Fotos von Tansu Kemal Acar
„Im Gefängnis, weil wir Palästinenser sind“
In Bremen unterstützten am Wochenende Aktivisten und
Palästinenser gemeinsam den Hungerstreik und die Forderungen
der Gefangenen in israelischen Haftanstalten
Arn
Strohmeyer
Jeden
Samstagvormittag demonstrieren Bremer Bürger, die nicht
an eine bestimmte Gruppe gebunden sind, mit einer Mahnwache
für die Freiheit und Selbstbestimmung der Palästinenser
– und damit gegen Israels brutale Besatzungspolitik,
Diese Mahnwache findet seit vielen Jahren statt und
ist längst zu einer ständigen Institution geworden,
sehr zum Ärger der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
(DIG), der Jüdischen Gemeinde und vieler Vertreter der
politischen Parteien in der Hansestadt, die darin einen
Ausbund von „Antisemitismus“ sehen. Auch die Bremer
evangelische Kirche, vor deren Dom die Mahnwache stattfindet,
hat schon mit allen Mitteln versucht, die lästigen Gegner
der israelischen Politik loszuwerden. Aber vergeblich,
denn sie musste sich sagen lassen, dass die Demonstranten
nicht auf den Domtreppen stehen, sondern auf dem Bürgersteig
davor, und der ist städtischer Grund, über den die Kirche
nicht zu verfügen hat.
Gewöhnlich
kommen zu der Mahnwache etwa 15 Leute, am letzten Samstag
waren es aber gut 30 bis 40, denn Mitglieder der palästinensischen
Gemeinde waren mit Kind und Kegel, vielen Plakaten und
Spruchbändern angerückt, um den Hungerstreik und die
Forderungen der politischen palästinensischen Gefangenen
in israelischen Gefängnissen zu unterstützen. Auf Transparenten
waren die Fakten vermerkt: Rund 6000 Palästinenser sitzen
unter furchtbaren Bedingungen in Israels Haftanstalten,
viele sind nach dem nur für Palästinenser geltendem
Militärrecht verurteilt (das man auch als Apartheidsrecht
bezeichnen kann), viele werden aber auch in Administrativhaft
festgehalten, das heißt ohne Prozess und Urteil. Diese
Art der Haft kann beliebig und nach Willkür der israelischen
Militärrichter verlängert werden. Dass in diesen Haftanstalten
auch gefoltert wird, ist kein Geheimnis.
Auch jeweils
etwa 300 Kinder sitzen in diesen Gefängnissen. Ihr zumeist
schreckliches Vergehen: Steine-Werfen gegen das israelische
Militär. Das UNO-Kinderrechtskomitee und das UNO-Kinderhilfswerk
UNICEF haben immer wieder darauf hingewiesen, dass dieses
israelische Vorgehen gegen Minderjährige ein klarer
Verstoß gegen die Internationale Kinderrechtskonvention
ist. Sie haben auch dagegen protestiert, dass diese
Heranwachsenden dort misshandelt und gefoltert werden.
Aber ohne Erfolg. Die „einzige Demokratie im Nahen Osten“,
die sich auf ihre Zugehörigkeit zum Westen und dessen
Werte beruft, hält solche Praktiken für ihr gutes Recht.
„Im Gefängnis, weil wir Palästinenser sind“ lautete
denn auch eine Zeile auf einem Transparent der Palästinenser
bei der Bremer Mahnwache.
Wenn der
Hungerstreik andauert (und damit ist zu rechnen), will
die palästinensische Gemeinde am kommenden Samstag in
noch größerer Zahl anrücken. Vielleicht nimmt dann auch
die Bremer Monopolzeitung Weser-Kurier von dem Protest
Kenntnis. In seiner Sonntagsausgabe fand sich darüber
kein Wort, dafür aber ein großer Artikel mit Bildern
über Oldtimer-Autos, die für ein paar Stunden den Bremer
Marktplatz (verun)zierten. Das sage einer noch, wir
hätten keine „Lückenpresse“!
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