Offener Brief von
Arn Strohmeyer an Ralph
Giordano
10.2.2012
Sehr
geehrter Herr Giordano,
Ludwig Baumann, mit
dem ich bekannt bin,
erzählte mir, dass
Sie ihn kritisiert
hätten, weil er an
einer Demonstration
gegen die
israelische Politik
vor dem Bremer Dom
teilgenommen habe.
Ich bin einer von
diesen „Leuten“, die
diese
Demonstrationen mit
ins Leben gerufen
haben, weil wir das
nun schon Jahrzehnte
andauernde Vorgehen
der Israelis gegen
die Palästinenser
vom moralischen,
völkerrechtlichen
und
menschenrechtlichen
Standpunkt aus
unerträglich finden
und mit sehr vielen
Menschen auf der
Welt - darunter
viele Juden - der
Meinung sind, dass
nur noch Druck von
außen Israel zu
einer Wende seiner
Politik bewegen
kann. Im Übrigen
meinen wir auch,
dass Israel mit
dieser Politik auf
dem Weg zum
Selbstmord ist, was
niemand will.
Solche Stimmen
werden in den USA
übrigens schon an
höchster Stelle
laut. Ich füge Ihnen
einen Artikel über
die Untersuchung
bei, die der heutige
amerikanische
Verteidigungsminister
Panetta als Chef der
CIA in Auftrag
gegeben hat, und die
zu dem Ergebnis
kommt, dass Israel
bei Fortführung der
gegenwärtig
praktizierten
Politik keine
Überlebenschance
hat.
Wir haben uns bei
unseren
Demonstrationen, die
wir auch
fortzusetzen
gedenken, auf ein
Urteil des
Europäischen
Gerichtshofes vom
25.2.2010 berufen,
das Israel
verbietet, Waren aus
den besetzten
Gebieten, die
völkerrechtlich
nicht zu Israel
gehören, mit der
Bezeichnung „Made in
Israel“ in die EU
einzuführen.
Europäische
Staatsmänner wie
Helmut Schmidt und
Richard von
Weizsäcker u.a.
haben in ihrem Brief
vom 2.12.2010 an den
Europäischen Rat
diesen Kurs
unterstützt. Auch
darauf berufen wir
uns.
Auf keinem unserer
Schilder hat der
Satz gestanden
„Kauft nicht bei
Juden!“. Niemand von
uns hat eine solche
Parole gerufen. Wie
kommen Sie dazu, uns
so etwas zu
unterstellen? Eine
solche Behauptung
ist eine reine
Denunziation von
bestimmter Seite. Es
ist schlimm, dass
Menschen, die für
die Einhaltung des
Völkerrechts, der
Menschenrechtscharta
und von Urteilen
internationaler
Gerichte, die alle
auch für Israel
gelten, als
„Antisemiten“, „SA-
und SS-Schergen“
beschimpft werden.
Ich selbst werde von
- natürlich anonym
im Internet
auftretenden - sog.
antideutschen
Israelfreunden als
„Beauftragter der
Linkspartei für die
Endlösung der
Israelfrage“
bezeichnet. Ich
gehöre weder der
Linkspartei an noch
habe ich jemals das
Existenzrecht
Israels bestritten,
sondern kritisiere
lediglich die
Politik dieses
Staates, was unter
Demokraten ja
möglich sein sollte.
Solche
denunziatorischen
Äußerungen haben
genau das Niveau,
dessen mich/uns
diese Leute
beschuldigen - es
ist Hetze im „Stürmer“-Stil.
Sie sind ein
Tiefstand der
politischen Kultur
in diesem Lande. Ich
bedaure es sehr,
dass Sie als ein
Schriftsteller von
Rang, dessen Bücher
über den
Nationalsozialismus
und seine
Aufarbeitung in
Deutschland ich
überaus schätze, an
solchen Kampagnen
teilnehmen. Ich
selbst habe ein sehr
kritisches Buch über
meinen eigenen
Nazi-Vater, unter
dem ich sehr
gelitten habe,
geschrieben und muss
mich nun, weil ich
gegen eine
unmenschliche und
barbarische Politik
demonstriere, als
„NS-Scherge“
beschimpfen lassen.
Da stimmt etwas
nicht, weil hier das
politische
Wertesystem, das
eigentlich an
Aufklärung und
Humanität gebunden
sein müsste, völlig
aus den Fugen gerät.
Mit freundlichem
Gruß
Ludwig
Baumann ist Teilnehmer
der Bremer Nahostgruppe
Ludwig Baumann (Wehrmachtsdeserteur)
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