dann würden die NATO und auch die Regierung von Angela
Merkel der Bevölkerung nicht die Wahrheit über den wirklich
geplanten Auftrag des Patriot-Raketenabwehrsystems sagen,
denn sie sollen dann gar nicht die Türkei – wie behauptet –
schützen, sondern eben Israel. In Berlin hatten Politiker
der schwarz-gelben Bundesregierung in der Vergangenheit
immer wieder versichert, dass man Israel im Kriegsfall jede
erdenkliche Hilfe zukommen lassen werde. Schließlich sei
Israels Sicherheit Teil der deutschen „Staatsräson“. Dass es
sich im Falle eines Angriffs Israels auf den Iran um einen
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handeln würde, weil er
nicht über ein UNO-Mandat verfügt, spielt bei den
Überlegungen in Berlin und bei der NATO offenbar keine
Rolle.
Die Stationierung des
Patriot-Raketenabwehrsystems in der Türkei hat unter
politischen Beobachtern auch deswegen Erstaunen ausgelöst,
weil von syrischer Seite bisher noch nie eine Rakete auf
türkischem Gebiet eingeschlagen ist. Bisher handelte es sich
dabei nur um kleinere Granaten, die aber kaum Schaden
angerichtet hatten. Für deren Abwehr sind die Patriots aber
nicht geeignet. Widersprüchlich ist auch das Verhalten der
türkischen Regierung. Seit dem Angriff der Israelis auf die
Hilfsflotte für den besetzten Gazastreifen, bei dem mehrere
Türken ums Leben kamen, ist das Verhältnis Ankaras zu Israel
äußerst gespannt. Auf der anderen Seite hat Ankara aber
selbst um die Aufstellung der Raketen gebeten, die nun
offenbar in erster Linie zum Schutz Israels da sind.
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