Von Arn Strohmeyer
Wenn das Image eines Landes durch eine
desaströse Politik nicht mehr zu retten ist, muss die
Propaganda ran, um die schlimme Wirklichkeit wieder in
rosiges Licht zu rücken. genau das geschieht z.Zt. mit
Israel. Kürzlich hatte eine globale BBC-Studie ergeben,
dass Israel in der internationalen Bewertungsskala mit
Iran und Pakistan das Schlusslicht bildet. Diesem Staat,
der von sich behauptet, die „einzige Demokratie“ im
Nahen Osten zu sein, steht wegen seiner Politik
gegenüber den Palästinensern das Wasser offenbar bis zum
Hals. Wie sonst könnte man sich sonst erklären, dass
Israels Botschaft in Berlin - wie aus sicherer Quelle
verlautete - nun an die Kulturministerien der
Bundesländer mit der Aufforderung herangetreten ist, in
den Schulen Aufklärungsunterricht über Israel zu
erteilen. Wie es weiter heißt, haben mehrere
Bundesländer dieses Ansinnen abgelehnt, einige haben
sich aber gehorsam bereit erklärt - etwa das Bundesland
Bremen, das als besonders Israel-treu gilt.
Was sollen deutsche Lehrer nun ihren
Schülern im israelischen Auftrag erklären? Warum Israel
auch nach 63 Jahren staatlicher Existenz immer noch
keine festen Grenzen hat, weil es immer noch dabei ist,
sich auf Kosten seiner Nachbarstaaten auszudehnen? Dass
dieser Staat gegen das Völkerrecht und die
Menschenrechtscharta fremdes, ihm nicht gehörendes
Territorium besetzt hält und dessen Bewohner in brutaler
Weise unterdrückt? Dass Israel die Ureinwohner
Palästinas mit Mauern und elektronischen Zäunen
einschließt, um sie voll unter Kontrolle zu halten? Dass
der Gaza-Streifen seit Jahren vom Land, von der Luft und
vom Meer her belagert wird und den Menschen dort das
Nötigste zum Überleben fehlt? Und, und ... man könnte
noch zahllose Untaten der israelischen Politik anführen,
die aber von der westlichen Staatengemeinschaft - mit
den USA, der EU und Deutschland an der Spitze - unter
völliger Missachtung ihres eigenen Wertesystems
(Stichworte: Menschenrechte, Völkerrecht, Demokratie
usw.) nicht nur geduldet, sondern auch gefördert werden.
Das alles werden die deutschen Schüler
sicher nicht hören, sondern dass der kleine Staat der
Juden (inzwischen die viertgrößte Militärmacht der Welt
einschließlich Atombomben und der viertgrößte globale
Waffenexporteur) tapfer um seine Existenz kämpft, weil
er rundum von bösen arabischen terroristischen Regimen
umgeben ist. Und weil das so ist, muss Israel ständig
„Selbstverteidigungskriege“ führen, um einen „neuen
Holocaust abzuwehren“. Dass bei diesen Kriegen Gaza mal
eben in Schutt und Asche gebombt wird (1400 Tote bei so
gut wie keinen eigenen Verlusten) und 2006 der Libanon
weitgehend zerstört wurde - alles zur
„Selbstverteidigung gegen den Terrorismus“.
Die deutschen Schüler sollen offenbar die
israelische Sicht der Dinge und den israelischen
Sprachgebrauch lernen. Den hat der israelische
Journalist Jonathan Mendel kürzlich erläutert. Man
fühlte sich bei der Lektüre seines Artikels stark an
George Orwells „1984“ erinnert. So werden z. B. die
völkerrechtswidrig besetzten und besiedelten Gebiete
nicht mehr als solche bezeichnet, sondern als
„verwaltete“ oder „umstrittene“ - oder einfach als die
„Gebiete“. Der Terminus „Ost-Jerusalem“ (der arabische
Teil) wird nicht mehr gebraucht. Da Jerusalem von den
Israelis völkerrechtswidrig annektiert ist, spricht man
nur noch von „Jerusalem“. Die israelische Armee tötet
auch nicht absichtlich, sie mordet auch nicht. Wenn zum
Beispiel eine israelische Rakete oder Bombe ein
palästinensisches Haus trifft und 20 Zivilisten dabei
tötet, ist das kein absichtliches Töten, sondern diese
„Palästinenser haben den Tod gefunden“, als hätten sie
ihn offenbar gesucht. Wenn israelische Soldaten nachts
einen Palästinenser aus dem Bett holen und abführen,
haben sie ihn „verhaftet“. Nehmen Palästinenser einen
Israeli gefangen, ist er „entführt“ worden.
Palästinenser sind immer, wenn sie sich gegen
israelische Übergriffe verteidigen, „Terroristen“.
Israelis handeln dagegen grundsätzlich nur in
„Selbstverteidigung“. Nur Palästinenser haben „Blut an
den Händen“, niemals Israelis.
Begriffe, die die tägliche Realität
ausmachen, wie „Besatzung“, „Apartheid“, Rassismus“ oder
„palästinensische Bürger Israels“, „ethnische Säuberung“
oder „Nakba“ (die Vertreibung der Palästinenser 1948)
kommen im Sprachgebrauch der israelischen Medien nicht
vor. Jonathan Mendel schreibt dazu, dass es für die
Israelis auf Grund solcher nicht von oben verordneten,
aber von den meisten Journalisten eingehaltenen Sprach-
und Verhaltensregeln unmöglich ist, sich mit der
Realität ihres eigenen Landes auseinanderzusetzen. Und
der Schriftsteller David Grossmann merkt dazu an: „Eine
Gesellschaft, die [wie die israelische] eine Krise
durchläuft, schafft sich eine neues Vokabular. Nach und
nach taucht eine neue Sprache auf, deren Wörter nicht
mehr die Realität beschreiben, sondern sie verbergen.“
In deutschen Schulen ist der
Geschichtsunterricht in den vergangenen Jahren schon
sehr reduziert worden. Eine bessere Aufklärung gerade
über den Nationalsozialismus und den Holocaust tut
unbedingt not. Aber einer wie von der Botschaft
gewollten Propaganda, die ein völlig verzerrtes Bild von
diesem Land gibt und einer Gehirnwäsche gleichkommt,
sollte man den Schülern ersparen.