Der
kanadisch-jüdische
Historiker
Yakov
M.
Rabkin
hat
ein
faszinierendes
Buch
über
die
jüdische
Opposition
gegen
den
Zionismus
geschrieben
Arn
Strohmeyer
Judentum,
Antisemitismus
und
Israel
sind
Themen,
die
die
politische
Diskussion
in
Deutschland
ganz
maßgeblich
beherrschen.
Aber
wissen
die
Vertreter
von
Politik,
Medien
und
interessierter
Öffentlichkeit,
die
diese
Diskussion
lautstark
führen,
auch
wirklich
über
diese
Begriffe
und
die
dahinter
stehenden
Realitäten
Bescheid?
Da
muss
man
große
Zweifel
anmelden,
zumal
das
deutsche
Schuldbewusstsein
das
Verständnis
dieser
Problematik
ganz
einseitig
positiv
auf
Israel
konzentriert
und
jede
Kritik
an
der
Politik
dieses
Staates
gegenüber
den
Palästinensern
als
„Antisemitismus“
diffamiert.
Zur
Durchführung
dieser
inquisitorischen
Aufgabe
hat
die
deutsche
Regierung
sogar
das
Amt
eines
Aufpassers
geschaffen,
der
darüber
wacht,
dass
diese
Doktrin
auch
eingehalten
wird
–
das
Amt
des
Antisemitismusbeauftragten.
Es
ist
deshalb
von
großer
Bedeutung,
wenn
jüdische
Intellektuelle
von
Rang
in
diese
Diskussion
eingreifen
und
den
oft
ans
Absurde
grenzenden
deutschen
Diskurs
wieder
ins
richtige
Lot
bringen
und
an
die
politische
und
historische
Realität
anpassen.
Das
leistet
in
ganz
vorzüglicher
Weise
das
jetzt
endlich
von
Abi
Melzer
aus
dem
Hebräischen
ins
Deutsche
übersetzte
Buch
des
im
kanadischen
Montreal
lebenden
Historikers
Yakov
M.
Rabkin:
„Im
Namen
der
Thora.
Die
jüdische
Opposition
gegen
den
Zionismus“.
(Da
Rabkin
den
Text
inzwischen
nochmals
überarbeitet
hat,
ist
die
Übersetzung
von
Abi
Melzer
auf
dem
letzten
aktuellen
Stand.)
Das
Bild,
das
dieser
Historiker
vom
Judentum,
von
Israel
und
dem
(Anti-)
Zionismus
zeichnet,
stellt
sich
so
ganz
anders
dar
als
das
sonst
in
Deutschland
zu
diesem
Thema
Vorgebrachte,
denn
Israel
und
Judentum
sind
in
diesem
Diskurs
ja
ein
und
dasselbe,
wobei
Israel
dann
in
erster
Linie
als
eine
Projektion
deutscher
Schuld-Befindlichkeiten
erscheint,
die
aber
wenig
mit
der
Realität
in
Israel
selbst
zu
tun
hat.
Wie
realitätsfern
die
deutsche
Debatte
ist,
beschreibt
Rabkin
an
einem
anschaulichen
Beispiel.
Er
stellt
ausführlich
dar,
dass
es
sich
bei
dem
Staat
Israel
nicht
um
den
Typ
einer
westlichen
liberalen
Demokratie
handelt,
sondern
um
eine
national-ethnische
Demokratie,
weil
ausschließlich
Juden
ihre
privilegierten
Träger
sind,
und
die
anderen
im
Land
lebenden
Minderheiten
marginalisiert
und
diskriminiert
nur
eine
Randexistenz
führen
können.
Was
den
deutschen
Bundespräsidenten
Frank-Walter
Steinmeier
aber
nicht
davon
abhielt,
bei
der
Gedenkfeier
anlässlich
des
75.
Jahrestages
der
Befreiung
des
NS-Vernichtungslagers
Auschwitz
in
der
Gedenkstätte
Yad
Vashem
in
Jerusalem
den
Israelis
zu
versichern:
„Wir
widerstehen
dem
Gift
des
Nationalismus!
