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Wie die westliche Propaganda von der Aufteilung der Welt in Gut
und Böse lebt
Der Publizist
Michael Lüders unterzieht in seinem neuen Buch die Außenpolitik
und das Mediensystem der USA, der EU und Deutschlands einer
fundamentalen Kritik/ Israel als negatives Beispiel
Arn
Strohmeyer
Für die
deutschen Mainstream-Medien sind die USA die große Ordnungsmacht
in der Welt, die für die abendländischen Werte Demokratie,
Freiheit und Menschenrechte steht. Der deutsche Publizist und
Nahost-Experte Michael Lüders schildert in seinem neuen Buch Die scheinheilige Supermacht. Warum wir aus dem Schatten der USA
heraustreten müssen aber ein ganz anderes Amerika: eine
hegemoniale, imperiale Macht, die unliebsame Regierungen in der
Welt zu beseitigen und durch pro-amerikanische zu ersetzen
versucht (was sie auch schon sehr oft geschafft hat); die
bestehende brutale Diktaturen verteidigt und am Leben erhält –
jeder Demokratie-Bewegung zum Trotz, sofern die jeweiligen
Machthaber als strategische Verbündete gelten. Alles nach dem
Motto, das der frühere US-Präsident Ronald Reagan einmal so
formuliert hat: „Natürlich, diese Diktatoren sind Verbrecher,
aber es sind unsere Verbrecher!“
Lüders kann
viele Beispiele für gewaltsame Umstürze und Regimewechsel
nennen, die Washington im Namen der sogenannten westlichen Werte
durchgeführt hat. Er zieht eine düstere Bilanz der
US-Außenpolitik: „Die militärischen Eingriffe der USA wie auch
jene, die eher unsichtbar im Hintergrund wirken, haben seit dem
Zweiten Weltkrieg Millionen Menschen das Leben gekostet und
ganze Staaten verheert, vor allem in Lateinamerika und in der
arabisch-islamischen Welt, Vietnam nicht vergessen.“
Die
entscheidende Frage, der Lüders in seinem Buch zunächst
nachgeht, ergibt sich aus dem Gesagten von selbst: Wie gelingt
es der regierenden Elite in den USA, eine neo-imperiale Agenda
medial so zu inszenieren, dass diese Inszenierung erst gar nicht
als solche wahrgenommen wird, sondern als Verteidigung höherer –
eben der westlichen – Werte daherkommt, und die politischen
Gegenspieler ohne weiteres als irrational und fanatisch – eben
als die „Bösen“ – dämonisiert werden können. Man denke nur an
die gegenwärtige propagandistische Darstellung des Iran durch
die USA und Israel. Aber auch Europa spielt da voll mit.
Die hier
gestellte Frage ist eng mit zwei anderen Fragen verbunden: Wann
hat es die letzte „erfolgreiche“ Intervention einer westlichen
Streitmacht im Nahen oder Mittleren Osten gegeben? Im Irak? In
Libyen? In Afghanistan? Und: Wieso spielt die erfahrbare
Wirklichkeit beim Appell, dass die Deutschen mehr
„Verantwortung“ in der Welt übernehmen und endlich auch die
Bundeswehr an die globalen Fronten schicken sollen, keine Rolle?
Wo doch gerade in Deutschland „Erinnerungspolitik“ so
großgeschrieben wird!
