Was für ein
Staat! - Das Urteil gegen Ahed Tamimi ist ein Symbol für die
Hinfälligkeit und Dekadenz des Zionismus
Arn Strohmeyer
Wie weit muss es mit einem Staat
gekommen sein, wenn ein 16jähriges Mädchen zum Inbegriff der
Bedrohung des ganzen zionistischen Unternehmens wird! Wie
verunsichert und verzweifelt muss dieses politische System
sein, dessen oberstes Gebot Sicherheit und noch einmal
Sicherheit heißt, wenn es einen Teenager, der einem Soldaten
aus Wut für die furchtbaren Untaten der Besatzung eine
Ohrfeige verpasst, erst zum Staatsfeind erklärt und dann zu
einer achtmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, während die
wirklichen Täter, die seit Jahrzehnten die grausame
Unterdrückung eines ganzen Volkes durchführen, frei
herumlaufen! Was für ein Hohn auf jede Gerechtigkeit – und
auf die angebliche Rechtstaatlichkeit der sogenannten
„einzigen Demokratie im Nahen Osten“!
Die Wut
gegen Ahed Tamimi ist verständlich, denn sie hat die
sinnlose Brutalität der ganzen Besatzung bloßgestellt – hat
ihr sozusagen die Maske heruntergerissen. Geschieht diese
Monstrosität der Unterdrückung eines ganzen Volkes
weitgehend im Schutz der Anonymität, so hat dieses Mädchen
es geschafft, dem Widerstand gegen das Inhumane ein Gesicht
zu geben. Und das zionistische Israel fürchtet in dieser
Beziehung nichts mehr als Öffentlichkeit und friedlichen
Widerstand. Für die „Schmach“, die Ahed der israelischen
Armee, die sich die „moralischste Armee der Welt“ nennt,
angetan hatte, forderte der Bildungsminister dieses Staates,
Naftali Bennett, sogar ganz ernsthaft „lebenslänglich“. Auch
Verteidigungsminister Avgidor Lieberman verlangte eine
„äußerst harte Strafe, die für Abschreckung sorgen“ sollte.
Und er drohte obendrein noch Strafen für das ganze Umfeld
von Ahed Tamimi an, was man in zivilisierten Staaten
„Sippenhaft“ nennt.
Aber sie
haben es nicht gewagt, Ahed Tamimi in Gegenwart der
Weltöffentlichkeit, für die dieses Mädchen inzwischen zum
Symbol für den Freiheitskampf der Palästinenser geworden
ist, für längere Zeit wegzusperren. Die Strafe von acht
Monaten, zu der die Militärrichter sie nun verurteilt haben,
ist eine Farce, ein Witz – nichts als ein Akt der Rache für
einen Backenstreich, der den Besatzerstaat Israel (nach der
offiziellen zionistischen Version gibt es überhaupt keine
Besatzung) wie den Kaiser ohne Kleider hat nackt aussehen
lassen.
Eine
Kennerin der israelischen Verhältnisse hat geschrieben: „Die
Militärgerichte sind nicht die Folge der Besatzung, sie sind
die Besatzung.“ Und das israelische Militärgerichtssystem
hat nur eine Funktion: den Widerstandswillen der
Palästinenser zu brechen – auch und gerade den von Kindern.
Dass all dies gegen jedes Menschen- und Völkerrecht und
gegen jede Idee von Humanität geschieht, stört die Zionisten
nicht im Geringsten. Ihnen ist alles erlaubt.
Zu welch
perversen Vorfällen das führt, belegt der Fall von Ahed
Tamimis Cousin Mohammed. Dem Jungen haben israelische
Soldaten, als er an einer Demonstration teilnahm, Teile des
Gehirns weggeschossen. Der Junge lebt noch, aber er hat ein
völlig zerstörtes Gesicht. Im Militärgefängnis musste er
nach seiner erneuten Verhaftung unterschreiben, dass seine
Verletzung nicht von den Kugeln der Soldaten stamme, sondern
dass er sie sich bei einem Sturz vom Fahrrad zugezogen habe…
Es ist so
wie der israelische Journalist Gideon Levy schreibt: „Es ist
eine totalitäre Gesellschaft – keine Gesellschaft lebt in
einer solchen Verleugnung wie Israel.“ Und er fügt hinzu,
wie tief der Hass in dieser Gesellschaft gegen die
Palästinenser als „Wert“ verwurzelt ist, was wiederum auch
den Hass auf Ahed Tamimi erklärt: „Die Palästinenser sind
keine menschlichen Wesen, die uns gleichen. Sie lieben ihre
Kinder nicht wie wir. Sie lieben das Leben nicht wie wir.
Sie wurden geboren, um zu töten, sie sind grausam, sie sind
Sadisten, sie haben keine Werte, kein Benehmen.“ Auf solch
furchtbarer Dämonisierung pflegte der deutsch-jüdische
Psychoanalytiker Erich Fromm mit einer simplen Feststellung
zu antworten: „Wenn Paul etwas über Peter aussagt, sagt er
am meisten über sich selbst aus, aber nicht über Peter!“ Wie
wahr!