Wir
stehen
an
der
Seite
Israels!“
Rabkin
kommentiert
diese
völlig
verfehlte
und
peinliche
Aussage
mit
den
Worten:
„Dieses
verwirrende
Paradox
aufzulösen,
dafür
mag
mein
Buch
Juden
und
Nicht-Juden
gleichermaßen
hilfreich
sein!“
Aufklärung
tut
also
Not,
auch
bei
einem
deutschen
Bundespräsidenten.
Aber
Rabkin
geht
es
in
seinem
Text
nur
am
Rande
um
den
deutschen
Diskurs,
sein
Thema
ist
das
Judentum
im
weitesten
Sinne,
besonders
aber
der
Teil
des
Judentums,
der
den
Zionismus
(und
damit
auch
den
Staat
Israel)
als
etwas
der
jüdischen
Kultur
und
Religion
Fremdes
ablehnte
und
auch
heute
noch
ablehnt.
Aber
um
das
zu
leisten,
muss
man
die
Begriffe
Judentum,
Zionismus
und
Israel
voneinander
trennen
und
ebenso
ihre
Umkehrung
Antisemitismus,
Antizionismus
und
Kritik
an
Israel,
was
Rabkin
natürlich
tut.
Aus
dieser
Unterscheidung
ergibt
sich
automatisch
die
Frage,
ob
der
weit
verbreitete
zionistische
Mythos
berechtigt
ist,
dass
Israel
die
naturgegebene
Heimat
aller
Juden
auf
der
Welt
ist
und
ihnen
auch
Schutz
gewährt.
Rabkin
hält
diesen
Mythos,
um
seine
Antwort
auf
diese
Frage
vorwegzunehmen,
für
anti-jüdisch.
Denn
der
jüdische
Antizionismus
ist
ein
ganz
wichtiger
Teil
des
Judentums
und
keineswegs,
wie
die
Zionisten
behaupten,
etwa
„Antisemitismus“.
Weshalb
man
Israel
auch
nicht
einfach
als
„jüdischen
Staat“
bezeichnen
kann,
denn
damit
schließt
man
einen
bedeutenden
Teil
der
Juden
aus
dem
Judentum
aus
und
richtet
auf
diese
Weise
eine
gefährliche
Verwirrung
an.
Der
Zionismus,
der
am
Ende
des
19.
Jahrhunderts
vor
allem
in
Russland
entstanden
ist,
hatte
sich
vier
Ziele
gesetzt:
1.
das
an
der
Thora
(den
ersten
fünf
Büchern
des
Alten
Testaments)
und
den
religiösen
Geboten
orientierte
Judentum
in
ein
nationalstaatliches
Bewusstsein
(wie
damals
in
Europa
üblich)
umzuwandeln;
2.
eine
auf
dem
biblischen
und
rabbinischen
Hebräisch
beruhende
moderne
hebräische
Landessprache
zu
schaffen;
3.
dafür
zu
sorgen,
dass
die
Juden
der
ganzen
Welt
nach
Palästina
bzw.
in
den
neu
zu
schaffenden
„jüdischen
Staat“
kommen
sollten;
4.
das
Land
Palästina
–
auch
gewaltsam
– zu
erobern
und
die
völlige
Kontrolle
darüber
zu
gewinnen.
Dieses
Projekt
setzte
aber
einen
Prozess
der
vollständigen
Säkularisierung
voraus,
also
die
Befreiung
der
Juden
vom
„Joch
der
Thora“
und
ihrer
Gebote,
womit
aber
ein
Keil
zwischen
die
Begriffe
„Judenheit“
und
„Judentum“
getrieben
wurde.
Die
Treue
zur
„göttlichen
Lehre“
hatte
bis
zur
Aufklärung
im
18.
und
bis
zur
Entstehung
des
Zionismus
ein
Jahrhundert
später
die
ethnische
Gemeinschaft
der
Juden
zusammengehalten.