Der
amerikanische Medienwissenschaftler Robert M. Entman hat sich
mit der Frage befasst, wie das Wechselspiel von
US-amerikanischer Außenpolitik, dem Filtern von Nachrichten und
der Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Sinne der
Regierenden funktioniert und gelingt. Er nennt die Methode, die
er dabei entdeckt hat, Framing und versteht darunter:
„Die Auswahl oder Hervorhebung einzelner Facetten von
Ereignissen oder Themen, die aufeinander bezogen werden, dass
eine bestimmte Interpretation, Beurteilung und/oder Lösung
Vorrang erhält. (…) Die Herausforderung besteht darin, das
eigene Handeln, die eigenen Überzeugungen erfolgreich, mit Hilfe
der Medien, als richtig und ‚alternativlos‘ darzustellen, den
oder die Gegner respektive deren Weltbilder dagegen als unfähig,
naiv, unpatriotisch, gefährlich etc. zu etikettieren. (…)
Framing arbeitet vielfach mit Gut-und-Böse-Narrativen: Es setzte
den Rahmen für das Plakative.“ Framing zielt also darauf ab, die
eigene Seite als die „Guten“ darzustellen und die „Anderen“ als
die „Bösen“ anzuprangern und den Menschen dieses Narrativ so
lange einzutrichtern, bis sie bereit sind, militärische
Interventionen und selbst Kriege als legitime Verteidigung von
Freiheit, Demokratie und Menschenrechten zu verstehen. Ob der
Feind nun der Kommunismus oder die Mullahs sind, ist dann ganz
gleichgültig, entscheidend ist die Durchsetzung der Macht des
Imperiums.
Entman
ergänzt sein Framing-Modell durch das Kaskaden-Modell. Es geht –
hier sehr vereinfacht dargestellt – davon aus, dass die
Meinungsbildung hierarchisch von oben nach unten stattfindet.
Die Machtelite gibt von ganz oben ihre Sicht der Dinge aus,
unterhalb der Ebene der Top-Administration befinden sich auf der
zweiten Stufe der Kaskade „andere Eliten“, etwa
Kongressabgeordnete, Lobbyisten und Angehörige von Denkfabriken
sowie Experten. Diese Gruppe beeinflusst meinungsbildend die
dritte Stufe der Kaskade: die Medien, die dann die unterste
Stufe der Kaskade „informiert“: die Öffentlichkeit.
Meinungsunterschiede gibt es nur insoweit, wie es in der
Machtelite differierende Ansichten gibt. Framing macht es
möglich, dass die Worte und Bilder der eingeschworenen
Meinungsmacher auch in der Bevölkerung ankommen.
Ergänzend
dazu sei angemerkt, dass der deutsche Medienwissenschaftler
Ulrich Teusch ein ganz ähnliches Modell der Medienbeeinflussung
entwickelt hat.
Er setzt dem vom rechten politischen Spektrum gebrauchten Wort
von der „Lügenpresse“ den seriöseren Begriff „Lückenpresse“
entgegen. Die „Lücken“ sind für ihn das eigentliche Problem der
heutigen Medienwelt. Er konkretisiert seine Kritik: Lücken
entstehen, wenn bestimmte Nachrichten und Fakten regelrecht und
ganz gezielt unterdrückt werden. Der Begriff bezieht sich aber
auch auf die Bewertung von Nachrichten. Soll heißen: Die eine
Nachricht wird künstlich hochgespielt, die andere wird irgendwo
gemeldet, aber bewusst unten gehalten oder sogar weggelassen.
Entscheidend ist auch der Kontext, in dem Nachrichten
erscheinen: Die eine Nachricht wird tendenziös eingebettet, mit
einem „spin“ versehen, die andere aber nicht.
All diese
Mechanismen verstärken sich wechselseitig, und wenn sie
regelmäßig auftreten oder sich bei bestimmten Themen zu einem
flächendeckenden Phänomen anwachsen, entstehen Narrative, also
große journalistische Deutungsmuster oder Erzählungen. In diese
Narrative werden dann alle neu einlaufenden Informationen
eingeordnet. Wenn sie ins Narrativ passen, ist ihnen
Aufmerksamkeit gewiss, falls nicht, trifft sie das
Lückenschicksal. Teusch weist auf die Gefahren solcher Narrative
hin: „Dass Journalisten solche Narrative bedienen, halte ich für
absolut inakzeptabel und indiskutabel.“ Ein Journalismus, der
sich Narrativen fügt, ist ein Widerspruch in sich selbst. Er
kann schlimme Folgen haben. Aber natürlich erfordert es Courage,
sich einem dominanten Narrativ zu widersetzen, womit das Thema
Selbstzensur angesprochen ist. Als weiteres Kriterium für die
Vertrauenskrise der Medien führt Teusch die „doppelten
Standards“ an. Das heißt: Nachrichten werden in tendenziöser
Weise bewertet, es wird also mit zweierlei Maß dabei gemessen.
