Zum Kniefall
nach Israel - Der neue Außenminister Heiko Maas setzt alte
Prioritäten
Arn Strohmeyer
Der neue
Außenminister Heiko Maas jettete nach seinem Amtsantritt
sofort nach Paris, um sich dort vorzustellen und mit dem
französischen Amtskollegen die Europa-Politik zu erörtern.
Das ist politisch verständlich. Die nächste Reise soll nach
Warschau gehen, dem zur Zeit sehr schwierigen Partner im
Osten. Auch verständlich. Der Abstecher nach Washington wird
wohl wegen Donald Trumps irrlichternden Vorstößen in die
Weltpolitik noch aufgeschoben, außerdem ist der neue
Außenminister Mike Pompeo noch gar nicht im Amt, er muss
sich erst den parlamentarischen Anhörungen stellen, das kann
bis Ende April dauern. Auch verständlich.
So gibt Maas
als vorrangiges Reiseziel Israel an. Das sei für ihn eine
Herzenssache, denn er sei nicht wegen Willy Brandts
Entspannungspolitik in die Politik gegangen, sondern wegen
„Auschwitz“. Das ist an sich eine ehrenhafte Begründung,
aber aufschlussreich ist sie auch. Denn Maas scheint nicht
die universalistische Schlussfolgerung aus diesem
Mega-Verbrechen zu ziehen, dass so etwas nirgendwo und
niemandem mehr auf der Welt passieren dürfe (wie es auch
Theodor Adorno formuliert hatte), sondern dass so etwas nur
Juden nicht noch einmal passieren dürfe. Anders kann man
seine Reise-Priorität für Israel mit der Begründung
„Auschwitz“ nicht verstehen.
Mit einer
solchen Schlussfolgerung bezieht er klar und eindeutig
Partei für den Zionismus und setzt diesen wohl auch mit
Judentum gleich. Was er auch schon bei anderer Gelegenheit
bewiesen hat. So hat er im vergangenen Jahr als
Justizminister seine höchst umstrittene israelische
Amtskollegin Ayelet Shaked in Berlin empfangen, die immer
wieder öffentlich bekennt, dass der Zionismus mit
Menschenrechten und Völkerrecht nichts zu tun habe, denn die
israelische Staatsideologie habe ihre eigene Moral und
Gesetzlichkeit. Außerdem forderte sie, palästinensische
Mütter zu töten, weil sie nur „kleine Schlangen“ zur Welt
bringen, was für sie ein anderes Wort für „Terroristen“ ist.
Solche Äußerungen müssten eigentlich auch einem deutschen
Justizminister bekannt gewesen sein. Heiko Maas nahm aber
keinen Anstoß daran. Ja, sie hielten ihn nicht davon ab,
sich mit der Kollegin aus Israel „zu gemeinsamen Werten“ zu
bekennen.
Man darf
wohl jetzt schon feststellen, dass von diesem Außenminister
keine neuen Akzente oder Impulse in der deutschen
Israel-Politik zu erwarten sind. Er ist ein braver und
frommer Parteigänger des Zionismus, die furchtbare Lage der
Palästinenser in den besetzten Gebieten (aber auch die
Diskriminierung der Palästinenser in Israel selbst) sieht er
nicht, will er offenbar nicht sehen. Vermutlich ist das
genaue Hinschauen für ihn schon „Antisemitismus“.
Sein
Vorgänger Sigmar Gabriel hat zwar an den Grundfesten der
deutschen Israel-Politik („Israels Sicherheit ist deutsche
Staatsräson“) auch nicht gerüttelt. Ob er sie gern geändert
hätte, weiß man nicht. Aber er hat die Realität wenigstens
zur Kenntnis genommen, hat angesichts der haarsträubenden
Verhältnisse in Hebron von „Apartheid“ gesprochen. Und in
Jerusalem hat er sich über die wirkliche Lage von
israelischen NGO’s (Breaking the Silence und Betselem)
informieren lassen und wurde deshalb von Ministerpräsident
Netanjahu nicht empfangen. Ähnliches ist von Heiko Maas
nicht zu erwarten. Dabei wäre eine Kehrtwende in der
deutschen und europäischen Israel-Politik unbedingt
notwendig, nur sie könnte mit Druck von außen dazu
beitragen, dass Besatzung und Apartheid dort ein Ende
finden. Darauf hat der israelische Journalist Gideon Levy
gerade in einer Rede in Washington so nachdrücklich
hingewiesen.
Die Liaison
zwischen dem Zionismus und der SPD ist uralt. Obwohl die
zionistische Arbeiterbewegung sich nie zum
Internationalismus bekannt hat (es ging ihr immer nur um
„jüdische Arbeit“), haben die Sozialdemokraten schon immer
die Nähe zu Israel, seiner „Arbeitspartei“ und der
Gewerkschaft Histadrut gesucht. Ein gestandener „linker“
SPD-Sozialpolitiker wie Rudolf Dressler wurde sogar
Botschafter in Israel und redet auch heute noch wie ein
überzeugter, strammer Zionist. Und die heutige
SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles rief vor einiger Zeit
dazu auf, Geld für Bäume in Israel zu sammeln. Das wäre doch
ökologisch sehr sinnvoll, meinte sie. Dass so etwas aber nur
über den Jüdischen Nationalfonds (JNF) geht, (das ist die
Organisation, die den Palästinensern das Land wegnimmt und
es verstaatlicht), und dass solche Wälder zumeist auf
enteignetem palästinensischem Land oder auf von den
Zionisten zerstörten palästinensischen Dörfern angelegt
werden, um dort die Geschichte dieses Volkes endgültig
auszulöschen, hatte sich bis zu Andrea Nahles noch nicht
herumgesprochen oder man ignoriert solche Argumente ganz
einfach.
Die SPD und
der Israel-Palästina-Konflikt – das ist ein sehr trauriges
Kapitel, das wie die ganze Politik dieser Partei von
Mutlosigkeit geprägt ist. Dieser Tradition will ganz
offensichtlich auch Heiko Maas treu bleiben.
15.03.2018