Die
zionistischen
Ideen
waren
verglichen
damit
völlig
neu,
sie
waren
eine
Revolution.
Nicht
mehr
das
eher
passive
Warten
auf
den
Messias
(also
das
Eingreifen
Gottes
in
den
Geschichtsprozess)
und
damit
die
Erlösung
der
Juden
bestimmten
die
Ideologie
des
Zionismus,
sondern
der
Gedanke,
das
eigene
Schicksal
bewusst
und
aktiv
in
die
Hand
zu
nehmen
und
zu
gestalten.
Der
Zionismus
stellte
so
einen
totalen
Bruch
mit
der
jüdischen
Kontinuität
dar.
Es
standen
sich
jetzt
zwei
gegensätzliche
jüdische
Konzepte
von
der
Geschichte
gegenüber:
die
auf
Gott
bezogene
Auffassung,
die
auf
den
Begriffen
Belohnung
und
Strafe
sowie
Exil
und
Erlösung
beruhte.
Sie
strebte
an,
die
Welt
durch
die
eigene
moralische
Selbstvervollkommnung
(also
eine
keineswegs
passive
Haltung)
zu
verbessern.
Und
auf
der
anderen
Seite
das
zionistische
Konzept,
das
die
Bereitschaft
demonstrierte,
seine
politischen
Ziele
auch
mit
kriegerischer
Gewalt
durchzusetzen.
Rabkin
schildert
im
Detail
die
jüdischen
Gruppen,
die
in
Opposition
oder
sogar
totaler
Ablehnung
zum
Zionismus
stehen,
unterscheidet
aber
zwischen
Anti-Zionisten
und
Nicht-Zionisten.
Für
erstere
sind
Judentum
und
Zionismus
völlig
unvereinbar,
die
Nicht-Zionisten
dulden
diese
Ideologie,
obwohl
sie
den
Zionismus
auch
im
Gegensatz
zur
Tradition
sehen.
Sie
gehen
aber
davon
aus,
dass
Israel
ein
politisches
System
wie
andere
ist
und
auch
nur
eine
zeitlich
begrenzte
Existenz
haben
wird.
Hauptvertreter
der
eher
radikalen
Richtung
des
religiösen
Antizionismus
sind
die
Charedim,
die
Chassidim,
die
Sephardim
sowie
die
Vertreter
des
Reformjudentums
und
der
Neturei
Karta,
eher
kompromissbereit
gegenüber
dem
Zionismus
sind
dagegen
die
Misrachi,
die
Nationalreligiösen
und
die
Anhänger
der
Agudat
Israel.
Die
totale
Ablehnung
des
Staates
praktizieren
aber
nur
kleine
Gruppen
der
Charedim.
Rabkin
bezeichnet
die
Beziehung
all
dieser
Gruppen
zum
Staat
als
sehr
„facettenreich“.
Zur
jüdischen
Opposition
gegen
den
Zionismus
gehören
natürlich
auch
säkulare
Gruppen
oder
einzelne
Intellektuelle
in
Israel,
die
Rabkin
auch
immer
wieder
erwähnt,
etwa
die
„neuen
Historiker“,
die
die
zionistische
Geschichtsschreibung
als
„Geschichtsmythologie“
ablehnen
und
durch
ihre
Recherchen
erfahren
wollen,
was
sich
„wirklich“
ereignet
hat
–
etwa
im
Nakba-Jahr
1948.
Zu
ihnen
gehören
etwa
Ilan
Pappe,
Tom
Segev
und
Avi
Shlaim.
Die
Kluft,
die
sich
im
Judentum
durch
das
Aufkommen
des
Zionismus
aufgetan
hat,
ist
tief
und
ist
ganz
offensichtlich
unüberbrückbar.
Denn
sie
wirft
ganz
wesentliche
Fragen
auf,
die
vollständig
gegensätzlich
beantwortet
werden.
