Der Bremer Innensenator Ulrich
Mäurer hat Recht: An der Grenze zum Gazastreifen richten die
Israelis friedliche Demonstranten hin
Arn
Strohmeyer - 11.10.2018
Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hat Mut bewiesen
und die Dinge beim Namen genannt: Was an der Grenze zwischen
Israel und dem Gazastreifen an jedem Freitag geschieht, sind
eindeutig „Hinrichtungen“ – man kann sie auch Mord nennen.
Dort schießen bewaffnete Israelis (Soldaten oder Angehörige
der Polizei) auf friedliche Demonstranten, die gegen die
Blockade protestieren, die sie seit elf Jahren von der
Außenwelt völlig abschließt. Sie demonstrieren auch für ihr
Recht auf Heimkehr in ihre Städte und Dörfer. Denn drei
Viertel der Bewohner des Gazastreifens bzw. ihre Nachkommen
sind Flüchtlinge, die die Israelis 1948 und 1967 aus ihrer
Heimat vertrieben haben. Der Gazastreifen ist heute nicht
nur das am dichtesten besiedelte Gebiet der Welt, er ist als
Folge der israelischen Abriegelung ein Elendsquartier, sogar
kritische Israelis sprechen vom „größten Freiluftgefängnis
der Welt“. Die Lebensverhältnisse dort sind so unerträglich
geworden, dass die UN voraussagen, dass der Gazastreifen
2020 unbewohnbar sein wird.
Was an der Grenze zum Gazastreifen an jedem Freitag
stattfindet, ist nichts anderes als ein Massaker: Rund 200
Palästinenser sind bei den Demonstrationen bisher erschossen
und über 10 000 verletzt worden, auf der israelischen Seite
ist nicht ein einziger Soldat oder Polizist zu Schaden
gekommen. In diesem Zusammenhang von „Krieg“ zu sprechen,
den die Palästinenser begonnen hätten, (wie der Vorsitzende
der Grünen in Bremen, Hermann Kuhn behauptet) ist nicht nur
lächerlich, es ist zynisch und unmenschlich und grenzt an
Rassismus, denn hier wird ja indirekt behauptet, dass
palästinensische Leben viel weniger wert sind als
israelische.
Wenn die führenden Vertreter der bremischen Parteien von
CDU, Grünen und FDP Mäurer „Antisemitismus“ vorwerfen,
beweisen sie nur, dass sie unter völligem Realitätsverlust
leiden und nicht den Mut haben, die Brutalität und
Menschenverachtung der israelischen Besatzungspolitik
wahrzunehmen und dagegen zu protestieren. (Der Gazastreifen
ist kein selbständiger Staat, sondern nach wie vor
israelisches Besatzungsgebiet. Die Abschottung des Streifens
ist eine völkerrechtswidrige Kollektivstrafe.) Wenn diese
Politiker glauben, mit ihren Stellungnahmen einen Beitrag
zur Bekämpfung des Antisemitismus zu leisten, so irren sie.
Das Verschweigen der Brutalität der israelischen Besatzung
facht den Antisemitismus erst richtig an, denn die meisten
Menschen in Deutschland wissen sehr wohl, welche monströsen
Menschenrechtsverbrechen die Israelis an den Palästinensern
begehen. Sie folgern daraus: „Israelis bzw. Juden dürfen
offenbar alles!“ Wie es in Israel ganz offiziell heißt: „Wir
haben den Holocaust durchgemacht, uns ist alles erlaubt.“
Die israelische Justizministerin Ajeled Shaked darf sogar
öffentlich sagen, dass Israel mit Völkerrecht und
Menschenrechten nichts zu tun hat. Israel selbst erzeugt auf
diese Weise Antisemitismus, nicht ein deutscher Politiker,
der das israelische Vorgehen kritisiert.
Es ist sehr zu bedauern, dass Innensenator Mäurer dem
Druck des Antisemitismusvorwurfs nachgegeben und seine
Äußerung zurückgenommen hat. Verletzungen von
Menschenrechten und Völkerrecht anzuklagen und sich für
Humanität einzusetzen, hat mit Antisemitismus gar nichts zu
tun. Es wird Zeit, dass in Deutschland offen über Israels
verbrecherisches Vorgehen gegen die Palästinenser gesprochen
werden kann. Erst dann haben wir ein normales Verhältnis zu
diesem Staat. Die Menschenrechte sind unteilbar.
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