Alle diese Merkmale hängen eng miteinander zusammen und
verstärken sich wechselseitig. Zudem kommen diese Phänomene
nicht zufällig zustande, sondern sind strukturell verankert und
natürlich interessengeleitet.
Michael
Lüders kann zahlreiche Beispiele und Belege für das hier über
Manipulationstechniken Gesagte in den deutschen
Mainstream-Medien nennen, von denen hier nur einige aufgeführt
werden können. Ausführlich geht der Autor auf die
Nahost-Problematik und den Iran ein. Der im Westen fast zur
Pflicht gewordenen Dämonisierung dieses Staates setzt er ein
realpolitisches Verstehen entgegen, das heißt, auch die
legitimen Interessen dieses Staates wahrzunehmen. Die Vorwürfe
gegen die Mullahs in Teheran lauten: Missachtung der
Menschenrechte, das angebliche Bestreben dieses Staates, Israel
zu vernichten sowie der Vorwurf des aggressiven
Expansionsdranges.
Menschenrechte.
Man mag in dieser Hinsicht Kritik an Teheran üben können, aber
wer im Glashaus sitzt, sollte nicht Steinen werfen, sonst kommt
da schnell Heuchelei dabei heraus. Wer ernsthaft glaubt, so
Lüders, die US-Sanktionen gegen den Iran oder Syrien verfolgten
das Ziel, dort die Menschenrechtslage zu verbessern, sei in der
Tat einfältig und naiv. Die Menschenrechte dienen dem
US-Imperium und seinen Verbündeten nur als Alibi zur
Durchsetzung eigener hegemonialer Interessen. Wo und wann geht
es dem Westen in Staaten, die ihm nahestehen, um Menschenrechte?
Etwa im Irak, in Ägypten, in Saudi-Arabien, im Jemen, in
Afghanistan? Von Israels Unterdrückung der Palästinenser ganz zu
schweigen. Lüders merkt dazu an: „Wäre das syrische Regime
prowestlich, könnte Assad massakrieren, wen und so viel er
wollte – nicht anders als etwa der saudische Kronprinz im Jemen.
Verbrecher an der Macht gibt es viele in der Region. Die
allermeisten sind beste Freunde in Washington wie auch in
Brüssel oder Berlin.“
Bestreben des
Iran, Israel zu vernichten.
Der Iran hat im Gegensatz zu Israel keine Atomwaffen und hat
auch sonst gar nicht die militärischen Mittel, Israel zu
attackieren oder sogar zu vernichten. Die Iraner wissen aber
genau, dass Israel sehr wohl die Waffen besitzt, ihr Land zu
zerstören. Das ist sicherlich mit ein Grund dafür, dass sich der
Mullah-Staat militärisch eher defensiv verhält. Israel greift
ständig die iranischen Atomanlagen an (mit direkten oder
Cyberanschlägen), hat schon mehrere iranische
Atomwissenschaftler ermordet, bombardiert mit seiner Luftwaffe
ständig iranische Stellungen in Syrien, und Ex-Präsident Trump
ließ – sicher mit voller Zustimmung Israels – den iranischen
obersten General Soleimani ermorden. Hat der Iran Vergeltung
geübt und zurückgeschlagen? Lüders fragt zu Recht, was wäre
geschehen, wenn der Iran einen der führenden amerikanischen
Generäle ermordet hätte?
Man muss den
Vorwurf der Bedrohung zurückgeben. Israels Präsident Netanjahu
drängt die US-Regierung seit Jahren immer wieder, den Iran
anzugreifen. Der israelische Minister Tzachi Hanegbi hat zudem
kürzlich stolz verkündet, Israel sei das einzige Land, das seit
Jahren [in Syrien] Iraner töte. Und Trump hat den Iranern die
„Vernichtung“ angedroht, sollten sie Amerikanern Schaden
zufügen.
Aggressive
Expansionspolitik.