Etwa:
Was
ist
das
maßgebliche
jüdische
Selbstverständnis,
ja
was
ist
überhaupt
Judentum,
und
wer
vertritt
das
wahre
und
authentische
Judentum
heute?
Kann
es
Judentum
ohne
Glauben
an
Gott,
ohne
Bezug
zur
Thora
und
den
Geboten
überhaupt
geben?
Für
die
religiösen
Anti-Zionisten
ist
klar:
Die
Zionisten
sind
vom
Weg
der
Thora
abgekommen,
sie
sind
deshalb
„Sünder“,
„Übeltäter“
und
„Verbrecher“.
Der
Zionismus
ist
in
ihrer
Sicht
eine
„teuflische
Macht“.
Der
israelische
Intellektuelle
Boaz
Evron
drückte
es
säkular
so
aus:
„Der
Zionismus
ist
die
Verkörperung
des
falschen
Messias.“
Damit
sind
die
diametralen
Gegensätze
im
Wertesystem
beider
Richtungen
–
des
Zionismus
und
seiner
religiösen
Gegner
–
angesprochen.
Aus
der
religiösen
Sicht
ist
die
zionistische
Version
der
jüdischen
Identität
eine
völlige
Umkehrung
der
Werte
der
Tradition,
weil
mit
ihm
eine
totale
moralische
Umwälzung
stattgefunden
hat:
die
Umwandlung
des
demütigen
Juden
in
einen
stolzen,
ja
arroganten
„Muskeljuden“,
der
Gewalt
bejaht
und
es
als
Ideal
ansieht,
ein
furchtloser
Krieger
zu
sein
–
eben
der
vom
Zionismus
propagierte
Typ
des
„neuen
Juden“.
Aus
diesem
Denken
heraus
resultierte
auch
die
Verachtung
der
Zionisten
für
die
in
ihren
Augen
„dekadente“
jüdische
Diaspora.
Die
religiösen
Antizionisten
nehmen
dagegen
unter
Berufung
auf
die
Thora
und
den
Talmud
ganz
andere
Werte
für
sich
in
Anspruch:
Bescheidenheit,
Barmherzigkeit,
Wohltätigkeit
und
Bußfertigkeit
sowie
die
Fähigkeit
des
Selbstzweifels
und
der
Selbstberichtigung;
die
Achtung
darauf,
welchen
Eindruck
man
bei
anderen
erzeugt,
spielt
eine
wichtige
Rolle;
fundamental
sind
die
Werte,
den
Fremden
zu
achten
und
Brüderlichkeit
zu
üben,
was
im
übertragenen
Sinn
dann
bedeutet,
sich
für
die
Schaffung
von
Frieden
einzusetzen.
Die
Liebe
zum
Land
Israel
wird
eher
spirituell
verstanden,
sie
ist
nicht
denkbar
ohne
die
Liebe
zu
Gott
und
zur
Thora.
Eine
Rückkehr
in
dieses
Land
ist
nur
als
Lohn
für
gute
Taten
denkbar,
nicht
aber
mittels
eines
gewaltsamen
Vorgehens:
Die
militärische
Eroberung
des
Landes
und
die
erzwungene
Ansiedlung
von
Juden
ist
„gotteslästerliche
Autorität
und
Bruch
des
Bundes
mit
Gott“.
Die
Vertreter
eines
gewaltsam
geschaffenen
„Groß-Israel“
sind
für
die
religiösen
Antizionisten
„Anbeter
des
„goldenen
Kalbes“,
das
Symbol
des
Kalbes
steht
dabei
für
die
vergötzenden
Begriffe
von
„Land“
und
„Staat“.
Das
Exil
wird
in
dieser
religiösen
Sicht
als
eine
Strafe
für
die
Sünden
des
Volkes
gesehen
und
es
wird
so
lange
andauern,
bis
die
„Erlösung“
auf
spirituellem
Weg
durch
den
Messias
erfolgen
wird.
Diese
religiösen
Gegner
des
Zionismus
sagen
sogar,
dass
der
Staat
Israel
sich
wegen
seiner
Sündhaftigkeit
im
„Exil“
befinde.
Man
muss
den
Inhalt
dieser
Worte
nur
ins
Gegenteil
verkehren,
um
die
ideologischen
Grundaussagen
des
Zionismus
zu
benennen:
Ehre,
Stolz,
Rachsucht,
Machtstreben,
Durchsetzungsvermögen
und
Pionier-
und
Kampfgeist
sind
prägende
Werte;
Selbstzweifel,
Buße
und
Selbstberichtigung
kennt
diese
Ideologie
nicht;
die
Liebe
zum
Land
bedeutet
hier:
die
Rückkehr
in
die
alte
„Heimat“
mit
Diplomatie
und
Gewalt,
also
Eroberung,
Inbesitznahme
und
Anspruch
auf
völlige
Aneignung;
Der
Staat
selbst
ist
dann
der
höchste
Wert:
Zentrum
und
Identität
des
jüdischen
Volkes;
das
Exil
kann
und
darf
kein
existentieller
Zustand
für
die
Juden
sein,
es
kam
durch
politische
Fehler
früherer
jüdischer
Führer
zustande
und
muss
durch
den
Zionismus
rückgängig
gemacht
werden;
die
Erlösung
wird
durch
die
„Befreiung“
des
Landes
von
den
Arabern
herbeigeführt,
eine
Achtung
dem
Fremden
gegenüber
gibt
es
so
gesehen
nicht.
Diese
gegensätzlichen,
unvereinbaren
Positionen
können
ganz
aktuell
auf
die
schon
über
ein
Jahrhundert
andauernde
Auseinandersetzung
zwischen
den
Zionisten
und
den
Palästinensern
angewendet
werden.
Die
religiösen
Antizionisten
–
besonders
die
Charedim
–
betonen
immer
wieder,
dass
sie
Jahrhunderte
lang
friedlich
mit
den
Arabern
in
Palästina
zusammengelebt
haben
und
der
Konflikt
erst
durch
die
zionistische
Einwanderung
ins
Land
getragen
worden
sei.
Ein
Vertreter
der
religiösen
Anti-Zionisten
schrieb
schon
in
den
1940er
Jahren:
„Sie
[die
Zionisten]
schrecken
nicht
vor
abstoßenden
Mitteln
zurück,
um
unsere
heilige
Thora
und
die
gesamte
menschliche
Moral
zu
vernichten.
(…)
Sie
haben
einen
solchen
Unfrieden
zwischen
uns
und
unseren
arabischen
Nachbarn
gesät,
dass
der
Jischuw
[die
vorstaatliche
jüdische
Gemeinschaft
in
Palästina]
im
Chaos
leidet
und
jüdisches
Blut
vergossen
wird.
Unsere
heilige
Thora
lehrt
uns,
dass
wir
vor
der
Ankunft
des
Messias
(…)
in
unseren
Tagen
keinerlei
Interessen
in
der
Sphäre
der
Politik
haben
dürfen.
Diese
Haltung
kann
uns
niemals
gegen
unsere
arabischen
Nachbarn
aufbringen.“
Nun
mag
man
als
aufgeklärter
und
säkularer
Europäer
mit
den
religiösen
Argumenten
der
Anti-Zionisten
seine
Probleme
haben
und
weltanschauliche
Distanz
verspüren,
interessant
und
faszinierend
ist
aber,
dass
ihre
Aussagen
und
Forderungen
in
politischer
Hinsicht
oft
identisch
mit
von
linker
und
universalistischer
Seite
kommenden
Positionen
sind:
ihre
Ablehnung
der
Gewalt
und
ihre
Bereitschaft
zum
Frieden
mit
den
Arabern
bzw.
Palästinensern.
Sie
wollen
sogar
die
Ungerechtigkeit,
die
die
Zionisten
den
Palästinensern
angetan
haben,
wiedergutmachen.