Lüders widerlegt diesen Vorwurf mit einer einfachen, aber sehr
überzeugenden Erklärung. Der Iran ist durch den ihm
aufgezwungenen, zehn Jahre dauernden Krieg mit dem Irak Saddam
Husseins (hinter dem damals die USA standen), ein gebranntes
Kind. Die Iraner müssen damit rechnen, dass sie erneut
angegriffen werden können und dass ihr Land dann zum
Schlachtfeld wird. Sie wissen aber, dass sie einen Krieg
aufgrund ihrer begrenzten Ressourcen und militärischen Mittel
nicht gewinnen können. Deshalb haben sie (genau gesagt General
Soleimani) das Konzept der Vorwärtsverteidigung
entwickelt. Das heißt, iranische oder pro-iranische Milizen im
Irak, in Syrien und im Libanon sorgen im Ernstfall dafür, dass
die Kampfhandlungen auch andere arabische Staaten und Israel
erfassen und sich nicht allein auf den Iran beschränken. Dies
ist kein Angriffskonzept, sondern eine Warnung für die Feindes
des Iran, es nicht so weit kommen zu lassen. Möglich ist dieses
Konzept nur geworden, weil die USA den großen Fehler begangen
haben, den Irak zu zerstören und Syrien zu destabilisieren. Der
Iran hat das dort entstandene Machtvakuum also geschickt für
sich ausgenutzt.
Lüders geht
auch ausführlich auf die Hisbollah ein, die im Westen auf Geheiß
der USA und Israels als „Terrororganisation“ gilt. Aber diese
Organisation ist nicht aus antisemitischen Gründen geschaffen
worden, um Israel zu attackieren, sondern Israel hat sie
sozusagen selbst hervorgebracht. Die „Partei Gottes“ ist ab 1982
als Ergebnis der äußerst brutalen israelischen Besetzung des
Südlibanon als Widerstandstruppe entstanden, als die israelische
Armee mit massiver Gewalt gegen die Schiiten im Südlibanon
vorging, ihre Dörfer bombardierte und die Bauern bei der
Feldarbeit beschoss. Heute ist die Hisbollah ein Machtfaktor im
Nahen Osten und die stärkste politische und militärische Kraft
im Libanon. Hier hat Israel wirklich ganze Arbeit geleistet.
Für die
US-Sanktionen gegen den Iran hat Lüders eine einleuchtende
Erklärung. Erstens gehört jeder Staat zu den „Bösen“, der sich
dem imperialen US-Hegemon nicht unterwirft. Zweitens muss
Washington aus seiner Sicht den „maximalen Druck“ auf Teheran
aufrechterhalten, weil die iranische Wirtschaft ohne Sanktionen
boomen und damit die politische Bedeutung des Landes enorm
wachsen würde, was vor allem auf Kosten Israels und
Saudi-Arabiens geschehen würde. Das kann Washington nicht
zulassen.
Dabei ist es
völlig egal, wie sich die politische Führung im Iran verhält,
sie muss im Visier der USA bleiben, denn letzten Endes geht es
darum, über den Umweg der Iran-Sanktionen Russland und China zu
schwächen. Dabei übersehen die Strategen in Washington aber
eins: Dass sie mit einer solchen Politik diese drei Staaten in
einem wirtschaftlich und militärisch sehr mächtigen Bündnis
zusammenschweißen. Die Kooperation ist schon so weit
fortgeschritten, dass sie ein neues internationales
Zahlungssystem einführen wollen, das der globalen Leitwährung
Dollar und dem SWIFT (globaler Anbieter von
Bank-Dienstleistungen) Konkurrenz machen soll. Die US-Sanktionen
könnten sich also eines Tages als großes Eigentor herausstellen.
Michael
Lüders Ausgangspunkt waren die manipulativen Methoden der
westlichen Medien vor allem in den USA. Der Autor weist mit
vielen Belegen nach, wie die deutschen Mainstream-Medien (FAZ,
SZ, SPIEGEL, ZEIT – von den Springer Blättern ganz zu schweigen
– sowie die öffentlich-rechtlichen Sender) stramm auf die
transatlantische Ideologie ausgerichtet sind, das heißt, dass
sie die politischen Vorgaben aus Washington zumeist kritiklos
übernehmen und nachbeten. Dass man den irrlichternden
Irrationalisten Tump kritisieren durfte, widerspricht dem nicht.