Sie
streben
das
Ende
des
zionistischen
Staates
an,
aber
nur
mit
friedlichen
Mitteln
und
ohne
Blutvergießen.
Zwar
besteht
keine
völlige
Einigkeit
unter
ihnen
über
ihre
Ziele,
aber
sehr
vielen
von
ihnen
schwebt
als
Vision
die
Umwandlung
Israels
in
eine
säkulare,
liberale
Demokratie
vor,
in
der
alle
Bürger
die
gleichen
Rechte
haben.
Ein
Rabbi
aus
ihren
Reihen
äußerte
schon
1974,
also
vor
über
40
Jahren:
„Juden
leben
in
Frieden
und
Sicherheit
überall
auf
der
Welt
unter
der
Herrschaft
nichtjüdischer
Regierungen,
und
eine
solche
Situation
wäre
auch
hier
möglich.
Möglich
wäre
sogar
die
Schaffung
einer
Art
von
‚Vereinigten
Staaten‘
gemeinsam
mit
den
arabischen
Staaten
der
Region.
Jahrhunderte
lang
lebten
wir
in
Frieden
mit
den
Arabern,
und
wären
da
nicht
die
zionistischen
Agitatoren,
wir
hätten
keinen
Grund
anzunehmen,
dass
es
Probleme
mit
ihnen
geben
könne.
Ich
selbst
habe
vor
der
Balfour-Deklaration
[1917]
in
Jerusalem
zwei
Jahrzehnte
lang
mit
Arabern
zusammengelebt,
und
ich
versichere
Ihnen,
dass
sie
nicht
anders
sind
als
andere
Völker,
mit
denen
die
Juden
überall
auf
der
Welt
friedlich
zusammenleben.“
Die
charedischen
Antizionisten
akzeptieren
also
die
Idee
eines
demokratischen
säkularen
Staates,
in
dem
sie
friedlich
ihrer
Religion
nachgehen
könnten.
Die
Gründung
Israels
betrachten
sie
als
„historischen
Irrtum“.
Das
Modell
eines
gemeinsamen
Staates,
an
dem
Juden
und
Palästinenser
gleichberechtigt
teilnehmen,
hat
in
letzter
Zeit
auch
in
politischen
und
intellektuellen
Kreisen
in
Israel
(etwa
bei
den
„neuen
Historikern“
und
anderen
Intellektuellen)
und
auch
außerhalb
des
Landes
zunehmend
an
Aktualität
gewonnen,
weil
die
zionistische
Politik
Israel
durch
die
Verweigerung
der
Zwei-Staaten-Lösung
in
eine
ausweglose
Sackgasse
manövriert
hat.
Diese
Verweigerungshaltung
muss
zwangsläufig
–
verstärkt
auch
durch
den
sogenannten
„Jahrhundert-Deal“
von
US-Präsident
Trump
– zu
einem
Apartheidstaat
führen,
der
aber
auf
Dauer
keine
Überlebenschance
hat.
Dann
bleibt
als
Alternative
nur
der
demokratische
und
säkulare
Einheitsstaat.
Nicht
nur
die
Charedim
fordern
ihn
schon
seit
Jahrzehnten,
er
stand
in
den
1960er
Jahren
schon
im
Programm
der
PLO
von
Jassir
Arafat.
Die
Charedim
erinnern
zudem
an
das
Menetekel
des
Untergangs
der
Sowjet-Union,
die
sich
friedlich
–
ohne
Gewalt
und
Bedrohung
von
außen
–
auflöste
und
von
der
politischen
Bühne
verschwand.
Ein
ähnlicher
Vorgang
in
Israel
wäre
natürlich
das
Ende
des
Zionismus.
Rabkin
selbst
hält
sich
selbst
zwar
mit
eigenen
Stellungnahmen
zurück,
aber
seine
Sympathien,
in
welche
Richtung
die
Entwicklung
gehen
soll,
spricht
er
am
Schluss
seines
Werkes
dann
doch
deutlich
aus.
Er
stellt
fest,
dass
das
Judentum
viele
religiöse
und
politische
Spaltungen
erlebt
habe.
Er
fragt:
„Wird
es
auch
den
Zionismus
überleben,
und
insbesondere
die
Gründung
des
zionistischen
Staates,
der
vorgibt
jüdisch
zu
sein
und
die
Juden
repräsentieren
will,
wo
immer
sie
auch
leben?
Wird
das
Judentum
eine
solche
gewaltige
Kraft
überleben
können?“
Er
zitiert
als
seine
Antwort
auf
diese
Fragen
eine
Passage,
die
der
israelische
Intellektuelle
Boaz
Evron
verfasst
hat:
„Alle
Staaten
der
Welt,
einschließlich
des
Staates
Israel,
erscheinen
und
verschwinden.
Auch
der
Staat
Israel
wird
in
hundert,
dreihundert
oder
fünfhundert
Jahren
verschwinden.
Aber
das
jüdische
Volk
wird
existieren,
solange
die
jüdische
Religion
existiert,
vielleicht
noch
in
Tausenden
von
Jahren.
Die
Existenz
dieses
Staates
hat
keine
Bedeutung
für
die
Existenz
des
jüdischen
Volkes
(…),
die
Juden
in
der
Welt
können
sehr
gut
ohne
Israel
leben.“
Am
Schluss
seines
Buches
geht
Rabkin
auf
die
schon
erwähnte
Gedenkfeier
in
Yad
Vashem
zum
75.
Jahrestag
der
Befreiung
des
NS-Vernichtungslagers
Auschwitz
ein:
Die
meisten
Redner
aus
den
verschiedensten
Ländern
hätten
dort
ausdrücklich
betont,
dass
der
Antizionismus
eine
neue
Form
des
Antisemitismus
sei.
Rabkin
kommentiert
diese
Behauptung
so:
„Wenn
es
so
wäre,
würde
es
auch
die
Hauptprotagonisten
dieses
Buches
zu
Antisemiten
machen,
die
vielen
Rabbiner
genauso
wie
Hunderttausende
von
religiösen
Juden,
die
ihnen
folgen.
Das
ist
natürlich
Unsinn.
Es
dekuvriert
nur
ein
weiteres
Mal
den
intellektuellen
Trugschluss
der
Verschmelzung
von
Zionismus
und
Judentum,
von
dem
Staat
Israel
und
den
Juden.
Diese
Verschmelzung
ist
nicht
unschuldig.
Sie
ist
eine
überaus
wirkungsvolle
politische
Waffe,
die
benutzt
wird,
um
die
Kritik
an
Israel
zu
ersticken
und
den
Zionismus,
eine
Art
europäischen
exklusiven
ethnischen
Nationalismus,
zu
legitimieren.“
Rabkin
hat
mit
seinem
Buch
über
die
jüdische
Opposition
gegen
den
Zionismus
eine
wichtige
Lücke
geschlossen.
Er
hat
es
nicht
für
die
Deutschen
geschrieben,
aber
hierzulande
sollte
es
ganz
besonders
aufmerksam
zur
Kenntnis
genommen
werden.
Denn
im
Land
der
Täter
ist
der
Diskurs
über
Judentum,
Israel
und
Antisemitismus
von
großer
Ignoranz
bestimmt
und
zudem
zu
einem
von
Tabus
bestimmten,
festgefahrenen
Ritual
verkommen.
Wer
sich
zu
diesem
Themenbereich
öffentlich
äußert,
sollte
Rabkins
Buch
gelesen
haben,
andernfalls
läuft
er
(oder
sie)
Gefahr,
der
Ignoranz
geziehen
zu
werden.
Yakov
M.
Rabkin:
Im
Namen
der
Thora.
Die
jüdische
Opposition
gegen
den
Zionismus,
fiftyfifty
Verlag
im
Westend
Verlag
Frankfurt/
Main,
Artikelnummer
978394677814124,
24
Euro
(das
Buch
erscheint
am
6.
Juli
2020)