Mit dem neuen Präsidenten Biden soll nun wieder an die guten
alten Zeiten angeknüpft werden. Es soll trotz weltpolitischer
Umwälzungen alles offenbar so bleiben, wie es einmal zu Zeiten
des Kalten Krieges war.
Ein gutes
Beispiel für die totale, vasallenartige Abhängigkeit der
deutschen Politik von den USA belegt folgendes Beispiel: Anfang
März 2 021
hat die Bundesregierung den Antrag gestellt, das Mandat für die
Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan um ein Jahr
zu verlängern. Der Bundestag hätte dem noch zustimmen müssen,
was aber reine Routine gewesen wäre. Einen Monat später
verkündete US-Präsident Biden aber den Abzug der amerikanischen
Truppen aus Afghanistan bis zum 11. September (Tag von Nine
Eleven, dem Anschlag in New York, nach dem des Einsatz am
Hindukusch begann). Damit war auch der gerade erst gefasste
Beschluss der Bundesregierung hinfällig. In den deutschen Medien
wurde das kaum kritisch vermerkt.
Es lässt sich verallgemeinernd sagen: In Anwendung des oben
dargestellten Framing-Kaskaden-Modells bzw. der „Lücken“ Methode
wird in den deutschen Mainstream-Medien nicht wahrheitsgemäß und
vollständig über die Vorgänge im Nahen Osten, Russland und China
informiert. Wobei Israel noch ein extremer Sonderfall ist, denn
über die inhumane und völkerrechtswidrige Politik dieses Staates
zu berichten, ist weitgehend ein Tabu und wird obendrein
umgehend mit dem Antisemitismus-Vorwurf bestraft. Da dominiert
dann die „Lücke“ die Berichterstattung und Kommentierung.
Ansonsten aber gilt: Wenn man sich im Besitz des absoluten
Wissens wähnt und weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind,
braucht man über die ganz legitimen Interessen der Gegenseite
gar nicht mehr informieren. Verständigung und Ausgleich können
so aber nicht erreicht werden. Lüders merkt dazu an: „Was in
Deutschland fehlt, sind meinungsoffene, streitbare
Auseinandersetzungen über außenpolitische Grundsatzfragen.“
Stattdessen gibt es nur eine völlig einseitige „Aufklärung“!
Lüders belässt es aber nicht bei reiner Kritik an den USA, die
bei den Transatlantikern „Anti-Amerikanismus“ genannt wird,
sondern plädiert für ein eigenständiges Auftreten Europas: „Die
Alternative zur Nibelungentreue gegenüber Washington heißt nicht
Umarmung Chinas oder Russlands, sondern die selbstbewusste
Wahrnehmung eigener Interessen im Kontext der Europäischen
Union.“ Dazu gehört natürlich auch die realistische Wahrnehmung,
dass sich die globalen Machtverhältnisse zuungunsten der USA in
Richtung der neuen Supermacht China verschieben. Darauf muss
sich Europa einstellen und dazu eine eigene vermittelnde
Position finden.
Michael Lüders ist einer der wenigen noch intellektuell
unabhängigen Publizisten in Deutschland, die nicht einer
Gut-Böse-Ideologie folgen, sondern zuerst die politischen
Realitäten im Auge haben und dann aus ihnen ihre
Schlussfolgerungen ziehen. Das macht seine Veröffentlichungen so
wertvoll. Sein neues Buch deckt unangenehme Fakten auf und ruft
zum Umdenken in Richtung auf eine humane Zukunft auf. Es ist zu
hoffen, dass Lüders kein einsamer Rufer in der Wüste bleibt!
Michael Lüders: Die scheinheilige Supermacht. Warum wir aus dem
Schatten der USA heraustreten müssen, München 2021, ISBN 978 3
406 76839 2, 16,95 Euro |